Kurioses und Humor

Historische Ansichtskarten mit paläontologischen Motiven, 1. Teil: Iguanodonten

Ursprünglich habe ich mich bei meiner paläontologischen Sammeltätigkeit auf kreidezeitliche Seeigel fokussiert. In den letzten Jahren habe ich aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, die das Fossiliensuchen im Gelände leider weitestgehend verhindern, das Sammeln von Ansichtskarten mit paläontologischen Motiven als neue Leidenschaft für mich entdeckt. Anfangs waren vor allem Börsen in Deutschland die Quelle der Karten. Erst mit der Zeit hat sich meine Suche mehr und mehr auf das Internet verlagert und wurde in diese Zuge auch internationaler. An manche Motive gelangte ich durch Online-Auktionen, an andere wiederum durch gezieltes Anschreiben von Museen.
Da das reine Sammeln der Karten etwas unbefriedigend ist, habe ich versucht meine Ansichtskarten systematisch zu sortieren und auch immer wieder etwas über die abgebildeten Funde zu recherchieren und in die Sammelalben zu schreiben. In den Begleittexten geht es (vorrangig) um paläontologische Aspekte, aber auch um die Fundorte und das Alter der Karten sowie postalische Besonderheiten. Diese Art der Aufbereitung der Postkarten ist für mich genauso wichtig, wie etwa die Präparation von Fossilfunden, die mir gelegentlich noch gelingen (wie zuletzt der Fund eines Stückes einer Palme aus dem Miozän beim Bau eines Brunnens in pleistozänen Schottern der Donau). Seit einiger Zeit habe ich auch das Schlämmen und Auslesen von Meso- und Mikrofossilien für mich entdeckt, doch bleiben wir an dieser Stelle bei den Karten...
Ich möchte in dem mehrteiligen Bericht Karten mit unterschiedlichen Schwerpunkten vorstellen. Beginnen möchte ich im 1. Teil mit Karten, die Iguanodonten-Skelette aus der Unterkreide zeigen.


Zu den Motiven ist generell zu sagen, dass die Fotografien so lange zurück datieren, dass der urheberrechtliche Schutz m. W. abgelaufen ist.

 

 

Iguanodonten aus Belgien

In einer Kohlegrube der belgischen Stadt Bernissart stießen Bergleute in den Jahren 1877 und 1878 beim Stollenbau in 322 Metern Tiefe auf zahlreiche Skelette des Leguanzahn-Dinosauriers Iguanodon. Die Bergung der unterkreidezeitlichen Saurier dauerte insgesamt drei Jahre. 130 Tonnen Gestein mussten an die Erdoberfläche gebracht werden, um die Dinosaurier zu bergen.
Die Bearbeitung der Funde erfolgte im Institut royal des Sciences naturelles de Belgique. Unter der Leitung von Luis Dollo wurden die Iguanodonten-Skelette in den Folgejahren im Musée Royal d´Historie Naturelle in Brüssel ausgestellt.

 

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Abb. 1: Die Ansichtskarte aus dem Naturhistorischen Museum in Brüssel aus der Zeit des 1. Weltkriegs zeigt die Iguanodonten-Herde in der für die damalige Zeit modernen Rekonstruktion als aufrecht stehende, auf den Hinterbeinen laufende Dinosaurier.
Iguanodon erreichte als ausgewachsenes Tier eine Länge von 10 Metern, bei einer Höhe von 5 Metern und einem Gewicht von 6 Tonnen.

 

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Abb. 2: Um den zerstörenden Einfluss von Sauerstoff und Feuchtigkeit auf die fossilen Knochen zu unterbinden, wurde die stehende Iguanodonten-Gruppe durch große Glaswände eingehaust, da die damals benutzen bzw. bekannten Kleber, Lacke usw. ohne diese Maßnahme längerfristig nicht stabil geblieben und Schäden entstanden wären. Innerhalb der Einschließung konnten Temperatur und Luftfeuchtigkeit exakt gesteuert werden.
Auf der Ansichtskarte, die aus der Zeit um 1915 stammt, sind die Reflektionen der Glaswände bei der Fotografie der Objekte deutlich erkennbar.

 

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Abb. 3: Ebenfalls aus der Zeit um 1915 stammt diese Karte, welche Iguanodonten in Fundsituation zeigt.

 

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Abb. 4: Diese Ansichtskarte aus den 1940er-Jahren aus dem Neuen Museum für darstellende und angewandte Naturkunde (heute: Haus der Natur) in Salzburg zeigt eine Rekonstruktion von Iguanodon bernissartensis.

 

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Abb. 5: Im Jahr 1927 legte das Naturhistorische Museum Wien eine Karte auf, die den Abguss eines Skelettes von Iguanodon bernissartensis aus Bernissart in Belgien zeigt.

 

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Abb. 6: Iguanodonten werden in vielen Museen präsentiert. Mit Ausnahme der Iguanodonten-Gruppe in Brüssel sieht man jedoch meist nur Repliken. Auch auf dieser alten Postkarte (zirka 1920er/1930er-Jahre) aus dem Naturkundlichen Museum von La Plata (Argentinien) ist die Nachbildung eines Brüsseler Exemplars zu sehen.

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Abb. 7: Diese Ansichtskarte aus dem Jahr 1913 zeigt den Gipsabdruck eines Iguanodonten. Der Abguss kam 1901 in das Roemer-Museum (heute: Roemer- und Pelizaeus Museum) in Hildesheim. Leider fiel er dort den Zerstörungen des 2. Weltkriegs zum Opfer und ist nicht mehr erhalten.
Es ist nicht ganz klar, welcher Iguanodon bernissartensis als Vorlage für die Kopie diente. Es ist aber davon auszugehen, dass es ein Exemplar der 1877 bzw. 1878 in Belgien entdeckten Iguanodonten war, da 1913 noch keine anderen nahezu vollständigen Iguanodonten-Skelette bekannt waren.

 

 

Kurt Niedziolka für Steinkern.de

 

 

Autorenporträt


Dr. Kurt Niedziolka, Jahrgang 1952, studierte Geologie in Bochum. Damals begann auch seine Leidenschaft des Fossiliensammelns (Kreide, mit Schwerpunkt Seeigel). Es erfolgte ein Wechsel in die Ingenieurgeologie. Diese Tätigkeit hat er trotz Erreichens des Rentenalters beibehalten, da er seinen Beruf mit Leidenschaft ausführt. Das Sammeln historischer Ansichtskarten bereitet ihm ähnlich viel Freude, wie das Sammeln von Fossilien.