Präparation eines Fisches aus kieseligen Plattenkalken des Altmühltals
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- Kategorie: Solnhofener Plattenkalke
- Veröffentlicht: Sonntag, 30. Januar 2011 16:52
- Geschrieben von Udo Resch
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Vor ein paar Jahren hatte ich die Gelegenheit aus einer Altsammlung einen noch unpräparierten Fisch erwerben zu können, der einem Aufschluss entstammt, welcher schon lange nicht mehr zugänglich ist. Dass dieses Fossil noch nicht präpariert war, hatte natürlich auch seinen Grund. Das Stück war mehrfach mit Verlusten - auch durch das Fossil - gebrochen. Insgesamt bestand der Stein aus 12 Teilen und erreicht ein Format von 32 x 57 cm. Der Fisch hat vermutlich eine Länge von um 25 cm. Und da er in einem Querbruch eine Wirbelsäule zeigt, handelt es sich sicher auch um nichts Ungewöhnliches.
Daheim wanderte das Stück nach einem kleinen Test erstmal in den Stock (auf Halde oder in den Bestand). Jahre später war er dann „reif“.
Die Basis
Es handelt sich bei der Matrix um knatterharten Plattenkalk mit einem erhöhten Quarzanteil. Wie schon erwähnt, bestand das Stück aus 12 Steinen und Steinchen. Der Fisch befindet sich ziemlich in der Mitte der Platte. Die Stärke des Steins beläuft sich am Rand auf 45 mm. In der Mitte entwickelt er über dem Fisch eine merkliche Beule und misst dort 5,5 cm Ein echter Brocken also. Der Fisch befindet sich an allen Stellen die man im Querbruch erkennen kann 5 mm unter der Oberfläche, aber gefühlt leider auf der falschen Seite. Gefühlt deswegen, weil sich Hangend- und Liegendseite nicht auseinander halten lassen.
Überlegungen
Wie kann man diese Stück ansprechend aufstellen? Es gibt mehrere Optionen:
- man könnte alle Teile beim Steinmetz einen Zentimeter über dem Fisch durchschneiden lassen, zusammenkleben und dann plan schleifen lassen. Man kann den Fisch so einfacher freilegen, müsste allerdings dann auf die Oberseite eine Platte aufbringen, um eine ansprechende Oberfläche zu erhalten.
- man kann den Stein so belassen wie er ist und den Fisch so freilegen wie er ist und ein rustikales Präparat generieren
Ich entscheide mich für die zweite Option, da ich Originalstein einfach bevorzuge. Zudem stammt das Stück aus einem Bruch, der nicht zugänglich ist und bei dem somit auch das Beschaffen einer neuen Oberflächenplatte nicht möglich ist.
Von der dicken Seite her sehen die Wirbel auch etwas plastischer aus und das war dann der letzte Grund für die Entscheidung ihn von der Seite her zu machen.
Vorbereitungen
Im ersten Schritt werden die sehr eingestaubten Steine eingeweicht und gewaschen. Freiliegende Bereiche werden vorab fixiert.
Dann werden die Ausbisse aller Querbrüche des Fossils auf der Seite von der her der Fisch später freigelegt werden soll markiert. Im nächsten Arbeitsschritt werden die Steine zusammengelegt und die Konturen grob markiert.
Nachdem alle Teile hinreichend getrocknet sind, wird die Platte Stück für Stück mit Sekundenkleber zusammengesetzt. Das garantiert bei so vielen Brüchen weniger Probleme mit den Fugenmaßen als wenn man ein Kunstharz verwenden würde.
Nachdem die Klebungen abgebunden haben, wird der Stein umgedreht, um eine Schablone der genauen Lage zu erstellen, damit es später nicht zu „Fehlbohrungen“ kommt.
Die Tatsache, dass der Fisch von der falschen Seite nur fünf Millimeter tief im Stein liegt, erfordert ein Aufdoppeln der Platte, damit er nicht bei der Präparation nach unten aus dem Stein ausbricht, was andernfalls bei der Höhe des abzutragenden Materials über dem Fisch und aufgrund der besonderen Gesteinsbeschaffenheit mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre.
Nun wird die ganze Platte mittels Spachtelmasse auf einen dünnen Trägerstein aufgedoppelt. Dazu wird zuerst die Position auf dem Trägerstein markiert, dann Harz in ausreichender Menge angerührt, wobei wenig Härter benutzt wird um die Schrumpfung möglichst gering zu halten. Überflüssiger Klebstoff, den es seitlich herausdrückt, wird sofort entfernt, wenn er abbindet. So lässt er sich noch gut schneiden und man erhält halbwegs saubere Fugen.
Dann lässt man das Ganze einfach liegen, damit der Abbindeprozess in Ruhe ablaufen kann. Am Folgetag wird dann die noch zu große Trägerplatte auf das Maß des aufgeklebten Steins gebracht und entgratet. Nun kann die eigentliche Präparation beginnen.
Die Präparation
Alles beginnt damit das Stück in die Werkstatt zu wuchten. Das Bröckchen wiegt nun knapp über 14 Kilo. Na, das wird ein Vergnügen den unter dem Bino herumzurutschen!
Nun werden die Konturen des Fisches von der Schablone auf den Stein übertragen. Dann kann es losgehen. An einer Stelle hatte ich ja schon einmal einen Versuch unternommen und dann das Projekt eingestellt. Dies ist der Punkt an dem ich ansetzen werde. Zuvor jedoch muss etwas Platz geschaffen werden. Das heißt, es wird innerhalb der angezeichneten Konturen großflächig abgetragen.
In Etappen geht es tiefer und bald werden auch die ersten Bereiche des Fisches freigelegt. Dies ist unerlässlich um die Richtung des Fossils unbedingt einhalten zu können. Nach und nach wird der Körper bis an den Rand freigelegt. Es kommen die ersten Flossenansätze. Bislang sieht alles ganz gut aus.
Es folgt der mühsame Weg nach vorne. Neben vielen Klebungen, die dort durch den Fisch laufen, ist es auch der Bereich in dem Substanz fehlt. Wie befürchtet, bricht das Gestein unkontrolliert. So arbeite ich mich in Etappen von etwa 1 cm Stärke nach unten - ähnlich einem Tagebau, der sich langsam in die Tiefe frisst. Das funktioniert ganz gut und es kommt glücklicherweise zu keinen größeren Schäden. In besonders kniffeligen Bereichen muss man Material stehen lassen, dem man dann später mit Diamantfräsern zuleibe rückt.
Zur Entspannung und damit man nicht ungeduldig wird, geht es dann an die Schwanzflosse und nachfolgend an den vorderen Rücken bis hin zum Ansatz des Kopfes.
Nun arbeite ich mich am Kiemendeckel entlang nach unten um den Ansatz der Brustflosse zu finden. Dazwischen geht es immer mal wieder an der Schwanzflosse weiter. Am unteren Lobus bleibt nicht wirklich viel Platz bis zum Ende des Steins und bei der "Grabtiefe" besteht die immer größer werdende Gefahr, dass die Matrix in den Bereichen ausbricht.
Da es im vorderen Bereich des Fisches ziemlich eng wird, verschaffe ich mir nun zunehmend Bewegungsfreiheit durch die Freilegung der Flossen. Der Objektabstand meines Stereomikroskops beträgt 15 cm. Wenn man dann 5cm tief in der Platte Steckt und das Fossil nicht mindestens einen halben Meter lang ist, wird es da unten eben eng. Zuerst ist die Rückenflosse dran, dann die Afterflosse.
Nachdem dann der Ansatz der Brustflosse gefunden ist, folge ich ihr und sie ist denkbar schlecht erhalten. Hier finden sich Hohlräume, die mit Quarzkristallen ausgefüllt sind. Das macht nicht viel Spaß, denn permanentes Härten und vorsichtiges Weitersticheln zehren an den Nerven.
Nun folge ich der unteren Bauchlinie auf der Suche nach der Genitalflosse. Ich finde sie und sie macht erfreulicherweise keine großen Zicken und erweist sich gegenüber der Brustflosse als deutlich besser erhalten.
Allmählich muss man sich bei diesem Krater Gedanken über den Ausputz machen. verschliffene Bereiche sehen unerfreulich aus und ein Weißen mit dem Stichel funktioniert bei dem Knatterkalk auch nicht wirklich befriedigend. Da ruft Paul Winkler an, der auch erste Bilder bekommt und mir dazu rät etwas Neues zu versuchen. So wird im nächsten Arbeitsschritt mit Bleistift eine möglichst gefällige Kontur für den Krater gesucht, die in einer weichen Linie der Form des Fisches folgt.
Das Ergebnis sieht nicht so schlecht aus. Der Kopf bleibt hiervon erstmal weitgehend unbetroffen, da er ja noch nicht vollständig freigelegt ist.
Was bleibt ist das größte Problem, der Kopf. Hier schleife ich mich unter permanenten Kontrollen vorsichtig nach unten, um bei der Freilegung durch das Sticheln möglichst wenig Stress auszuüben. Dennoch bricht der Kopf häufig ein. Es muss daher regelmäßig Sekundenkleber zum Einsatz kommen.
Mit der Zeit wird der Kopf immer größer und es zeigt sich, wie sehr ich mich doch verschätzt habe. Der Tagebau muss mehrfach erweitert werden, um ihm genug Platz zu bieten. Zudem erweist er sich als besonders kniffelig. Aus unerfindlichen Gründen finden sich in Teilbereichen Hohlräume zwischen den großen Knochen und dem Gestein. Hier heißt es immer wieder fixieren oder zuschütten.
Nachdem der Kopf vollständig frei ist, geht es daran verbliebenes anhaftendes Gestein zu entfernen und noch vorhandene mürbe Stellen zu festigen.
Jetzt werden die Folgen des Klebstoffgeschmadders und der Sekundenkleberorgien von Rumpf und Kopf entfernt. Dies passiert mit Hilfe von Dentalfräsern unter dem Mikroskop. So lassen sich auch bequem die Sekundenkleberüberzüge auf den großen Knochen entfernen. Nun wird noch vorsichtig eine schmale weiße Kontur um den Fisch gestichelt um die Körperform etwas besser zu betonen.
Abschließend gilt es noch kleinere Schäden in der Wirbelsäule zu verfüllen und die Kluft vor der Rückenflosse zu kaschieren. Am Stein werden nur die Schlagmarken vorsichtig retuschiert und ein zwei kleinere Ausbrüche an den Klüften ausgebessert. Die restlichen Klüfte auf der Platte bleiben erhalten um den rustikalen Eindruck des Steins zu unterstützen.
Das zahnstarrende Gebiss weist den Fisch als Räuber aus.
Das Ergebnis
Die Entscheidung den Fisch von der dicken Seite her freizulegen wurde, wie anfangs schon beschrieben, aus dem Bauch heraus getroffen. Ich bereue sie nicht! Das Ergebnis überzeugt. Bis auf die fehlende Substanz auf einem schmalen Streifen in der Mitte des Fossils, die schon bei der Bergung verloren ging, ist es ein tolles Teil geworden.
Da der Stein seine „rustikale" Form behält, habe ich mich dafür entschieden auch die Kanten etwas rustikal zu belassen. Es steht dem Stück nicht schlecht, wie ich finde. Natürlich habe ich aber auch keine Lust mehr gehabt nach dieser monströsen Ausgrabung in dem Knatterkalk (selbst die "schwarze Sau" kam da nur langsam vorwärts) auch noch die Kanten einzuebnen und schön gleichmäßig zu weißen.
Im Laufe der Präparation wurde der Brocken deutlich leichter. Knapp 2 Kilo Gestein wurden in Korngrößen ab 5 mm bis hin zu Feinstaub fraktioniert.
Es hat sich auch gelohnt das Stück so lange reifen zu lassen, denn zum Zeitpunkt als ich ihn bekam, hätte ich das Stück sicher versaut! Letztlich musste also das Stück nicht reifen, sondern der Präparator.
Hier noch eine Aufnahme im Streiflicht, um die Ausmaße des Tagebaus besser sehen zu können.
Verwendete Werkzeuge:
Proxxon Mikrobohrmaschine
Diverse Dentalfräser und Diamantschleifer
Microjack
Druckluftstichel:
- PPS 70
- „Die schwarze Sau“
- Chicago Eigenumbau
- Atlas Copco
Etliche manuell unterschiedlichst zugerichtete Nadeln
Akemi
Spachtelmasse
Verschiedene Sekundenkleber
Das Fossil
Ionoscopus cf. cyprinoides
Solnhofener Plattenkalke
Länge ca. 23,5 cm
Zeitaufwand ca. 28 Stunden
Dank
Mein Dank an dieser Stelle gilt Paul Winkler für die Ermutigung beim Ausputz einen neuen Weg zu beschreiten.
Udo Resch