Überarbeitung einer Libelle der Art Isophlebia aspasia aus den Solnhofener Plattenkalken

Erwerb, Bestandsaufnahme und Vorüberlegungen
Schon vor längerer Zeit gelang es mir, eine Isophlebia aus Wintershof (Solnhofener Plattenkalke, Tithonium) über Ebay zu erwerben, deren Überarbeitung ich Ihnen in diesem Artikel vorstellen möchte. Es war zwar kein Schnäppchen, aber durchaus ein Stück mit Potenzial.

 

Isophlebia aspasia ist die größte Libelle aus den Solnhofener Plattenkalken. BECHLY (2015) schrieb über die Isophlebiidae: „Die Arten dieser Familie sind sehr großwüchsig und besitzen überaus kräftig gebaute Körper. Die Hinterflügel sind nahe der Flügelbasis sehr viel breiter als die Vorderflügel.“
Die Vorderflügel erreichen Längen von bis zu 115 mm (vgl. http://www.solnhofen-fossilienatlas.de/fossspec.php?section=bio&artid=627 ). Daraus kann man eine Spannweite von ca. 24 cm ableiten (Flügellänge mal 2 plus Zuschlag für den Thorax). Damit liegt die Spannweite von Isophlebia aspasia ein paar Zentimeter über jener von Aeschnogomphus kuempeli.

 

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Abb. 1

 

Anfängliche Bedenken bezüglich der Echtheit des Körpers lösten sich bei Erhalt der Sendung mit dem Fossil in Wohlgefallen auf, dafür stieß eine auf den Angebotsbildern nicht erkennbare Stufe in der Platte etwas sauer auf. Die Stufe ist zudem mit Stylolithen durchsetzt, die dem Vorderflügel (das ist hier der obere Flügel) doch einiges an Breite genommen haben. Sonst ist die Qualität nicht schlecht und das Flügelgeäder teilweise durch schwarzes Manganoxid eingefärbt (vgl. Abb. 3), was selten genug vorkommt.

 

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Abb. 2

 

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Abb. 3

 

Die Platte war mehrfach gebrochen. Insbesondere die Klebung auf den Stylolithen im Vorderflügel ist nicht wirklich gelungen.

 

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Abb. 4

 

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Abb. 5

 

Die Klebung muss auf alle Fälle erneuert werden. Auch der Versatz stört. Es ist zu überlegen, ob man diesen nicht vielleicht sogar angeglichen bekommt. Dazu müsste man allerdings die Klebung lösen, erneuern, dann auf den Stylolithen auseinander schneiden und den Versatz mit einer weiteren Klebung korrigieren und gleichzeitig den tektonischen Verlust in den Flügeln ausgleichen, dann die Flügelfaltung in der Klebung modellieren, alles nachpräparieren und abschließend den Spot neu setzen – na, das ist mal ein Projekt!

 

Überarbeitung
Es geht ans Werk. Zuerst wird die alte Klebung noch einmal beurteilt. Wenn man direkt mit der Säge daran geht, kann man sich das Auflösen mit Aceton sparen.
Zunächst wird noch einmal vorsichtig mit dem Stichel "gegraben" und tatsächlich findet sich der Vorderrand des Vorderflügels ganz knapp unter der Oberfläche, bingo!
Sodann geht es ans Zerteilen der Platte. Hierzu wird das dünnste Blatt mit passendem Radius ausgewählt, damit man den Stein nicht ganz durchschneidet und die Fossiloberfläche auf der Schauseite nicht beim Einsägen erreicht. Nach dem Sägen der Kerbe wird mit kontrollierter Kraft und ein bisschen Biegen der Rest der alten Klebung knackend gelöst.

 

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Abb. 6

 

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Abb. 7: Auf diesem Foto lässt sich gut erkennen, wie es entlang der Bruchstelle aussieht. Das wird kein Spaziergang.

 

 

Weiter geht es am Bandschleifer. Vorsichtig werden Reste von Kleber entfernt und die Übergänge passend gemacht.

 

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Abb. 8

 

Nun kann im Prinzip auch schon geklebt werden. Da die Unterseite der Platte bedingt durch die Durchprägung des Fossils wellig ist, benötigen wir einen „Rahmen“, um die Klebung sauber auf die Reihe zu kriegen. Zuerst werden Sockel gesetzt, damit die Platten schweben und nicht über der Beule „schaukeln“. Als nächstes werden dann Anschlagsteine platziert, um die Position der zu klebenden Platten genau festzulegen.

 

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Abb. 9

 

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Abb. 10 und 11

 

Nach der Durchführung der ersten Klebung werden noch vorhandene Löcher auf der Rückseite verfüllt.

 

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Abb. 12

 

Nach Fertigstellung der Rückseite geht es an der Vorderseite weiter. Das wird ein Vielfaches schwieriger. Mit einer Spritze wird als Erstes die Kluft verfüllt. Beim Abbinden wird überschüssiger Kleber weggeschnitten. Dabei auftretende Löcher werden in einem nachfolgenden Klebegang mit einer Nadel einzeln aufgefüllt.

 

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Abb. 13

 

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Abb. 14

 

Als das Licht in einem bestimmten Winkel über die Platte streift, erahne ich eine verdächtige Kontur. Zwei kleine Versuchsgrabungen liefern an genau dieser Stelle dann auch den Hinterflügel der rechten Seite, der sich jedoch nur als Saum darstellen lässt, da er weitestgehend unter dem darüber liegenden linken Flügel liegt.

 

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Abb. 15

 

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Abb. 16

 

Im nächsten Schritt geht es daran den Spot ums Fossil herum zu überarbeiten. In diesem Zuge können auch die Segmente des Hinterleibs besser  dargestellt werden als dies zuvor der Fall war. Ich achte darauf, den vorhandenen Spot nicht noch größer zu machen. Indessen werden auch gleich die Beine überarbeitet und besser dargestellt.
Da Beine und Kopf sehr dicht am vorderen Rand der Platte liegen, könnte man ein Stück vom oberen Teil der Platte dorthin verpflanzen. Da aber die Farbe des Steins nicht so richtig passt, und die obere Schicht recht locker ist, verwerfe ich diesen Ansatz wieder.

 

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Abb. 17

 

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Abb. 18

 

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Abb. 19

 

Nun stehen die letzten Arbeitsgänge an. Wenn man eine Nacht über so ein Projekt geschlafen hat, stellt man am Folgetag manchmal Kleinigkeiten fest, die man zuvor nicht bedacht hat oder die einen erst nach längerem Überlegen stören. Hier ist es so, dass der äußere Spot nochmals überarbeitet werden muss. Speziell am Hinterleib gefällt er mir noch nicht. Die Abstände zum Fossil beziehungsweise zum inneren Spot müssen homogenisiert werden. Dann geht es daran, die Klebestelle im Vorderflügel zu überarbeiten. Ich zeichne hierzu die Äderung mit einem Bleistift an, bevor mit der Nadel modelliert und geschnitzt wird. Nach Stunden passt es dann einigermaßen und die Fuge fällt nicht mehr so ins Auge. Nun geht es daran das Ganze farblich etwas anzupassen, was mit Buntstift ganz gut glückt. Als nächstes wird versiegelt. Im Bereich der breiten Fuge wird danach noch vorsichtig angeraut, um die Ergänzung etwas aufzuhellen.
Jetzt ist noch einmal der innere Spot an der Reihe. Besonders da, wo die Flügel übereinander liegen, gilt es die Kanten noch einmal vorsichtig nacharbeiten.

Da die obere Kante der Platte gesägt ist, ist noch eine letzte Amtshandlung erforderlich. Mit einer scharfen Zwickzange ist auch diese in Minuten erledigt. Das Stück sieht nun recht vorzeigbar aus und kann in die Sammlung eingegliedert werden.

 

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Abb. 20

 

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Abb. 21: Foto vergrößern.

 

Angaben zum Fossil im Überblick

Fossil: Isophlebia aspasia

Fundort: Wintershof, Solnhofener Plattenkalk

Stratigrafie: Tithonium, Oberjura

Körperlänge: ca. 14,5 cm

Zeitaufwand: etwa 18 Stunden

 

Vorher-Nachher-Vergleich

Betrachtet man Abb. 1-21 eine nach der anderen, muss man sich z. T. konzentrieren, um die einzelnen Arbeitsschritte beziehungsweise Fortschritte am Objekt Schritt für Schritt wahrzunehmen. Besonders deutlich wird der Effekt der 18-stündigen Generalüberholung, wenn man Vorher- und Nachherfoto direkt aufeinanderfolgend betrachtet. Hierzu soll das nachfolgende im 5-Sekundentakt zwischen Vorher- und Nachherzustand wechselnde animierte GIF dienen:

 

Isophlebia vorher nachher

Abb. 22 a und b: Vorher- und Nachherzustand im direkten Vergleich.

 

 

Fotos und Bericht:

Udo Resch für Steinkern.de

 

 

Literatur

BECHLY, G. (2015): Insekten (Hexapoda), S. 239- 270, in: ARRATIA et al. (Hrsg.): Solnhofen – Ein Fenster in die Jurazeit 1, München.

 

 


 

Diskussion zur Ausstellung und zum Artikel im Steinkern.de Forum:

https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&p=263228