Überarbeitung eines alten Werbegeschenks der Natursteinindustrie: Ein Thrissops aus dem Solnhofener Plattenkalk

Im Jahr 2016 tauchte bei eBay ein Fisch aus den Plattenkalken auf: ein altes Stück im Holzrahmen mit Messingplakette und Widmung. Die 1949 gegründete Heinrich Christ GmbH & Co. KG, die u. a. Natursteine vertreibt, schenkte den Fisch zum 100-jährigen Firmenjubiläum einem anderen Unternehmen – wann genau dies geschah (außer, dass es nach 1949 gewesen sein muss). Um welches Unternehmen es sich dabei handelte und wie das einstige Geschenk schließlich auf eBay landete, lässt sich leider nicht mehr rekonstruieren.

 

Damals im Jahr 2016 verpasste ich die Auktion mit dem Stück. 2019 konnte ich das Fossil dann jedoch aus der Sammlung des Erwerbers, eines Bekannten, loseisen. Es handelt sich um einen mit etwas über 35 cm Länge ziemlich großen, gestreckt vorliegenden Thrissops oder Allothrissops. Die zweifarbige Umrahmung des Fisches mit Dendriten sorgte bei mir für die „Liebe auf den ersten Blick“. Ferner schien die Substanzerhaltung sehr gut zu sein. Diese Attribute sind bei beiden Gattungen selten und in dieser Kombination sogar sehr selten. Ein Wermutstropfen waren die dunkelbraunen Bereiche im Körper, wo Fehlstellen „restauriert“ worden waren – eine alte Arbeit eben.

 

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Abb. 1

 

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Abb. 2

 

Als der Stein bei mir ankam, war klar, dass man diesen nicht so belassen konnte. Meine Entscheidung zu einer Überarbeitung stand schnell fest – es sollte eine Nachbearbeitung werden, bei welcher der bisherige Charakter des Stücks erhalten bleiben sollte. Es sollten so wenige Veränderungen wie möglich, aber so viele wie nötig vorgenommen werden.

Für die Überarbeitung wäre es prinzipiell sinnvoll gewesen, das Stück aus dem Rahmen zu nehmen. Das ging in diesem Fall jedoch nicht sicher für Fossil und Rahmen, denn die rückseitige Holzplatte ist nicht nur mit dem Gestein vernagelt, sondern auch verleimt.

 

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Abb. 3

 

Es muss also alles im Rahmen passieren, ohne denselben „zu sprengen“ (zu beschädigen). Zuerst geht es an die fragwürdigen braunen Stellen des Fischs. Es erfolgt ein vorsichtiger Test mit dem Lösungsmittel Aceton. Vielleicht bekommt man den Schmodder ja damit weg? Glück gehabt, das Zeug löst sich und offenbart dabei seine einzelnen Bestandteile, nämlich Kleber (erinnernd an UHU oder UHU-Hart), Kalzitbrösel und etwas Farbe.

 

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Abb. 6

 

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Abb. 7

 

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Nun kann die Kontur neu gezogen werden. Die gemeißelte Kante entlang des Fischs lässt das Stück unruhig wirken, irgendwie unrund. Vorsichtig wird ihr mit Fräser und Diamantschleifer zuleibe gerückt und das so erreichte Zwischenergebnis abschließend noch einmal mit der Nadel optimiert.

 

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Abb. 9

 

Die nun dem Körper des Fossils fließend folgende Linie beruhigt das Gesamtbild erheblich. Als nächstes kann jetzt auch die kleine Genitalflosse dezent betont werden. Dann gilt es noch Fehlstellen der Wirbelsäule aufzubauen und ein, zwei vorhandene Löcher aufzufüllen. Danach heißt es, alles in Form zu bringen und schließlich farblich anzupassen. Letzteres erfolgt mit Buntstiften. Zum Schluss muss nur noch die Versiegelung aufgebracht werden und fertig.

 

Am Ende steht der Thrissops bzw. Allothrissops sehr schön da. Die Lage, die Größe und vor allem die wunderbare Fleischerhaltung (oftmals sind Thrissops in dieser Größe ziemlich angefault, oder sogar nur als Gräte überliefert) sind nicht alltäglich. Die Dendriten sorgen genau für die richtige Betonung, es sind weder zu viele noch zu wenige. Und der hölzerne Rahmen passt eigentlich auch ganz gut, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat – er gehört natürlich zur Historie dieses Fossils dazu. Insgesamt ist es ein Exponat, nach dem man in dieser Kombination ganz lange suchen muss.

 

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Abb. 10: Foto vergrößern.

 

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Abb. 11: Foto vergrößern.

 

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Abb. 12: Foto vergrößern.

 

An dieser Stelle möchte ich Uwe noch einmal meinen Dank dafür ausdrücken, dass er mir dieses Stück überlassen hat!

 

Angaben zum Fossil im Überblick

Fossil: Thrissops oder Allothrissops sp.

Länge: 35,4 cm

Fundort: Eichstätter Bruchrevier, vermutlich aus einem der Brüche bei Schernfeld.

Stratigrafie: Oberjura, Tithonium

Geschichte: Werbegeschenk, vermutlich aus den 1960-1970ern

Zeitaufwand der Nachpräparation: etwa 5 Stunden

Werkzeug: Fräser, Diamantschleifkörper, Mikrobohrmaschine, Nadel, Skalpell, Buntstifte Derwent Artists

 

Udo Resch für Steinkern.de

 


 

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