Wie man eine Libelle aus dem Stein "kitzelt" - Teil V: Cymatophlebia longialata

Das nachfolgend abgehandelte Stück möchte ich hier vorstellen, ohne zu Beginn des Schreibens zu wissen, was am Ende bei der Präparation herauskommt. Der Artikel entsteht nebenbei.

Es handelt sich bei dem Stück, das mir da gebracht wurde, um eine größere Libelle, die rundherum komplett von Gestein umgeben ist. Die „Gute“ hat eine ziemliche Leidensgeschichte hinter sich:

Gefunden wurde sie in zwei Teilen, die sauber geklebt wurden - bis hierher ist noch alles gut. Da die Schichtoberfläche bescheiden war und sich eine Spaltfläche abzeichnete, wo das Insekt aufgrund der Beule eigentlich liegen sollte, wurde ein Stein aufgeklebt, um das Stück dann zu spalten. Das ging schief, der aufgeklebte Stein riss einfach wieder ab, ohne wie erhofft auf der Schicht zu trennen.

Dann wurde versucht, die Libelle so und unter Verlust einer möglichen zweiten Seite durch „ruterscherbeln“ der angesprochenen Schicht freizulegen. Es tauchten aber keine Flügel auf! Dann wurde auf der anderen Seite ein Fenster gemeißelt, in dem die Flügel auch gefunden wurden. Somit waren die linken Flügel weitgehend weggespalten und steckten in dieser etwa zwei bis drei Millimeter starken Schicht.

Angeliefert bekam ich den Stein in dem beschriebenen Zustand und dazu eine Kiste voller Scherben, zwischen denen sich auch die Stücke befinden mussten, die die fehlenden Flügel beinhalten. Leider habe ich diesmal zu Beginn der Arbeit vergessen Bilder zu machen.

 

Nachdem bereits einige Stunden mit Suchen, Drehen, Ausprobieren und Stückeln ins Land gegangen sind, präsentiert sich das Stück immerhin schon als Flickenteppich:

 

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Abb. 1

 

Weitere Stunden Puzzelarbeit brachten keine Verbesserung mehr. Die fehlenden Teile waren nicht aufzuspüren - so fiel dann der Entschluss, die Suche einzustellen und mit der Präparation zu beginnen.

Das Kleben allein war schon eine aufwendige Sache – es galt dazu alles hochzunehmen, zu säubern, neu zusammenzufügen und dann mit dem richtigen Sekundenkleber zu befestigen. Ein paar Stunden später, nachdem alles fest war, wurde das Fossil weiter freigelegt.

 

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Abb. 2

 

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Abb. 3

 

Da die vom Aufdoppelversuch mit Klebstoff verschmierte Schicht nicht gerade die schönste Oberfläche ist, fällt der Entschluss, um die Libelle herum den Stein auf die „weggescherbelte“ Schicht abzutragen, so dass sie auf einem kleinen Sockel liegt.

 

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Abb. 4

 

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Abb. 5

 

Das Ergebnis sieht bis dahin schon nicht schlecht aus. Die Flügel sehen allerdings noch recht „franselig“ aus und die Löcher darin und auch in der Platte stören gewaltig.

 

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Abb. 6

 

So geht es an die Restauration. Kleine Scherben aus der das Fossil beinhaltenden Schicht werden zurechtgeknipst und zugeschliffen, um die Konturen der Flügel zu reparieren. Sie werden mit eingefärbtem Polyester eingeklebt. Nach dem Abbinden wird bis auf die Libellenschicht herunter präpariert und dann werden die Konturen gesetzt, mit überschüssigem Kleber werden nachfolgend noch Körper und Platte repariert.

 

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Abb. 7-9

 

Nachdem das Stück mit Lack fixiert wurde, sieht es im Vergleich zum Anfang bereits recht ansehnlich aus. Störend fällt jedoch eine verkippte Verklebung im linken Vorderflügel auf. Ob ich das so lassen wollte, weiß ich zunächst noch nicht.

 

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Abb. 10: Das rote Rechteck markiert den schlecht geklebten Bereich.

 

Nach ein paar Wochen wird mir klar, dass die verunglückte Klebung nicht so bleiben kann. Mancher Leser wird sicher nicht mit dem einverstanden sein, was jetzt passiert.

In Anbetracht der gut und vollständig erhaltenen Flügel auf der rechten Seite entschließe ich mich noch einmal Hand an das Stück anzulegen. Die versackte Scherbe lässt sich nicht wie erhofft „heile“ ausbauen und dann wieder neu einsetzen. Sie wird beim Ausbau vollständig zerstört.

 

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Abb. 11

 

Aufgehobene Scherben der herunter gespaltenen Schicht werden nach etwas Passendem durchsucht, das man an der Stelle einsetzen kann. Das ausgewählte Stück wird genau zurechtgeschliffen und dann eingeklebt.

 

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Abb. 12 und 13

 

Nachdem der Kleber abgebunden hat, wird das eingesetzte Gestein auf das Niveau abgetragen, auf dem in der Umgebung das Insekt liegt.

 

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Abb. 14: Die rote Umrandung zeigt den Bereich mit der nivellierten Scherbe Originalgestein (zum Vorherzustand vgl. Abb. 10).

 

Es galt nun nur noch ein paar kosmetische Kleinigkeiten zu korrigieren und damit ist das Stück fertig. Die optische Erscheinung ist trotz des geopferten Bereichs deutlich besser als vorher.

 

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Abb. 15: Gesamtansicht der Cymatophlebia auf Matrix.

 

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Abb. 16 Detailansicht der Libelle. Dieses Foto kann durch Anklicken vergrößert werden.

 

Zum Schluss noch einmal die wichtigsten Angaben zu Fossil und Präparation im Überblick:

 

Fossil: Cymatophlebia longialata, Wintershofer Bruchrevier, Spannweite ca. 14 cm

Verwendete Werkzeuge: Nadeln, HW 10, Mikrobohrmaschine, Skalpell

Zeitaufwand: ca. 16-18 Stunden, von denen etwa 10 auf das Puzzeln entfallen

 

Udo Resch für Steinkern.de

 

 

Vorherige Berichte aus der Reihe "Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt" auf Steinkern.de:

Fingerspitzengefühl: Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt - Teil I

Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt - Teil II

Wie man eine Libelle aus dem Stein "kitzelt" - Teil III: Cymatophlebia longialata

Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt, Teil IV - Präparation einer Großlibelle der Gattung Aeschnogomphus aus dem Hobbybruch auf dem Blumenberg bei Eichstätt