Trilobiten

Präparation eines „Smiley-Phacops“ aus dem Devon von Marokko

Dieser Bericht könnte genau so gut den Titel „mein erster Trilobit“ tragen. Für jemanden, der mittlerweile Fossilien aus (fast) allen Erdzeitaltern präpariert hat, stand es außer Frage, über kurz oder lang auch einmal einen Trilobiten zu präparieren. Inspiriert von den vielen, teilweise äußerst spektakulären Präparationen marrokanischer Trilobiten auf Steinkern.de war der Entschluss schnell gefasst, es einmal zu versuchen.

Trilobiten sind gewissermaßen die Ikonen des Paläozoikums, da sie, speziell im Devon, in einer großen Artenvielfalt vorkommen. Die Formen reichen von winzig klein und glatt bis zu skurril wirkenden Stacheltrilobiten, deren Präparation absolute Königsklasse ist.


Doch wo kann man am besten einen Trilobiten-Rohling herkriegen? Eine klassische Frage für „Trilobiten-Anfänger“, wie den Autor. Durch Zufall konnten mehrere Rohlinge auf einer Börse erworben werden. Der Inhalt dieser gut verpackten Überraschungseier sollte sich erst zu Hause offenbaren. Bei der Auswahl der Rohlinge wurde bewusst auf „anfängerfreundliche Arten geachtet, das heißt nicht zu bestachelt und zu moderaten Preisen. Der erste Rohling, der ausgepackt wurde, machte zwar keinen so guten Eindruck, da er längs gespalten war; aber gut: Versuch macht klug, einfach ausprobieren!


Die Ordungszugehörigkeit des Rohlings war schnell klar: es ist irgendein Vertreter der Phacopida, aber welcher? Für mich war das vor der Präparation noch nicht zu sagen, später konnte das Stück bestimmt werden, doch dazu weiter unten. Vertreter der Ordnung Phacopida sind gewissermaßen die Klassiker unter den Trilobiten und haben
gerade durch ihre Einfachheit (wenn man es so nennen mag) einen besonderen Charme. Phacopiden sind von mehreren Kontinenten bekannt, unter anderem aus Nordamerika, Europa und Afrika. Letzeres schlägt wiederum eine Brücke zu dem hier vorgestellten Trilobiten, der aus Marokko stammt. Dieses Land ist unter Fossilieninteressierten weltbekannt für eine in ihrer Qualität, Quantität und Diversität einzigartige Trilobitenfauna.

 

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Abb. 1: Ausgangslage. Foto vergrößern.

 

Doch genug der Einführung – kommen wir zum Rohling. Dieser bestand aus einem etwa faustgroßen, zurechtgeschlagenen und aufgespaltenen Stein, dessen Spaltfläche Bereiche des in weiten Teilen längs gebrochenen Trilobiten zeigt. Was machte hier keinen guten Eindruck? Durch das Aufspalten waren bereits einige kleine Teile der Schalensubstanz verloren gegangen, auch mussten einige kleine Teile (z. B. das linke Auge) aus der Gegenplatte „herausoperiert“ und transferiert werden, ebenso die gesamte Hinterhälfte. Ein sauberer Querbruch ist demgegenüber dankbarer, wenn auch im Hinblick auf die Vollständigkeit eines Stücks schwieriger interpretierbar. Stutzig machte den Autor in diesem Falle, dass die teilweise auch im Querbruch sichtbaren Pleuren aufhörten. Außerdem erschien der Stein nach hinten möglicherweise zu kurz zu sein, als dass der ganze Trilobit hineinpassen würde.


Daher wurde zuerst die Außenkante des Steins, eine mit Eisenoxiden bedeckte Verwitterungskante, mit einem Skalpell abgeschabt und dort nach schwarzen „Strichen“ (Querbrüche) Ausschau gehalten. Wären solche vorhanden gewesen, hätte ich den Trilobiten aussortiert, da es sich bei einem solchen vor Ort massenhaft auftretenden Fossil – außer vielleicht zu Übungszwecken – nicht lohnen würde, ein erkennbar unvollständiges Exemplar zu präparieren. Da jedoch nichts zu sehen war, begann ich zuversichtlich mit der Arbeit. Es war zu erwarten, dass der Trilobit nur deutlich im Hohlkreuz gekrümmt in den Stein passen würde.

 

Als nächstes wurde vorsichtig anpräpariert, um ein Gefühl für das Fossil, das Trennverhalten und das Gestein zu bekommen. Die Trennung war leider eher durchwachsen, da das Gestein stellenweise ziemlich innig am Fossil haftete und es auch von einigen Pyritgängen durchzogen war. Danach wurden die verrissenen Teile aus der Gegenplatte herausgetrennt und mit Sekundenkleber passgenau aufgeklebt.

 

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Abb. 2: Erste Sondierungen.

 

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Abb. 3: Transfer abgespaltener Teile.

 

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Abb. 4: Das transferierte linke Auge wird präpariert.

 

Nun wurden die linke Hälfte des Cephalons, das linke Auge, der Teil der Spindel bis zur Klebenaht und die ersten Pleuren freigelegt.

 

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Abb. 5: Anpräparierte Vorderhälfte.

 

Anschließend ging es daran, die Pleuren der linken Körperhälfte von der Seite freizulegen und sich Stück für Stück nach hinten voranzutasten. Dies mag etwas unkonventionell sein, allerdings war noch nicht eindeutig klar, wie stark der Trilobit gekrümmt sein würde. Durch dieses Vorgehen verringerte sich die Gefahr, das Fossil bei der Vorpräparation durch Unachtsamkeit zu beschädigen.

 

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Abb. 6: Probeschurf an den Pleuren auf der linken Körperhälfte.

 

Als nächstes wurde der Hinterrand des Pygidiums freigelegt sowie die Spindel jenseits der Klebenaht im transferierten Bereich weiterverfolgt. Außerdem wurde damit begonnen die rechte Seite freizulegen.

 

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Abb. 7: Fortschreitende Präparation.

 

So ging es nun Schritt für Schritt weiter. Allerdings wurde deutlich, dass insbesondere an der Stelle, an der die Spindel die Spaltebene kreuzt, schon im Fundmoment durch das Aufschlagen des Steins eine unschöne Fehlstelle entstanden ist. Diese fällt zwar ins Auge, aber nicht so deutlich, dass eine Ergänzung unbedingt gerechtfertigt gewesen wäre. Zudem offenbarte sich, dass das Cephalon (Kopfschild) leicht abgedriftet und verdreht liegt. Ärgerlich, aber so ist die Natur und der Trilobit bekommt seinen ganz eigenen Charakter. Auch die Glabella mit den Pusteln auf ihrer Oberfläche wurde nach und nach freigelegt.

 

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Abb. 8: Weitere Fortschritte.

 

Anschließend wurde die rechte Seite freigelegt. Da der Trilobit hier stellenweise recht tief ins Gestein eintaucht, musste der Rand etwas nachbeschlagen werden, um das Fossil besser mit dem Stichel erreichen zu können.

 

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Abb. 9: Freilegung der rechten Seite.

 

Nachdem auch dieser Schritt erfolgreich abgeschlossen wurde, präparierte ich zwischen den Pleuren sowie den Pleuralfurchen und dem hinteren Cephalonrand mit der Nadel und einem feineren Stichel (HW-1) etwas nach. Insbesondere das Gestein um den Trilobiten herum wurde noch nachkonturiert und der Spot geglättet. Nur zwischen den Noppen auf der Glabella blieb stellenweise ein Hauch Gestein übrig, dessen Entfernen ohne Sandstrahler unweigerlich zum Abbrechen dieser spitz endenden Strukturen geführt hätte.

 

Nach Abschluss der Präparation wurde das Fossil mit verdünntem Zaponlack eingelassen. Es zeigte sich jedoch, dass das Aufspalten beim Finden zu mehreren kleinen Substanzverlusten geführt hatte. Ich entschied mich dazu, diese Fehlstellen nicht zu ergänzen. Auch die größere Fehlstelle auf der Spindel wurde nicht ergänzt, sondern lediglich farblich etwas angeglichen. Zudem wurde deutlich, dass der hintere rechte Saum des Pygidiums leicht angeknabbert wirkt. Insgesamt wurde aus dem erst fast verschmähten Rohling doch noch ein recht ansehnliches Stück, dass dadurch einen ganz eigenen Charme entwickelt, dass es so stark gebogen ist und quasi ins Gestein „eintaucht“ und der Kopfschild leicht abgewinkelt liegt.

 

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Abb. 10: Das fertige Präparat. Foto vergrößern.

 

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Abb. 11: Ansicht von oben auf den fertig präparierten Trilobiten der Art Adrisiops weugi.

 

Paul Freitag bestimmte den Trilobiten freundlicherweise als Adrisiops weugi („Smiley-Phacops“). Diese Art wurde erst im Jahr 2017 wissenschaftlich beschrieben. Der Holotyp stammt aus der Lokalität Jbel Issoumour. Die genaue Herkunft des vorliegenden Stücks ist unbekannt. Die Arbeit mit der Erstbeschreibung von van Viersen, Holland & Koppka, 2017 ist online frei verfügbar und kann unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.geology.cz/bulletin/fulltext/1610_Viersen_170420.pdf

 

Dank

Für die Bestimmung des Trilobiten gilt mein Dank Paul Freitag.

 

Zuletzt noch einige Daten zum Fossil in Kurzform:


Fossil: Adrisiops weugi van Viersen, Holland & Koppka, 2017

Fundort: Anti-Atlas, Marokko

Alter: Emsium/Eifelium, Devon

Größe des Fossils: Länge 58 mm, Breite 24 mm

Größe des Handstücks: 68 mm x 73 mm

Verwendete Geräte: HW-1, HW-10, HW-70, diverse Nadeln, Schaber und Sekundenkleber

Dauer der Präparation: etwa 15 Stunden

 

 

Justus Güttler für Steinkern.de