Dokumentation einer Niederlage oder Frankens Marokko liegt in Rednitzhembach

Im folgenden Artikel soll die präparative Verwandlung eines großen Oberjuraammoniten in ein quasi marokkanisches Kunstwerk aufgezeigt werden. Der bildhauerische Akt ist jedoch kein gezielter Vorgang, sondern das Ergebnis eines traurigen Sachstandes gewesen: Der Ammonit wollte partout keine Innenwindungen zeigen.

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Hier ist die Welt noch in Ordnung gewesen: Der große Perisphinctide im Herbst zum Auswittern aufgestellt in meinem Garten.

Zur Vorgeschichte: Im Herbst letzten Jahres konnte ich bei dem befreundeten Sammler Bernd Frohs aus Bad Dürbheim neben einigen Oberjura-Raritäten auch drei große präparierte Crussoliceraten aus dem Steinbruch Geisingen (Am Saufang) erwerben. Zum Abschied schenkte mir Herr Frohs noch einen unpräparierten Großammoniten aus dem unteren Delta mit dem Hinweis, dass mit größter Wahrscheinlichkeit die inneren Windungen fehlen würden. Da Bernd Frohs ein hervorragender Kenner der einzelnen Schichten in diesem Steinbruch ist, hatte ich von Anfang wenig Hoffnung.

Der Ammonit, der zur Gruppe der Crussoliceraten oder Progeronien gehören dürfte, weist einen Durchmesser von über einem halben Meter auf. Vertreter der Unterfamilie Ataxioceratinae mit dieser Größe sind extreme Raritäten. Bevor ich mich an die Präparation machte, ließ ich den Ammoniten über den Winter im Garten anwittern. Im Februar habe ich ihn dann in den Keller geschleppt. Das Gestein hat anfangs sehr gut getrennt. Die von mir anfangs für besser gehaltene Seite erwies sich rasch als Reinfall. Nach nicht einmal einem Umgang hat die Windung bereits aufgehört. Zahlreiche Senkungsmarken (= Stylolithen) zeigten an, dass hier nichts mehr zu holen ist.
 

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Die vermeintliche Unterseite entpuppt sich als Oberseite: Noch bevor ein Umgang erreicht ist, hört die Windung bereits auf.

Leider war auch auf der gegenüberliegenden Seite nicht mehr herauszuholen. Nach knapp einem Umgang senkt sich die Windung erst ab, bevor sie nach oben drückt und abgekappt wird. Im Bereich der Innenwindungen bin ich auf Stylolithen und einige verschobene Gehäusefragmente gestoßen: Bernd Frohs hatte recht.


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Ausgang einer neuen Hoffnung: Die Unterseite sieht besser aus.

Die Frage für mich: Was soll ich mit dem "Schrottomiten" anfangen? Ich habe mich entschlossen, die inneren nicht vorhandenen Windungen grob nachzufahren und verschnitzte Bereiche mit Ponal und Gesteinsmehl anzugleichen. In die Sammlung kommt der Ammonit nicht. Mit den notwendigen Angaben steht er zum Verkauf.


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In diesem Stadium hat bereits nichts mehr getrennt. Ich musste mich schweren Herzens damit abfinden, dass sich der Großammonit als Niete entpuppt hatte.

Eine genauere Bestimmung ist nicht möglich. Aufgrund der groben, ungespaltenen Wulstrippen, auf der Wohnkammer würde ich ihn in die Verwandtschaft der Gattung Crussoliceras stellen. Dafür spricht der breite Windungsquerschnitt und die Tatsache, dass sich die Wulstrippen mehr oder weniger deutlich über die Externseite ziehen. Im gleicher Größe und gleichem Fundniveau würden noch Progeronia oder Discosphinctoides in Frage kommen. Progeronien haben jedoch in der Regel schwächere Wulstrippen, die zudem auch im Bereich der Wohnkammer gelegentlich noch aufgespalten sind. Bei Discosphinctoides kann man auf der Wohnkammer nicht mehr von Wulstrippen sprechen. Die Hauptrippen ziehen sich zwar über die gesamte Flanke, sind jedoch nur sehr reliefarm ausgebildet. Beide Gattungen haben einen eher schlankeren Windungsquerschnitt. Die Hauptrippen sind im Bereich der Wohnkammer auf der Externseite meist abgeschwächt oder unterbrochen.


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Vom Präparator zum Bildhauer: Nach vielen Stunden Arbeit wollte ich den Ammoniten nicht als Gartenstein enden lassen. Vielleicht findet sich ja ein Liebhaber.

Artikel und Fotos: Victor Schlampp für steinkern.de