Transferpräparation eines Pseudocidaris mammosa mit Stachelkranz aus Frankreich

Den Seeigel, dessen Präparation ich hier vorstellen möchte, habe ich einem Bekannten „aus dem Kreuz leiern“ können. Es ist ein Strandfund von der Küste des westfranzösischen Départements Charente-Maritime. Das Fossil lag in einer Rinne und wurde von der Brandung sukzessive erodiert, bevor die Bergung durch meinen Bekannten es vor der vollkommenen Zerstörung bewahrte. Da der Seeigel in einer kleinen Sandlinse eingebettet war, ging die Erosion zügig vonstatten. Ein glücklicher Umstand war, dass einzelne Stacheln die offensichtlich zu diesem Stück gehörten, noch im Umfeld aufgelesen werden konnten.

 

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Abb. 1

 

Leider war jemand mit der Steinsäge sehr schnell gewesen und hatte dabei einen Teil einer weiteren Kapsel versehentlich gekappt. Ziel des Sägeschnitts war gewesen, dass man es nicht so tief hat bis zum Fossil, wenn man es von der anderen Seite her präparieren möchte. Das war erkennbar der Plan des Vorbesitzers, denn die im Fundzustand hohle Kapsel war bereits von ihm verfüllt worden.

 

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Abb. 2

 

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Abb. 3

 

Den Igel von der im Sediment verborgenen Seite zu bearbeiten war auch sofort meine Idee als ich den brandungsgeschliffenen Rohling auf dem Foto sah. Deshalb erbat ich mir zusätzlich einen ähnlichen Stein aus dem direkten Umfeld der Fundstelle. Man könnte natürlich auch auf Kunstharz umbetten, das wird in meinen Augen der Ästhetik solcher Fossilien jedoch nicht gerecht.

Zuerst wird der Stein mit dem Fossil vorformatiert und oben das schon vorhandene Sichtfenster etwas erweitert.

 

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Abb. 4

 

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Abb. 5

 

Die nächste Abbildung zeigt die zweite, fragmentarische Kapsel an der Seite des Steins. Mal sehen, ob diese am Ende ins Bild passt. Das Foto lässt jedenfalls die Stärke des Steins gut erkennen.

 

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Abb. 6

 

Als nächstes sortierte ich die losen Stacheln an die vermuteten Positionen und klebte sie dort an. Bei Zwei Stacheln war die Zuordnung aufgrund des Bruchmusters sogar sicher möglich, da sie frisch abgebrochen waren. Sie konnten in ihrer alten Position eingefügt und fixiert werden. Dann erfolgte ein leichter Unterbau, um die nötige Stabilität für die spätere Freilegung von der Gegenseite zu gewährleisten. Zudem muss man mit dem Stein ja auch hantieren können, ohne dass gleich wieder etwas abbricht. Die restlichen Stacheln verteilte ich auf vorhandene Mulden, immer in der Hoffnung, dass die Zuordnung in etwa der Originalposition entsprach.

 

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Abb. 7

 

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Abb. 8

 

Nun galt es auszuloten, in welche Seite des als Trägerstein vorgesehenen Brockens der Seeigel transferiert werden sollte. Die Wahl fiel nach kurzer Überlegung auf die flachere Seite, da diese sich besser als Standfläche eignet.

 

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Abb. 9

 

Die deutlich buckeligere Seite wird zur Oberseite und soll am Ende der Präparation den Igel tragen. Die subjektiv optimale Position für die Lage des Seeigels wurde festgelegt, angezeichnet und dann mit dem Druckluftstichel eine Vertiefung ausgehoben, welche die nach unten reichenden Partien des Fossils und umgebenden Gesteins aufnehmen soll.

 

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Abb. 10

 

Immer wieder wurde der Seeigel angehalten, die Passgenauigkeit überprüft und dort wo dies noch nötig war, nachgearbeitet.

 

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Abb. 11

 

Nachdem die Mulde das passende Maß und die richtige Form erreicht hatte, war es für den Seeigel an der Zeit, sein „neues Zuhause zu beziehen“. Ich klebte ihn vorsichtig ein. Hierzu verwendete ich mit Gesteinsmehl vermengten Kleber. Die Körnung des Gesteinsmehls war mit bis zu 3 mm großen Partikeln recht großzügig bemessen. Diese würden sich später bei der Bearbeitung des Gesteins problemlos bearbeiten lassen.

Beim Einkleben drückte ich die Steine etwas zu stark aneinander, ein Riss tat sich auf und musste mit Sekundenkleber umgehend fixiert werden. Leider wurde dabei der Trägerstein in einigen Bereichen ungeplant zugesuppt. Sehr ärgerlich, denn das dadurch notwendig gewordene Entfernen des Klebers bedeutete unnötige Mehrarbeit.

Nachdem alles abgebunden hatte, wurde wieder „gebuddelt“. Nach und nach kamen die Stacheln zum Vorschein. Mir wurde indessen klar, dass die zweite nur fragmentarisch erhaltene Kapsel weichen muss. Sie lässt sich – jedenfalls in ihrem angesägten Zustand – nicht optisch ansprechend integrieren und wurde daher im Zuge der voranschreitenden Freilegung des zentralen Exponats entfernt.

 

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Abb. 12

 

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Abb. 13

 

Zwischendurch ging es in die „Waschanstalt“, um das Stück einmal befreit vom Staub der Präparation im Nasszustand betrachten zu können. Im feuchten Zustand sah es nun bereits recht vielversprechend aus, es galt aber noch Einiges zu tun.

 

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Abb. 14

 

Nachdem Fossil und Gestein wieder trocken sind, wurde in der Werkstatt weiter in die Tiefe präpariert.

 

 

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Abb. 15

 

Einige Bereiche erwiesen sich als zu exponiert, die Stacheln ragten zu weit frei in die Luft. Aus Stabilitätsgründen sollten diese daher noch etwas unterfüttert werden. Hierzu wurde wieder eine Mischung aus Gesteinsmehl und Kleber verwendet.

 

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Abb. 16

 

Nach einigen weiteren Stunden sah das Stück so aus, wie die folgende Abbildung zeigt. Vom Stein, der den Seeigel ursprünglich umgab, ist nun fast nichts mehr vorhanden.

 

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Abb. 17

 

Dann badete ich Gestein und Fossil mehrmals kurz und unter Beachtung der hierzu notwendigen Schutzvorkehrungen in Säure. Das „schmeckte“ dem Stein nicht, der Seeigel war jedoch weitestgehend immun.

 

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Abb. 18

 

Man durfte das Stück nicht lange der Säure aussetzen und musste rasch den Erfolg des Ätzens kontrollieren und die Säure dann gründlich abspülen, bevor das Stück ausgiebig gewässert wurde.

 

Wieder aufgetaucht und noch nass, stellte ich den Seeigel auf ein Handtuch, damit das Wasser schnell ablaufen konnte bzw. aufgesogen wurde. Dann wurde er zum Durchtrocknen auf die Heizung gestellt.

 

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Abb. 19

 

In trockenem Zustand besehen, wurde mir dann klar, dass noch Potenzial vorhanden ist, ich also noch einmal ´ran muss – mindestens einmal.

 

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Abb. 20

 

Also ging es wieder in die Werkstatt. Mit Nadel und Skalpell wurde zwischen den Stacheln noch weiter Gestein entfernt. Unter dem Mikroskop wurden in diese Zuge sogar noch einzelne Stachelwarzen der Corona sichtbar, der Rest derselben zeigte sich von Sekundärstacheln überlagert. Anschließend wurden Fossil und Gestein noch einmal kurz ins Säurebad gestellt und rasch wieder entnommen.

 

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Abb. 21

 

Dann hieß es erneut, das Stück gut zu wässern und anschließend ordentlich durchtrocknen zu lassen. Abschließend erfolgte noch eine Versiegelung des Fossils mit Lack. Nun war das Exponat fertiggestellt.

 

Der größte Durchmesser des bis zu 4,5 cm hohen Stachelkranzes beträgt 9,2 cm. Man blickt nach erfolgter Umbettung nun auf die Oralseite des Seeigels.

 

27 Pseudocidaris mammosa

Abb. 22

 

28 Pseudocidaris mammosa

Abb. 23

 

31 Pseudocidaris mammosa

Abb. 24: Pseudocidaris mit Primär- und Sekundärbetachelung. Foto kann vergrößert werden.

 

 

Angaben zum Fossil im Überblick:

Fossil: Pseudocidaris mammosa (Agassiz, 1840)

Größe: Maximalmaß mit Stachelkranz 9,2 cm.

Fundgebiet: Küstenaufschluss im Département Charente-Maritime

Stratigrafie: Oberjura, Kimmeridgium

Zeitaufwand der Präparation: etwa 15 Stunden

 

Udo Resch für Steinkern.de

 


Diskussion zum Bericht im Steinkern.de Forum:

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