Präparation von Ceratiten mit dem Elektrostichel durch die Kalkbank
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- Kategorie: Tips und Tricks
- Veröffentlicht: Freitag, 26. Januar 2024 00:51
- Geschrieben von Meik Ackermann
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Jeder Sammler, der hierzulande im Oberen Muschelkalk (Trias) unterwegs ist, kennt die Schwierigkeiten bei der Präparation von Ceratiten, insbesondere durch die Kalkbank bzw. von der Bankseite aus.
Ceratiten im Mergel sowie auch Exemplare, die hälftig in Kalkbänken und hälftig im Mergel stecken und von der mergeligen Seite aus angegangen werden, lassen sich vergleichsweise leicht präparieren, wenn man die richtige Ausstattung und ein wenig Geduld hat. Zur grundsätzlichen physikalischen und chemischen Präparation von Ceratiten im Mergel sowie im Kalkstein verweise ich auf den Bericht von Justus Güttler und mir.
Bei der Präparation von Ceratiten – insbesondere von deren Innenwindungen – durch die Bank bzw. von der Seite des harten Kalksteins aus, scheiden sich die Geister. Die einen trauen sich das zu, erzeugen so auch tolle Präparate, wiederum andere verzichten im Bewusstsein auf viele, teils frustrierende Stunden Fleiß bzw. wegen eines gegebenfalls zu befürchtenden Misserfolgs auf den Versuch der Präparation durch die Bank. Wer in Ermangelung eines Druckluftstichels dann auch noch versucht, die Präparation mit einem Elektrostichel durchzuführen, erreicht schnell seine Frustrationsgrenze, andere versuchen es gar nicht erst.
Der Nachteil des Elektrostichels im Vergleich zum Druckluftstichel ist, dass er wesentlich weniger Kraft hat. So ist einerseits der Materialabtrag deutlich geringer und man braucht dadurch auch wesentlich mehr Zeit, andererseits – und das ist häufig der entscheidende Aspekt – führt eine kraftlosere Einwirkung dazu, dass die gerade bei Ceratiten oft nur schwache Trennung zwischen Steinkern und Einbettungsgestein nicht so effektiv ausgelöst wird, wie mit dem stärkeren Druckluftgerät. Am Ende steht dann schnell Frust und im schlimmsten Fall die Aufgabe des Präparationsvorhabens.
Um kurz auf den Elektrostichel als solchen einzugehen: Es gibt meines Wissens nicht besonders viele geeignete Geräte auf dem Markt. Ich selbst benutze für die Fossilienpräparation seit Jahren den „Dremel Engraver 290“, der sich als sehr zuverlässig herausgestellt hat. Es handelt sich eigentlich um ein Graviergerät. Der Engraver 290 arbeitet mit 35 Watt und kostet derzeit meist zwischen 25 und 40 €, je nach Anbieter. Die Schlaggeschwindigkeit lässt sich über einen Drehschalter regulieren, passende Karbidspitzen werden mitgeliefert.
Ein meines Erachtens unverzichtbarer Aspekt bei der Präparation von Ceratiten durch die Bank, unabhängig davon, ob man einen Druckluftstichel oder nur ein Elektrogerät zur Verfügung hat, ist die Nutzung chemischer Mittel, um durch Visualisierung der schwarzen Linien (Lobenlinienzeichnung und Schicht zwischen Steinkern und Einbettungsgestein) Orientierung beim Sticheln zu haben. Hierzu noch mal ein Verweis auf den o.g. Bericht von Justus Güttler und mir.
Ein weiterer Vorteil beim abwechselnden Ätzen und Sticheln scheint mir (nach mittlerweile diversen Präparationen von Ceratiten) folgender zu sein: Die Erfahrung zeigt, dass bei der fortwährenden Nutzung von z. B. Säure, diese ein Stück weit in das Kalkgestein einzieht und dieses mürbe macht, so dass der Materialabtrag auch bei Nutzung eines Elektrostichels merkbar größer wird und die Trennung zwischen Steinkern und Einbettungsgestein erheblich unterstützt wird. An dieser Stelle sei gesagt, dass es sich bei dieser Beobachtung ausdrücklich um meine subjektive Wahrnehmung handelt. Ob diese auch objektiv zu belegen wäre, kann ich nicht sagen. Ebenfalls kann ich nicht sagen, ob dieser Effekt auch bei Nutzung anderer Säuren oder Laugen zu verzeichnen wäre, da ich für die Ceratiten-Präparation grundsätzlich einen Kalkreiniger auf Milchsäurebasis verwende (auch hierzu siehe o.g. Bericht).
Dieser Beitrag soll kein erneuter umfangreicher Präparationsbericht sein, sondern nur anhand beispielhaft gezeigter Präparate aufzeigen, dass sich auch eine elektrische Stichelpräparation mit Unterstützung chemischer Präparationsansätze lohnen kann. Ich möchte all jenen Mut machen, die in Ermangelung teurer Druckluftausstattung sich und ihrem Elektrostichel bisher nicht zugetraut haben Ceratiten durch die Bank hindurch zu präparieren. Mit ein wenig Geduld lassen sich auch mit dem Elektrostichel ganz ansehnliche Resultate erzielen!
Beispiel 1: Ceratites praenodosus aus Barntrup, Weserbergland, Ø ca. 9,8 cm.
Abb. 1 a zeigt den Ceratiten von der besser erhaltenen Seite. Oberflächlich ist der Ceratit mit mergeligem Gestein überkrustet. Die Außenwindung ließ sich größtenteils ohne Schwierigkeiten mit dem Scaler freilegen. Unterhalb der oberflächlichen Mergelverkrustungen über dem Nabel befand sich hingegen harter Kalk.
Eine elektrische Stichelpräparation im Wechselgebrauch mit Milchsäure führte zu folgendem Resultat:
Abb. 1b
Beispiel 2: Ceratites compressus aus Barntrup, Weserbergland, Ø ca. 9,5 cm.
Abb. 2a: Bei diesem Ceratiten war ebenfalls die bankige Unterseite besser erhalten als die mergelige Vorderseite. Hier war die harte Kalkschicht über dem Nabel schon wesentlich dicker und reichte auch über große Teile der Außenwindung. Bereits zu Anfang der Präparation zeichnete sich eine schlechte Trennung ab. Der Elektrostichel hatte seine Mühe, genug Material abzutragen und die Trennung auszulösen. In Einzelfällen wurden mit dem Elektrostichel Rillen bzw. Absätze im Gestein erzeugt, um Ansatzpunkte für einen scharfen Meißel zu schaffen, mit dessen Hilfe größere Teile des Kalksteinüberzugs abgetrennt werden konnten. In der Nähe des Steinkerns wurde nur noch mit dem Stichel und der Säure gearbeitet. Die Oberfläche der Außenwindung war bereits im Fundzustand etwas beschädigt. Zudem war die Trennung so schlecht, dass sich die Oberfläche des Steinkerns am Ende der Präparation sehr aufgeraut zeigte. Nicht perfekt, aber dennoch vorzeigbar war das Resultat – siehe Abb. 2b.
Abb. 2b
Beispiel 3: Ceratites compressus aus Niesen, Weserbergland, Ø ca. 6,5 cm.
Abb. 3a zeigt den Ceratiten von der mergeligen Oberseite. Die Erhaltung, besonders die des Phragmokons, ließ nichts Gutes erwarten. Besser erhalten war augenscheinlich die bankige Unterseite, wie Abb. 3b zeigt.
Abb. 3b
Ein Stück des Phragmokons lag gut sichtbar frei. Die Chance auf ein vernünftiges Resultat war gegeben, auch wenn eine Menge Material abzutragen war. Um die Stichelarbeit so kurz wie möglich zu halten, konnten auch hier große Teile des anhaftenden Materials mithilfe eines Winkelschleifers sowie mit Hammer und Meißel abgetragen werden. Der Rest wurde dann nach altbewährter Methode durch Sticheln in stetiger Abwechslung mit dem Milchsäureeinsatz präpariert. Das Ergebnis zeigt Abb. 3c.
Abb. 3c
Beispiel 4: Ceratites (Discoceratites) dorsoplanus aus der Umgebung von Hildesheim, Ø 13,4 cm.
Abb. 4a
Dieser im Bereich des Phragmokons beschädigte Discoceratites dorsoplanus wurde durch den Finder anpräpariert, die Präparation dann aber abgebrochen. In diesem Zustand habe ich das Exemplar für wenig Geld vom Finder angekauft und die Präparation mit der etablierten Methode vollendet. Das harte Material über dem Nabel war nicht besonders dick, jedoch war eine Trennung so gut wie nicht vorhanden. Mittels Säure und leichtem, oberflächlichen Abtragen von Material per Elektrostichel konnten dann aber doch die Innenwindungen freigelegt werden. Das gar nicht so gut erwartete Ergebnis zeigt Abb. 4b. Dieses Beispiel soll zeigen, dass selbst Exemplare, die man zunächst wohl eher als Ausschuss bewertet hätte, am Ende doch noch ein ganz ansehnliches Ausstellungsstück werden können.
Abb. 4b
Beispiel 5: Ceratites evolutus aus Barntrup, Weserbergland, Ø 8,6 cm.
Abb. 5a zeigt die Unterseite des C. evolutus mit bankigem Gesteinsüberzug. Dieses Material war äußerst hart und widerstandsfähig und ließ sich mit dem Elektrostichel nur extrem mühsam entfernen. Gefühlt konnte man die Stichelspitze diverse Sekunden lang an derselben Stelle ansetzen für einen nur millimetergroßen Abtrag. Hier waren Fleiß und Ausdauer gefragt. Die Trennung, insbesondere über der Wohnkammer war sehr schlecht, verbesserte sich aber merklich durch mehrfache Einwirkung der Säure. Das Endergebnis zeigt Abb. 5b.
Abb. 5b
Beispiel 6: Zusammenschwemmung von Ceratites compressus aus Erkeln, Weserbergland, Größe der Stufe ca. 19 x 22 cm, Ø des größten Ceratiten ca. 7,0 cm.
Abb. 6a
Abb. 6a zeigt eine Platte mit einer Zusammenschwemmung von Ceratiten aus der compressus-Zone des Steinbruchs bei Erkeln im Fundzustand. Die Ceratiten sind nur partiell zu erkennen und es lässt sich auf den ersten Blick kaum erahnen, welches Potenzial als Ausstellungstück versteckt. Die Steinkerne bzw. Fragmente sind auf der Bankseite erhalten, lediglich eine dünne Mergelschicht überdeckt die Oberfläche.
Um eine Ahnung vom Potenzial der Platte zu gewinnen, wurden die Steinkerne zunächst allein mit dem Elektrostichel weitestgehend freigelegt. So wurden im ersten Ansatz ein nahezu vollständiges Exemplar von Ceratites compressus und einige weitere, teils disartikulierte Fragmente an die Oberfläche gebracht. Das Ergebnis des ersten Präparationsansatzes zeigt Bild 6ba.
Abb. 6b
Die Platte wurde zunächst so wie sie war (Abb. 6b) als Ausstellungsstück aufbewahrt. Erst später erlernte ich die Wechselmethode zwischen mechanischer Stichelpräparation und chemischer Behandlung, so dass die Ceratiten in einem weiteren Schritt erneut präpariert wurden. Dabei wurden Exemplare, die ich zunächst nur als Fragmente interpretiert hatte, im Nachhinein als weitgehend vollständige Individuen erkannt und freigelegt. Das durchaus ansehnliche Endergebnis zeigt Abb. 6c.
Abb. 6c
Fazit
Diese sechs Beispiele zeigen, dass es sich auch ohne Druckluftwerkzeug durchaus lohnen kann, so manches Stück mit dem Elektrostichel anzugehen, bevor es unpräpariert liegen bleibt oder gar entsorgt wird. Der chemische Präparationsanteil ist hierbei Voraussetzung dafür, beim Sticheln Orientierung zu finden. Die Ergebnisse sind zwar nicht immer perfekt, aber dies ist unabhängig vom Werkzeug bei der Präparation durch die Bank bzw. von der Bankseite aus häufig der Fall, außerdem ist jeder Rohling anders. Dies macht für mich die Ceratiten-Präparation jedes Mal aufs Neue äußerst reizvoll und spannend.
Danksagung
Ich bedanke mich bei Herrn Andreas Müller für die mir freundlicherweise überlassenen Rohlinge aus Barntrup sowie bei Herrn Burkhard Dietrich für das Exemplar aus dem Hildesheimer Raum.
Meik Ackermann für Steinkern.de