Großbritannien

Exkursion nach SOUTH ENGLAND/ Teil 1: Highcliffe

Hallo Steinkerner,

in den vergangenen Jahren waren wir schon zweimal zur Isle of Wight (IOW) gefahren. Die Aufschlüsse und die Funde möchten wir Euch gern in mehreren Berichten vorstellen.

Wir beginnen mit der „Vorexkursion“ auf dem Festland. Die Berichte über die Insel selbst werden dann gesondert folgen.

Unsere Fahrten fanden im Frühjahr statt, was mit mehreren Vorteilen verbunden war:

Außerhalb der Saison konnten mit dem Hotel sehr günstige Konditionen ausgehandelt werden.
Die ansonsten von den Touristen massenhaft heimgesuchte Insel war so früh im Jahre verhältnismäßig wenig frequentiert.
Und das geradezu mediterrane Klima war für den Sammler recht angenehm.


Ebenso angenehm war für uns die Reise. Damals ging noch eine Fährverbindung direkt von Hamburg und später von Cuxhaven nach Harwich. Also: nachmittags auf die Fähre, die Seefahrt genießen. Morgens mit einer „Cup of tea“ geweckt werden und nach einem „Full English Breakfast“ langsam zum Ausschiffen vorbereiten.

Dann die ersten Minuten mit Herzklopfen bei Linksverkehr auf die Autobahn zusteuern und nach einigen Stunden im vorgebuchten "Bed and Breakfast" auf dem Festland ankommen.

Das war ein schöner Urlaubsbeginn.

Die ersten beiden Tage machten wir Station in Highcliffe on Sea, um danach zu unserem eigentlichen Ziel, der IOW, weiterzufahren.

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Bild 00: Der Fundpunkt ist rot gekennzeichnet. Die Karte stammt von Openstreetmaps.org.

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Bild 01: Blick über die Küste auf den Solent. Im Hintergrund ist schemenhaft die Isle of Wight zu erkennen.


Vom Strand aus kann man über den Solent hinweg den Nordwestzipfel der IOW mit den Needles sehen; in etwa 12 km Luftlinie.
Wir haben also, soweit es die Gezeiten zuließen, am Strand von Highcliffe bei herrlichem Sonnenwetter gesammelt. Auch hier ist es oft so, dass die Ebbe den Sonnenschein bringt.

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Bild 02: Vorsicht, gefährlicher Schlamm. Fast jedes Jahr kommt es zu Abbrüchen der Küste. Die dort gebauten Häuser haben keine lange Lebenserwartung.


Die eozänen Schichten (Barton Beds) sind meist von pleistozänem Kies bedeckt. Man findet dort Muscheln und Schnecken sowie Haizähne.

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Bild 03: Frisch aus der Wand geborgen. Eine  Schnecke „Clavilithes sp.“



Zum Bedauern der Ortsansässigen werden die lehmigen Klippen von Jahr zu Jahr immer mehr weggespült. Für den Sammler ist das natürlich nicht so bedauerlich.


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Bild 04: Hier hat ein unvorsichtiger Sammler seine Gummistiefel opfern müssen.

DESHALB:  NIE ALLEIN GEHEN !!!!!!!



Das Terrain ist schlammig und an einigen Stellen sehr gefährlich. Immer wieder finden sich Zeugen dramatischer Ereignisse, wie hier das unfreiwillige verlassene Paar von Gummistiefeln im Schlamm.

Deshalb einige gutgemeinte Ratschläge für das Sammeln an den neuralgischen Stellen in den höheren Bereichen:

  • Nie allein dorthin gehen; immer einen „Aufpasser/Retter“ mitnehmen.
  • Für die schlammigen Bereiche ist eine Gartenschaufel mit Teleskopstiel sehr hilfreich. Damit kann man aus sicherem Stand auch die Fossilien bergen, die im weichen Lehm liegen. (Der Stiel kann problemlos auf zwei Meter verlängert werden).     
  • Zwei kleine Fußbretter von 20 x 30 cm Fläche sind wunderbar für Rettungsaktionen geeignet. Diese dürfen aber nicht glatt sein.
  • Herausbuddeltechnik: Wenn beide Stiefel im Schlamm stecken, dann den einen Fuß aus dem Stiefel ziehen und auf das Brett setzen. Dann den ersten Stiefel herausziehen und anziehen. Gleiches mit dem anderen Fuß. Das hört sich sehr lustig an, aber wir hatten das einmal real praktiziert, und das hat uns einen schönen Sammeltag gerettet.

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Bild 05: Die Küste bei ablaufendem Wasser. Zwischen den Kieselsteinen finden sich die Haizähne. Auch auf der Sandbank nahe dem Hafen kann man gut absammeln.


Wenn die Ebbe kommt, kann man im Spülsaum zwischen dem Kies nach Haizähnen suchen. Eine wunderbare Fundstelle war eine kleine Sandbank in direkter Nähe zum Parkplatz. Dort konnten wir mit der Schaufelspitze einen Haizahn nach dem anderen aufsammeln, ohne uns bücken zu müssen.

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Bild 06: Haizahn Vorder- und Rückseite / Striatolamia macrota (AGASSIZ 1838) /

CollNr.  1112  / Höhe 28 mm




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Bild 07: Haizahn Vorder- und Rückseite / Carcharias cf. cuspidatus (AGASSIZ, 1844) / CollNr.  1113 / Höhe 20 mm


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08: Haizahn Vorder- und Rückseite / ? Synodontaspis   /
CollNr.  1114 / Höhe 22 mm



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Bild 09: Haizähne / Striatolamia macrota (AGASSIZ 1838) /
CollNr.  2030  / Breite der Schachtel 8 cm



Nach dem geologischen Führer kommen über 600 Arten von Mollusken in dieser Formation vor und „ein leidenschaftlicher Sammler sollte in der Lage sein , mindestens 100 ohne größere Schwierigkeiten zu finden“. Das war uns aber nicht vergönnt; aber wir haben immerhin über 30 verschiedene Arten gefunden.

Leider aber nicht die riesengroßen Exemplare von Hippochrenes amplus oder Clavilithes longaevus.



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Bild 10: / Tornatellaea simulata/ CollNr.  1122 / 18 mm



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Bild 11: Turritella sp. / CollNr.  1128 / größte Länge 4 cm / kommen sehr häufig vor



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Bild 12: Rimella rimosa  (Solander)/ CollNr.  1990 / 2 cm



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Bild 13: Xenophora schroeterie (GMELIN)/ CollNr.  1993 / 15 mm



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Bild 14: Fusinus porrectus (SOLANDER); früher: Fusus porrectus /
CollNr.  2004/ 4 cm




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Bild 15: Athleta athleta / CollNr.  1127/Breite 25 bzw. 30 mm /
Die von oben fotografierten Exemplare sind leider nur fragmentarisch erhalten.




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Bild 16: Volutospina luctator (SOLANDER); früher ATHLETA / CollNr. 1983/ 6 cm, von der Seite vollständig



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Bild 17: Sycostoma pyrus / CollNr.  1177/ Bildbreite 11 cm



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Bild 18: Typhis pungens / CollNr. 1999 / 12 mm



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Bild 19: Barbatia appendiculata / CollNr.  1117/ 4 cm / dasselbe Exemplar innen und außen



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Bild 20: Crassatella sulcata / CollNr.  1121 / Bildbreite 6 cm / sehr häufig vorkommend



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Bild 21: Dentalien in der Schachtel fotografiert; roter Schaumstoff / CollNr.  1119 / 4 cm




Aber wir waren ja noch am Beginn unserer Exkursion; die Fossilien der IOW warteten noch auf uns. Darüber werden wir bald noch berichten.

Wer an der Stratigraphie des Bartonium interessiert ist, dem sind die Ausführungen von GRAVESEN  (1998 und 2004) zu empfehlen.

Die Fossilien sind weitgehend nach der wunderbaren Homepage von Alan Morton bestimmt worden. Soweit wir dabei nicht immer einen Volltreffer gelandet haben, bitten wir um Nachricht.

Mit den besten Sammlergrüßen
Karsten & Solveig



Quellen:

A Collection of Eocene and Oligocene Fossils ; compiled by Alan Morton
http://www.dmap.co.uk/fossils/collectn.htm

West, Ian. 2010. Barton and Highcliffe, Eocene Strata:
http://www.soton.ac.uk/~imw/barton.htm

GRAVESEN, Palle (1998): Das Bartonium- Sedimente und Fossilien, FOSSILIEN 2+3/98

GRAVESEN, Palle (2004): Barton: Neues zur Stratigraphie, FOSSILIEN 2/04