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Stellungnahme der Paläontologischen Gesellschaften zum Hintergrundpapier der BKM und weitere Neuigkeiten in Sachen Kulturgutschutzgesetz

Seit einigen Tagen liegt eine Stellungnahme der Paläontologischen Gesellschaften Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zum sogenannten Hintergrundpapier der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aus dem Dezember 2015 vor. Darin werden einige Missverständnisse aufgeklärt sowie Fehldeutungen der Beauftragten für Kultur und Medien angesprochen und richtiggestellt.

 

Download der Stellungnahme der deutschsprachigen Paläontologischen Gesellschaften zum BKM-"Hintergrundpapier zum Bereich der Paläontologie" (Dezember 2015) (Gesetzentwurf zur Neuregulierung des Kulturgutschutzes)

Es wäre wünschenswert, wenn in der Angelegenheit engagierte Steinkern.de Mitglieder ihren Ansprechpartnern aus der Politik dieses Papier zur Kenntnisnahme übermitteln, da es das bekannte Gegenpapier "Stellungnahme zum sog. Hintergrundpapier des BKM zum Kulturgutschutzgesetz seitens der Sammler naturwissenschaftlicher Objekte und Vertreter der Naturwissenschaften sowie konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Kulturgutschutzgesetzes für den Bundestag", das am 17. Dezember auf Steinkern.de erschien, nochmals von wissenschaftlicher Seite um weitere Punkte ergänzt und bestärkt.

 

Weitere Neuigkeiten zum Kulturgutschutzgesetz

Mit dem am 9. Dezember veröffentlichten "Hintergrundpapier" hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien auf Basis ihres "Amtsbonus" versucht, die im naturwissenschaftlichen Bereich fachlich breit geteilte Kritik - auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesrats - ins Leere laufen zu lassen. Dies zeigen mehrere Schreiben von Länderbehörden, die unter Bezugnahme auf das Hintergrundpapier unsere Kritik ganz oder teilweise zurückwiesen, weil sie sich die Stellungnahme der Bundesregierung zu eigen machten, leider ohne selbst in eine inhaltliche Prüfung eingestiegen zu sein. Aus Bayern gab es jedoch auch positive Signale in Richtung der privaten Sammler.

Es gibt mittlerweile aus dem Bundestag parteiübergreifend Feedback, dass man unsere Kritik ernst nimmt und sorgsam im parlamentarischen Prozess prüfen wird oder sogar teilt. Auch kommt es zu Gesprächen mit Parlamentariern, die unserer Kritik anders als die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien unvoreingenommen und offen gegenüberstehen. Prof. Monika Grütters hätte besser daran getan, ihre Fehler frühzeitig einzugestehen und im konstruktiven Dialog mit den Fachleuten Änderungen vorzunehmen. Dafür wurde der richtige Zeitpunkt leider verpasst. Statt auf die Betroffenen zuzugehen, schweigt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien bis heute sogar entgegen ihren Auskunftspflichten nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu einfachsten Fragen im Rahmen einer am 9. Dezember versandten E-Mail. Hierin ging es lediglich um die Frage, inwieweit und wenn ja von wem frühzeitig bei Erarbeitung des Gesetzes paläontologische Expertise hinzugezogen wurde. Die Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit, die für Beschwerden bei verschleppten bzw. nicht erteilten Auskünften zuständig ist, wurde bereits in die Angelegenheit eingeschaltet, da die Frist zur Erteilung von Auskünften abgelaufen ist. Alles deutet darauf hin, dass vor dem von uns erbetetenen Gesprächstermin vom 8.10.2015 schlichtweg keinerlei Paläontologen in die Gesetzesnovelle eingebunden wurden, obwohl "insbesondere Objekte von paläontologischem Wert" neuerdings pauschal als "Kulturgut" eingeordnet werden, was weitreichende Konsequenzen für diesen Wissenschaftszweig hat. Dementsprechend ist die Nichteinbeziehung ein schwerwiegendes Versäumnis, dass angesichts der Komplexität naturwissenschaftlicher bzw. paläontologischer Anforderungen vorhersehbar zu negativen Auswirkungen führen musste.

Eine beim Deutschen Bundestag eingereichte Einzelpetition untersucht diese Vorgänge parlamentarisch. Zudem erstellt der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags derzeit ein Gutachten zu paläontologischen Fragestellungen.

In den letzten Wochen gab es mehrere Presse-Artikel, u. a. berichtete der STERN am 1.7.2016 zum Thema. Die Neue Westfälische titelte am 1.7.2016 zum Thema "Novellierung des Kulturgutschutz: "Entmündigung sammelnder Bürger", auch der Bayrische Rundfunk brachte erneut eine Reportage, die unter dem Titel "Kulturgüter auf der Flucht - Bayerns Museen verlieren" am 22.1.2016 ausgestrahlt wurde.

 

Indes wurde die Petition für den Erhalt des privaten Sammelns verlängert. Mittlerweile haben sich dort mehr als 42.800 Bürgerinnen und Bürger dem Protest angeschlossen, schätzungsweise ist etwa ein Viertel davon dem naturwissenschaftlichen Bereich zuzuordnen. Es soll noch einmal daran erinnert werden, dass auch die Stimmen von Familienmitgliedern und Freunden zur Unterstützung beitragen. Durch Klick auf das Banner gelangen Sie zur Petition, die im Übrigen auch anonym unterzeichnet werden kann:

 

 

 

Ausblick

Wir haben großes Vertrauen, dass die Fachpolitiker aus dem Kulturausschuss im Wege interfraktionell unterstützter Änderungsanträge den Gesetzesentwurf in geordnete Bahnen lenken werden und sich der Gewaltenteilungsgrundsatz mit der klaren Trennung von Regierung (Exekutive) und Parlament (Legislative) an den Entscheidungen deutlich ablesen lassen wird, damit nicht die dritte Gewalt (Judikative, insbesondere das Bundesverfassungsgericht) später in erheblichem Umfang als Korrektiv wirken muss, um ein misslungenes Gesetz in verfassungskonforme Bahnen zu lenken. Gerade in Zeiten der Großen Koalition hoffen wir auch seitens der Regierungsparteien darauf, dass die Parlamentarier sich in dieser Angelegenheit in besonderem Maße einbringen und als Korrektiv begreifen. Deutschland steht insgesamt weltpolitisch vor großen Herausforderungen, umso wichtiger wäre es, dass den Wissenschaftlern und Kulturschaffenden (und dazu zählen fraglos auch die Sammler) als Säulen der Zivilgesellschaft dieses Landes in dieser schwierigen Phase nicht durch ein kontraproduktives Gesetz vollkommen ohne Not erhebliche Schwierigkeiten einzubrocken. Eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Besitzes kultureller oder naturwissenschaftlicher Güter öffnet der Willkür Tür und Tor, sie ist evident verfassungswidrig sowie die Handelsbeschränkungen im Binnenmarkt evident europarechtswidrig sind und sollte vom Parlament aus diesen Gründen keinesfalls gebilligt werden. Allein der Gedanke (logischweise papierlosen) Fossilien- oder Mineralienbesitz wie illegalen Drogen- oder Waffenbesitz zu behandeln, sprich diese Objekte ohne richterlichen Beschluss zur Beschlagnahme freizugeben, ist eine Absurdität erster Güte. Wer will das eigentlich bei Lichte betrachtet in diesem Land wirklich außer der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und ihrem Ministerialdirektor Dr. Günter Winands?

Im schlimmsten Fall könnte es durch ein Gesetz mit solchen Hebeln zu Situationen wie in der ehemaligen DDR kommen, wo durch ein "Gesetz zum Schutze der Kultur" Konfiskaktionen "legalisiert" wurden. Der Staat beschlagnahmte damals Kulturgüter privater Sammler und Händler sowie auch von Museen (und verscherbelte diese am internationalen Markt). Dies ist erst einige Jahrzehnte her, umso sensibler sollte darauf geachtet werden, dass privates und öffentliches Eigentum in Deutschland geschützt bleiben, auch und gerade wenn es sich dabei um kulturelle Güter handelt. Das Kulturgutschutzgesetz droht den bisherigen Schutz soweit auszuhöhlen, dass nur noch eine leere Hülle davon übrig bleibt. Das gilt für privates Eigentum, aber auch für Objekte der öffentlichen Hand, die sich künftig schon dann, wenn etwaige Ausfuhrpapiere nicht aufbewahrt wurden, ausgesprochen leicht durch fremde Staaten zurückfordern lassen. Sicherlich bleibt anders als in der DDR der Rechtsweg, um gegen solche Maßnahmen vorzugehen, weitaus besser wäre es jedoch, wenn es gar nicht erst zu solch aberwitzigen Situationen kommen kann.

 

Bitte sprechen Sie mit Ihren regionalen Bundestagsabgeordneten über die Angelegenheit und bitten Sie diese, die Kritik an die Kulturpolitiker weiterzugeben. Auch die Sensibilisierung regionaler Medien ist weiterhin hilfreich. Im Februar wird der Gesetzesentwurf dem Bundestag vorgelegt werden, dann folgen insgesamt drei Lesungen. In diesem Rahmen wird es auch zu Anhörungen von Betroffenen kommen.

 

Vielen Dank für Ihre Unterstützung bei der Sensibilisierung!

 

Sönke Simonsen