Aus dem Boden an die Wand – Bergung und Präparation eines Pfeilschwanzkrebses aus dem Plattenkalk von Eichstätt

Im November 2016 fand ein Freund in Wegscheid bei Eichstätt einen Pfeilschwanzkrebs der Art Mesolimulus walchi. Da er auf seinem Stock schichtweise gearbeitet hatte, fiel die Orientierung leicht als ich zur Bergung hinzukam. Das Tier war in Lebendstellung eingebettet worden, lag aber unglücklicherweise in einem stark zerklüfteten Bereich.

 

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Abb. 1

 

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Abb. 2: Der Pfeilschwanz paust sich durchs Gestein hindurch (in der Bildmitte).

 

Liegt ein Tier in Lebendstellung vor, besteht immer die Chance, dass es eine Fährte hinterlassen hat. Da dieses Individuum recht klein ist, waren die Chancen nicht so groß, dass man diese überhaupt erkennen kann. In diesem Fall war im Gelände nichts in dieser Richtung zu sehen. So wurden alle Steine im näheren Umfeld des Tieres geborgen, die am Ende eine gesichert schöne Platte ergeben würden.

 

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Abb. 3

 

Sicherheitshalber wurden darüber hinaus noch weitere Steine mitgenommen, die sich in Richtung des Schwanzstachels anschließen. Reduzieren kann man ja später immer noch, falls man diese letztlich doch nicht brauchen würde.

 

In der Werkstatt angekommen, wird das Puzzle erst einmal vorsichtig gewaschen, um zu klären, von welcher Seite der Pfeilschwanzkrebs herausgeholt werden soll, denn das Tier ist im Fundzustand noch vollständig von einer dünnen Kalkschicht bedeckt.

Hat er eine Fährte, legt man ihn von unten frei – er liegt dann als „Schüssel“ vor. Hat er dagegen keine Fährte, tastet man sich von oben heran und präpariert die gewölbte Seite plastisch aus der Platte heraus.

Stein für Stein wurde im Waschbecken gereinigt und anschließend gleich wieder in der richtigen Reihenfolge zum Trocknen ausgelegt.

 

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Abb. 4

 

Es zeigten sich nunmehr schwache Erhebungen, die man als Fährte interpretieren könnte. Nachfolgend waren die Anschlusssteine an der Reihe. Mit diesen wurde nach demselben Prinzip verfahren – Stein für Stein waschen, systematisch nebeneinander legen und dann trocknen lassen.

Nach dem Trocknen ist klar, dass der kleine Pfeilschwanz durchaus eine Fährte hinterlassen hat, die zwar nur schwach ausgeprägt ist, bei genauer Betrachtung im Streiflicht aber immerhin erkennbar ist. Die Entscheidung den Pfeilschwanz von unten herauszuholen war somit vorgegeben. Dafür werden die vielen Einzelteile zunächst einmal zu vier Baugruppen sortiert und entsprechend zusammengesetzt.

 

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Abb. 5

 

Im nächsten Schritt geht es an die Auswahl eines Trägersteins. Alle vier Teile zusammen sind schon recht unhandlich – es entsteht daraus ein Stein mit einer Abmessung von etwa 50 x 50 cm. Daher bedarf es einer kurzen Probe, ob denn auch wirklich alles auch auf die ausgewählte Trägerplatte passt – und tatsächlich erweist sich diese als ausreichend groß.

 

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Abb. 6

 

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Abb. 7

 

Nun werden Anschlagsteine gesetzt, damit die erste Platte auch wieder an genau den vorgesehenen Platz kommt, dann erst wird sie hochgenommen. Da der Limulus eine Beule nach unten ausgeprägt hat, ist es notwendig die Platte auf Sockel zu setzen, wie die später folgenden drei Steine dann auch. Ziel des Prozederes ist, dass das Fossil schön parallel zum Trägerstein zu liegen kommt. Zur Herstellung der Abstandhalter wird eine Platte mit ca. 3 mm Stärke verwendet, die in kleine Stücke zerlegt wird, welche schließlich mit Sekundenkleber am Trägerstein befestigt werden. Nachdem dies erledigt ist, wird die erste Platte eingeklebt.

 

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Abb. 8 bis 10

 

Nun, da der Kleber festgeworden ist und die Anschlagsteine entfernt worden sind, wird der Mesolimulus grob mit Bleistift angezeichnet und mit dessen Freilegung begonnen. Stück für Stück wird er von der noch aufliegenden Gesteinsschicht befreit.

 

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Abb. 11

 

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Abb. 12

 

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Abb. 13

 

Nachdem das Tier freigelegt ist, geht es daran, den Schwanzstachel zu übertragen. Die diesen enthaltende Gegenplatte wird klein geknipst, zurechtgeschnitten und dann aufgeklebt.

 

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Abb. 14 bis 16

 

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Abb. 17

 

Mit dem überschüssigen Kleber werden Risse und bergungsbedingte Schadstellen in der Platte und im Mesolimulus ausgebessert.

 

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Abb. 18

 

Nachfolgend wird der Schwanzstachel vollständig freigelegt. Danach wird der Pfeilschwanzkrebs insgesamt versäubert.

 

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Abb. 19

 

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Abb. 20

 

Nun wird die ganze Platte zusammengesetzt. Ein Stein nach dem anderen wird mit einer Spachtelmasse aufgebracht und die Fuge zum Nachbarstein mit Akemi geklebt. Es wird also mit zwei Klebern gleichzeitig gearbeitet, was einige Erfahrung und ein gutes Timing erfordert. Alle Platten kommen auf den kleinen Sockelsteinchen zu liegen.

 

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Abb. 21

 

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Abb. 22

 

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Abb. 23

 

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Abb. 24

 

Das Zwischenergebnis sieht gar nicht so schlecht aus. Lediglich die linke Kante erscheint noch etwas „gerupft“ – daran muss noch etwas gemacht werden:

 

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Abb. 25

 

Aus einem von wenigen anfangs zu Reparaturzwecken beiseite gelegten Reststeinen wird ein Stück ausgesucht und in die obere der beiden Scharten eingepasst und eingeklebt. Das geht an dieser Stelle noch frei Hand.

 

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Abb. 26 und 27

 

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Abb. 28

 

Die untere „Doppelscharte auszuwetzen“, bedarf dagegen der Erstellung einer Schablone, deren Umriss alsdann auf den Ansetzstein übertragen wird. Der Rest ist Routine und besteht im „modernen Fünfkampf“ aus Vorzwicken, Zurechtschleifen, Einpassen, Einkleben und anschließendem Fugen schließen.

 

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Abb. 29

 

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Abb. 30

 

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Abb. 31

 

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Abb. 32

 

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Abb. 33

 

Im nächsten Gang wird die Fuge zwischen Trägerstein und der das Fossil tragenden Platte mit Spachtelmasse verschlossen. Überflüssiger Kleber wird dabei sofort beseitigt.

 

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Abb. 34

 

Dann wird mit der Zwickzange der Überstand des Trägersteins entfernt.

 

Zuletzt wird noch eine letzte Ausbesserung am Spot des Mesolimulus vorgenommen.

 

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Abb. 35

 

Am fertigen Exponat sieht man eindeutig, dass sich Besonnenheit, Übersicht und System beim Fund und der anschließenden Bergung bezahlt machen, da man sich so für die Präparation ein Maximum an Gestaltungsmöglichkeiten wahrt.

 

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Abb. 36: Foto vergrößern.

 

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Abb. 37: Foto vergrößern.

 

 

Angaben zum Fossil im Überblick:

Fossil: Mesolimulus walchi (DESMAREST, 1822)

Größe: 11,5 cm

Fundort: Wegscheid bei Eichstätt

Platte: 47 x 47 cm

Sammlung: privat

Zeitaufwand: ca. 10 Stunden

Werkzeuge: Chicago Pneumatic, PPS-70, Skalpell, Nadel

 

 


 

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