Präparation einer echten Großbaustelle aus den Plattenkalken

 

 

Ich möchte hier ein Exponat vorstellen, von dessen Präparation der Ausgang nicht vorhersehbar war. Anfang 2008 hatte ich das Glück einen Fisch von einem Freund geschenkt zu bekommen. Die Ausgangsbasis für das Überleben des Fisches als Fossil standen anfangs ähnlich schlecht wie bei dem schon Anfang 2010 auf Steinkern publizierten Besenfisch.

Da der Fisch in weiten Teilen offen gelegen hatte, war klar, wie er liegt und dass es sich sicher nicht um einen Tharsis handelte. Die Vermutung ging in Richtung Pachythrissops oder Ionoscopus. Entschieden werden konnte dies nicht, da der Fisch kreuz und quer verrissen und der Kopf weitestgehend geschlossen war. Dazu kamen eine Menge von Bröseln und sonstigem Dreck, der zum Teil auch auf dem Fisch lag. Dadurch dass eine Lehmfäule ganz dicht über dem Fisch lag und die Bergung auch noch an einem Regentag erfolgte, war das Zeugs partiell auch noch mit dem Fossil verbacken.

01_vor_dem_Reinigen.JPG

 

Zuerst musste wie immer eine Bestandsaufnahme erfolgen. Es schienen zumindest alle Teile des Fisches vorhanden zu sein. Das Puzzle läuft über 4 Ebenen, die das Fossil enthaltende Schicht, 2 Trägerschichten darunter und die Deckschicht, in der noch Teile des verrissenen Fossils hingen. Letztere besteht aus einer millimeterstarken Kalkschicht, 2 mm Lehm gefolgt von etwa 3 mm Fäule und sie bröckelt, wenn man sie nur schief ansieht. Dolle Sache, aber einem geschenkten Barsch schaut man bekanntlich nicht in die Kiemen. Also heimgebracht und auf ans Werk.

 

Der Transport erfolgt in der bewährten Form, eine weiche Decke wird zusammengelegt und genutzt um eine Kiste damit auszulegen, die Teile darauf gelagert und vorsichtig heimgeeiert.

02_Problem_ausgetrockneter_Lehm.JPG

 

Daheim erfolgt die Lagesondierung. Dreck und Teile werden vorsichtig mit Pinzette und Skalpell abgenommen. Da wo es klebt, kommt ein feiner Borstenpinsel mit Wasser zum Einsatz um den Lehm aufzuweichen. Nachdem alles gereinigt ist, werden die Steine erneut getrocknet.  Allein diese Vorgänge verschlingen einen vollen Tag und vor lauter Begeisterung verschwindet das Teil erstmal im Archiv. Nach 2 Tagen Trockenzeit wird nun das Fossil gefestigt und dann eingelagert.

 

Über ein Jahr später geht es weiter. Nach einer erneuten Orientierung wird zuerst die Schwanzflosse mit Sekundenkleber getränkt und anschließend exakt aufgeklebt. Einen Tag später werden die bröseligen Deckschichten vorsichtig abgetragen. Die Überraschung ist größer als erwartet, überall im trockenen Lehm finden sich Sekundenkleberstege, denn die Schwanzflosse hatte viel weiter im Lehm gesteckt, als vermutet. So war die Tränkung der Flosse die richtige Entscheidung, denn mit Zaponlack oder Mowilith hätte man nie den notwendigen Festigkeitsgrad erreicht.

Im folgenden Schritt werden die ersten Trägersteine der hinteren Körperhälfte zusammengefügt und stabilisiert.

04_Platte_vervollst__228_ndigt_und_hintere_K__246_rperh__228_lfte___252_bertragen.JPG

 

Nachfolgend wird die Hintere Körperhälfte aufgeklebt und wie zuvor werden die Deckschichten abgetragen. Die Umrisse des Fisches zeichnen sich als weißer Halo auf der sienafarbenen Platte ab. Man kann schon erkennen, dass Dorsalflosse, Afterflosse und auch die Brustflosse Probleme haben. Allein Schwanz- und Genitalflosse erscheinen halbwegs vollständig, akkurat artikuliert und an der richtigen Stelle.

05_erster_Gesamteindruck___besteht_noch_aus_2_Steinen.JPG

 

Bei der Sicherheitssichtung des „Abraums“ vor dem Wegwerfen findet sich ein kleines Stück aus der großen Kluft zwischen den beiden Platten. So lässt sich eine weitere Lücke schließen. Als weitere Überraschung findet sich noch ein Rest der Brustflosse, der sich nahtlos einfügt.

Auch die Spitze des oberen Schwanzflossenlobus wird angesetzt. Das Bild wird immer vielversprechender.

07_Schwanzflossenspitze_angesetzt_und_im__Kopf_geht_es_weiter.JPG

 

Nun wird am Kopf  anpräpariert. Er ist mürber als gedacht. Ohne Sekundenkleber geht hier nicht viel. Im Deckel hängt noch ein Stück der Wirbelsäule, das ausgeschnitten und auf die Positivseite übertragen wird.

Jetzt werden die beiden vorderen Platten zusammengefügt. Die  „Baustelle“ besteht nun nur noch aus 2 Teilen. Deren Verklebung mit gleichzeitigem Aufdoppeln wird im nächsten Schritt vorbereitet. Es wird ein passender Trägerstein ausgewählt und die Position der aufzuklebenden Steine mit Bleistift markiert. Nun werden kleine Türmchen aus ganz dünnen Plättchen auf der Platte errichtet, die es erlauben die Steine so zu nivellieren, dass sie genau passen und die Oberflächen einen homogenen Verlauf bilden.

10_Tr__228_gerstein_mit_Sockeln.JPG

Dann erst werden die Steine aufgeklebt. Aus einem Reststück der Platte wird ein kleiner Keil zurechtgeschliffen und an der unteren Kante in die Platte eingefügt, um den Umriss des Steins harmonischer zu gestalten. Abschließend werden die überstehenden Bereiche des Trägersteins entfernt.

11_aufgeklebt_und_fehlendes_Steinchen_eingefrickelt.JPG

 

Nun kann weiter präpariert werden. Zuerst werden störende Schichtreste entfernt. Dabei kommt am oberen Plattenrand ein Augenring zum Vorschein.

08 Beifang auf der Platte ein Augenring_1.JPG

Dieser erscheint mit einem Durchmesser von 2,1 cm sehr groß und eine Zugehörigkeit zum Fisch erscheint wahrscheinlich, ist aber nicht gesichert.

Der Schädel ist im Vergleich zum Rest des Fisches auffallend groß, ebenso die Schwanzflosse, die nach stundenlanger Reinigung endlich frei liegt.

Allmählich rundet sich das Bild ab. Parallel dazu jedoch wachsen die Fragezeichen bezüglich der Bestimmung.

15_Z__228_hne.JPG

Bei der Präparation kommen im Maul des Fisches Zähne zum Vorschein. Im Oberkiefer sind sie klein und unscheinbar, im Unterkiefer beinahe 3x so groß. Zudem erscheint die Länge der Zähne in Richtung der Spitze des Maul zuzunehmen, etwas was man von Amblysemius her kennt (allerdings nicht mit solch riesigen Hauern), doch der ist ein Knorpelganoide, kein echter Knochenfisch.

16_die__ganze_Platte.JPG

 

13_fertig.JPG

Letztlich kann ich das Stück nicht wirklich sicher bestimmen. Vermutet wird eine Zugehörigkeit zu Eurypomus oder Eurycormus.

Danke an dieser Stelle an Dr. G. Arratia (Kanada) für die vorläufige Einsortierung.

 

 

Fossil: unbestimmter Knochenfisch            

Solnhofener Plattenkalk, Region Eichstätt

Größe: 25,5 cm

Platte : 39x31 cm

 

Arbeitszeit: > 40 Stunden


Verwendete Werkzeuge:

Chicago cp 710

PPS70

Diverse Nadeln

Diverse Skalpelle

Mikrobohrmaschine mit Dentalfräsern

Industriebandschleifer Hardo Caravelle

 

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Udo Resch