Dänemark

Stevns Klint (Insel Seeland / Dänemark) – Neuigkeiten von einem Besuch im August 2020

Der Verfasser berichtet nach einem neuerlichen Urlaubsbesuch von Stevns Klint auf der Insel Seeland in Dänemark über die derzeitige Situation, um Interessierten, die diese Region besuchen wollen, einen aktuellen Einblick und eine Entscheidungshilfe für einen eigenen Besuch zu geben.

Nach den Besuchen in 2004 und 2015 (Bericht siehe: Stevns Klint / Insel Seeland / Dänemark - Fossilien und viel Natur), buchten wir diesmal im August ein ausgesprochen schönes Ferienhaus direkt am Strand von Rødvig. Der Ort eignet sich hervorragend als Ausgangsbasis für Unternehmungen jeglicher Art am Stevns Klint und da auch das Wetter hervorragend mitspielte, waren wir hochmotiviert.
Wer einen Campingplatz bevorzugt, dem sei der wunderbare Platz auf der Halbinsel Feddet in der südwestlichen Faxebucht empfohlen.

In diesem Update werde ich über die Lokalitäten in dieser Reihenfolge berichten:
Faxe-Bruch, Faxe Ladeplads, Vemmetofte, Rødvig, Boesdal, Højerup, Mandehoved und Holtug.

 

Faxe-Bruch:
Der nach wie vor beeindruckende und unbedingt besuchenswerte Tagebau versetzte uns wegen seiner (seit 2015) massiven Erweiterung nach Norden in Erstaunen. Quasi der gesamte Bereich links der Zugangsrampe (alter Zugang mit kostenlosem Parkplatz) war weggebaggert. Die ehemalige Auffahrtrampe für die LKW war verschwunden und der gesamte aktive Bereich weit nach Norden gerückt, um aktuell einen Schwenk nach Osten zu vollführen. Bei der Untersuchung des noch vorhandenen Materials an den alten Klopfplätzen stellte sich sehr schnell heraus, dass man zwar noch jede Menge Korallen finden kann, die Blöcke aber nicht nur recht kompakt waren, sondern auch sonst kaum nennenswerte Fossilien enthielten. Auch bei einem 2. Besuch wenige Tage später und durch eine Prospektion in anderen Bruchbereichen änderte sich daran nichts. Wir kannten das aus der Vergangenheit anders, da kamen die Funde von Krabben-Carapaces, Gastropoden, Bivalven oder auch mal ein Haizahn fast Schlag auf Schlag. Diesmal scheint ein fossilärmerer Riffbereich freigelegt worden zu sein. Vielleicht sind aber auch von uns nicht besuchte Bruch-Areale ergiebiger – wie auch immer, der Fossilgehalt kann sich aber durchaus in Zukunft in den neueren Abschnitten wieder zu mehr Diversität verändern.
Bei hochsommerlichen Temperaturen im Bruch tut eine Abkühlung im hinteren azurblauen See besonders gut und es hat etwas von Karibikflair. Also rein ins Wasser und einfach genießen!

 

1

 

2

Abb. 1-2: Blick in den Faxe-Tagebau nach Nordosten und Südosten, vom Rand aus am Weg nach unten, gleich nach dem kostenlosen Parkplatz am Stationsvej.

 

3

Abb. 3: Blick nach Norden, auf der Sohle wurden seit 2015 bis zum Hintergrund gewaltige Materialmengen bewegt. Aktuell vollführt der Abbau einen Schwenk nach Osten.

 

4

Abb. 4: Die Schnecke Leptomaria niloticiformis gehört zu den typischen Fossilien, die man hier normalerweise öfter finden kann.

 

5kl

Abb. 5: Ebenso die Carapaces der Krabbe Dromiopsis rugosa. Hier ein Carapax in Kombination mit Leptomaria niloticiformis und Korallen.

 

6

 

7

Abb. 6-7: Karibik-Feeling im kristallklaren Wasser der azurblauen Seen. Hier der See im nordöstlichen Bereich, der von Einheimischen und Touristen gern zum Baden genutzt wird. Es ist sogar ein Rettungsring vorhanden.

 

Faxe-Ladeplads:
Am Strand im Hochufer-Bereich kann weiterhin nach Geschiebefossilien gesucht werden.
Auch Baden ist gut möglich, wenngleich einige Strandabschnitte durch verrottende Algen etwas „anrüchig“ waren.

 

Vemmetofte-Strand:
Baden ist auch hier sehr gut möglich (besonders auch für die Kids), auch gibt es ein Strandrestaurant mit eher etwas gehobener Gastronomie, unweit davon den bekannten und beliebten Campingplatz mit weiteren Einkehrmöglichkeiten.

 

Rødvig:
Der Ort mausert sich weiterhin zum beliebten Touristenort. Dennoch geht es eher beschaulich zu. Einige Restaurants hatten seit unserem letzten Besuch Veränderungen erfahren, die Tourist-Info ist jetzt nicht mehr auf der kleinen Anhöhe rechts der Hauptstraße am Hafen zu finden gewesen, sondern in einer Hütte direkt am Hafen. Das neue Personal gibt genau so freundlich Auskunft, wie die früheren Mitarbeiter. Der Supermarkt ist noch an Ort und Stelle und das Eiscafé am Hafen sehr beliebt. Besonders zu erwähnen ist noch, dass man seitens der Kommune einen kostenlosen Shuttlebus entlang des gesamten Stevns Klint eingerichtet hat, der Touristen auf Zuwinken mitnimmt. Es gibt keine Haltestellen! Winken genügt und der Bus hält an. Einen Fahrplan mit den Anfahrorten erhält man kostenlos in der Touristeninformation. Übrigens kann man sich mit Englisch überall gut verständigen.

8

Abb. 8: Am Flintofen, dem Wahrzeichen Rødvigs, trifft man sich gern (kostenloser Parkplatz).

Boesdal:
Hier dominieren vor allem der alte Kridbrud (Kreidebruch) mit seiner markanten „Pyramide“ und das in der Nähe gelegene Koldkrigsmuseum das touristische Geschehen. Im Koldkrigsmuseum finden gelegentlich Veranstaltungen statt und wer will und das Geld dafür ausgeben möchte, kann auch die wohl recht imposanten Bunkeranlagen mit Führung besichtigen.
Ansonsten empfiehlt sich unbedingt die Wanderung Rødvig-Boesdal und auch ein Besuch des Strands von Boesdal. Während der Wanderung oder auch direkt bei der Suche nach Fossilien hat man genug Gelegenheit loses Blockmaterial am Strand zu untersuchen, welches aus dem Bereich rund um die K/T-Grenze ausreichend vorhanden ist. Klopfen an den Wänden verbietet sich allerdings, denn seit 2014 ist die Küste des Stevns Klint als Weltnaturerbe der UNESCO ausgewiesen. Wie gesagt, es gibt genügend loses Material am Strand. Hier ist Klopfen im Lockermaterial durchaus möglich. Bei genügend Zeit, Ausdauer und Glück kann man eine schöne Belegsammlung rund um die K/T-Grenze aufsammeln.

 

9

Abb. 9: Der Verfasser an der K/T-Grenze zwischen Rødvig und Boesdal. Hier kann man problemlos an den Fischton gelangen (Hammerkopf und Hand des Verfassers). Zwar ist Klopfen an den Wänden nicht erlaubt, aber das Aufklopfen von Lockermaterial am Geröllstrand ist völlig unproblematisch. Foto vergrößern.

 

10

Abb. 10: Überall liegt genügend Material am Strand, welches nach Fossilien durchmustert werden kann. Hier bereits vorwiegend Abbruch-Material aus dem Dan. Aber auch andere Gerölle aus dem Untergrund (Oberkreide), die angeschwemmt wurden, sind immer fundhöffig.

 

11

Abb. 11: Hier verschwindet die Grenzschicht bereits unter den Strandgeröllen. Blick nach Boesdal im Hintergrund.

 

12

Abb. 12: Ab hier kann man wieder aufsteigen (Seil) und auf dem Trampesti zurück nach Rødvig wandern, was sehr angenehm ist, oder man bewegt sich weiter nach Boesdal und kann mit dem Shuttlebus zurückfahren.

 

13

Abb. 13: Die charakteristischen kugelförmigen Stacheln des Seeigels Tylocidaris abildgaardi aus dem Oberen Unterdanium kann man häufig lose oder auf den Blöcken am Strand finden. Ebenso solche von Tylocidaris oedumi aus dem Unteren Unterdanium.

 

14kl

Abb. 14: Typisches Handstück aus Bryozoenkalk, hier umgeben von Flint aus dem Danium. Foto vergrößern.

 

15

Abb. 15: Blick auf den Strand und einen Teil des alten Kridbrud von Boesdal von einer Anhöhe nahe dem Strand aus. Auch hier kann sich die Suche nach Fossilien lohnen.

 

Am Boesdaler Strand, direkt vor der „Pyramide“, waren auffallend viele größere Flintbrocken vorhanden, die reichlich mit Seeigeln gespickt waren. Die Präparation dürfte allerdings schwierig werden oder gar unmöglich sein. Auch Brocken aus dem Bryozoenkalk konnten nach Fossilien durchmustert werden.

 

16

Abb. 16: Am Strand finden sich zahlreiche große Flintbrocken, in denen relativ viele Fossilien eingeschlossen sind, besonders auch Seeigel, die aber kaum zu präparieren sein dürften.
Einen „Lucky Split“ zeigt das nächste Bild. Aber auch Material aus dem Danium ist in diesem Bereich gut zu finden.

 

17kl

Abb. 17: „Lucky Split“ eines kopfgroßen Feuersteins mit mehreren Seeigeln. Natürlich sollte man nicht einfach auf Feuerstein draufhauen, das kann ganz böse enden! Ich hatte mir vor den zwei Schlägen, die nötig waren, um das Stück zu spalten, eine starke Barriere aus Rucksack, Holz und starker Pappe aufgebaut sowie Handschuhe angezogen. Die Schläge erfolgten dann ohne direkten Sichtkontakt, quasi blind. Aber es hat sich gelohnt, denn es sind insgesamt 6 Seeigel in dem Stück! Foto vergrößern.

 

18kl

Abb. 18: Brachiopoden, wohl alle Terebratula fallax, aus dem Bryozoenkalk sind ebenfalls recht häufig zu finden. Foto vergrößern.

 

19

Abb. 19: Hier sieht man einen wunderbar mäandrierenden Kalkröhrenwurm (Serpulide) auf einem Brachiopoden neben Bryozoen.

 

Højerup:
Noch immer ist der kleine liebenswerte Ort ein Besuchermagnet und die Abbruchkante an der Gamle Kirke imposant wie eh und je. Rechts und links am Strand kann man das Profil der K/T-Grenze genießen und auch hochklettern, um direkt in die Nähe zu gelangen (Achtung: örtlich besteht Steinschlaggefahr!). Werkzeug ist unnötig, denn „Abbau“ geht gar nicht und ist verboten! Lesefunde können geborgen werden. Jegliches Werkzeug am Strand ist verboten!

 

20

Abb. 20: Der berühmte Abschnitt des Stevns Klint bei Højerup an der Gamle Kirke. Hier ist die Mitnahme von Werkzeug an die Steilküste und den Strand, sowie das Klopfen verboten!
(Weltnaturerbe-Titel seit 2014)

 

21

Abb. 21: K/T-Grenze am Stevns Klint bei Højerup rechts der Treppe. Man muss ein wenig klettern. Vorsicht ist geboten, es besteht Abrutsch- und Steinschlaggefahr!

 

An dieser Stelle ein Wort zu den Museen: Das einst nette Museum in Højerup, mit tollen Fossilien, ist verschwunden. Ebenso verhält es sich mit der in einen Findling eingelassenen Tafel des Weltnaturerbe-Titels!
Das für uns und sicher viele weitere Besucher so tolle Museum am Faxe-Bruch (Geo-Museum Faxe) hat sich mit neuem Konzept sehr verändert (eine Art Dino-Disneyland, hauptsächlich wohl für Kids konzipiert). Frei nach dem Motto: Mehr Kids mit Familien bringen mehr Einnahmen. Für uns Fossiliensammler eher suboptimal!
Wie ich erfuhr, wurde die ehemalige sehr schöne Fossilien-Ausstellung des Geo-Museums nun in dem ca. 10-15 Gehminuten entfernten Østsjællands Museum am Rådhusvej 2, südlich vom Geo-Museum in der Nähe der Bibliothek untergebracht. Dass dort nun auch die Fossilien von Højerups altem Museum untergebracht worden sein könnten, erscheint möglich, ist demVerfasser aber noch nicht bekannt.

 

Mandehoved:
Der OMYA-Bruch lässt wohl niemanden hinein – schade, schade!
Das kleine Naturcenter an der Radarstation war ebenfalls verschwunden, wird aber wohl in einem der Gebäude an der Zufahrtsstraße gerade neu eingerichtet.
Keinesfalls verpassen sollte man den spektakulären Aussichtspunkt mit Blick auf die bizarren Küstenabschnitte um Mandehoved. Man erreicht ihn über einen an der Radarstation vorbeiführenden Trampelpfad Richtung Meer. Doch hier ist Vorsicht geboten: an der Steilküste besteht Absturzgefahr! Wer sich dort, von einer anderen Stelle aus, an den Strand begibt, kann sicher tolle Funde machen, denn der Küstenabschnitt ist wenig frequentiert.

 

22kl

Abb. 22: Herrlicher Ausblick auf den Küsten-Abschnitt bei Mandehoved hinter der Radarstation.
Hier ist besondere Vorsicht geboten (Absturzgefahr!). Foto vergrößern.

 

 

Holtug:
Die guten alten Brüche Süd und Nord sind noch immer ein liebenswertes Sammelziel für jung und alt! Das herrliche Biotop (wenn auch leider im Moment ausgetrocknet, auf Grund der letzten Sommer) mit Sammelmöglichkeiten im Bruch und am Strand ist bestens für einen Familienausflug geeignet und uneingeschränkt begehbar. Der Strand lädt ein zum Picknick und wer sich von den Geröllen nicht stören lässt, der kann hier auch baden.

 

23

Abb. 23: Blick auf die Wand im Südbruch von Holtug. Noch immer werden hier Fossilien geborgen, obwohl doch viele Sammler die Saison über hierher kommen.

 

24

Abb. 24: Am Strand von Holtug lassen sich bei Zeit und Ausdauer ebenfalls Fossilien finden.
(aus Geschieben und K/T-Lockermaterial aus dem Anstehenden).

 

25

Abb. 25: Im Nordbruch von Holtug (der Bruch mit dem Seil!). Hier dürfen Fossilien nicht aus der Wand geklopft werden. Nur Lockermaterial von den Halden kann zerkleinert weden.

 

26kl

Abb. 26: Diverse Seeigel. 1: Echinocorys sp. (Maastrichtium); 2: Bryozoenkalk-Faziesstück mit Echinocorys cf. sulcata (Danium); 3: Einer der Seeigel aus Abb. 4, unbestimmt aus Danflint; 4: Danflint mit insgesamt 6 Seeigeln, z.T. mit „Wasserwaagen“; 5: Zwei kleine Seeigel Galerites sulcatoradiatus (Oberkreide). Tafel vergrößern.

 

27

Abb. 27: Hat man genügend Zeit, kann man auch mal die Kraft der Wellen fotografisch dokumentieren.

 

Für einen Besuch anbieten, würde sich sonst noch der Strand bei Kulsti Rende, nördlich von Holtug. Leider haben wir es diesmal aus Zeitgründen nicht geschafft dorthin zu wandern.

 

 

Møn

Als „Zugabe“ machen wir im Anschluss noch einen Abstecher nach Møn:
Hier bieten sich dem Besucher herrliche Strandabschnitte zum Wandern und zum Seele baumeln lassen an. Fossilien zu suchen, ist ebenfalls möglich, jedoch sollte man in einiger Entfernung von den zum Strand führenden Treppen suchen, in deren Nahbereich die Suchfrequenz eindeutig am höchsten ist. Auch die Jahreszeit spielt eine Rolle (ähnlich wie auf Rügen), jetzt im August, war es doch ziemlich abgesucht!

 

28

Abb. 28: Møns Klint ist einfach traumhaft schön! Blick von Dänemarks längster Treppe, dem Abstieg zum Strand am Geo-Center Møns Klint.

 

30

 

31

 

32

 

33

 

34

Abb. 29-34: Impressionen am Strand und vom Hochuferweg aus. Eine von hier ausgehende Wanderung nach Süden oder Norden ist immer ein Highlight eines Møn-Besuchs und äußerst empfehlenswert.

 

 

Mein Resümee:
Stevns Klint / Seeland und auch Møn sind nach wie vor eine Reise wert! Viele der bekannten fundorttypischen Fossilien kann man fast immer finden. Landschaft und Natur sind herrlich und die Leute sind freundlich, hilfsbereit und gut eingespielt auf Touristen aus aller Welt. Überhaupt ist alles ganz easy!

Noch ein Wort zu den Fähren. Hier kommen z. B. die Fährverbindungen Rostock-Gedser oder Puttgarden auf Fehmarn-Rødbyhavn auf Lolland in Betracht. Nachtfähren sind wesentlich billiger als Tagfähren!

 

35

Abb. 35: Im Hafen von Kalvehave, kurz vor der Insel Møn, mit Blick auf die Brücke nach Møn. Hier kann man im Hafenrestaurant gut essen.

 

36

Abb. 36: Abschied von Dänemark bei herrlichem Sonnenuntergang an der Gedser Odde, dem südlichsten Punkt Dänemarks. Nimmt man z. B. die 1. Nachtfähre (22.15 Uhr ab Gedser), ist man um Mitternacht wieder in Rostock.

Eine gute Reise wünscht Euch / Ihnen

Stefan Werner (Lichtentanne) für Steinkern.de

Bildnachweis: Abb. 4 und 5: Simon Werner (Gomaringen); alle anderen: Stefan Werner (Lichtentanne)

 

 


 

werbung stevns klint

Zur Inhaltsübersicht von Heft 13 und zur Bestellung.