Nordrhein-Westfalen
Mikrofossilien aus einem Bonebed der Sublaevigatus-Zone des Oberen Muschelkalks (Trias) vom Bremerberg (Kreis Höxter, Ostwestfalen)
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- Kategorie: Nordrhein-Westfalen
- Veröffentlicht: Dienstag, 13. April 2021 16:11
- Geschrieben von Michael Henz, Axel Niggeloh & Sönke Simonsen
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In Heft 40 der Steinkern-Zeitschrift beschrieben die Autoren "Funde aus einem Bonebed der Sublaevigatus-Zone des Oberen Muschelkalks (Trias) von Bremerberg (Kreis Höxter, Ostwestfalen)". Es handelte sich bei den im Artikel abgebildeten Fossilien überwiegend um kleine Makrofossilien und Mesofossilien, hauptsächlich waren Zähne von Haien vertreten, wie man sie beckenweit in ähnlicher Konstellation in Bonebeds finden kann. Der Artikel eignet sich hierdurch als Bestimmungshilfe für eigene Funde von Muschelkalk-Zähnen aus dem Germanischen Triasbecken.
Parallel zum Verfassen des Heftartikels begann einer der Autoren (M. H.) mit der Untersuchung von Proben aus dem Bonebed von Bremerberg im Hinblick auf die darin enthaltene Klein-und Mikrofauna. Die Auswertung der Proben konnte kürzlich abgeschlossen werden. Die Ergebnisse sollen hier nachgereicht werden.
Es wurden folgende Fossilien gefunden:
Zähne und Schuppen von Actinopterygii, Schuppen und Zähne von Selachiern, Reste von Crustacea, Koprolithen, Brachiopoden, Reste von Conodonten und Knochenfragmente.
Die Mehrzahl der ausgelesenen Funde waren Actinopterygii-Zähne und -Schuppen. Eine genaue Zuordnung ist nur unter Vorbehalt möglich. Im Allgemeinen sind Mikrofossilien in Bonebeds oft nicht besonders gut erhalten, da sie meist durch Abrollen infolge von Wasserbewegung beschädigt worden sind. Bei einzelnen gut erhaltenen Schuppen und Zähnen konnte eine Artzuordnung durchgeführt werden.
Die Aufbereitung der Probe erfolgte mit 8%-iger Ameisensäure in mehreren Durchgängen. Das gelöste Material wurde durch drei Siebe mit den Maschenweiten 0,7 mm, 0,5 mm und 0,088 mm ausgesiebt, wobei die 0,088mm-Fraktion die meisten Fossilien enthielt.
Actinopterygii
Colobodus sp.
Colobodus hatte spitze Zähne auf dem Kieferrand und kugelige Pflasterzähne auf den innen liegenden Gaumenplatten von Ober- und Unterkiefer. Die Pflasterzähne sind an einer kleinen Warze auf der Zahnspitze und gerieftem Schmelz des Zahnhalses gut zu erkennen.
Die Schuppen von Colobodus weisen eine grobe Schmelzfaltung auf. Je nach Lage am Körper sind meist große Schuppen mit starkem Ganoinbelag zu erkennen, die vom Unter- zum Oberrand von 6-7 kräftigen Rippen durchzogen werden. Bei gut erhaltenen Stücken ist meist ein dornenartiger Stachel zu erkennen.
Abb. 1: Kieferbruchstück von Colobodus sp.
Abb. 2: Zahnleiste von cf. Colobodus sp.
Abb. 3: Zahn von Colobodus sp.
Abb. 4: Zahn von Colobodus sp.
Abb. 5: Schuppe von Colobodus sp.
Gyrolepis sp.
Die Zähne von Gyrolepis sind konisch, länglich und gerade oder leicht gebogen. Der Querschnitt ist rund, die Krone macht fast 25 % der gesamten Zahnhöhe aus. Ihr Querschnitt ist leicht oval oder gerundet. Die Spitze der Krone ist deutlich durchscheinend, der Zahnhals ist glatt oder zeigt schwache Längsstreifen. Die Schuppen tragen zahlreiche vom Ober- zum Unterrand verlaufende Ganoinrippen, die sich verzweigen, wieder zusammenlaufen und sich verlieren. Neue Rippen beginnen in der Mitte der Schuppe und laufen zum Teil vor dem Hinterrand aus oder sie setzen sich in den Zähnen des Hinterrandes fort. Es gibt auch glatte Schuppen, die keinerlei Verzierungen aufweisen. Je nach Lage am Körper des Fisches sind sie unterschiedlich geformt. Ein rhombisches Muster weist auf Gyrolepis hin.
Abb. 6: Zahn von Gyrolepis sp.
Abb. 7: Zahn von Gyrolepis sp.
Abb. 8: Zahn von Gyrolepis sp.
Abb. 9: Zahn von Gyrolepis sp.
Abb. 10: Außen- und Innenseite einer Schuppe von Gyrolepis sp.
Abb. 11: Schuppe von Gyrolepis sp.
Abb. 12: Schuppe von Gyrolepis sp.
Abb. 13: Schuppe von Gyrolepis sp.
Abb. 14: Nicht näher bestimmte Actinopterygii-Schuppe.
Saurichthys sp.
Zähne von Saurichthys sind schlank und spitz, der Zahnhals ist länglich gestreift, die Spitze erscheint abgesetzt und zeigt meist zwei scharfe Längskanten.
Abb. 15: Zahn von Saurichthys sp.
Birgeria sp.
Die Zähne von Birgeria ähneln in Form und Aussehen jenen Saurichthys. Der Zahnhals ist längsgestreift, die Spitze abgesetzt. Anders als bei Saurichthys setzen sich bei Birgeria die Längsstreifen an der Zahnspitze fort.
Abb. 16: Zahn von Birgeria sp.
Selachier
Ein kleiner Zahn von Parhybodus plicatilis fand sich beim Schlämmen in der 0,7 mm-Fraktion. Die Erfahrung zeigt, dass in aufgelöstem Material größere Zähne von Selachiern eher selten sind – diese findet man dann doch eher im Gelände.
Abb. 17: Zahn von Parhybodus plicatilis.
Placoidschuppen
Placoidschuppen sind Schuppen von Knorpelfischen, wie z. B. Haien. Die Zuordnung einzelner Schuppen zu bestimmten Gattungen ist sehr schwierig, da nur wenige komplette Fossilien von Selachiern aus der Trias überliefert sind. Je nach Position der Schuppen am Körper des Tieres gibt es zudem viele unterschiedliche Formen.
Abb. 18: Placoidschuppe.
Abb. 19: Placoidschuppe.
Abb. 20: Placoidschuppe.
Die Krone ist schaufelförmig. Sie verbreitert sich von vorne nach hinten und ist bogenförmig abgerundet. Die Kronenoberfläche ist horizontal leicht wellig nach vorne in den Stiel abgebogen. Der Stiel ist schmal mit angedeutetem mittigem Kiel; die Basis ist rautenförmig und glatt.
Abb. 21: Placoidschuppe.
Der Kronenumriss ist dreiseitig lanzenförmig gewölbt, nach vorne abgeflacht und nach hinten schräg aufgewölbt. Am Vorderrand ist der Hauptkiel mittig aufgewölbt und spitz auslaufend. Kronenseitig ist er auf beiden Seiten schräg nach hinten aufgewölbt. Der Stiel ist kurz und gedrungen mit kräftigem mittlerem Kiel, der von der Kronenunterseite zu Basis verläuft.
Abb. 22: Placoidschuppe.
Lingularia sp.
In der Probe waren auch Schalenreste von inartikulaten Brachiopoden erhalten, die zur Gattung Lingularia gestellt werden können.
Abb. 23: Lingularia sp.
Koprolithen
Koprolithen traten häufig auf. Das Formenspektrum reichte von länglich oder oval bis rund.
Abb. 24: Koprolith.
Abb. 25: Koprolith.
Crustacea
Von Krebstieren (Crustacea) fanden sich kleine Bruchstücke. Meist sind es astähnliche Gebilde mit dornenartigen runden Ansätzen oder siebähnliche Plättchen.
Abb. 26: Crustacea-Rest.
Conodonten
Conodonten (Kieferelemete ausgestorbener Wirbeltier-Verwandter) finden sich im mo3 (Teilabschnitt des Oberen Muschelkalks) nur selten. Bei der Aufbereitung der Probe wurden zwei Reste gefunden, die allerdings nicht genau bestimmt werden konnten.
Abb. 27: Conodont.
Unbestimmtes bzw. Unbestimmbares
Abb. 28: Unbestimmbarer Knochenrest.
Abb. 29: Flossenstrahlglied von Coelocanthiformes (Quastenflosser).
Die Flossenstrahlen von Quastenflossern tragen auf ihren Flanken in Längsrichtung angeordnete Stacheln. Die Strahlen bestehen aus einer rechten und einer linken Hälfte und sind im körperferneren Bereich segmentiert. Nach dem Tod der Tiere zerfallen sie. Die charakteristischen, sehr kleinen bestachelten Glieder sind ein Hinweis auf Quastenflosser.
Die Autoren danken den Teilnehmern der Diskussion zu diesem Artikel im Steinkern-Forum für die Bestimmung des zuvor als „Problematikum“ vorgestellten Fundstücks (Abb. 29).
Fotos und Sammlung: Michael Henz
Literatur
Chrzastek, A. (2008): Vertebrate remains from the Lower Muschelkalk of Raciborowice Gorne (North-Sudetic Basian, SW Polen), in: Geol. Quart., 52 (3), Warschau.
Dames, W. (1877): Die Ganoiden des deutschen Muschelkalks, Paläontologische Abhandlungen, herausgegeben von W. Dames und E. Kayser, Band 4, Heft 2, Berlin.
Johns, M. J., Barnes, C. R. & Orchard, M. J. (1997): Taxonomy and Biostratigraphy of Middle and Late Triassic elasmobranch Ichthyoliths from northeastern British Columbia, Geological Survey of Canada, Bulletin 502.
Kozur, G. & Mostler, H. (1972): Die Conodonten der Trias und ihr stratigraphischer Wert, I. Die "Zahnreihen-Conodonten" der Mittel- und Obertrias, Abh. Geol. B-A, Band 28, Wien.
Niggeloh, A., Henz, M. & Simonsen, S. (2020): Funde aus einem Bonebed der Sublaevigatus-Zone des Oberen Muschelkalks (Trias) von Bremerberg (Kreis Höxter, Ostwestfalen), in: Der Steinkern, Heft 40, S. S. 18–37.
Oertle, G.F. (1928): Das Vorkommen von Fischen in der Trias Württembergs, Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Beilage-Bände (B).
Wilczewski, N. (1967): Mikropaläontologische Untersuchungen im Muschelkalk Unterfrankens, Dissertation, Würzburg.
Wissing, F.-N. & Herrig, E. (1999): Arbeitstechniken der Mikropaläontologie, Eine Einführung, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart.
Diskussion, Anmerkungen und Fragen zum Bericht im Steinkern.de Forum:
https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&t=32271&p=293431
Der 1. Teil des Artikels über die im Gelände gesammelte Makrofauna erschien in Heft 40 unserer Zeitschrift: