Präparationswerkzeug

Preiswerte Alternative? Präparation mit Elektro-Gravierern

Was ich noch vor 12 Monaten für nicht möglich gehalten habe... bereits kurz nach den ersten Kontakten zu den „Steinkernen“ schnellte mein Bestand an Fossilienkisten sprunghaft in die Höhe. War es früher mit ein wenig Abwaschen schnell getan, stellte sich nun die Frage, wie man all die dicken Ammoniten aus dem Mergel bzw. der Knolle bekommt?

Neben der fraglos anspruchsvollsten Lösung, dem Druckluftstichel (zu dem aber noch Kompressor und Co. kommen), musste es doch auch eine preiswerte Alternative geben. Den Anfang machen Reißnadel und kleine Meisselchen, mit ein wenig Übung gelangen erste ansprechende Resultate. Aber es gab auch „zerschossene“ Innenwindungen und ähnlichen Kummer – weiteres Gerät musste herbei. Angeregt durch Beiträge im Steinkern-Forum kam ich auf das Thema Elektro-Gravierer. Diese, eigentlich zur Bearbeitung von Glas etc. gedachten Geräte,  wurden spontan beschafft und hier nun ein erster Bericht.

Angeschafft wurden „Vibrograven“ vom Hersteller Altstaedten (hier ein Dankeschön an Fa. Hoffmann-Werkzeuge / München) und „Signographen“ vom Hersteller Brennenstuhl (z.B. über Baumärkte). Es fanden sich in Andreas und Matthias auch schnell weitere Tester und seit ein paar Wochen brummen nun diese Teile auf unseren Präparationstischen.

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Der „Signograph“ (wir haben gescherzt „nur echt mit dem garstigen Kind auf der Packung“) kommt in der Grundausstattung mit einem Adapter und einer Hartmetallnadel für circa 35,- EUR wirklich sehr preiswert daher. Die fest eingebaute Nadel des Stichels macht ohne den Adapter + HM-Spitze wenig Sinn, da sie sofort abstumpft, die HM-Spitze hat aber eine gute Standzeit. Man kann sich z.B. aus einem ausrangierten HSS-Bohrer einfach weitere 2,5 mm-Werkzeuge schleifen, siehe die montierte Eigenbau-Spitze.
 

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Es hat sich bewährt, vor Inbetriebnahme einen Tropfen Öl (z.B. WD40) in die Führungsbuchse einzubringen, mein Signograph hatte kurz nach den ersten Minuten bereits „gefressen“ (nach der Öl-Kur jedoch nie wieder).
 

Der „Vibrograv“ kommt wesentlich vornehmer, in einem schmucken Transportkoffer, daher. Dafür dürfen wir mit ca. 120,- EUR auch tiefer in die Tasche greifen. Er ist deutlich schwerer, das Gehäuse erscheint hochwertiger und insbesondere die Werkzeugaufnahme ist professionell als kleines Futter ausgelegt. Inbegriffen sind bereits 4 Werkzeuge, wovon ich nur die schlanke Hartmetallnadel im Einsatz habe.
Ersatznadeln sind um 20,- EUR erhältlich.
 

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Zur Arbeit mit den Sticheln und unseren bisherigen Erfahrungen:
Die Stichel setzen die 50 Hz Spannungsänderungen unseres 220 Volt  Wechselstromes in eine Vibration der Stichelachse um. Hier habe ich den Signograph geöffnet, man kann Antriebsspule, Stichelachse, Stellrad erkennen und im vorderen Teil die Feder, welche die Achse nach dem Schlag wieder zurückholt (Achtung: nicht zur Nachahmung! Nur von einer Elektrofachkraft warten lassen! Vorher Netzstecker ziehen! Eventuell Verlust der Gewährleistung!).

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Wie immer, wenn Gesteinssplitter fliegen, tragen wir eine Arbeits-Schutzbrille. Weil die Geräte doch sehr laut brummen und in Arbeitsstellung recht nah am Ohr gehalten werden, ist das zusätzliche Tragen eines Gehörschutzes kein Fehler. Nach längerer Arbeit mit den Geräten kribbelt es in den Fingern – hier sei grundsätzlich auf die „Weissfingerkrankheit“ (Absterben von Kapillargefässen) verwiesen, die der riskiert, der es mit vibrierenden Geräten übertreibt. Wir haben ihr mit stark  knoblauchhaltiger Pizza gut vorgebeugt.

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Beide Geräte lassen sich regulieren. Es wird dabei der Hubweg des Stichels über ein Stellrad eingestellt und damit die Schlagkraft (nicht aber die Frequenz, das sind ja unsere 50 Hz). Wieder erscheint der Verstellmechanismus des Vibrograv solider ausgelegt, der Signograph mag zumindest dort manchmal ein Tröpfchen Öl. Aufgrund der höheren Leistung (25 Watt) des Signograph gegenüber dem Vibrograv (6 Watt) arbeitet sich dieser wesentlich schneller durch hartes Gestein, während ich dem Vibrograv für die Feinpräparation letzter Details den Vorzug gebe.
 
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Es gibt noch einen weiteren Grund, warum es Sinn macht, die Benutzung der Geräte abzuwechseln: auf den Geräten ist eine Angabe „KB“ – zulässiger „Kurzzeitbetrieb“, dem eine Abkühlzeit folgen sollte, um Überhitzungsschäden zu vermeiden. Im Test haben wir diese Zeiten mehrfach kräftig überschritten, man riskiert aber in diesem Fall zumindest die Gewährleistung und daher kann ich grundsätzlich nicht dazu raten.
 
 
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Vermutlich ist die Führung der Stichel zu ungenau für allerfeinste Arbeiten. Auch über die Langzeithaltbarkeit der Geräte können wir heute noch kein Urteil abgeben. Uns hat aber das Testen eine Menge Spaß gemacht  und wir sind der Meinung, die Präparationsergebnisse lassen sich durchaus sehen, wenn das abzutragende Material nicht gerade ultrahart ist. Für Gelegenheitspräparatoren und kleine Budgets (hier speziell der Signograph) sind die Elektrostichel in jedem Fall eine Überlegung wert.
 

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