Sonstige Berichte
Der letzte Schliff: Schliffpräparate vom Feinsten - Teil 2
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- Kategorie: Vermischtes
- Veröffentlicht: Dienstag, 01. Dezember 2009 17:45
- Geschrieben von Roger Furze
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Vor einem halben Jahr erschien auf unserer Homepage der 1. Teil von „Fossilien mit dem letzten Schliff“, geschrieben von Sönke Simonsen. Der Bericht ist über diesen Link zu erreichen. Seitdem haben viele Forumsmitglieder fleißig weitere Bilder und Beschreibungen ihrer geschliffenen Funde in den Ursprungsbeitrag im Forum eingestellt: http://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=39&t=10428. Jetzt nehme ich die Fackel auf und setzte die Geschichte fort, indem ich eine Zusammenfassung von dem, was inzwischen hinzugekommen ist, vorstelle. Im ersten Bericht waren zahlreiche Bilder von dem Innenleben insbesondere von Ammoniten zu sehen, die durch ihre makellose Schönheit besonders hervorragen. Sinn und Zweck dieses ersten Beitrags war auch, diese vielfältige Schönheit ein größeres Publikum vor Auge zu führen. Schwerpunkt dieses zweiten Berichts wird sein, die eher fachpraktischen Resultate des Schleifens vorzuführen.
Bei Mikrofossilien ist Schleifen auch ein Thema. Die Arbeitsgruppe Mikropaläontologie des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg z.B. beschäftigt sich mit Mikroablagerungen unserer Meere und mit den Mikrofossilien der Erde, vor allem mit den Foraminiferen und den entsprechenden Arbeitstechniken. ~MH~, Mitglied dieser Arbeitsgruppe und aktives Steinkern-Forum Mitglied, stellte uns diesen faszinierenden Arbeitszweig vor. Zum Zweck des Schleifens dieser winzigen Lebewesen, werden Schleifvorrichtungen mit Kuhlelementen unters Mikroskop gebaut. Wer mehr erfahren will, kann unter diesen Link reinschauen: http://www.mikrohamburg.de/HomePalaeo.html Es folgen nun Abbildungen einiger Ergebnisse diese Schleifversuche.

Abb. 1: Nodosaria intermittens. Sternberger Gestein. Kobrow.

Abb. 3: Lenticulina muensteri. Kleby, Polen. Alles Sammlung Michael Hesemann.
Auch unser Forumsmitglied „Foram“, beschäftigt sich mit diesem Thema. Er bereitet Dünnschliffe von Hand mit Nassschleifpapier bis Körnung 1000 vor und fotografiert sie im Durchlicht. Hier einige Exemplare:

Abb. 4: Foraminifere aus der Gattung Heterostegina aus dem Miozän von Spanien.

Abb. 5: Detail-Ansicht von Abb.4.

Abb. 6: Dünnschliff aus dem Eozän derPyrenäen mit verschiedenen Foraminiferen. Gesamtbild: Breite 20 mm.

Abb. 7: Detail 1 - Die großen Foraminiferen gehören vermutlich zur Gattung Fasciolites (Familie Alveolinidae), die kleineren zur Familie Milliolidae.

Abb. 8: Detail 2 - Zwischen den beiden großen Gehäusen von Fasciolites links oben erkennt man eine rotaliide Foraminifere.
Abb. 9: Milliolide Foraminiferen in verschiedenen Schnittrichtungen.

Abb. 10: Milliolide Foraminiferen. Alle Fotos: Kai Nungesser.
Diese Dünnschliffe bringen uns zum nächsten Thema. Es ist üblich bei der Profilaufnahme und Beprobung der Gesteinsschichten für die fortwährende Arbeit an der Erweiterung unserer Kenntnisse der Stratigraphie, und insbesondere der Biostratigraphie, dass Geologen und Paläontologen nicht nur Schlämmproben für Versuche an den Mikrofossilien machen, sondern auch Dünn- und Anschliffe von Gesteinsproben aus den Schichten anfertigen. Diese können unser Verständnis der damaligen Bildungsbedingungen und paläogeographischen Verhältnisse aus dem jeweiligen Zeit- und Ortsabschnitt ergänzen.
Johannes Kalbe, unser Geschiebe Experte, gab uns Anhand einiger abgebildeter ungeschliffener Sternberger Gesteine aus dem hohen Norden Deutschlands eine lehrreiche Stunde über die damaligen Bildungsverhältnisse. Ich darf ihn wie folgt zitieren:
"Als erstes ein Stück Sternberger Gestein mit einer so genannten gradierten Schichtung. Das heißt, dass aus einem Wassersedimentgemisch die schweren großen Partikel zuerst ausgefallen sind (unten liegen) während nach oben das Sediment immer feiner wird. Hydrodynamisch zeigt es dass die Wasserenergie von "sehr groß" schnell zu "sehr klein" gewechselt hat. Außerdem kann man daran ablesen wo zum Ablagerungszeitraum oben und unten war, auch wenn man das Geschiebe nicht aus dem Anstehenden herausgenommen hat. Auch in Steinbrüchen können solche so genannten Geopetalgefüge zur Orientierung sehr hilfreich sein."

Abb. 11. Gradierung.
"Auf einem Block aus feinsandigem und tonigem Material liegen einige Schalen, die durch eine schwache Wasserströmung ausgerichtet wurden. Zwischen einigen tonigen Flatschen hat sich dann relativ gut geschichtetes Material abgelagert, das teilweise reich an organischem Detritus ist. Genau diese Schichten wurden später von Organismen ergraben, die sich evtl. an der vorhandenen Organik den Bauch vollgeschlagen haben. In ihre Grabgänge haben sie Material aus den darüber liegenden Schichten verschleppt, wodurch diese als hellere runde Gebilde in den dunkleren Schichten zu erkennen sind.
Also ein Handstück, an dem sich so einiges zu den damaligen lokalen (oligozänen) Umweltbedingungen ablesen lässt."

Abb. 10: Milliolide Foraminiferen. Alle Fotos: Kai Nungesser.
Diese Dünnschliffe bringen uns zum nächsten Thema. Es ist üblich bei der Profilaufnahme und Beprobung der Gesteinsschichten für die fortwährende Arbeit an der Erweiterung unserer Kenntnisse der Stratigraphie, und insbesondere der Biostratigraphie, dass Geologen und Paläontologen nicht nur Schlämmproben für Versuche an den Mikrofossilien machen, sondern auch Dünn- und Anschliffe von Gesteinsproben aus den Schichten anfertigen. Diese können unser Verständnis der damaligen Bildungsbedingungen und paläogeographischen Verhältnisse aus dem jeweiligen Zeit- und Ortsabschnitt ergänzen.
Johannes Kalbe, unser Geschiebe Experte, gab uns Anhand einiger abgebildeter ungeschliffener Sternberger Gesteine aus dem hohen Norden Deutschlands eine lehrreiche Stunde über die damaligen Bildungsverhältnisse. Ich darf ihn wie folgt zitieren:
"Als erstes ein Stück Sternberger Gestein mit einer so genannten gradierten Schichtung. Das heißt, dass aus einem Wassersedimentgemisch die schweren großen Partikel zuerst ausgefallen sind (unten liegen) während nach oben das Sediment immer feiner wird. Hydrodynamisch zeigt es dass die Wasserenergie von "sehr groß" schnell zu "sehr klein" gewechselt hat. Außerdem kann man daran ablesen wo zum Ablagerungszeitraum oben und unten war, auch wenn man das Geschiebe nicht aus dem Anstehenden herausgenommen hat. Auch in Steinbrüchen können solche so genannten Geopetalgefüge zur Orientierung sehr hilfreich sein."

Abb. 11. Gradierung.
"Auf einem Block aus feinsandigem und tonigem Material liegen einige Schalen, die durch eine schwache Wasserströmung ausgerichtet wurden. Zwischen einigen tonigen Flatschen hat sich dann relativ gut geschichtetes Material abgelagert, das teilweise reich an organischem Detritus ist. Genau diese Schichten wurden später von Organismen ergraben, die sich evtl. an der vorhandenen Organik den Bauch vollgeschlagen haben. In ihre Grabgänge haben sie Material aus den darüber liegenden Schichten verschleppt, wodurch diese als hellere runde Gebilde in den dunkleren Schichten zu erkennen sind.
Also ein Handstück, an dem sich so einiges zu den damaligen lokalen (oligozänen) Umweltbedingungen ablesen lässt."
Abb. 12. Bioturbation.
"Hier ein konglomeratisch ausgeprägtes Stück Sternberger Gestein. Neben einer Helmschnecke und mehreren Mondschnecken sind mindestens zwei Decapodenreste, ein Haizahn und ein Knochenrest angeschnitten worden. Die Gerölle sind größtenteils Intraklasten (d.h. sie bestehen aus demselben Gestein wie die Matrix des Konglomerates, was auf eine Aufarbeitung älterer Horizonte zeitnah zur Ablagerung des Handstückes hinweist). Auch die mit feinerem Material gefüllte Helmschnecke zeigt eine Aufarbeitung und Umlagerung an. Es sind mehrfach Geopetalgefüge (in diesem Fall die so genannten "fossilen Wasserwaagen") zu erkennen, was eine nachträgliche Orientierung des Handstückes erlaubt."
"Hier ein konglomeratisch ausgeprägtes Stück Sternberger Gestein. Neben einer Helmschnecke und mehreren Mondschnecken sind mindestens zwei Decapodenreste, ein Haizahn und ein Knochenrest angeschnitten worden. Die Gerölle sind größtenteils Intraklasten (d.h. sie bestehen aus demselben Gestein wie die Matrix des Konglomerates, was auf eine Aufarbeitung älterer Horizonte zeitnah zur Ablagerung des Handstückes hinweist). Auch die mit feinerem Material gefüllte Helmschnecke zeigt eine Aufarbeitung und Umlagerung an. Es sind mehrfach Geopetalgefüge (in diesem Fall die so genannten "fossilen Wasserwaagen") zu erkennen, was eine nachträgliche Orientierung des Handstückes erlaubt."
Abb. 13. Konglomerat. Alles Sammlung Johannes Kalbe.
"Hier einer kleinen Foraminiferenplatte aus dem Nordspanischen Alttertiär. Die Bildbreite beträgt ca. 9 cm. Das Gestein selber ist ein ziemlich unreifer karbonatisch gebundener Sandstein."
"Hier einer kleinen Foraminiferenplatte aus dem Nordspanischen Alttertiär. Die Bildbreite beträgt ca. 9 cm. Das Gestein selber ist ein ziemlich unreifer karbonatisch gebundener Sandstein."

Abb. 14. Foraminiferen. Alttertiär. Nord Spanien. Sammlung Johannes Kalbe
Im Anschluss zu den Sedimentbildern werden jetzt ein paar Exemplare von unserem Forum-Mitglied „Sandbild“ vorgestellt.

Abb. 15. Sog. „Landschafts“-Kalkgestein. Aus dem Gartencenter! Sammlung Michael Mellor.
Abb. 16. Thermalsinterkalk. Obermiozän. Böttingen. Sammlung Michael Mellor.
Und noch ein Sammlungsstück von "Miroe":

Abb. 17. Onkolith aus dem Obermiozän des Nördlinger Ries. Sammlung Dr. Michael Rötzer.
Und noch ein Sammlungsstück von "Miroe":

Abb. 17. Onkolith aus dem Obermiozän des Nördlinger Ries. Sammlung Dr. Michael Rötzer.
Es folgt nun eine Bilderreihe von Schliffpräparaten verschiedener Floren- und Faunenelementen aus mehreren Erdzeitaltern, die in Teil 1 noch nicht gezeigt worden sind.
Abb. 18. Chalcedonisierter, teilweise achatisierter Knochen von Titanosaurus sp. aus der Oberkreide von Patagonien (Neuquén-Becken, Argentinien). Breite 11 cm. Sammlung Dr. Michael Rötzer.

Abb. 19. Tentaculiten, Schnecken und Muscheln aus Eiserfey, Eifel. Mitteldevon (Eifelium). Sammlung Andreas Immekus.

Abb. 20. Verkieseltes Holz von Neustadt an der Aisch, Tertiär (?), Breite 12 cm, Sammlung Dr. Michael Rötzer.
Abb. 21. Holz, Trias, bei Coburg, Durchmesser ca. 20 cm, Sammlung: Karsten Genzel.

Abb. 22. Stromatolith, Bolivien, Sammlung: Michael Mellor.
Abb. 23. Rudist Hippurites, 5 x 4 cm. Pass Gschutt, Salzburgerland.Gosaukreide, Santon. Sammlung Roger Furze.

Abb. 24: Rudist (Radiolites sp.?) aus der Gosaukreide (Oberkreide, Gosaukreide, Santon), Sammlung Dr. Michael Rötzer.
Abb. 25. Ctenostreon sp., 12 cm. Sengenthal. Garantien-Schichten. Sammlung Roger Furze.

Abb. 26. Kettenkoralle, Gotland, Silur, Breite 160 mm, Sammlung: Hannelore Kahmann.

Abb. 27. Korallen-Block, Ratingen, Devon/Karbon, 60 mm, Sammlung: Hannelore Kahmann.
Abb. 28. Seeigel Echinocorys sp., Campan, Coesfeld, Münsterland, ca. 6 cm, Sammlung: Karsten Genzel.
Zuletzt aber, sollen wir noch die beliebte Ammoniten ein kurzer Auftritt erlauben. Unser Mitglied „Steinbeisser“ hat einen Schleifversuch mit so genannten Handsteinen gemacht. Das Experiment ist mehr als gut gelungen:
Abb. 29. Oxycerites aus Sengenthal (6.5 cm). Sammlung Manfred Ebert.
Der Ammonit auf dem Titelbild dieses Berichts stammt von Bernhard Jochheim. Das Foto wurde bei Durchlicht aufgenommen. Unten sehen wir das gleiche Stück bei normalem Tageslicht.
Der Ammonit auf dem Titelbild dieses Berichts stammt von Bernhard Jochheim. Das Foto wurde bei Durchlicht aufgenommen. Unten sehen wir das gleiche Stück bei normalem Tageslicht.
Abb. 30. Mucrodactylites mucronatus, 3,5cm. Toarcium von Thouars, Sammlung Bernhard Jochheim.
Es bleibt nur noch zu erwähnen, dass der Thread weiter geht. Alle sind herzlich eingeladen, vorbeizuschauen und wer Lust hat, darf seine eigene Funde auch dort vorstellen: http://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=39&t=10428
Übrigens gibt es dort auch tolle Tipps zum Thema Schleiftechniken- und Gerätschaften.
Schöne Sammlergrüße von Roger Furze.