Trilobiten

Präparation eines Scabriscutellum aus dem Devon von Marokko

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Marokko wartet immer wieder mit beeindruckenden, dramatisch bestachelten Trilobiten auf, deren Präparationen äußerst aufwendig sind und viel Geduld und Fingerspitzengefühl bei der Freilegung erfordern, wie sich anhand der aktuellen Artikelserie "Präparation marokkanischer Trilobiten" von Udo Resch bestens nachvollziehen lässt. Doch auch häufigere und morphologisch weniger aufregende Trilobiten wollen behutsam freigelegt werden, um sie in ihrer vollen Schönheit zu präsentieren. Die Präparation eines solchen Trilobiten soll im Folgenden Schritt für Schritt vorgestellt werden.

Bei dem Rohling handelt es sich um ein Scabriscutellum hammadi CHATTERTON et al. 2006 aus dem oberen Emsium der Timrhanrhart-Formation vom Jbel Gara el Zquilma. Der Trilobit liegt schön mittig im Stein und scheint auf den ersten Blick ungebrochen zu sein.

 

 

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Abb. 1: Scabriscutellum vor der Präparation: Oben sollte das Pygidium im Stein stecken, unten das Cephalon.

 

 

Bei genauerem Hinschauen erkennt man allerdings, dass drei kleine Schalensplitter noch im Negativ „hängen“. Das ist eigentlich der Normalfall und kaum zu verhindern, da die Steine nun mal aufgeschlagen werden müssen, um festzustellen ob sich Fossilien darin befinden.

 

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Abb. 2 (links): Auf dem Positiv erkennt man drei kleine Lücken in der Schale. Man beachte zudem die feine Calzitader, die von oben nach unten durch den Stein läuft.

Abb. 3 (rechts): Die fehlenden Schalensplitter befinden sich noch im Negativ und müssen übertragen werden.

 

Diese Schalenteile werden vorsichtig aus dem Negativ gesägt, die Matrixstücke in denen sie stecken möglichst klein geschliffen und passgenau mit Sekundenkleber an die richtigen Stellen übertragen. Das Aussägen von solch kleinen Teilen kann auch gut ohne Steinsäge bewältigt werden, indem man kleine Trennschleifer oder Diamant-Sägeblätter für ein Dremel- oder Proxxon-Fräsgerät verwendet, mit denen man zusätzlich noch schleifen kann. Für das Kleben von kleinen Gegenstücken eignet sich am besten Sekundenkleber, den man in verschiedenen Viskositäten kaufen kann. In diesem Fall ist dünnflüssiger Kleber eine gute Wahl, um die Fugen möglichst klein zu halten.

 

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Abb. 4: Die Stücke wurden zusammengeklebt und der Kleber konnte über Nacht aushärten.

 

Als Nächstes kann es an die Freilegung gehen. Die Präparation wird mit verschiedenen Druckluftsticheln durchgeführt, die ein langsames und vorsichtiges Arbeiten ermöglichen. Da die übertragenen Schalenteile nicht wieder verlorengehen sollen, wurden die „Würfel“ möglichst flach geschliffen und die überstehende Matrix vorsichtig und mit wenig Druck heruntergestichelt. Dabei ist darauf zu achten sich von oben nach unten vorzuarbeiten und nicht von einer Seite zur anderen, da das aufgeklebte Stück sonst leicht wieder abbrechen kann. Die aufsitzende Matrix muss gleichmäßig abgetragen werden, da sonst die Klebefläche im Vergleich zum Matrixwürfel zu klein wird und diesen nicht mehr halten kann. Behutsam können mit diesem Verfahren auch Schalensplitter gesichert werden, die nur millimetergroß sind.

Der dünnflüssige Kleber ist aber auch auf die Außenseite des kleinen Schalensplitters am Cephalon gelaufen, wodurch das angefügte Stück nun heller wirkt. Der Kleber muss auf jeden Fall wieder entfernt werden, doch dazu später mehr. Nun möchte ich erst einmal herausbekommen, ob der Trilobit auch wirklich komplett ist. Hierfür ist es unabdingbar, sich mit der Morphologie vertraut zu machen. Am besten schaut man sich verschiedene Fotos im Internet oder Büchern an und vergleicht während der Präparation immer wieder, um sich zu vergewissern, wo man gerade arbeitet. Es folgt also eine kleine Suchgrabung am Cephalon entlang bis zur linken Freiwange – sie sitzt perfekt.

 

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Abb. 5: Das Schalenstück am Cephalon wurde wieder übertragen und die linke Wange gefunden. Bei genauem Hinsehen erkennt man rechts unten im Bild - unter dem Augendeckel - eine kleine dunkle Linie. Sie markiert den Übergang vom Cranidium zur Freiwange.

 

Parallel dazu wird auch am "Heck" präpariert. Mit Erfolg! Das Pygidium ist ebenfalls vorhanden und leicht nach unten abgewinkelt, wie es bei der Haltung des Trilobiten auch schon zu erwarten war.

 

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Abb. 6: Das Pygidium wurde gefunden!

 

Nun kann eigentlich nur noch die rechte Freiwange „Ärger machen“, also wird auch danach gegraben. Doch jeder Zweifel war unbegründet, denn auch sie liegt genau dort, wo man sie erwarten würde.

 

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Abb. 7: Das Cephalon ist vollständig. Leicht angefeuchtet, erkennt man die Übergänge vom Cranidium zu den Freiwangen noch besser.

 

Im nächsten Schritt wird die linke Seite des Trilobiten weiter freigelegt. Bei den Pleuren muss man behutsam und von vorne nach hinten arbeiten, da die säbelartig verlängerten Pleuren dünn und empfindlich sind und je nach Körperhaltung des Trilobiten einander leicht überlappen oder auch abgebrochen und nach hinten verschoben sein können. Präpariert man in diesem Fall von hinten nach vorn, könnte man die Pleurenspitzen leicht beschädigen ohne es überhaupt zu merken. Auch die linke Freiwange wird komplett freigelegt und offenbart eine Überraschung, die manchen Sammler vielleicht ärgern würde, mich aber sehr erfreut. Die Schale ist in kleine Scherben zerbrochen, die aber alle noch im Verbund nebeneinander liegen. Das erschwert zwar die Präparation, da sie wie kleine Eisschollen leicht in verschiedene Richtungen geneigt sind und man sich von Scherbe zu Scherbe hangeln muss, macht für mich aber einen ästhetischen Reiz aus, der das Stück einmalig macht.

 

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 Abb. 8: Die linke Körperhälfte liegt weitgehend frei und offenbart das schöne Mosaik der Freiwange.

 

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Abb. 9: Größenvergleich in der Hand des Präparators. Für einen besseren Kontrast wurde der Trilobit beim Fotografieren in der außerhalb des Arbeitsbereichs dunklen Werkstatt vor dem Fotografieren angehaucht.

 

Weiter geht es am Pygidium, das vorsichtig Millimeter für Millimeter freigelegt wird. Hier muss etwas mehr Gestein abgetragen werden, da das große Pygidium tief in den Stein hineinragt.

 

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Abb. 10: An der Seite sind die übereinanderliegenden Pleuren gut zu erkennen, ebenso wie weitere Kleberreste an der Spindel, die später entfernt werden sollen.

 

Aber auch am Cephalon muss etwas mehr Matrix weichen, um für die weitere Präparation des Trilobiten genügend Freiraum zu schaffen. Hierbei wird bereits ein runder Spot angelegt, der das Stück später umgeben und betonen soll. Kleine Gesteinsreste, die sich in Falten, Gruben und zwischen den Segmenten halten, werden später vorsichtig entfernt.

 

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Abb. 11: Das Cephalon liegt frei und ist ca. 23 Millimeter breit.

 

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Abb. 12: Das Stück „von oben“ aufgenommen: Es wird deutlich, dass das Pygidium im rechten Winkel zum Thorax nach unten steht.

 

Auch die rechte Körperhälfte wird nun freigelegt und der Spot weitergeführt. Mir ist es dabei wichtig, so viel natürliche Matrix wie möglich zu erhalten. Dafür eignet es sich, einen Stichel mit gröberem Schlag, wie den HW-65, zu verwenden, um größere Matrixstücke absprengen zu können, ohne den ganzen Stein dabei mit Stichelmarken überziehen zu müssen.

 

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Abb. 13: Die Matrix bekommt langsam ihre endgültige Gestalt und der Spot wird weitergeführt.

 

Ebenso wird am Pygidium verfahren, das nun endlich komplett freigelegt werden kann. Es ist darauf zu achten, nicht zu tief um das Pygidium herum zu graben, da es sehr dünn ausläuft und leicht brechen könnte.

 

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Abb. 14: Hier muss noch einiges an Matrix weichen.

 

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Abb. 15: Das Pygidium liegt frei!

 

Die meiste Arbeit ist getan, der Trilobit freigelegt und es folgt das finale Glätten der Matrix um den Trilobiten und das genaue Zeichnen des Spots. Das Sägen oder Schlagen einer Standfläche entfällt, da der Stein von allein eine natürliche Standfläche bietet.

 

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Abb. 16: Das Stück kurz vor der Fertigstellung.

 

Kniffliger ist aber die abschließende Feinpräparation. Um die letzten anhaftenden Matrix- und Kleberreste zu entfernen, erwägte ich den Trilobiten sanft zu strahlen, doch da die Trennung recht gut ist und ich bisher komplett ohne Strahlgerät auskam, entschied ich mich dazu, auch die letzten Reste „per Hand“ zu entfernen. Hierzu verwendete ich sehr feine Stichel und eine angespitzte Präpariernadel, mit der aber nicht zu fest gedrückt werden darf, da man sonst gleich die Schale trifft. Zudem wurden noch die Zwischenräume der Pleuren, aller Segmente und der Scherben der linken Freiwange freigekratzt, um einen sauberen Übergang und damit auch einen besseren Kontrast zu erzielen. Glücklicherweise konnte ich auch die dünnen Kleberreste entfernen. Hierzu benetzte ich die Bereiche nur kurz mit Aceton und konnte die Kleberhäutchen dann mit einem dünnen Skalpell absprengen, ohne die Schale zu beschädigen. Es folgte ein abschließendes Einlassen mit Mowilith, um die schöne braune Färbung zu betonen. Mowilith eignet sich sehr gut, da es mit Aceton einfach wieder entfernt werden kann und keinen speckigen Glanz erzeugt. Die Präparation des Scabriscutellum konnte nach 12 Stunden abgeschlossen werden. Es folgen mehrere Ansichten des fertigen Präparats.

 

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Abb. 17: Das gesamte Stück von vorn. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 18: Der Stein in der Draufsicht. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 19: Gesamtübersicht mit Blick auf das Pygidium. Über die Biegung gemessen, ist das Stück ca. 43 Millimeter lang. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 20: Detailansicht Cephalon/Thorax. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 21: Detailansicht von oben. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 22: Detailansicht des Pygidiums. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 23: Detailansicht von vorn. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 24: Detailansicht der intakten, ungebrochenen Wange. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 25: Detailansicht des rechten Auges. Größere Ansicht anzeigen.

 

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Abb. 26: Detailansicht der linken Wange.

 

Paul Freitag für Steinkern.de