News und Updates
Statement des Teams der Paläontologischen Bodendenkmalpflege des LWL-Museums für Naturkunde zu Reaktionen auf einen Zeitungsartikel in der "Allgemeinen Zeitung"
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- Kategorie: News & Updates
- Veröffentlicht: Dienstag, 01. Juli 2025 21:51
- Geschrieben von Team der Bodendenkmalpflege des LWL-Museums für Naturkunde
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Sehr geehrte Steinkern-Leserinnen und Leser, sehr geehrte Diskutierende,
da es in zwei Facebook-Gruppen mit paläontologischem Bezug (u. a. auch in der dortigen Steinkern-Gruppe) einige Kritik an der paläontologischen Bodendenkmalpflege gibt, die auf einem Zeitungsartikel vom 18. Juni in der Allgemeinen Zeitung (Billerbecker Anzeiger • Gescherer Zeitung) basiert, wollen wir als Team der Bodendenkmalpflege des LWL-Museums für Naturkunde Münster gerne erklärend und konstruktiv Stellung nehmen. Es hat den Anschein, dass in diesem Artikel Sachverhalte vermischt werden.
Generell sind zwei Dinge zu unterscheiden:
1. Das Betreten einer Baustelle, eines Steinbruchs, einer Tongrube, usw. ist nur mit Genehmigung des Grundstückseigentümers oder des zuständigen Bauunternehmers erlaubt. Hierauf hat die Bodendenkmalpflege keinen direkten Einfluss (Ausnahmen sind beispielsweise laufende Ausgrabungen der Bodendenkmalpflege). Diese Genehmigungen hat die jeweilige Person selber zu erwirken. Die Bodendenkmalpflege kann daher keine Baustelle generell für Sammler freigeben.
2. Das Sammeln von Fossilien ist in NRW nicht untersagt, wird aber durch das Denkmalschutzgesetz NRW (nachfolgend DSchG NRW) reguliert. Das DSchG NRW regelt den Umgang sowohl mit Baudenkmälern, als auch mit Bodendenkmälern, somit auch den Umgang mit Fossilien. In der Bodendenkmalpflege gibt es zwei große Bereiche, die archäologische und die paläontologische Bodendenkmalpflege; es sind also starke Überschneidungen mit der Archäologie vorhanden, auch wenn es sich um unterschiedliche Fachdisziplinen handelt. Ein Fallstrick, der regelmäßig für Verwirrung sorgt. Tatsächlich arbeiten Paläontologie und Archäologie in NRW mit dem gleichen Gesetz. Dies bedeutet:
a) Es ist erlaubt, freigewitterte Fossilien aus Lockermaterial zu sammeln, wie es der übliche Fall in Steinbrüchen, Tongruben und Baustellen ist. Genehmigungspflichtig sind Ausgrabungen, das heißt, die Bergung von Fossilien aus dem Festgestein unter Zuhilfenahme von Werkzeugen. Außerdem genehmigungspflichtig ist das Sammeln von Fossilien (auch aus Lockermaterial!) in eingetragenen paläontologischen Bodendenkmälern.
b) Das Schatzregal (§ 18 DSchG NRW) regelt den Umgang bei Entdeckung wichtiger Funde. Dies können auch einzelne Fossilien sein, die bestimmte Kriterien erfüllen. Da es sich normalerweise um außergewöhnliche Funde handelt, gibt es naturgemäß keinen Katalog, was ein Schatzregalfund ist. Beispielsweise können dies Erstnachweise für NRW sein, Skelettfunde, prä-pleistozäne Knochenfunde oder pathologisch veränderte Fossilien. Eine entsprechende wissenschaftliche Beurteilung nach festgelegten Kriterien findet regelmäßig durch ein Gremium statt, welchem neben Mitarbeitenden der Abteilung Paläontologie im LWL-Museum für Naturkunde auch die Mitarbeitenden der Abteilung Paläontologie des Ruhr Museums Essen sowie der paläontologischen Bodendenkmalpflege des LVR im Rheinland angehören. Fossiliensammelnde sind angehalten, ihre Funde mit diesem Gremium durch die teilnehmenden Museen zu kommunizieren.
Wichtig dabei ist, dass eine Meldung von Fossilfunden nicht pauschal bedeutet, dass diese abgegeben werden müssen! Nur ein sehr geringer Anteil der Fossilfunde erfüllt die Kriterien eines Schatzregalfundes. Wenn dies gegeben ist, handelt es sich um ein so wichtiges Objekt, dass es schon mit der Entdeckung Landeseigentum ist. Nur in diesen Ausnahmefällen besteht eine Abgabepflicht, die entdeckende Person erhält, auch das ist durch das DSchG NRW geregelt, für die Entdeckung und die Meldung eine Belohnung durch das Land NRW.
Generell ist der paläontologischen Bodendenkmalpflege in NRW – und somit auch der Abteilung Paläontologie im LWL-Museum für Naturkunde – sehr an einer guten und fruchtbaren Zusammenarbeit mit Fossiliensammelnden gelegen. Auf diese Weise wurden schon etliche bedeutsame Funde gemacht, wissenschaftlich untersucht und publiziert, und der interessierten Öffentlichkeit in Ausstellungen zugänglich gemacht
Abb. 1: Ein Seestern aus dem Campan (Oberkreide) von Legden. Dies ist ein Beispiel für einen eher unauffälligen Schatzregalfund. Es handelt sich um einen Erstnachweis für die Region Westfalen-Lippe.Foto: LWL/Steinweg
Abb. 2: In einer Tongrube bei Bielefeld wurde ein teilartikuliertes Ichthyosaurerskelett entdeckt – ein seltener Fund aus dem Pliensbachium (Unterjura). Foto: LWL/Steinweg
Abb. 3: Aus dem Callovium (Mitteljura) des Wiehengebirges stammt dieser Krokodilschädel mit Unterkiefer. Es sind nur wenige Belege dieser marinen Krokodile aus Westfalen-Lippe bekannt. Dieser Fund ist außergewöhnlich vollständig und dadurch aussagekräftig. Foto: LWL/Steinweg
Uns, den Mitarbeitenden der paläontologischen Bodendenkmalpflege, bedeutet dabei auch sehr viel, dass Fossiliensammelnde nicht pauschal kriminalisiert werden, und dass in uns nicht nur eine rechtliche Instanz gesehen wird, sondern vielmehr ein Ansprechpartner für einen gesetzeskonformen Ablauf. Natürlich entstehen in diesem Feld immer wieder Fragen und es treten neue Situationen auf. Diese gilt es konstruktiv zu meistern. Hand in Hand können wir unser Lieblingsfach weiterentwickeln und nachhaltige Paläontologie betreiben.
Weitere Informationen und Ansprechpersonen finden Sie hier:
https://www.lwl-naturkundemuseum-muenster.de/de/wissenschaft/palaontologische-bodendenkmalpflege/palaeontologie/
Mit freundlichen Grüßen
Das Team der Bodendenkmalpflege des LWL-Museums für Naturkunde