Fingerspitzengefühl: Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt

Vor einiger Zeit wurde ich von einem Freund gebeten mich mit einer Libelle aus seiner Sammlung auseinanderzusetzen.

So wie es nach der ersten Sichtung aussieht, ist sie komplett "zu". Das bedeutet vollständig von Kalkmatrix überdeckt und sie prägt sich so schon wunderbar durch die Schichten durch.

 

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Die Spannweite scheint bei etwas über 11 cm zu liegen. Ob sie jedoch etwas wird, das muss sich noch zeigen. Die Kanten der naturgebrochenen Platte sehen rau aus, was für einen angereicherten Mergelanteil spricht und keine gute Trennung erwarten lässt.
 
 
Ich beginne auf der linken Seite zu präparieren und versuche die Lage zu finden auf der sich die Libelle befindet. Die erste abgetragene Schicht zeigt zwar eine Verbesserung in der Flügelfaltung, ist aber noch nicht der Horizont auf dem sich das Insekt findet. Einen Hauch tiefer dann die Offenbarung: Farbiges Flügelgeäder - damit hatte nun niemand gerechnet! Allerdings ist es so, dass die Struktur recht schwach ist.

 

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Die Schicht, die es über dem Flügelgeäder abzutragen gilt, ist hauchdünn, etwa 0,1 bis 0,15 mm und sie klebt wie sau. Nachdem beide Flügel auf der linken Seite erfolgreich gefenstert sind, hangele ich mich am Hinterflügel entlang über den Thorax auf die rechte Seite. Auch hier geht es mit farbigem Flügelgeäder weiter. Als Bonus findet sich noch das eingefärbte dritte Beinpaar.

 

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Weiter geht es nach oben zum rechten Vorderflügel. Hier ist die Trennung noch schlechter, aber auch hier scheint der Flügel bunt zu sein. Das zweite Beinpaar findet sich ebenfalls, leider etwas schwächer eingefärbt.
 
Weiter geht es  nach oben zum Kopf. Auch er weist eine leichte Einfärbung auf und entgegen den meisten Libellenfunden keine Anzeichen von Kalzitdrusen.
 
 
 
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Nun geht es auf den Flügeln weiter nach außen. Auf dem rechten Hinterflügel gestaltet sich das nicht schwer.

 

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Nun geht es Zug um Zug in die anderen Flügel.
 
 
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Nachdem alle Flügel freigelegt sind, wende ich mich dem Hinterleib zu. Dieser trennt erfreulicherweise hervorragend. So dauert es bis zur letztlichen Fertigstellung nicht mehr lange.

 

 Das nach ca. 12 Stunden fertig gestellte  Präparat zeigt eine in der Faltung der Flügelspitzen mäßig erhaltene Libelle der Gattung Cymatophlebia. Das Stück besticht jedoch durch sein partiell gestochen scharf überliefertes und eingefärbtes Flügelgeäder. Ein weiterer Lichtblick an diesem Stück ist der hervorragend erhaltene Hinterleib. Die überlieferten Beine machen das Stück zu einer Delikatesse, denn überlieferte Beine bei dieser Gattung sind absolut selten.

 

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Fossil: Cymatophlebia cf. longialata

 

Fundort: Wegscheidt

Verwendete Werkzeuge:
HW 10
Cp710
Atlas-Copco

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Udo Resch

Bericht für Steinkern.de, alle Rechte beim Autor