Präparationswerkzeug

Anleitung zum Eigenbau eines Gelenk-Schwenkarms fürs Stereomikroskop

Ich hatte vor einiger Zeit der Rubrik „Angebote (Tausch und Kauf)“ des Steinkern-Forums mein altes Bresser Biorit Stereomikroskop mit einem aus einer alten Markise selbst gebauten Gelenk-Schwenkarm angeboten. Danach wurde ich mehrmals auf den Schwenkarm angesprochen. Nachdem mein Nachbar gerade seine alte Markise durch eine neue ersetzt hat, sicherte ich mir die beiden Gelenkarme der ausrangierten Markise. Für einen Sammlerfreund habe ich daraus nun einen weiteren Schwenkarm als Aufhängung für sein Präparationsmikroskop gebaut. Ein solcher umgebauter Markisenarm ist eine günstige Alternative zu den sehr teuren Gelenk-Schwenkarmen, die von der Industrie angeboten werden. Der Zeitaufwand für den Umbau belief sich auf zirka 2 bis 3 Stunden.

Warum ausgerechnet Markisenteile? Nun, mein erster Gelenk-Schwenkarm fürs Binokular war aus Holz. Das hat zwar einigermaßen funktioniert, die Konstruktion war aber letztlich, um stabil zu sein und das Gewicht zu halten, viel zu groß, zu schwer und unbequem. Zudem mussten alle Teile selbst gebaut werden. Im Gegensatz dazu, sind Markisen relativ leicht gebaut (Alu) und verfügen von Haus aus schon über alle Teile. Auch müssen Markisen einigem Gewicht und Winddruck standhalten, weshalb in der Produktion auf stabile Bauteile zurückgegriffen wird. Damit eignet sich das Material auch sehr gut zum Bau von Gelenk-Schwenkarmen für zur Fossilpräparation eingesetzte Mikroskope.

Nun wird sich der Nachbar sicherlich nicht wegen unserer Wünsche eine neue Markise zulegen. Das sollte aber kein größeres Problem darstellen, da ab und an auf E-Bay gebrauchte Markisenarme als Ersatzteillager angeboten werden. Man kann stattdessen auch bei Handwerksbetrieben nachfragen, die sich auf das Installieren von Insekten- und Sonnenschutz spezialisiert haben und regelmäßig alte Markisen durch neue ersetzen.
Hierzu muss gesagt werden, dass jeder Hersteller unterschiedliche Aluprofile und Gelenke benützt. Das soll uns aber nicht stören, da der Aufbau im Prinzip immer derselbe ist. Ohnehin muss ein jeder die für seine Anwendung und Wünsche passenden Längen und Maße selbst ermitteln. Der Bericht kann daher nur den einfachen Bauplan aufzeigen.


001 Gelenk Schwenkarm

Abb. 1: Verschiedene Hohlraumprofile von Markisen.

 

003 Gelenk Schwenkarm
Abb. 2: Für einen Gelenkschwenkarm werden zwei solche Gelenkarme benötigt.


Verfügen wir nun über zwei gleichartige Gelenkarme, so brauchen wir nur etwas handwerkliches Geschick, um diese für den Einsatz in der Präparationswerkstatt umzufunktionieren. Zuerst muss die Federspannung der Gelenkarme entspannt bzw. gelöst werden. Dies erledigt man in den meisten Fällen mittels der Einstellschraube am Ende des stärkeren Gelenkarmsegmentes.


002 Gelenk Schwenkarm

Abb. 3: Achtung. Zuerst Spannung lösen!


Nun kann man gefahrlos den kompletten Arm zerlegen.


004 Gelenk Schwenkarm

Abb. 4: Abdeckung des Bolzens.


Am Gelenk gilt es die Abdeckung zu entfernen. Den darunterliegenden Bolzen muss man ebenfalls entfernen und durch eine passende Schraube mit selbstsichernder Mutter ersetzen. Dies hat den wichtigen Vorteil, dass wir unsere individuelle Spannung einstellen können, so wie wir es brauchen. Alternativ könnten hier auch Flügelmuttern zum Einsatz kommen, wenn man lieber die Einstellung fixieren will. Falls zuviel Luft zwischen den Gelenkteilen ist, muss eine Beilagscheibe mit eingebaut werden, um mit der Schraube genügend Druck auf das Gelenk ausüben zu können. Nach dem Lösen der Torx-Schrauben können das Gelenk und Aufhängungen aus den Alu-Profilen gezogen werden. Wenn genügend Arbeitsplatz zur Verfügung steht, reicht es auch aus, wenn das Gelenk nur an einer Seite entnommen wird, so kann man sich ein wenig Arbeit sparen.


005 Gelenk Schwenkarm

Abb. 5: Der Gelenkbolzen wurde durch eine Schraube ersetzt.


Nun kürzen wir die Alu-Profile auf die gewünschte Länge (abhängig von den eigenen Präparationsgegebenheiten). Dazu kann eine Eisensäge oder ein Trennschleifer genutzt werden. Es gilt der Grundsatz: je kürzer, desto stabiler. Sprich: Das Mikroskop schwingt an einem kürzeren Arm weniger, wodurch ein angenehmeres und präziseres Arbeiten ermöglicht wird.


006 Gelenk Schwenkarm 

Abb. 6: Die Länge der Armsegmente muss jeder selbst auf die Gegebenheiten des eigenen Arbeitsplatzes abstimmen.


Nach dem Kürzen stecken wir die Gelenke wieder in die Alu-Profile. Diese müssen gesichert werden. Ich habe einfach durch das Alu-Profil und das Gelenk gebohrt und mittels einer passenden Schraube gesichert. Das zweite Gelenk muss gegenläufig eingesetzt werden, um den „Zieharmonika-Effekt“ zu bekommen.


007 Gelenk Schwenkarm 

Abb. 7: Der Gelenkbolzen wurde durch eine Schraube ersetzt und das gekürzte Alu-Segment mit einer Schraube gesichert.


Auch beim Aufhängungsgelenk wird der Bolzen durch eine Schraube ersetzt und ebenfalls mit einer Schraube gesichert. Zudem habe ich an der Aufhängung noch zwei zusätzliche Bohrungen angebracht, um den Arm samt Gewicht (Mikroskop) sicher verschrauben / verdübeln zu können. Das Gewicht des Kragarms samt Mikroskop darf nicht unterschätzt werden.


008 Gelenk Schwenkarm

Abb. 8: Zusätzliche Bohrungen sorgen für einen sicheren Halt.


Beim anderen Aufhängungsgelenk entfernen wir ebenfalls den Bolzen. Das Aufhängstück behalten wir für den Fall, dass wir von Zeit zu Zeit mit dem Gelenkschwenkarm den Arbeitsplatz wechseln wollen. Wenn dort dann schon das Aufhängstück befestigt ist, müssen wir nur die Schraube entfernen und am neuen Einsatzort wieder anschrauben. Am Rest der Aufhängung befinden sich zwei Fortsätze mit Bohrungen. Je nachdem, ob wir den Rundstab (an dem das Mikroskop auf und ab läuft) nach oben oder unten haben wollen, sägen wir einen dieser Fortsätze ab. Der Rundstab kann dafür aus dem Standfuß ausgebaut werden. Für den Fall, dass der Rundstab im Standfuß verbleiben soll, gibt es passende Rundstäbe mit Bohrung übers Internet zu kaufen.


009 Gelenk Schwenkarm

Abb. 9: Einer dieser Fortsätze kann entfernt werden. Falls es der "Falsche" gewesen sein sollte: Kein Problem, wir können das Teil herausnehmen und drehen.


010 Gelenk Schwenkarm

Abb. 10: So sollte der zusammengebaute Gelenkschwenkarm aussehen.


011 Gelenk Schwenkarm

Abb. 11: So sah mein erster Gelenk-Schwenkarm aus. Als lange Version (außerhalb der Stichelkabine) und kurze Version (in der Stichelkabine) mit Rundstab vom Mikroskop.

 

012 Gelenk Schwenkarm

Abb. 12: Zum Testen der Reichweite schnell mal ans Regal geschraubt.

 

013 Gelenk Schwenkarm

Abb. 13

 

Ich hoffe, dass einige Leserinnen und Leser meine Idee für sich umsetzen können, so wie ich im Laufe der Jahre meinerseits schon einige Anregungen aus den Reihen der Steinkern-Comunity habe umsetzen können.

 

Fritz Lang für Steinkern.de

 

 


 

Diskussion zum Artikel und Fragen zur Anleitung im Forum:

https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&p=274021