Präparation eines Belemnitenschlachtfeldes mit einfachen Mitteln

Dieser Beitrag richtet sich an Anfänger, denen ich an einem ausführlichen Beispiel die Vorgehensweise bei einer mechanischen Präparation mit einfachen und preisgünstigen Mitteln (also ohne Elektro- oder Druckluftwerkzeuge) schrittweise aufzeigen möchte. Sicher hat jeder Sammler bedingt durch unterschiedliche Erfahrungen, Fundgebiete oder Werkzeuge andere Vorgehensweisen, aber es soll ja nur ein Beispiel unter vielen möglichen sein. Andere Methoden sind sicher genauso gut brauchbar oder vielleicht sogar besser bzw. komfortabler. Die Experten können sich also ruhig von diesen Banalitäten abwenden und den nächsten Saurier oder Crinoidenwald in die Strahlkabine schieben. Bewusst habe ich ein etwas problematisches (Stabilität) aber leicht zu bearbeitendes Material gewählt, das Fossilien mit glatten Oberflächen enthält. Die Platte von 36,5 x 15 cm ist sicher kein Prachtexemplar, aber für den Nurgelegentlichjurasammler doch ganz nett. Leider scheinen die Tage der phantastischen Fundstelle Mistelgau gezählt zu sein, die Methodik lässt sich aber problemlos auf ähnliche Gesteine/Fossilien übertragen.

Wir benötigen folgende Materialien:

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Insgesamt fallen also für die Erstausstattung ca. 135 € an. Die Werkzeuge sind preisgünstig und eine langfristige Anschaffung, mit der Stahlwolle kommt man sehr lange aus. 2 geeignete Hartstahlnägel und ein Stück Schmirgelpapier finden sich in jedem Haushalt. Wenn man die Nägel scharf hält (feinkörniges Schleifpapier oder besser Diamantfeile), halten sie viele Jahre. Nur die Chemie ist wirklich kostenträchtig, ohne Kleber und Kunstharzspachtel für die Stabilisierung wird das Ganze ca. 44 € günstiger. Wenn man im Aufschluss, falls möglich, robuste Stücke auswählt, kann man also einiges an Kosten und Arbeit sparen. Aber dummerweise sitzen halt of die schönsten Stücke im Brösel. Aufpassen muss man mit den Glasradierern, hier geht ein allzu großzügiger Einsatz langfristig doch ins Geld. Verbrauch für unsere Platte ca. 30 Ersatzpinsel. Sinnvoll sind nur die 4mm Radierer, die 2mm Version verschleißt deutlich zu schnell. Wenn man die Kleber kühl aufbewahrt, halten sich die angebrochenen Gebinde länger (Plastiktüte drum, dicht verschließen und ab in den Kühlschrank). Ein Liter Rember hält viele Jahre. Versandkosten habe ich nicht berücksichtigt. Man sollte aber auch bedenken, dass der größte Kostenfaktor bei unserem Hobby vermutlich die Benzinkosten sind und man an einem gut präparierten Stück dauerhaft Freude hat.

Der Zeitaufwand für die Präparation dieser Platte hat ca. 50 Arbeitsstunden betragen.

Ich habe die Gesamtpräparation in folgende Einzelschritte gegliedert:

Transport
Reinigung
Stabilisierung
Übersichtspräparation
Grobpräparation
Feinpräparation
Nachbehandlung

Das notwendige Material habe ich jeweils angegeben. Wenn bei mehreren Schritten das gleiche Material eingesetzt wird, erwähne ich es nur beim ersten Mal.


Transport

Material:
Zeitungspapier
Luftpolsterfolie
Evtl. Sekundenkleber

Enorm wichtig ist ein schonender Transport der Funde vom Aufschluss nach Hause. Jeder Sammler wird schon einmal die traurige Erfahrung gemacht haben, dass das Prachtexemplar aus dem Aufschluss beim Transport beschädigt wurde. Man kann sich viel Arbeit und Frust ersparen, wenn man sorgfältig verpackt. Ich benutze meist reichlich alte Zeitungen oder für besonders empfindliche oder schöne Stücke Luftpolsterfolie bzw. alte Polsterbriefumschläge. Eventuell empfiehlt es sich, bereits im Aufschluss mit Sekundenkleber zu stabilisieren oder Teile zusammenzufügen. Wenn man mehrere Teile lose mitnimmt, sollte man sie markieren (z. B. zusammenlegen und mit einem wasserfesten Filzer auf der Rückseite einen Strich über alle Teile ziehen). Nach einiger Zeit weiß man sonst meist nicht mehr, wie sie ursprünglich zusammengehörten, puzzelt ewig rum und hat ständig nagende Zweifel, ob man nicht doch ein Stück im Aufschluss vergessen hat.


Reinigung

Material:
Bürste, z. B. Nagelbürste
altes Handtuch
 
Jeder hat sicher auch schon einmal Fundstücke beim Reinigen ruiniert, so habe ich schon mehrere schöne Schnecken aus tonigen Füllungen devonischer Riffe unwiederbringlich „zerbürstet“. Ein Cephalopode in weichem Mergel aus dem Mitteldevon der Eifel ist mir neulich beim ersten Kontakt mit Wasser unter den Händen in Tausende von kleinen Plättchen zerbröselt. In unserem Beispielfall handelt es sich um eine Platte aus einem schiefrigen Mergel. Viele Mergel oder stark mergelhaltige Gesteine reagieren auf Wasser mit Aufquellen, Rissbildung oder gar Zerfall, also sollte man unsere Platte keinesfalls erst einmal gründlich einweichen (und schon gar nicht mit Ultraschall behandeln!!!). Ich brause sie ganz kurz ab und bürste zunächst vorsichtig mit einer Nagelbürste unter möglichst wenig fließendem Wasser. Wenn das Material das verträgt, kann man dann in einem zweiten Gang kräftiger bürsten. Danach trocknen wir die Platte ab. Nun können wir unser Fundstück erstmals genauer untersuchen. Wir achten genau auf Risse, bereits sichtbare Fossilien sowie Fossilquerschnitte an den Rändern.

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Die gereinigte Platte inmitten der anderen Stücke vom gleichen Fundort


Stabilisierung

Material:
Skalpell
Schmaler Stechbeitel
Raspel oder grobes Schmirgelpapier
Staubsauger
dünnflüssiger Sekundenkleber oder dünnflüssiger 2K-Kleber (z. B. Akemie Marmorkitt extra flüssig)
Kunstharzspachtel und Glasfasermatte
Pinsel
Joghurt- oder Einwegbecher

Zunächst lassen wir die Platte vollständig trocknen (ca. 2 Wochen im Zimmer). Da beim Trocknen durch den Volumenverlust in mergeligen Gesteinen Risse entstehen können, warten wir unbedingt, bis dieser Vorgang abgeschlossen ist, damit wir auch wirklich alle Risse verkleben können. In die Risse an den Plattenrändern lassen wir dann dünnflüssigen Sekundenkleber so lange tropfenweise hineinlaufen, bis sie keinen Kleber mehr aufnehmen.

Unsere Platte ist leider vor allem am Rand ziemlich dünn und aus weichem, brüchigem Material. Wir müssen sie daher weiter stabilisieren, damit sie den Präparationsprozess übersteht und wir lange Freude an einem schönen Ausstellungsstück haben. Dazu müssen wir zunächst entscheiden, welche Seite wir präparieren wollen. Wir wählen die Seite mit den schöneren bereits sichtbaren Fossilien aus, eine weitere Entscheidungshilfe sind die Fossilquerschnitte an den Rändern. Zur weiteren Präparation empfehlenswert ist die Seite, die möglichst viele Querschnitte nahe der Oberfläche aufweist.

Wenn einige besonders prächtige Exemplare auf der Oberseite stark beschädigt sein sollten, kann man auch überlegen, die Vorderseite in Kunstharz einzubetten und sich von rückwärts an die Superstücke heranzuarbeiten. Dabei muss man besonders gründlich unter Einbeziehung der Ränder stabilisieren, da hinterher nur noch eine hauchdünne Gesteinsschicht im Kunststoffbett übrigbleibt.

Die zukünftige Rückseite der Platte müssen wir der Stabilisierungsmaßnahme opfern. Hierzu entfernen wir zunächst lose abblätternde, dünne Schüppchen, Dreck und Staub gründlich (Skalpell, Bürste, Staubsauger). In alle Risse lassen wir wieder dünnflüssigen Sekundenkleber laufen, bis sie vollständig aufgefüllt sind.

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Die Risse auf der Rückseite wurden mit dünnflüssigem Sekundenkleber stabilisiert.

Außerdem entfernen wir vorsichtig lose und besonders dünne überstehende Stellen an den Rändern. Die Kanten der Platte begradigen wir behutsam mit der Raspel etwas und runden sie leicht ab, um späteres Krümeln zu vermeiden. Da das Gestein unserer Platte evtl. bituminöse oder ölige Komponenten enthalten könnte, wischen wir die Rückseite und Rand mit einem brennspiritusgetränkten Lappen ab, damit der Kleber optimal haftet. Anschließend bestreichen wir die Rückseite und den Rand mit  extra dünnflüssigem 2-Komponenetenkleber oder Marmorkitt. Wir achten darauf, dass dabei möglichst wenig Kleber auf die zu präparierende Seite läuft.

Nach dem vollständigen Aushärten des Klebers glätten wir die jetzt belastbarere Rückseite und entfernen vorsichtig die am weitesten hervorstehenden Buckel mit Stechbeitel und Raspel.

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Nach dem Aushärten der ersten Schicht Kleber wurden die größten Buckel der Rückseite entfernt

Dann tragen wir noch einmal dünn Kleber auf. Wenn dieser völlig hart ist, rauhen wir die Rückseite mit Schmirgelpapier auf und bestreichen sie mit Kunstharzspachtel. Wir füllen zunächst tiefere „Mulden“ mit dem Spachtel auf und legen dann an diesen Stellen passende kleine Stücke Glasfasermatte in die Masse. Auch auf den dünnen Rändern der Platte tragen wir Spachtel und Mattenstreifen auf. Solange der Spachtel noch nicht fest ist, tupfen wir auf die Mattenstücke flüssigen Spachtel mit einem Pinsel auf, bis die Matten vollständig und möglichst ohne Luftblasen im Harz sitzen. Wenn die Mulden aufgefüllt sind, tragen wir Spachtelmasse und Mattenstreifen auf der gesamten Rückseite auf.
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Zugeschnittene Glasmattenstreifen für die jetzt einigermaßen ebene Rückseite

Von den Glasmatten gibt es 2 Varietäten. Regelmäßig, stoffartig gewebte oder solche mit „wirrer“ Struktur. Letztere sind starrer und etwas schwieriger zu verarbeiten, eignen sich aber besser für dickere Lagen. Ich bevorzuge für unebene Flächen schmale Mattenstreifen, da sie weniger Probleme mit Faltenbildung verursachen als durchgehende Stücke. Das Kunstharz stinkt bei der Verarbeitung entsetzlich und ist sicher auch nicht so richtig gesund. Am besten arbeitet man im Freien oder bei völlig geöffnetem Fenster und lässt die Platte einige Tage im Freien an einer regengeschützten Stelle ausmiefen, am schnellsten geht das, wenn die Sonne auf das Stück scheint. Beachten sollte man allerdings die Verarbeitungstemperaturen der Harze, viele härten bei tiefen Temperaturen nur sehr langsam aus. Die benutzten Pinsel sind nach dem Aushärten unbrauchbar. Zum Anmischen eignen sich z. B. ausgespülte alte Joghurtbecher, die man nach Gebrauch ebenfalls wegwirft. Für kleine Mengen sind transparente Filmdöschen gut geeignet. Sie lassen sich mehrfach verwenden, da auf dem Polyethylen der Dosen der Kleber nicht haftet. Wenn man die Pinsel in dem aushärtenden Harz lässt, hat man einen Griff zum Entfernen der Reste. Einzelne gehärtete Glasfasern, die von unserer Platte hochstehen, bohren sich leicht in die Haut und führen zu unangenehmen Verletzungen, zudem stören sie beim weiteren Auftrag von Kunstharz. Wir schmirgeln oder raspeln sie daher gründlich ab.

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Wir haben jetzt eine durchgehende glasfaserverstärkte Schicht auf der Rückseite

Wenn gewünscht, könnte man jetzt auch einen entsprechend gebogenen Draht als spätere Aufhängung einarbeiten und unterhalb der Abschlusslage mit Glasmattenstreifen und Harz befestigen. Wir tragen abschließend nochmals Spachtelmasse und Mattenstreifen auf und pinseln alles gründlich ein.

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Und weiter geht’s mit der zweiten Lage

Wir achten darauf, dass kein Stabilisierungsmaterial seitlich übersteht oder entfernen dieses nach dem Aushärten z. B. mit der Raspel oder grobem Schleifpapier. Zudem glätten wir mit Schmirgel die gesamte Rückseite ein wenig.

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Die Stabilisierung ist abgeschlossen, unserem Prachtstück kann jetzt nichts mehr passieren. Zusätzlich habe ich noch 2 Streifen diagonal aufgeklebt.

Vor dem Abschluss der Stabilisierung sollten wir keinesfalls bereits mit der Präparation beginnen. Mit Sicherheit landet sonst Kunstharz auf den bereits freigelegten Stücken, das dann mühsam entfernt werden muss. Jetzt sitzt der Kunstharzüberschuss lediglich auf Gestein, das ohnehin wegpräpariert wird. Der Geduldige hat weniger Arbeit.


Übersichtspräparation

Wenn das Kunstharz völlig durchgehärtet ist und nicht mehr so arg stinkt, können wir weitermachen. Wir haben unsere Platte jetzt in einem stabilen Korsett und können uns endlich auf die Präparation stürzen, ohne um die Stabilität des Ganzen fürchten zu müssen.

Material:
Fliesenlegerhammer
Glasradierer und Ersatzpinsel
Stahlnägel
Stahlwolle grob (z. B. Grad 3)

Zunächst legen wir die größeren bereits sichtbaren Belemniten mit Stechbeitel und Skalpell frei. Damit sie später auf der Platte gut zur Geltung kommen, tragen wir vorsichtig deren Umgebung ab, um sie deutlicher hervortreten zu lassen. Zudem entfernen wir gründlich loses Material von der Oberfläche. Dabei stößt man meist auf weitere Belemniten, die völlig unvorhersehbar im Gestein eingebettet sind. Mit dem Stechbeitel muss man daher sehr gefühlvoll arbeiten, wollen wir doch möglichst viele für unsere spätere Prachtstufe erhalten. Wenn man hierbei mit dem Hammer arbeitet, wird das Risiko, ungewollt Belemniten zu zerstören, deutlich größer, dafür geht der Materialabtrag aber schneller. Wenn man auf ein „gefühltes“ Stück stößt, kann man es zunächst vorsichtig mit Skalpell und Glasradierer soweit freilegen, dass man den weiteren Verlauf erkennen kann und präpariert dann vollständig frei. Damit wir schon einmal einen Eindruck von dem möglichen Gesamtbild haben, kratzen wir die Oberfläche der größeren  Belemniten mit dem Skalpell frei (wenn die Farbe des Gesteinsmehls von Grau nach Weiß wechselt, sind wir angekommen) und schleifen kurz mit der groben Stahlwolle. Wir haben nun eine Übersicht über unser Stück gewonnen. Jetzt sollten wir festlegen, welche der bis jetzt gefundenen Belemniten wir unbedingt erhalten wollen und welche bei eventuell auftauchenden neuen Exemplaren geopfert werden können. Wir sollten auch überlegen, ob wir Bruchstücke oder kleine Exemplare erhalten bzw. freilegen wollen. Das ist Geschmackssache. Ich versuche, so viel wie möglich zu erhalten bzw. freizulegen, um ein Bild von der ganzen Fossilgemeinschaft zu vermitteln. Man kann aber durchaus die Meinung vertreten, dass dadurch nur von den Topstücken abgelenkt wird und Bruchstücke sowie weniger schöne Exemplare entfernen.
 
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Am Ende der Übersichtspräparation. Wir haben jetzt einen ersten groben Gesamteindruck der fertigen Platte. Das nächste Bild zeigt die linke untere Ecke der Platte.

Achtung: Glasradierer sind heimtückisch. Abgebrochene Fasern bohren sich rasch in die Haut und sind schwer zu entfernen, da man sie nicht sieht. Wenn man sie doch findet, sind sie mit der Pinzette kaum zu packen. Mitunter hat man tagelang Freude an den Biestern. Wer empfindlich ist, trägt besser Handschuhe. So richtig widerlich wird’s, wenn die Faserbruchstücke in großen Mengen auf Textilien geraten. Ich war so dumm, das Handtuch, auf dem ich präpariert habe, in die Wäsche zu tun. In der gleichen Maschinenladung war leider auch Unterwäsche, der Horror, das Zeug ist auch mit mehrmaligem Waschen nicht rauszukriegen, die Fasern pieksen infernalisch. Wir mussten die gesamte Unterwäsche wegwerfen. Bei meinen Aldiunterhosen hielt sich der Verlust in Grenzen, bei meiner Frau wurds richtig teuer.


Grobpräparation

Bei diesem Schritt müssen wir das meiste Material abtragen. Daher empfiehlt es sich, in einer großen Schale oder noch besser in einer wenig schmutzempfindlichen Umgebung zu arbeiten und den Staubsauger stets griffbereit zu haben. In Reichweite sollten wir auch immer den dickflüssigen Sekundenkleber haben, um Pannen gleich ausbügeln zu können.

Zunächst legen wir u. a. ausgehend von interessant erscheinenden Querschnitten an den Rändern die Exemplare in Randnähe frei und schleifen sie mit Glasradierer und grober Stahlwolle.

Dann tragen wir von den Rändern weiter zum Zentrum vorrückend so viel Material ab, dass die bisher freigelegten Exemplare sowie die neu ausgegrabenen sich möglichst deutlich hervorheben. Bei stabilen Exemplaren kann man ruhig ca. 2/3 der Höhe freipräparieren. Die Umgebung sollte großzügig abgetragen werden. Ein Belemnit in einem „tiefen Graben“ wirkt halt nicht, sie sollten wenn möglich auf einem flachen “Hügel“ sitzen. Dabei werden wir zwangsläufig auf weitere Exemplare oder Bruchstücke stoßen. Große Höhenunterschiede sollte man möglichst abflachen, damit man nicht hinterher eine unübersichtliche „schroffe Berglandschaft“ sondern „sanfte belemnitengekrönte Hügel“ hat. Die fossilfreien Zonen glätte ich mit dem Beitel und schmirgele sie anschließend mit der groben Stahlwolle. Das ist natürlich auch wieder Geschmackssache, ich finde es besser, wenn keine unruhige Struktur von den Fossilien ablenkt. Wenn wir senkrecht in der Platte sitzende Belemniten, Pyrit- oder Kalkkonkretionen entfernen, sind wir besonders vorsichtig und meißeln immer nur behutsam kleine Stücke ab, um keinen Rissbildung in unserer Platte zu provozieren. Wenn die Querschnitte wegen ihrer weißlichen Farbe stören sollten, träufelt man etwas Sekundenkleber darauf und verteilt kurz vor dem Hartwerden etwas Gesteinsmehl mit dem Glasradierer.


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Das Bildteil zeigt im unteren Teil ein Stück der Platte nach und im oberen Teil vor der Grobpräparation.

Am Ende der Grobpräparation hat unsere Platte mehr als 1/3 des Gewichtes verloren, vor allem die Ränder sind deutlich dünner geworden. Ohne die Stabilisierung würde die Platte zerbröckeln.

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Unsere Platte nach der Grobpräparation


Feinpräparation

Material:
Stahlwolle fein (z. B. Grad 000)
Ameisensäure oder Essigessenz
Wattestäbchen

Wenn man es gründlich macht der zeitraubenste Arbeitsschritt. Oft ein harter Prüfstein für die Geduld, da trotz des großen Zeitaufwandes keine wirklich markanten Veränderungen herauskommen. Wir legen keine weiteren Belemniten mehr frei, sondern verbessern vielmehr die vorhandenen systematisch Stück für Stück mit Skalpell, Glasradierer und Stahlwolle soweit wie möglich und glätten die Unebenheiten zwischen den Exemplaren weiter. Zudem beseitigen wir Präparationsschäden. Es lohnt sich, diese Arbeiten mit einer Lupenbrille durchzuführen, wir benötigen eine starke Lichtquelle. Hauptsächlich entfernen wir mit Kratzen und Schleifen Mergelspuren an den Belemniten und polieren sie anschließend mit der feinen Stahlwolle. Zudem lässt sich bei vielen sicher noch ein Stück mehr freipräparieren. Hierbei sollte man ruhig genau sein und um jeden Quadratmillimeter kämpfen, das macht am Gesamteindruck hinterher sehr viel mehr aus, als man bei dem mühsamen und manchmal nervigen Gekratze und Geschmirgel zunächst wahrhaben will. Zudem sollte man auf eine möglichst klare, gerade Abgrenzung zwischen Fossil und Mergel achten. Die meisten Belemniten müssten nach der Behandlung mit der feinen Stahlwolle jetzt schon etwas glänzen. Sicher sind bei der Arbeit an einigen Stücken hässliche Kratzer entstanden, die als weiße Spuren unangenehm auffallen. Nach Muphys Law passiert uns das immer an den besten Exemplaren. Wir beseitigen die Kratzer in drei Schritten. Zunächst schleifen wir sie in Längsrichtung mit dem Glasradierer, vieles verschwindet bereits hierbei. Die weiteren Schäden verringern wir, indem wir ein Wattestäbchen mit Ameisen- oder Essigsäure (Essigessenz aus dem Drogeriemarkt) anfeuchten und die Säure auf den Kratzer tupfen, nötigenfalls mehrfach. Wenn die Bläschenbildung aufgehört hat, tupfen wir mit Wasser ab. Die weißen Kratzspuren müssten jetzt kleiner geworden sein. Besonders hartnäckige grobe Kratzer lassen sich mit ein wenig  schwarzem wasserfestem Filzstift weiter kaschieren. Größere Schäden kann man mit 2K-Kleber und Splittern oder Gesteinsmehl aus dem Abfall verdecken und  beischleifen (die jetzt empört aufjaulenden Puristen mögen mir verzeihen). Das sollte natürlich eine Ausnahme bleiben.

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Der linke untere Ausschnitt nach der Feinpräparation.

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Weiteres Detail der Platte nach der Feinpräparation

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Die gesamte Platte nach der Feinpräparation


Nachbehandlung

Material:
Fluat (z. B. Rember) oder Marmorpolitur (z. B. Marpol)
Aqurellpinsel (Rember) oder kleiner Borstenpinsel (Marpol)
weicher Lappen
Rotwein für die Abschlussfeier

Hierzu gibt es sicher besonders viele unterschiedliche Meinungen, jeder sollte es so machen, wie es seinem Geschmack entspricht. Von keiner Nachbehandlung bis Hochglanz ist alles denkbar. Bei Belemniten auf Platten bin ich bekennender Glanzfan. Der Zorn der Fundamentalisten des unbehandelten Fossils wird mir sicher sein, aber ich finde, dass sie sich dadurch besser vom umgebenden Gestein abheben, außerdem sind sie so einfach schöner. „Jeder Jeck ist  anders“ sagt man in Köln....

Mit einem feinen Pinsel tragen wir hauchdünn Rember auf die Belemniten auf. Dies bewirkt eine Farbtonvertiefung und lässt viele leichtere Präparationsspuren verschwinden. Wir achten darauf, dass wir exakt nur die Belemniten einpinseln. Das Mittel ist verblüffend sparsam im Verbrauch. Wenn wir irgendwo mit schwarzem Filzstift Kratzer kaschiert haben, müssen wir die vom Rember wieder angelöste Farbe sorgfältig verwischen. Wenn doch einmal etwas von dem Mittel danebengerät, lässt es sich, wenn es nach dem Trocknen überhaupt noch auffällt, mit dem Skalpell wieder entfernen, indem wir an diesen Stellen etwas Mergel abkratzen. Nach dem Trocknen polieren wir mit einem Stoffrest, mit Frottee (z. B. alter Frottesocken) geht’s nach meiner Erfahrung besonders gut.

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Details der Platte nach der Endbehandlung

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Die gesamte Platte nach der Endbehandlung

Eine weitere Möglichkeit ist die Behandlung mit Marpol. Dies tragen wir mit einem kurzgeschnittenen schmalen Borstenpinsel exakt auf und lassen es vor dem Polieren einige Stunden einziehen. Auch hierbei haben wir eine Farbtonvertiefung, möglicherweise werden aber die Präparationsspuren nicht ganz so gut beseitigt. Hier ist vieles Glaubens- und Überzeugungssache.

Am Ende der Nachbehandlung können wir dann voller Stolz unsere Stufe präsentieren. Auf einem Drahtständer und gut beleuchtet kommt sie am besten zur Geltung. Das Glas Rotwein (oder auch 2) zur Feier der geglückten Präparation haben wir uns jetzt redlich verdient.