Dänemark

Fossilien vom Limfjord / Teil 8 Die spektakuläre Bergung eines Riesentarpuns aus dem Moler von Mors

Über die Meeresschildkröte von Henrik Madsen, dem Leiter des Molermuseeums Mors, haben wir im Juli auf der Steinkern-Homepage schon berichtet.

Nun möchten wir in Absprache mit Henrik über einen anderen Fund berichten. Wir geben hier in einer Zusammenfassung seinen Fotobericht vom „Vestjysk Stenklub - for amatörgeologer“ wieder. Wir haben ihn teils verkürzt, teils auch mit weiteren Informationen versehen.

Die Fotos stammen von Henrik, seiner Tochter Maja Madsen (Schülerin) und das Bild 23 von Karsten Witteck.
Wer die dänische Originalfassung ansehen möchte: http://www.vestjyskstenklub.dk/nyheder/tarpon/tarpon01.html


In unserem Bericht steht nicht der einzigartige fossile Tarpun, sondern dessen spektakuläre Bergung im Vordergrund:

 

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Bild 1: Modell eines rezenten Tarpuns

Der rezente männliche Tarpun wird bis zu 1,2 Meter lang, der weibliche sogar bis zu 2,5 Meter. Erstaunlich ist, daß der Tarpun trotz seiner Größe winzige Zähne von etwa 0,8 mm hat.
Er wird heute gern von Sportfischern in Florida geangelt.
 

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Bild 2:

Der fossile Tarpun (in dänisch: Tarpon) wird in das untere Eozän  gestellt und ist 54 Mio. Jahre alt. Er wurde in der Grube Lynghoj, schräg gegenüber dem Molermuseum, im Jahre 2003 von Bent Söe Mikkelsen, dem Gründer des Molermuseums und Henrik Madsen, dem heutigen Leiter, geborgen. Das Fossil hat die gewaltige Länge von 108 cm ( im Vergleich: unsere „große“ Makrele ist stolze 25 cm lang). Der Fisch ist nahezu komplett, und erstklassig detailliert körperlich erhalten. Nach dem Gutachten des Fischexperten der Kopenhagener Universität, Nils Bonde, ist dieser Tarpun eindeutig der bedeutendste, jemals in Dänemark gefundene fossile Fisch.
 

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Bild 3:

Es begann ganz harmlos:

Der erste Teil des Tarpuns, das Mittelstück,  (heller Block mit Schuppen im Vordergrund) wurde etwa 4 Meter vom Ursprungsort entfernt in einem ausgebaggerten Zementstein gefunden. Die charakteristen gespaltenen großen Schuppen deuteten gleich auf einen Tarpun hin.

Für das Foto wurde dieser Block an die Stelle zurückgelegt , wo ein großer Rückenwirbel aus der massiven, 8 Meter hohen Wand herausragte. Der Block mit diesem Rückenwirbel (links im Bild) liegt in der Schicht zwischen den Aschelagen +26 und +27. Diese Schicht passt genau zu der Schicht im ausgebaggerten Zementstein. Der Anschlussteil des Fisches ist also gefunden worden.

Danach ging es Schlag auf Schlag, nach dem Motto: „Nur in einem großen Stein ist ein großes Fossil“.
 

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Bild 4:

Bevor dieser Block nun ausgegraben werden kann, verschafft sich Henrik einen Überblick über die voraussichtliche Lage des darin enthaltenen Fischteils. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob darin der Schädel oder das Schwanzstück verborgen ist.
Außerdem musste zunächst die  Bruchkante geschützt werden, damit es bei der späteren Präparation und beim Zusammenfügen keine unnötigen Lücken gibt. Dafür wurde Bauschaum verwendet. Der Stein musste aber vorher mit Folie abgedeckt werden, damit der Bauschaum keine klebrige Verbindung mit dem Fossil eingeht.

 

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Bild 5:

Die Arbeit des ersten Tages für die Sicherung von Stein und Fossil ist geschafft. Wie auf dem Foto zu sehen ist, muss unter einer senkrechten Wand von 8 Metern gearbeitet werden. (Ein Wikinger kennt keine Furcht !!)

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Bild 6:

Wenn also Mitte und Ende des Fisches ( entweder Schädel oder Schwanz) gefunden sind, wo ist dann der Rest? Der  befindet sich zwischen 250 bis 300 Tonnen Gestein, das der Bagger inzwischen auf die riesige Abraumhalde geschafft hat. Also musste die Suche zunächst von der 8 Meter tiefen Grubensohle auf den 10 Meter hohen Abraumberg verlegt werden.

Nach drei Tagen wurde hier ein Zementstein mit einem Teil des Schädels gefunden. Nun war klar, dass sich im Zementsteinblock einige Stockwerke tiefer in der Grube nur noch der Schwanzteil befinden konnte.

 

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Bild 7:

Beharrlichkeit und Optimismus sind die Tugenden der  Inselbewohner von Mors. Also wurde Stunde um Stunde, Tag um Tag die Abraumhalde umgegraben, um nach den restlichen Fischteilen zu suchen. Der erste Tag brachte kein Resultat, obwohl einige Tonnen Gestein durchgekämmt wurden. Aber Morgen ist auch noch ein Tag.    

 

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Bild 8:

Jetzt wurde aber zu einer gröberen Schaufel gegriffen: Grabemeister Jörgen Aggerholm schob in 4 Stunden Arbeit etwa 80 Tonnen Gestein zur Seite. Um die Fundstelle des ersten Schädelteils herum wurden die Steine zur Seite geschoben.

 

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Bild 9:

Jeder Stein wurde gedreht und gewendet (rückenschonend mit der Gartenharke), während der Radlader immer neues Material nachschob. Um besser sehen zu können, wurden die Steine mit einer großen Wasserpistole aus dem Kinderzimmer nassgespritzt.

 

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Bild 10:

Und endlich wurde die Hoffnung erfüllt: Bent Söe fand ein weiteres Stück Schädelknochen im Zementstein. Der passte perfekt zu dem anderen Stück.
 

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Bild 11:

Nachdem nun Mittelstück und Schädel gefunden waren, ging es zurück zur anderen Baustelle, wo der Stein mit dem großen Schwanzstück (hoffentlich) noch freizulegen war. Mehrere Tage schweißtreibende Arbeit mit Hacke, Schaufel und Geologenhammer.  Um den Block herum wurden mit dem Bagger einige Tonnen Moler entfernt. Die brüchigen Kanten sind zur Stabilisierung mit Gips umhüllt worden.

 

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Bild 12:

Auf diesem Foto ist der „Tatort“ in seiner Gewaltigkeit zu bestaunen. In der linken unteren Ecke liegt der Block. Auf dem Foto ist deutlich zu erkennen, dass die gesamte 8 Meter hohe Wand über dem Block in einer Breite von 6 Metern mit Bagger und Menschenhand abgebaut wurde; insgesamt etwa 50 Tonnen !!

 

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Bild 13:

Der Block ist hier von hinten aus dem Gestein gelöst worden; von unten sitzt er noch fest.
Wenn man ihn nun bereits vor Ort weiter zerlegen würde, könnte man den kleinen Teil mit dem Fossil wegen der Brüchigkeit nie wieder perfekt zusammenfügen. Darum musste der Block in der Grube so klein wie möglich formatiert werden, ohne Teile des Fossils zu beschädigen. Diese Diadochenarbeit war also unbedingt nötig.
An Dicke und Abstand der schwarzen Aschestreifen kann Henrick mit geübtem Auge die genaue Schicht erkennen (+26 und +27).
Und dann musste der Fund in einem Stück aus der Grube gebracht werden.

 

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Bild 14:

Stahlmatten wurden auf Maß geschnitten, um den Block gelegt und mit kräftigem Draht verbunden. Dieses Skelett war schon erforderlich, denn der Block wog immer noch 2 Tonnen. Schließlich wurde der Käfig um den Block herum mit 34 Dosen Bauschaum ausgeschäumt.


 

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Bild 15:

Nun ist der Block klar zur Bergung.
Es sieht gefährlicher aus, als es ist, weil die Wand über Henrik inzwischen schräg weggebaggert ist und hauptsächlich aus weichem Moler und Vulkanasche besteht. 

 

 

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Bild 16:

Endlich hat der Block festen Boden unter den Füssen.


 

 

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Bild 17:

Und weil er so schön ist: noch einmal der Tarpun in seiner ganzen Größe.
Der Schwanzteil stammt aus dem riesigen Block aus dem untersten Teil der Grube. Dann folgt das  zuerst gefundene Mittelteil und schließlich zusammengefügt die beiden, aus der Abraumhalde geborgenen, Schädelteile.
Nach der Bergung des fast kompletten Fisches wurde er im „Bevaringscenter Skive“ von den Präparatoren Frank Osbaeck und Anne Söbjörn in mehrmonatiger Arbeit (2.000 Arbeitsstunden) hervorragend herauspräpariert.
Er kann seit 2007 im Molermuseum Mors bewundert werden.

 

 

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Bild 18:

Detailaufnahme des Oberkieferknochens. Von den mehreren Hundert winzigen Zähnchen sind hier einige Dutzend zu sehen. Sie sind je nur etwa 0,8 mm lang. Auch die Alveolen, in denen die Zähnchen steckten, sind zu erkennen.

 

 

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Bild 19:

Detailaufnahme der Kiemen
 

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Bild 20:

Die imponierende Schwanzflosse ist perfekt erhalten und perfekt präpariert.

 

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Bild 21:

Detailaufnahme der Schwanzflosse mit Strahlen und Schuppenkleid



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Bild 22:

Von links: Museumsleiter Henrik Madsen, Gründer des Museums Bent Söe Mikkelsen, Präparator Frank Osbaeck


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Bild 23:

Seit 2008 ist die Molergrube Lynghöj eine klassische Fundstelle. Dort, wo wir jahrelang die schönsten Fossilien gefunden haben, baut nun der Landwirt Getreide an.
Das ist leider der Lauf der Welt.


Mit den besten Sammlergrüssen
og ha´ en god dag

Karsten & Solveig