Fossilien mit Ultraschall reinigen

Für viele Anwendungen in Industrie, Handwerk und Hobby werden Ultraschallreiniger genutzt. Einfache und preisgünstige Geräte werden inzwischen für den Haushalt zum Reinigen von Schmuck, Brillen, Kontaktlinsen etc. angeboten. Ultraschallreiniger eignen sich mit Einschränkungen auch zum Reinigen von Fossilien. Zum Präparieren, also Entfernen von dickeren Materialschichten über dem Fossil, sind sie nicht geeignet.

Wie funktioniert ein Ultraschallreiniger? Zunächst wird ein hochfrequentes elektrisches Feld erzeugt, mit dem ein Schallgeber in mechanische Schwingungen versetzt wird. Diese werden auf eine in einem Becken befindliche Flüssigkeit, das eigentliche Reinigungsmedium, übertragen. Je nach Konstruktion kann sich der Schallgeber inner- oder außerhalb des Beckens befinden. Bei den für uns Sammler brauchbaren Geräten befindet er sich meist unter dem Boden der Flüssigkeitswanne. In der Flüssigkeit entstehen durch die übertragenen Schwingungen komplizierte, rasch aufeinanderfolgende Kompressions- und Dekompressionphasen. Bei der Dekompression entstehen an Grenzflächen der Flüssigkeit wie z. B. an der Oberfläche eingehängter Gegenstände winzige Unterdruckbläschen, die durch die nachfolgende Kompression wieder zerplatzen (implodieren). Die umgebende Flüssigkeit wird dabei auf bis zu 400 km/h beschleunigt, dies geschieht ca. 40 000 mal pro Sekunde. Dieser Vorgang wird als Kavitation bezeichnet. Er findet auch an sonst unzugänglichen Stellen statt, die Flüssigkeit erwärmt sich dabei. Durch die Kavitation werden Schmutzpartikel abgelöst und in Mikropartikel zerlegt. Die Wirkung des Verfahrens kann durch Zusätze zur Reinigungsflüssigkeit etwas gesteigert werden.

Bei der Anwendung der Ultraschalltechnik ist leider einiges zu beachten. Zunächst sollte man bei eingeschaltetem Gerät niemals in die Flüssigkeit greifen, die Schwingungen würden dabei auch auf das Körpergewebe übertragen und dort Kavitation auslösen. Diese führt zur Zerstörung und dauerhaften Schädigung der feinen Blutgefäße sowie der Nervenenden. Die Wanne soll immer zu mindestens 2/3 gefüllt werden, um Schäden an dem Schallgeber zu vermeiden. Die zu reinigenden Gegenstände dürfen nicht direkt in die Flüssigkeitswanne gelegt werden oder diese berühren, dies führt ebenfalls zur Beschädigung der Schallgeber. Wenn die Reinigungsflüssigkeit bereits stark verschmutzt ist, kann in der Kompressionsphase auch Schmutz in und an das Reinigungsgut gepresst werden. Wegen der Erwärmung dürfen keinesfalls brennbare Flüssigkeiten verwendet werden (Explosionsgefahr). Man sollte zudem darauf achten, dass durch die Reinigungsflüssigkeit oder Zusätze die Wanne nicht beschädigt wird. Edelstahlwannen vertragen z. B. keine Säuren oder halogenhaltige (z. B. Chlor) Verbindungen, der sogenannte Lochfraß kann die Folge sein. Saure oder andere aggressive Reinigungsmittel dürfen daher nur in einem Einsatz verwendet werden. Durch das hochfrequente elektrische Feld kann der Radio- und Fernsehempfang gestört werden (bei Kabelempfang meist kein Problem). Schließlich nervt das unangenehme Betriebsgeräusch (ein ähnlicher Genuss für die Ohren wie ein  Zahnarztbohrer) auf Dauer deutlich. Am besten trägt man Ohrstöpsel oder verlässt während des Betriebes den Raum. Die Geräte sind wartungsfrei, nur die Edelstahlwannen brauchen ein wenig Pflege.

Welche Geräte sind für den Sammler zu empfehlen? Zunächst ist darauf zu achten, dass die Wanne eine ausreichende Größe hat. 2 - 3 l Volumen halte ich für ein Minimum, wenn man nicht nur Kleinfossilien reinigen will. Sinnvoll ist eine eingebaute Zeitschaltuhr, dann kann man mehrere kürzere Reinigungsgänge durchführen und zwischendurch den Raum verlassen. Für hartnäckigere Fälle sollte das Gerät auch für längere Betriebsdauern (z. B. 1 – 2 Stunden) geeignet sein. Ich persönlich benutze seit fast 20 Jahren ein 3 l Laborgerät der Firma Bandelin, das ich gebraucht günstig erstanden habe. Es scheint sehr robust zu sein. Mit den seit einigen Jahren häufig angebotenen preiswerten Geräten habe ich keine Erfahrung, oft sind jedoch bei diesen die Wannen sehr klein, da sie lediglich für die Reinigung von Schmuck, Brillen etc gedacht sind. Ob sie für den bei Fossilien manchmal nötigen Langzeitbetrieb geeignet sind, erscheint mir zweifelhaft. Die sinnvollste Lösung ist sicher ein gutes gebrauchtes Labor- oder Industriegerät.

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Ultraschallreiniger Bandelin Sonorex RK 100

Für welche Fossilien ist die Ultraschallreinigung geeignet? Wenn man sich den Vorgang der Kavitation und die dabei auftretenden Beschleunigungen verdeutlicht, wird klar, dass alle porösen, brüchigen, rissigen oder empfindlichen Stücke nicht geeignet sind. Da die Reinigungsflüssigkeit in Hohlräume eindringt und auch dort die Kavitation stattfindet, werden lose oder lockere Teile abgesprengt. Besonders heimtückisch können kaum sichtbare Risse sein, eine vorherige Inspektion mit der Lupe kann helfen, Überraschungen zu vermeiden. Mergelstücke oder bröckelige Fossilien können völlig zerfallen. Das Verfahren eignet sich also vornehmlich für etwas robustere Exemplare und ist besonders bei Fossilien mit unregelmäßiger oder  rauer Oberfläche oder schlecht zugänglichen Bereichen (z. B. Korallen) zu empfehlen. Ich wende Ultraschall häufig nach beendeter Präparation an, um „den letzten Dreck“ noch zu entfernen. Oft ist man erstaunt, was selbst nach hartnäckigem Bürsten noch abgeht. Die Wirkung chemischer Präparationsmethoden mit flüssigen Mitteln lässt sich durch Anwendung unter Ultraschall deutlich intensivieren, jedoch muss man dabei besonders auf die „Belastbarkeit“ der Stücke achten. Rückstände von Chemikalien wie Ausblühungen nach Ätzkalipräparation lassen sich ausgezeichnet mit Ultraschall entfernen.

Wie geht man bei der Reinigung vor? Zunächst sollte man die Stücke nach gründlichem Einweichen mehrmals kräftig abbürsten, um vor der Ultraschallbehandlung möglichst viel losen Schmutz zu entfernen. Stücke, die hierfür zu empfindlich sind, gehören definitiv nicht ins Ultraschallbad. Bei sehr hartnäckigen Verschmutzungen lässt sich die Vorreinigung durch verschiedene Mittel wie Spülmittel, Spülmaschinentabletten, Essig, Kalilauge oder WC-Reiniger verstärken. Bei „unbekannten“ Fossilien z. B. von neuen Fundorten sollte man zunächst Vorversuche an Schrottstücken machen. Eine schwächere Wirkung erzielt man, wenn man die Reinigungsmittel oder deren Lösungen mit einem Pinsel aufträgt, eine stärkere, wenn man die Fossilien in den Reiniger einlegt. Nach einigen Versuchen weiß man dann, was bei den Stücken von den jeweiligen Fundorten ratsam ist.

Nach der Vorbehandlung hängt man die Fossilien in das mit Wasser gefüllte Ultraschallbad. Der Mindestabstand zum Boden der Wanne beträgt 1,5 cm, die vorzugsweise zu reinigende Seite zeigt am besten nach unten. Beachten sollte man, dass in Vertiefungen keine Luftblasen eingeschlossen werden, da dort dann keine Reinigung stattfindet. Wenn man sich hinsichtlich der Wasserverdrängung durch das Fossil im Unklaren ist, kann man auch zuerst einhängen und dann die Wanne auffüllen, um Überflutungen des Arbeitstisches zu vermeiden. Die Hersteller der Geräte bieten jeweils passende Einsätze an, diese sind leider recht teuer, Eigenbauten sind jedoch kein Problem. Größere Stücke kann man in einem Netz (vom Gemüse- oder Kartoffelkauf) mit Hilfe einer Schnur und eines Stativs in die Flüssigkeit hängen, meist werden jedoch feste Einsätze benutzt. Diese kann man sich leicht preiswert aus Joghurtbechern, Tiefkühldosen und Draht oder Schnur herstellen oder man benutzt Tiefkühlbeutel. Die Einsätze werden ebenfalls am Stativ einhängt . und gegebenenfalls mit Wasser gefüllt.


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Koralle im Netz vor dem Einhängen

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Koralle ins Ultraschallbad eingehängt

Wenn man keine aggressiven Zusätze benutzt, sind kleine Kunststoffkörbe ideal. Für das Einhängen verwende ich Stative und Klemmen für Chemielabors, eine genial einfache, robuste und vielfältig einsetzbare Konstruktion. Für größere Stücke, die nur teilweise eingehängt werden können, lässt sich mittels zweier Stative, einer zusätzlichen Querstange und sog. Kreuzklemmen eine stabile Stativbrücke über dem Gerät bauen, die auch dickere Brocken in einem Netz sicher trägt. Wenn man zur Füllung des Behälters destilliertes Wasser aus einem Kondeswäschetrockner verwendet, hat man eine etwas größere Lösungskapazität des Reinigungsmittels zur Verfügung. Heißes Wasser oder ein Tropfen Spülmittel können zusätzlich helfen. Wenn sicher ist, dass das Fossil nirgendwo an- oder aufliegt, schaltet man das Gerät ein. Zunächst prüft man das Fossil nach einigen kurzen Durchgängen (max. ca. 3 min) auf Schäden, dann kann man wenn nötig länger behandeln (max. 2 Stunden, danach tritt meistens kein weiterer deutlicher Reinigungseffekt mehr ein). Die meisten Stücke benötigen eine Reinigungsdauer von maximal 15 Minuten. Mehrere Fossilien im gleichen Behälter können sich gegenseitig beschädigen, da sie durch den Kavitationseffekt „wandern“ und aneinanderstoßen. Wenn das Wasser deutlich trüb wird, sollte man es wechseln. So hat man auch eine Kontrolle, ob ein weiterer Reinigungseffekt stattfindet. Wenn es auch nach längerer Behandlung klar bleibt, tut sich nix mehr.

Bei richtiger Anwendung und „geeigneter“ Verschmutzung lassen sich hervorragende Reinigungserfolge auch an sonst unzugänglichen Stellen erreichen. Wunder sollte man von der Methode nicht erwarten. Ich habe den Eindruck, sie wird häufig überschätzt, vermutlich weil Ultraschall irgendwie nach „High-Tech“ klingt. In der Anfangsphase habe ich mir mehrfach Fossilien im Ultraschallbad zerlegt, oft sind Schalenstücke abgeplatzt. Den Anblick einer zuvor sehr schönen und großen Schnecke der Gattung Murchisonia aus dem mitteldevonischen Massenkalk, die ich sinnigerweise als eines der ersten Testobjekte eingesetzt habe, werde ich nie vergessen. Von dem Prachtstück waren nach wenigen Minuten nur noch ein knapper Teelöffel Krümel und 200 ml trübes Wasser übrig.

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Koralle Acanthophyllum? sp. aus den Junkergergschichten (Mitteldevon) der Prümer Mulde/Eifel nach Ätzkalipräparation und Ultraschallreinigung, Kelchdurchmesser 2,1 cm, Sammlung Joachim Strick