Aufbereitung von Mikrofossilien

 

Mikrofossilien

Der Vorteil von Mikrofossilien ist, dass man viele schöne Funde mit wenig Aufwand und wenig Platzbedarf in einen Schrank bekommt. Auch kommt man so oft an Leitfossilien bzw. überhaupt an Fossilien, wenn Makrofossilien ganz fehlen. Daher haben sich Mikrofossilien einen hohen stratigraphischen Wert als Leitfossilien in vielen Abschnitten der Erdgeschichte erobert.

Die Anzahl der Arten von Mikrofossilien ist unüberschaubar groß: Foraminiferen, Schwammnadeln, Ostrakoden, Conodonten, um nur einige häufige zu nennen.

Die folgende Methode eignet sich gut für Tone und mesozoische Kalke. Für weitere 'Kochrezepte' sei auf die Literaturempfehlungen am Ende des Artikels verwiesen.

Hier also ein Schnelleinstieg in das Thema:

1) Im Gelände Proben nehmen. Wenn möglich frisches Material, um nachträgliche Kontamination durch Wurzeln, Erde oder rezente Lebewesen zu vermeiden. 200 Gramm reichen. In einen Beutel geben und beschriften. Wenn es sich anbietet an verschiedenen Stellen Proben nehmen und diese getrennt aufbewahren und verarbeiten.

2) Probe zu Hause im Mörser zu stecknadelkopf großen Körnern zerstoßen. Nie reiben, dabei werden die Mikrofossilien zerstört, immer von oben zerstoßen. Dabei werden die Mikrofossilien erstaunlicher weise nicht zerstört: Die größeren Brocken schützen auch die fragilsten Gehäuse.
 
3) In ein Gefäß mit mindestens einem Liter Fassungsvermögen die zerkleinerte Probe geben. Mit etwas 30% Wasserstoffperoxyd aus der Apotheke überschütten. Vorsicht bleicht und äzt, also nur mit Handschuhen arbeiten und nur in durchlüfteten Räumen, da es etwas ausgasst.
 
4) Eine halbe Stunde reargieren lassen. Bei Tonen wird die Reaktion gelegentlich zu stark (Hitzeentwicklung, Überkochen), dann mit Wasser verdünnen, bis die Reaktion nicht mehr so stark ist. Diese Tone braucht man auch nicht so stark zu zerkleinern, sie zerfallen bei der Reaktion von allein.
 
5) Mit viel Wasser durch ein 0,1 Millimeter Sieb spülen. Alles was im Sieb hängen bleibt auf einer Petrischale trocknen lassen. Die Siebe sind teuer, aber ein sehr feines Gewebe tut es für den Anfang auch. Weitere Infos zum Sieben siehe unten.
 
6) Unter dem Binokular (ab 49 Euro z.B. von Bresser unter www.meade.de) die Funde betrachten. Zuerst sieht man nicht so viel, aber mit etwas Übung ändert sich das schnell. Nähere Infos zu Mikroskopen und Binokularen siehe unten.

7) Das Auslesen der Winzlinge ist auch nicht so schwer. Ich benutze einen etwas stumpfen Zahnsteinentferner vom Trödel und tippe damit leicht auf ein Teelicht. Damit das Mikrofossil unter dem Binokular vorsichtig antippen, es bleibt an der Spitze mit dem Wachs kleben und dann in ein Aufbewahrungs-Zelle schütteln, ebenfalls bei Krantz zu haben (Krantz-Zelle). Die Zelle noch beschriften fertig.


Sieben

Wer sich mit Klein- und Mikrofossilien beschäftigen möchte, kommt um das Thema Sieben nicht herum.


 Ein Blick auf die Preislisten der üblichen Verdächtigen zum Thema Sieb läßt einen erst einmal nach günstigen Alternativen suchen: Teesiebe und andere Gewebe. So richtig glücklich bin ich damit nicht geworden. Die ganz feinen Gewebe, also 0,2 mm und enger bekommt man kaum zu kaufen. Bei http://www.biologie-bedarf.de/products/212621/ gibt es z.b. feines Siebgewebe für Planktonnetze, aber das ist auch sehr teuer.

Nach einem Kurs über Mikrofossilien habe ich mir dann doch ein 0,1 mm Sieb von Krantz zugelegt. Durchmesser 200 mm, Preis heute 107 Euro (war damals deutlich günstiger). Die Investition hat sich aber gelohnt, das Sieb sieht nach mehr als 10 Jahren immer noch wie neu aus und die Ausbeute an Mikrofossilien mit diesem Sieb ist wirklich gut. 0,1 mm ist die Standardgröße für Mikrofossilien. Foraminiferen und ähnliches bleiben darin hängen, aber der Schlamm geht noch gut durch. 

Sieb0,1mm_Thomas_M_1.jpg


Jetzt hat Krantz seit ein paar Jahren einen Bodensiebsatz im Programm. Der besteht aus 6 Sieben mit: 0,063 / 0,263 / 0,466 / 0,930 / 1,94 mm. Der Durchmesser ist mit 66 mm innen zwar recht gering, aber ich komme gut damit klar. Der Preis dieses Satzes ist mit 76 Euro niedriger, wie ein einzelnes großes Sieb (ab 100 Euro). Der Vorteil gegenüber nur einem Sieb ist, dass die verschiedenen Fraktionen sich leichter durchsehen lassen. Man hat halt immer nur eine Korngröße mit geringer Variationsbreite vor sich und kann die Vergrößerung des Binokulars entsprechend einstellen. Das Auge hat es auch leichter, da es im Blickfeld nicht gleichzeitig nach kleinen und großen Mikrofossilien suchen muß.

IMG_1124b_thomas_m.jpg


Praktisches Beispiel: Eine Proben aus dem Labiatus-Mergel (Cenoman) des Kassenbergs in Mülheim.  Nach dem Kochen mit Wasserstoffperoxyd habe ich erst versucht die Probe durch den Bodensiebsatz mit Wasser zu schlämmen. Ging ganz gut, nur die letzten beiden Siebe haben sich sofort zugesetzt und das Wasser quoll seitlich raus. Also erst einmal mit dem großen 0,1 mm Sieb schlämmen (das hat also doch auch weiter seine Berechtigung) und die Probe trocknen. Dann in trockenem Zustand durch den Siebsatz, dass ging besser. Ergebnis: Ab 0,466 mm besteht die Probe zu mindestens 50% aus Foraminiferen, auslesen überflüssig.
Bei dem sogenannten Rotkalk von der gleichen Fundstelle war das Ergebnis nicht ganz so beeindruckend, da dort ein großer Anteil winziger Quarzkörner, Bryozoen und Kalkbrocken drin ist. Es bleibt also nach der Behandlung mit Wasserstoffperoxyd einfach mehr Material über.

IMG_1125b_thomas_m_1.jpg
Die Reinigung des Siebsatzes ist etwas aufwändiger, war aber in 5 Minuten erledigt. Einfach die Siebe von der Rückseite mit Wasser durchspülen und darauf achten keine Reste der Probe im Sieb hängen zu lassen, sonst findet man beim nächsten mal eine Cenoman-Foraminifere im Lias. ;-) Alles gut trocknen lassen und die Siebgewebe immer ganz vorsichtig behandeln.

Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann ist dieser Bodensiebsatz sein Geld wert.

Zur Aufbewahrung habe ich erst kleine Schraubdeckelgläser benutzt. Jetzt bin ich auf Schnappverschlussbeutel von ebay umgestiegen. Die werden unter Mineralien-und Fossilien-Zubehör regelmäßig verkauft. 100 Stück 1,50 Euro. Die Qualität ist dem Preis entsprechend. Man muß aufpassen die Folie nicht zu zerreißen, aber sonst erfüllen sie ihren Zweck.


Mikroskop und Binokular

Der grundsätzliche Unterschied zwischen den beiden Geräten ist der Aufbau der Optik. Ein Binokular hat zwei Strahlungswege. Zu jedem Auge bzw. einem der beiden Okulare führt ein separater Strahlengang durch das Gerät. Damit bekommt man ein dreidimensionales Bild. Man fliegt förmlich durch den Mikrokosmos. Nachteil ist die relativ geringe Vergrößerung. Bei etwa 100x ist hat ein Binokular seine Grenze erreicht. Aber für die meisten Mikrofossilien reicht etwa 30x. Ein weiterer Vorteil ist der weite Abstand zwischen Objekt und Objektiven. So bekommt man auch große Stücke drunter und kann bei geringer Vergrößerung (10x) auch gut darunter präparieren. Es gibt auch einen Schwenkarm für die Wandbefestigung, aber so was kann man mit ein paar Teilen aus dem Baumarkt auch leicht selber bauen.

Binokular_Thomas_M.jpg

Das hier abgebildete russische Modell MBS 10 ist aus Metall und damit sehr stabil und schwer. Günstige und gute Optiken können die Russen ebenfalls bauen. Nur die dazugehörige Beleuchtung ist nicht so gut. Hier im Bild durch zwei einfache Kaltlichtlampen ersetzt. Die Abbildungsqualität ist wirklich gut und auch bei deutlich teureren Geräten nicht sehr viel besser. Bei eBay bekommt man diese Geräte gebraucht für ca. 300 Euro, mit etwas Glück auch noch günstiger auf dem nächsten Trödelmarkt.



Mikroskop1_Thomas_M.jpg

Die Stärke des Mikroskopes liegt in der maximalen Vergrößerung, die bis über 1000x geht. Aber auch bei geringster Vergrößerung muß das Präparat absolut plan sein, da Mikroskope praktisch keine Tiefenschärfe haben. Auch ist der Abstand zwischen Objektiv und Präparat minimal. So gesehen ist ein Mikroskop für die meisten Mikrofossilien ungeeignet.

Da ein Mikroskop immer nur ein Objektiv hat ist das Bild immer flach, auch wenn das Mikroskop zwei Okulare hat. Der eine Strahlengang wird nur durch ein Prisma aufgeteilt. Damit ist wesentlich entspannteres beobachten möglich, als nur mit einem Okular und einem zugekniffenem Auge. Das hier abgebildete Bresser Biolam ist wieder russischer Herkunft und wird jetzt von der Firma Meade vertrieben: WWW.MEADE.DE. Um es für die relativ großen Mikrofossilien brachbar zu machen, habe ich noch ein low-power Objektiv (40x) dazu gekauft.

Mikroskop2_Thomas_M.jpg

Die folgenden Aufnahmen wurden alle mit diesem Präparat gemacht. Dabei wurde eine winzige Menge aus dem feinsten Sieb des Siebturmen 0,063 mm auf einen Objektträger gestreut und mit einem permanenten Fixierungsmittel eingeschlossen (Assisten Histokitt).
Das Einschlussmittel schrumpft durch Verdampfen des Lösungsmittels. Daher kommen die  Luftblasen nachträglich in das Präparat -  Abzüge in der B-Note, aber das stört beim Beobachten recht wenig.

Es ist nicht möglich den Anblick durch die beiden Geräte hier direkt miteinander zu vergleichen. Ein Foto kann die dreidimensionale Sicht durch ein Binokular nicht wiedergeben. Die Probe ist auch so gewählt, dass sie mit der stärksten Vergrößerung des Binokulares und mit der schwächsten des Mikroskopes gemacht werden konnten. Die Fotos wurden mittels einer an das Okular angebrachten digitalen Spiegelreflexkamera gemacht. Dazu wir das Objektiv der Kamera entfernt und ein T2-Adapter angeschraubt. Auf diesen kommt der folgende 1,25 Standart-Okularadpater. Das Mikroskop wird zur Optik der Kamera. Man kann das Okular in dem Adapter verwenden, dann hat man die starken Vergrößerungen zur Verfügung. Ohne Okular hat man ein größeres Gesichtsfeld bei weniger Vergrößerung.

Adapter_Thomas_M.jpg


Binokular:
Diese Foraminifere erscheint wie aus Glas. Die Abbildungsqualität der Geräte  ist eigentlich wesentlich besser, aber die Fotografie ist in diesem Extrembereich nicht ganz einfach. Schon das Scharfstellen durch die Spiegelrefelxkamera ist eine Kunst für sich, da das Bild sehr dunkel ist. Belichtungszeit eine Sekunde. Die Einstellung der Beleuchtungsart muß manuell erfolgen. Ich habe hier 'Glühbirne' gewählt, um eine neutrale Farbwiedergabe zu gewähren.
Foraminifere_Kassenberg2_Thomas_M.jpg



Binokular:
Diese Aufnahme wurde ohne Okular gemacht.  Durch die geringere Vergrößerung  ist die fotographische Abbildung nicht so problematisch und das Gesichtsfeld ist größer. Die grünen Brocken sind winzige Glaukonitkristalle, ein Eisenmineral. Na, wie viele Fossilien sind in dem Ausschnitt zu sehen?
Foraminifere_Kassenberg3_Thomas_M.jpg




Binokular:

Diese stabförmige Foraminifere wurde durch Eisen Rot/Braun gefärbt.
Foraminifere_Kassenberg4_Thomas_M.jpg




Mikroskop:

Bei dieser diskussförmigen Foraminifere kann man die Oberflächenstrukturen erahnen, die man mit den Augen klar erkennen kann. Hier liegt die Stärke des Mikroskopes. Belichtungszeit eine Sekunde! Kabelauslöser, um Erschütterung und damit verwackeln zu vermeiden. Bei dieser starken Vergrößerung wird jede winzige Erschütterung zum Orkan.
Foraminifere_Kassenberg_Thomas_M.jpg




Hier noch mal ein Blick durch das Binokular, der eventuell die Tiefenschärfe und Plastizität der Abbildung erahnen läßt. Das Foto wurde direkt durch das Okular gemacht und zeigt den Innenraum einer Kranz-Zelle. Diese Exemplare sind mindestens 100 mal größer als die vorherigen Exemplare!

Foraminiferen3.jpg



An weiterführender Literatur möchte ich empfehlen:

W. Rönnfeld: Foraminiferen - Ein Katalog typischer Formen:
http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=157

Wissing & Herrig : ARBEITSTECHNIKEN MIKROPALÄONTOLOGIE
http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=74


Links:

Günstige Mikroskope und Binokulare:
http://www.meade.de

Zubehör:
http://www.biologie-bedarf.de/