Überarbeitung eines Altfunds: Ein großer Knochenfisch aus den Solnhofener Plattenkalken

Manchmal muss man lange warten, bis man mal wieder etwas wirklich Überraschendes aus den Solnhofener Plattenkalken sieht oder es einem sogar sprichwörtlich „vor die Flinte kommt“. Dieser 55 cm große Fisch war eine dieser seltenen Überraschungen. Die Entscheidung das Fossil zu erwerben, fiel von daher nicht schwer. Es ist ein ordentlicher Brocken gewesen, der mich schließlich erreichte... Was beeindruckte, ist aber nicht in erster Linie die schiere Größe gewesen, sondern es waren die Flossen.

 

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Abb. 1: Foto vergrößern.

 

Bestandsaufnahme

Kopf: Es ist ein Abguss vom Original oder der Ausguss vom Negativ, noch dazu ganz schlimm angemalt. Außerdem löst sich der Abguss vom Untergrund...

 

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Abb. 2

 

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Abb. 3

 

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Abb. 4


Brustflossen: Die rechte Brustflosse liegt als Negativ auf dem Körper vor, die der rechten Seite existiert nur noch als Stummel.

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Abb. 5

 

Rückenflosse: Der vordere Rand der Rückenflosse ist zerstört und auch der hintere Rand sieht übel aus.

 

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Abb. 6

 

Afterflosse: „Gemetzgert“ – eine treffendere Beschreibung fällt mir da nicht ein.

 

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Abb. 7

 

Schwanzflosse: Oberer Lobus unvollständig, abschließender Saum zerstört, eine verstellte Scherbe.

 

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Abb. 8

Was ist dem Stück passiert? Nun, man hat versucht aus dem Fossil zwei zu machen. Das war lange, lange Zeit so üblich. Helmut Leich beispielsweise hat über diese Art der Präparation einen Teil seiner Sammlung zusammengetragen. Eine Seite für den Bruchbesitzer, eine Seite für ihn selbst.

 

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Abb. 9

 

Zunächst wurde überlegt, was zu tun ist, um das Stück auf Vordermann zu bringen: Besonders störend ist die Unruhe auf der Platte, das muss abgeändert werden. Dann den Spot machen, danach die Reparaturen. So der grobe Plan.

Die Arbeit beginnt damit, die Kontur des Fisches zu versäubern. Dies wird zu einem kleinen Marathon für die mit einem Diamant-Schleifstift bestückte Mikrobohrmaschine. Hiermit zu arbeiten, verringert die Gefahr, dass sich beim Setzen des Spots Teile des Fossils lösen und wegfliegen.

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Abb. 10

 

Danach geht es dann gleich an den Spot. Da die Platte recht weit um den Fisch beackert worden ist, muss der Spot recht breit gezogen werden. 8 bis 12 mm wird das Maß des Spots sein. Das kann der Fisch angesichts seiner Größe noch gut vertragen.

Die Rückenflosse sieht so schon einmal deutlich besser aus.

 

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Abb. 11

Die Afterflosse wurde ziemlich massakriert. Hier muss erstmal die übriggebliebene Substanz mit Sekundenkleber geflutet werden, erst danach kann man sich der Kontur annähern.

 

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Abb. 12

Der untere Lobus der Schwanzflosse lässt sich relativ einfach freilegen. Hier wird die Kontur des Spots fürs Erste nur angezeichnet.

 

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Abb. 13

Dann wird es wieder gruselig am oberen Lobus der Schwanzflosse. Die Form stimmt überhaupt nicht. Die Überarbeitung wird zunächst aufgeschoben.

 

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Abb. 14

Immerhin, der Bauchraum zwischen Brust- und Genitalflosse bereitet keine Probleme.

 

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Abb. 15

Nachdem größere Bereiche des Spots stehen, präsentiert sich der Fisch schon deutlich besser:

 

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Abb. 16

 

Im nächsten Schritt wird die verstellte Scherbe am oberen Schwanzflossenlobus vorsichtig ausgebaut. Die Kanten werden versäubert und angepasst. Dann kann die Scherbe wieder eingebaut werden, jetzt ohne Stufe.

 

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Abb. 17

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Abb. 18

 

Die Sache nimmt Gestalt an.

 

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Abb. 19

 

Jetzt wird geschaut, ob die Pinseleien sich entfernen lassen.

Im Bauchraum sieht das schon ganz gut aus:

 

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Abb. 20

Nun stehen „Aufbauarbeiten“ an der Rückenflosse und an der Schwanzfloss an. Und wenn man schon mal dabei ist, wird auch gleich ein Abguss der rechten Brustflosse angefertigt.

 

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Abb. 21

 

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Abb. 22

 

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Abb. 23

Nachdem alles abgebunden hat, werden die Reparaturen in Form gebracht.

 

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Abb. 24

 

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Abb. 25

 

Und wieder geht es an den Spot. Dieses Mal kann man den dann auch durchziehen.

 

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Abb. 26

 

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Abb. 27

 

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Abb. 28

Die Reparaturen werden weiter angepasst.

 

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Abb. 29

 

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Abb. 30

 

Das zweite Loch in der Wirbelsäule muss auch noch aufgefüllt werden und die Afterflosse braucht ebenfalls noch dringend Pflege.

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Abb. 31

Soll man, oder soll man nicht? Gemeint ist die linke Brustflosse. Die Entscheidung wird verschoben.

 

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Abb. 32

 

An der Restauration des oberen Lobus der Schwanzflosse muss noch nachgearbeitet werden, denn durch das Schleifen wurden etliche Luftblasen im Kleber angerissen. Auch der Saum verlangt noch nach Aufmerksamkeit.

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Abb. 33

 

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Abb. 34

 

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Abb. 35

Auch an der Rückenflosse fehlt noch etwas. Ja, und das Loch in der Wirbelsäule wird nun beseitigt.

 

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Abb. 36

 

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Abb. 37

Auch das Loch in der Matrix oberhalb des Fisches muss weichen, denn es stört die Optik.

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Abb. 38

Nun kann mal detaillierter modelliert werden. Die Reparaturen gewinnen an Form, was sich – hebt man den Blick – auch auf das gesamte Schlachtfeld auswirkt.

 

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Abb. 39

 

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Abb. 40

Der Schädel, also der Abguss, auf den ersten Blick schlicht nur ein Klumpen, wird von unten mit Sekundenkleber stabilisiert und fixiert. Dann werden ihm die Zähne „geputzt“. Und wenn man jetzt genau hinschaut, dann sieht man auch schon die Augenhöhle.

 

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Abb. 41

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Abb. 42

Nun geht es an die Details der Schwanzflosse. Danach ist die Rückenflosse an der Reihe und nachfolgend das „Schlachtfeld“.

 

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Abb. 43

Jetzt kann er eigentlich zur Farbe. Auf die Restauration der Flosse und ein Stochern in der Augenhöhle wird bewusst verzichtet. Das ließe sich, sofern man es später für notwendig erachten sollte, immer noch durchführen.

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Abb. 44

 

Die Spezialistin für die Farbe ist aber weit weg und sie hat auch noch genug andere Projekte zu liegen. So greife ich dann doch zu Buntstiften. Das Ergebnis ist ganz okay:

 

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Abb. 45: Foto vergrößern.

 

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Abb. 46: Foto vergrößern.

 

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Abb. 47: Foto vergrößern.

 

 

Was die Bestimmung anbetrifft: Beschriftet war der Fisch mit dem Namen Oligopleurus esocinus. Den findet man als Abbildung in einer Publikation über die Fossillagerstätte von Cerin (Frankreich). So richtig passen tut das aber nicht. Und außerdem ist das Stück mal wieder nicht vollständig. Um was es sich wirklich handelt, kann ich daher nicht sagen. Immerhin hängt ein ähnliches Individuum im Bürgermeister-Müller-Museum in Solnhofen (an der „Fischwand“ unten links), das war dann aber auch alles was zu finden war.

 

 

Daten zum Fossil im Überblick:

Knochenfisch, gen. et sp. indet

Größe: ca. 55 cm

Fundort: Wintershof (vermutlich Wintershof-Ost), vermutlich um 1950

Stratigraphie: Unter-Tithonium, Weißjura-Gruppe, Altmühltal-Formation, Obere Eichstätt-Subformation

Sammlung: Privat

 

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Abb. 48: Der Fisch vor und nach der Überarbeitung im direkten Vergleich.

 

 

Fotos und Bericht: Udo Resch für Steinkern.de