Trilobiten

Präparation einer Pradoella aus dem Ordovizium von Marokko

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Marokko ist in Sachen Trilobiten vor allem für die devonischen Fundstellen bekannt, die oft mit einem großen Artenreichtum und einer sehr guten Erhaltung der Fossilien begeistern. Doch auch das Ordovizium kann mit einer Vielzahl von Trilobiten aufwarten. Wohl am bekanntesten sind unter diesen die Trilobiten der Fezouata-Formation, zu denen Exemplare mit Weichteilerhaltung und sehr großwüchsige Asaphiden zählen. Die Formation enthält ferner auch Brotlaib-förmige Konkretionen, die mit etwas Glück komplette Trilobitenpanzer enthalten. Die Präparation eines solchen Stücks soll im Folgenden beschrieben werden.

Konkretionen mit dem Trilobiten Pradoella waren vor einigen Jahren noch vermehrt auf dem Markt zu sehen – leider war das angebotene Material oft schlecht präpariert oder ziemlich stark verwittert. Bei manchen Exemplaren drängte sich zudem der Verdacht der Montage auf. Mein Sammlerfreund Colin Teo war daher daran interessiert, eine unpräparierte Konkretion zu erwerben, um zum einen herauszufinden, wie diese Fossilien nach sorgfältiger Präparation aussehen würden und zum anderen, wie das Material tatsächlich beschaffen ist. Nach längerer Suche konnte er dann tatsächlich einen Rohling ergattern und bat mich, die Präparation des Stücks zu übernehmen. Da ich just zu diesem Zeitpunkt begonnen hatte, mich für die ordovizischen Trilobiten Marokkos zu interessieren, willigte ich gern ein und so landete die Geode wenig später in meiner Werkstatt:

 

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Abb. 1: Die aus drei Teilen zusammengesetzte Konkretion von der Oberseite – Länge ca. 17,6 cm.

 

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Abb. 2: Von der Unterseite: Bei genauerem Betrachten fällt auf, dass die Konkretion mittig leicht eingesenkt ist. Sie folgt damit der Form des Trilobitenpanzers, der im Querschnitt betrachtet einen Bogen bildet bzw. insgesamt betrachtet die Form eines umgedrehten Bootes hat.

 

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Abb. 3: Blick auf den Querbruch der vorderen Hälfte: Man erkennt sehr deutlich den Querschnitt durch den Trilobiten als dunkle Linie. Der Trilobit liegt schön zentral in der Konkretion liegt – so wünscht man sich das! Auffällig ist der Aufbau der Konkretion, die sich konzentrisch um das Fossil gebildet hat. Der Kernbereich ist hellbraun-orange, wohingegen der Außenbereich eher grau-braun rostfarben und damit deutlich dunkler ist. Hier kündigte sich bereits an, was sich später im Verlauf der Präparation bestätigen sollte: Die dunklere Matrix ist härter, die hellere schien dagegen mürbe zu sein. Damit ist diese Konkretion anders aufgebaut als Konkretionen es üblicherweise sind. Typischerweise werden diese von einem weicheren Außenbereich zum Kern hin immer härter.

 

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Abb. 4: Der Querschnitt im Detail: Die Schale ist stellenweise relativ dünn und scheint brüchig zu sein – es muss also auf jeden Fall vorsichtig präpariert werden!

 

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Abb. 5 und 6: Die hintere Hälfte der Konkretion liegt in zwei Teilen vor und weist ebenfalls die beschriebenen Charakteristika auf.

 

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Abb. 7: Der rechte Part zeigt im Längsbruch gut artikulierte Pleuren und bestätigt zudem, dass es tatsächlich einen „weicheren“ Kern gibt. Das Zentrum liegt wie eine Linse in der deutlich massiveren „Hülle“.

 

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Abb. 8: Rechts im Bild ist bereits das Pygidium zu sehen, welches in den harten Außenbereich der Geode hinein reicht. Hier ist die Schale zerrissen und scheint eher von der Innenseite zu trennen, als auf der Außenseite. Ein Umstand, der später die Präparation des Pygidiums erschwerte.

 

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Abb. 9: Die linke Seite des Längsbruchs.

 

Die Betrachtung des Rohlings ergab, dass das Pygidium und ein großer Teil der Pleuren mit einiger Sicherheit vorhanden sein würden. Ob Cranidium und Freiwangen auch erhalten wären, konnte allerdings noch nicht festgestellt werden. Daher sollte bei der Präparation zunächst der Kopfbereich freigelegt werden, um den Trilobiten auf Vollständigkeit zu überprüfen. Es wurde dementsprechend zunächst die nicht weiter gebrochene Hälfte anpräpariert. Da der Innenbereich der Konkretion etwas weicher sein sollte, begann ich entlang des Querbruchs vorsichtig mit dem Strahlen.

 

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Abb. 10: Nach kurzem Anpräparieren wurden bereits zwei Pleuren sichtbar, die eine harte, aber dennoch relativ fragile Schale haben.

 

An dieser Stelle möchte ich kurz näher auf die Beschaffenheit der Matrix eingehen. Neben der ungewöhnlichen Ausbildung eines vergleichsweise weichen Kerns weist das Gestein eine weitere kuriose Charakteristik auf: Es scheint eine Art hartes, unregelmäßiges Grundgerüst zu geben, das von weicherem Sediment aufgefüllt ist. Dieses lässt sich vom Aufbau her gut mit einem fossilen Schwamm vergleichen. Die Schwammnadeln bilden ein stabiles Gerüst, in dessen Zwischenräumen sich weicher Mergel befindet. Strahlt man nun diesen Schwamm, kann man den Mergel relativ leicht entfernen. Was übrig bleibt, ist das Gerüst des Schwamms. So in etwa verhält es sich auch mit der Konkretion: Weiche Partien des Gesteins (von wenigen bis mehreren Kubikmillimetern) können gut gestrahlt werden, wohingegen das „Gerüst“ nur mit dem Stichel entfernt werden kann, da es mitunter extrem hart ist.
Durch diese spezielle Beschaffenheit der Konkretion wurde die Arbeit mit dem Stichel allerdings erschwert, da dieser besonders in weicheren Partien eher „Löcher grub“ und die Matrix dort nicht wie gewünscht in Splittern absprengt werden konnte. Folglich konnte nur Millimeter für Millimeter abgetragen oder geschliffen werden, um die Matrix nach und nach zu reduzieren. Die vorwiegend harten Außenbereiche wiederum ließen sich gut sticheln. Hier war der Anteil an weicher Matrix wesentlich geringer. Glücklicherweise war das Sediment entlang der Schale überwiegend weich, was deren Freilegung erleichterte. Lediglich die Stellen, an denen harte Matrix auf Schale traf, mussten vorsichtig und ohne dabei viel Druck auszuüben freigelegt werden, um einem möglichen Brechen der Schale vorzubeugen. Denn auch unter der Schale ist die Matrix weich. Diese hat daher keine so solide Basis, wie man es von Trilobiten gewohnt ist, die in massiven Kalken vorliegen. Der partielle Einsatz dünnflüssigen Sekundenklebers erwies sich immer wieder als hilfreich und notwendig zum Härten gefährdeter Partien.

 

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Abb. 11: Der Spindel folgend konnte das Cranidium gefunden werden. Es liegt eng an, was die Hoffnung auf vorhandene Freiwangen nährte.

 

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Abb. 12: Parallel dazu wurde interessehalber auch das Pygidium anpräpariert. Wie befürchtet, lag es im harten Bereich der Geode und ließ sich bedeutend schwieriger freilegen.

 

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Abb. 13: Doch zurück zum Kopfbereich: nach ein paar Stunden lag ein Teil der rechten Seite frei…

 

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Abb. 14: … und sollte eigentlich die Freiwange zeigen – doch wo ist sie?

 

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Abb. 15: Schaute man seitlich auf das Stück, so konnte man vorne rechts erstmals Teile der Freiwange erahnen, die stark unter das Cranidium geklappt sind. Die rechte Freiwange ist also vorhanden! Die Betrachtung anderer Exemplare derselben Gattung ergab, dass es anscheinend sehr häufig vorkommt, dass die Freiwangen seitlich eingefallen sind. Typischerweise liegen sie in der richtigen Position an, sind aber seitlich unter das Cranidium gedrückt worden.

 

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Abb. 16: Nun wurde auch die linke Seite des Cephalons freigelegt. Die Glabella und die Spitze der „Nase“ ragten, wie schon das Pygidium, in den harten Außenbereich der Geode hinein und ich entschied mich daher, sie erst zu einem späteren Zeitpunkt freizulegen. Insbesondere dort, wo die Schale in doppelter Form vorliegt (Spindelringe, Saum des Cephalons etc.) zeigten sich einige Fehlstellen. Besonders gut zu sehen ist dies an der Verlängerung des Saums vorn am Cranidium. Wie es scheint, lagen hier Hohlräume vor, die entweder eingestürzt sind oder aber die obere Schale fehlt, weil sie nicht überliefert wurde oder es bereits vor der Einbettung zu Beschädigungen kam. Wie dem auch sei, jedenfalls sollten diese Fehlstellen später rekonstruiert werden, um ein harmonisches Gesamtbild zu erhalten.

 

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Abb. 17: Blick auf die linke Freiwange, die auch unter den Kopfschild gedrückt vorliegt. Damit stand fest: der Trilobit ist komplett! Es würde sich also lohnen, das Stück vollständig freizulegen.

 

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Abb. 18: Die zusammengesetzte Konkretion: Die vordere Hälfte war nun bereits weitgehend präpariert. Bevor die Teile zusammengeklebt werden, sollte aber noch der Rest des Trilobiten zumindest grob freigelegt werden, um sich besser orientieren zu können.

 

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Abb. 19: Nachdem einiger Matrixabtrag erfolgt war, wurden die drei Stücke der Geode mit eingefärbtem Kleber zusammengefügt.

 

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Abb. 20: Nach dem vollständigen Aushärten des Klebers trug ich nochmals großflächig überschüssiges Gestein ab. In diesem Zuge legt ich auch den hinteren Teil des Trilobiten weiter frei. Foto vergrößern.

 

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Abb. 21: Nach einigen Stunden war dann das Gröbste getan: die umliegende Matrix wurde abgetragen und geglättet. Der Trilobit lag mittlerweile größtenteils frei. Was nun noch fehlte, war die Feinarbeit sowie das Befreien des Trilobiten von besonders hartnäckigen Partien des Gesteins, die stellenweise noch an dessen Schale hafteten.

 

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Abb. 22: Hier ist nochmals sehr gut zu erkennen, wie stark die Freiwange unter das Cranidium gedrückt wurde. Der Saum der Freiwange liegt noch tiefer.

 

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Abb. 23: Das Pygidium und die unteren Teile der letzten Pleuren lagen im harten Gestein. Hier musste ich mich langsam vorarbeiten und schließlich den letzten Millimeter strahlen, da keinerlei Trennfuge vorhanden war.

 

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Abb. 24: Fast fertig! Die Matrix wurde gestrahlt, um ein natürlicheres Erscheinungsbild zu erhalten. Nun war auch der aus den Querbrüchen bekannte konzentrische Aufbau der Geode wieder sichtbar geworden. Einzig kleine Partien hartnäckigen Gesteins mussten noch entfernt und die bereits weiter oben beschriebenen Fehlstellen aufgefüllt werden. Hierzu wurde, wie zuvor schon für die Klebung, eingefärbtes Epoxidharz verwendet.

 

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Abb. 25: Die rechte Seite des Trilobiten. An den Pleuren ist die Schale extrem dünn und lag im weichen Gestein bereits in Bruchstücken vor. Wir entschieden uns dazu, dies so zu belassen, da eine Rekonstruktion hier etwas zu weit gegagen wäre und den Erhaltungszustand des Trilobiten unnötig verfälscht hätte.

 

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Abb. 26: Die linke Seite sieht ähnlich aus, zeigt darüber hinaus aber noch eine Kluft, die beginnend am Kopfschild durch die meisten Pleuren des Thorax verläuft. Auch hier wurde auf eine Restauration verzichtet. Ansicht vergrößern.

 

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Abb. 27: Der Blick von vorn zeigt nochmals die eingesenkten Freiwangen und die Augen. Die Sehflächen sind, wie es für Vertreter der Familie Calymenidae typisch ist, nicht erhalten.

 

Die folgenden Abb. 28 – Abb. 32 zeigen das fertige Präparat:

 

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Abb. 28: Draufsicht. Ansicht vergrößern.

 

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Abb. 29 :Seitenansicht von rechts. Ansicht vergrößern.

 

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Abb. 30: Seitenansicht von links. Ansicht vergrößern.

 

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Abb. 31: Detailansicht des Cephalons.

 

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Abb. 32: Detail des Pygidiums.

 

Zum Abschluss möchte ich mich noch bei Colin Teo für das mir entgegengebrachte Vertrauen und die Möglichkeit diesen interessanten Trilobiten präparieren zu dürfen bedanken. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich konnte viel Neues über die Präparation von marokkanischen Ordovizium-Trilobiten in Konkretionen lernen.

 

Fossil:
Pradoella aff. tazzarinensis (VIDAL, 1996) (?) aus dem unteren Ordovizium der Fezouata-Formation, (vermutlich) Jbel Kissane, Dra Valley

 

Maße:
Länge der Knolle: 17,6 cm
Breite der Knolle: 12 cm
Länge des Trilobiten: 13,5 cm

 

Werkzeuge und Materialien:
Verschiedene Stichel aus dem HW-Sortiment, Feinstrahlgerät, Sekundenkleber und Akemi Marmorkitt

 

Arbeitsaufwand:
26 Stunden

 

Paul Freitag (Steinkern.de)

 


 

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