Überarbeitung eines Korallenfisches aus der Familie Macrosemiiformes aus den Solnhofener Plattenkalken

Überarbeitung eines Korallenfisches aus der Familie Macrosemiiformes aus den Solnhofener Plattenkalken

Bereits Anfang des Jahres 2012 erhielt ich eine Anfrage zur Überarbeitung eines kleinen Korallenfisches aus den Plattenkalken von Eichstätt. Dem Vorhaben nicht abgeneigt, vereinbarte ich mit dem Eigentümer des Stücks einen Termin auf der Petrefakta in Leinfelden (Vorgänger der „Fossilienbörse in der Filderhalle“), um das Stück in Augenschein zu nehmen. Es handelte sich - auf den ersten Blick betrachtet - um einen mit ca. 11 cm Länge recht großen Propterus mit unvollständig freigelegten Flossen und deutlichem Überarbeitungspotential im Bereich des übertragenen Kopfes. So willigte ich ein das Fossil nachzubearbeiten und nahm das Stück gut verpackt mit nach Hause.

 

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Abb. 1: Ausgangszustand.

 

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Abb. 2: Aus der Nähe betrachtet - in diesem Fossil steckt noch mehr Potential als die erste Präparation zum Vorschein gebracht hat.

 

Eine Woche später ging es an die Arbeit. Zuerst fand eine Bestandsaufnahme statt. Der Körper war bereits gut präpariert, aber alle Flossen mussten überarbeitet werden, gleiches galt auch für den Kopf.

Begonnen wurde die Präparation mit dem Entfernen der Versiegelung vom Fossil. Dies ließ sich mittels Aceton recht einfach bewerkstelligen, ohne das Objekt und Klebungen gelitten hätten. Einzig beim Kopf gab es Probleme. Dort schwemmte das verwendete Material häutig auf und erstarrte wieder. Davon abgeschreckt arbeitete ich zuerst an den Flossen.

Zunächst waren die Rückenflossen an der Reihe. Vorsichtig wurden noch verdeckte Bereiche mit dem Stichel freigelegt. Als dann die Flossensäume freilagen, wurde zwischen den Flossenstrahlen vorsichtig mit dem Druckluftmeißel geweißt und so auch Partien, durch die bereits hindurch präpariert worden war quasi formergänzt.

Danach ging es an die Schwanzflosse. Auch hier wurden die Flossensäume gesucht und zwischen den Flossenstrahlen geweißt, wo es möglich war. Ebenso wurde mit der Afterflosse verfahren.

Ungefähr in der Körpermitte auf der Bauchseite lugte unter dem Schuppenkleid ein einzelner Flossenstrahl hervor. Dieser wurde vorsichtig weiter sondiert, um zu schauen ob da vielleicht noch etwas mehr im Gestein verborgen liegt. Auf diese Art ließ sich erfreulicherweise noch die linke Genitalflosse freilegen, die dem Fossil eine deutlich schönere Kontur gibt.

 

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Abb. 3

 

Nun wurden um den bislang überarbeiteten Bereich herum die Konturen gesetzt. Und dann gab es kein Entweichen mehr und es ging an den Kopf. Hier wurde zuerst die Augenhöhle von Versiegelung und Kleber befreit.

 

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Abb. 4

 

Nachfolgend ging es dann darum, mit der Nadel die Kiemendeckel von anhaftendem „Zeugs“ und Restgestein zu befreien. Danach wurden die „Zähne geputzt“. Jetzt fehlten nur noch der vordere Teil der Augenhöhle, das Schädeldach und die Sektion unterhalb der Unterkiefer.

 

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Abb. 5: Der Fisch ist etwa 11,5 cm lang.

 

Am Ende galt es noch die Konturen um den Schädel zu ziehen. Damit war die Arbeit abgeschlossen.

 

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Abb. 6: Flossendetails nach Überarbeitung.

 

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Abb. 7: Kopfbereich nach der Nachpräparation.

 

Anfangs herrschte etwas Bedauern bezüglich der unvollständig erhaltenen „Antenne“ der ersten Rückenflosse, doch eine genauere Betrachtung im Zuge der Überlegung, ob man vielleicht das fehlende Stück restaurieren sollte, offenbarte, dass es sich mitnichten um einen Propterus handelt, sondern um einen Histionotus! Kenntlich ist dies klar an den dachziegelartig gestapelt den ersten Flossenstrahl der vorderen Rückenflosse hinauflaufenden fringing Fulcren (kleinen Schuppen), die bei Propterus nur an der Basis vorliegen. Diese Fulcren findet man auch auf dem ersten Strahl der Afterflosse. Propterus hat sie dort nicht.

Auch ist die Anatomie des vorliegenden Fisches gegenüber Propterus anders. Histionotus wirkt kompakter, die Schwanzflosse ist kürzer, der Körper höher und der „Buckel“ vor der ersten Rückenflosse ist höher. Bereits in Steinkernheft 7 aus dem Jahr 2011 wurde ein Histionotus vorgestellt, dessen Bestimmung duch Dr. R. Böttcher aus dem Naturkundemuseum Stuttgart bestätigt wurde. Dieses Exemplar zeigt eine identische Anatomie

 

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Abb. 8: Gesamtansicht des mit einem Zeitaufwand von zehneinhalb Stunden überarbeiteten Fisches. Vergrößerte Ansicht anzeigen.

 

vorher nachher histionotus

Abb. 9: Der direkte Vergleich zwischen Vorherzustand (links) und dem Istzustand nach der Präparation (rechts).

 

Fossil: Histionotus oberndorferi EGERTON 1854

Größe: 11,5 cm

Lokalität: Solnhofener Plattenkalke, Region um Eichstätt.

Verwendetes Werkzeug: Druckluftstichel Microjack und diverse Nadeln

Zeitaufwand: 10,5 Stunden

 

Udo Resch

 

Literatur über Fische der Ordnung Macrosemiiformes der Solnhofener Plattenkalke aus der Steinkern-Reihe:

Resch, U. & Rückert, A. (2011): Die Segelfische der Solnhofener Plattenkalke, in: Der Steinkern, Heft 7, S. 46-57.