Trilobiten

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 7. Teil: Walliserops trifurcatus

Nachdem alle Ceratargen aus der „Kiste voller Leichen“ fertiggestelllt sind und vorgestellt wurden, folgt nun etwas anderes „Haariges“: ein Walliserops trifurcatus aus Zguilma.

Walliserops ist einer der ungewöhnlichsten Trilobiten aus dem Devon Marokkos. Sein Markenzeichen ist die lange Glabellarapophyse mit ihren drei Fortsätzen, die in ihrer Form an Lorbeerblätter oder breite Plattahlen von Segelmachern erinnert. Im Ganzen betrachtet kann man sich durchaus auch an den Dreizack des griechischen Meeresgottes Poseidon erinnert fühlen. Die Marokkaner nennen diesen Trilobiten „Parabol“, in Anlehnung an eine Antenne.

Der Rohling besteht aus drei Steinen. Die Gabel ist komplett und in dem Zustand, in dem ich das Stück übernahm, bereits freigelegt. Das Tier ist richtig groß, der Länge nach gebrochen und scheint komplett zu sein. Der Körper liegt S-förmig geschwungen vor, macht hinter dem Kopf ein Hohlkreuz und am Schwanzschild einen Buckel. Ein Fehler, der zur Ausmusterung beim Vorbesitzer geführt haben könnte, ist für mich auf den ersten Blick nicht zu erkennen.

 

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Abb. 1

 

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Abb. 2

 

Es wird damit begonnen Platz zu schaffen, um an die rechte Seite des Körpers besser heranzukommen, während die linke Seite noch fast unangetastet ist (rechtes Bild, Abb. 4). Auch hier wird erst einmal Platz geschaffen. Vorsichtiges Beschlagen spart eine Menge Zeit.

 

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Abb. 3 (links) und 4 (rechts).

 

 

Bevor die beiden Steine zusammengefügt werden, wird auf der linken Seite eine Suchgrabung am Schwanzschild angelegt. Zwei der Steine können nun bereits zusammengeklebt werden - so dass wir es nur noch mit zwei "Baugruppen" zu tun haben.

 

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Abb. 5

 

Dann geht es auf der linken Seite am Trilobiten solange mir dem Stichel entlang bis alle Pleurenstacheln zu sehen sind. Die Trennung ist äußerst bescheiden, es geht in weiten Bereichen nur nach Farbumschlag vorwärts.

 

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Abb. 6

 

Nachfolgend geht es wieder auf der rechten Seite weiter. An der Gabel wird etwas "gestochert" und oben über dem Trilobiten Gesteinsvolumen abgetragen.

 

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Abb. 7

 

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Abb. 8

 

Und wie der Stein so beim Präparieren in der Hand gehalten wird, kann man auf der Unterseite etwas spüren, eine Unebenheit. Nun wird mir klar, wo der Fehler bei diesem Individuum liegt:

Die rechte Seite des Trilobiten läuft unten aus dem Kalk in den Mergel hinein. Sicherheitshalber wird die Stelle erst einmal mit Kleber getränkt, damit hier nichts verlorengeht.

Doch was nun? Eigentlich ist es kaum mehr lohnenswert das Stück zum Ende zu präparieren. Angesichts des bereits investierten Aufwands, stellt sich mir die Frage, wie aus so einer „Leiche“ dennoch etwas Attraktives gemacht werden könnte? Im Kopf reift eine Idee.

 

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Abb. 9

 

So geht es weiter am Kopf. Der zweite Augenstachel wird herausgeholt und hinten am Schwanzschild die ersten Stacheln, damit man nach dem Zusammenkleben weiß, wie der Trilobit liegt und wo und wie man „buddeln“ muss.

 

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Abb. 10

 

Nun wird wieder beschlagen, was prompt schiefgeht. Die Trümmer werden umformatiert und das Stück dann wieder zu einem Stein zusammengefügt und verklebt.

 

12Abb. 11

 

Dann kommt der Bandschleifer zum Erstellen einer Standfläche zum Einsatz. Mit der Hand wird positioniert, um eine Vorstellung zu bekommen, wie der Stein am Ende stehen soll. Im ersten Anlauf fällt die "Wacke" noch zu sehr nach links. Also muss rechts noch etwas Material abgetragen werden, jedoch nicht zuviel. Schließlich passt es dann.

 

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Abb. 12-14: Stellprobe vom Test bis zum Zwischenergebnis mit zugeschliffener Standfläche.

 

Zunächst wird die rechte Wange herausgeholt, deren Stachel tief in den Stein eintaucht.

 

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Abb. 15

 

Jetzt geht es von hinten nach vorne auf den Pleuren entlang und es werden die winzigen senkrecht stehenden Stacheln freipräpariert. Hinten wird deshalb angefangen, weil man bei diesem Individuum von dort aus am leichtesten herankommt.

 

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Abb. 16

 

Wieder geht es am Kopf ein Stück weiter. Die rechte Wange wird so weit wie nötig und möglich freigelegt, ohne dass der hier dünne Stein nach unten ausbricht.

Am Schwanzschild werden die noch vorhandenen Stege weggenommen und die darin verborgenen horizontal verlaufenden Stacheln herausgeholt.

 

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Abb. 17

 

Zwischendurch wird auch immer wieder am Spot gearbeitet, um zu sehen wie der Trilobit am Ende am besten zur Geltung kommen könnte. Es folgen Sticheln, ein bisschen Beschlagen, nebenbei das Untertunneln des linken Augenstachels und oben auf dem Trilobiten heißt es, den „Klotz“ etwas mit zu reduzieren.

 

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Abb. 18

 

Langsam kommt der Punkt, an dem man die Fräse zum Einsatz bringen sollte. Auf der linken Seite wird, nachdem der Augenstachel ausgebaut und sicher verwahrt ist, die Höhe des Steges festgelegt, in dem die kleinen Stacheln am Ende stehen sollen. Dann wird zwischen der Spindel, auf der es auch eine Menge Stacheln gibt, und dem Steg Material ausgeräumt.

 

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Abb. 19

 

Wieder geht es nach Farbumschlag auf der Spindel entlang und ein Stachel nach dem anderen wird freigepult - ein mühsames Geschäft.

 

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Abb. 20 und 21

 

Es wird weiter am Spot gearbeitet und erneut nachbeschlagen. Langsam sind wir aber am Ende des „Trimmens“ angekommen.

Es werden noch die restlichen horizontal verlaufenden Stacheln, die den Schwanzschild säumen, freipräpariert und dann geht es mit der Fräse wieder in die Tiefen des Trilobiten, im Bereich zwischen der Spindel und der rechten Reihe der kleinen Stacheln auf den Pleuren.

 

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Abb. 22

 

Bei dieser Arbeit kriegt man echt die Krise, denn der Ansatz liegt so tief unten, dass man selbst mit der langen Nadel des Druckluftstichels so seine Sorgen hat. Der Stichel kann nicht vorne gehalten werden, ich musste ihn fast mittig fassen. Und dann muss man dieses "lange Ende" noch unter dem Mikroskop unfallfrei rangieren, sodass man ständig irgendwo antickt. Die Ausschläge der Nadel unten im tiefen Loch sind dann schon beachtlich. So wird es eine ordentliche Zitterpartie bis die Reihe letzlich steht. Nun wird mir auch klar, warum die Biester so gerne auf einem „Feldherrnhügel“ präpariert werden. Es ist schlichtweg der einfachste Weg, denn dann kommt man mit dem Stichel überall gut hin.

Mittlerweile ist bei diesem Stück auch der verfolgte Plan zu erkennen, der da lautet, das Fossil trotz seines Fehlers maximal attraktiv aufzustellen. Über die Gestaltung des Steins gilt es das Fossil so zu präsentieren, dass die Nichtdarstellung des nicht vollständig überlieferten Bereichs nicht ins Auge fällt und so ein harmonisches Bild entsteht - die Kunst des Weglassens.

 

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Abb. 23

 

Um den Eindruck der Vollständigkeit noch zu erhöhen, werden die Stacheln der rechten Pleurenseite in einen Steg gestellt, hinter dem nicht mehr viel kommt, ähnlich der Fassadengestaltung bei Potemkinschen Dörfern.

 

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Abb. 24

 

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Abb. 25

 

Einmal mehr wird am Spot gewerkelt und damit begonnen die Flächen zu glätten. Dies gestaltet sich rechtsseitig hinter dem Kopf aufgrund des geringen verfügbaren Platzes etwas schwierig.

 

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Abb. 26

 

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Abb. 27

 

Nun werden die Stege, in denen die Stacheln stehen, vollendet. Auf der linken Seite werden die ersten beiden Pleuren freigeräumt. Auf dem Pygidium tragen die letzten beiden Rippen praktisch auch keinen Stachel mehr, so dass hier ebenfalls freigeräumt weden kann. Auch die letzten Stacheln auf der Spindel des Schwanzschildes werden noch präpariert.

Aus Symmetriegründen wird auch der Stachel auf dem rechten Auge getunnelt. Dies passiert gleichermaßen mit dem Nackenhorn, denn die ersten beiden Spindelringe tragen keinen Stachel, so dass man schön hindurch schauen kann.

 

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Abb. 28

 

Jetzt kann der Spot homogenisiert werden. Unebenheiten des Gesteins werden geglättet und die gesamte Fläche wird eingeschliffen. Auf der linken Seite lassen sich noch zwei Pleurenspitzen freilegen, die das Gesamtbild weiter abrunden.

 

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Abb. 29

 

Nachdem noch ein bisschen im Umfeld des Trilobiten versäubert und eingeschliffen wurde, wird der linke Augenstachel wieder aufmontiert.

Das Exponat sieht inzwischen nicht mehr allzu schlecht aus. Nun ist der „Kollege“ bereit für die Strahlkabine.

 

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Abb. 30

 

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Abb. 31

 

Doch das Gestein um den Trilobiten herum gefällt mir noch nicht wirklich. Das Stück muss nochmals in die Werkstatt und der Stein wird "nachgetrimmt". Die hohe Seite hinter dem Tier muss fallen. Das Ergebnis ist in Ordnung, aber irgendwie hat das Gesamtbild mir vorher besser gefallen. Nicht immer sind solche spontanen Eingebungen der Weisheit letzter Schluss. Wie dem auch sei, so kann der Walliserops erst einmal bleiben. Gestrahlt wird dann beim nächsten Besuch an der Ostsee.

 

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Abb. 32

 

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Abb. 32

 

Misst man den Walliserops gestreckt, bringt es dieses Individuum auf fast 13 cm Länge. Das Exemplar ist damit ein ganz schöner „Brocken“ für seine Art.

 

Udo Resch für Steinkern.de

 

 

Bisher erschienene Berichte der Serie: „Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten:

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 1. Teil: Ceratarges ziregensis

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 2. Teil: Ceratarges ziregensis Nr. 2

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 3. Teil: Ceratarges ziregensis Nr. 3

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 4. Teil: Koneprusia

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 5. Teil: Ceratarges sp.

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 6. Teil: Ceratarges sp.