Baden-Württemberg

In und um Biberach – eine Exkursion ins Tertiär und Quartär Oberschwabens

Bei einem Aufenthalt in Oberschwaben im Frühjahr 2016 ergaben sich für mich einige Gelegenheiten die Umgebung von Biberach an der Riß zu besuchen und Einblick in die abwechslungsreiche und interessante Geologie der Gegend zu nehmen. In diesem Bericht werden einige Stationen der geologischen Ausflüge vorgestellt.

Die Stadt Biberach an der Riß liegt im nördlichen Oberschwaben, 40 Kilometer südlich von Ulm. Sehr hübsch zeigt sich die Stadt mit vielen geschichtsträchtigen Gebäuden, netten Lokalen und einer lebendigen Geschäftswelt. Durch Biberach fließt die Riß, ein Flusslauf nach dem eine Kaltzeit benannt ist.

 

Abb01 Biberach

Abb. 1: Der Turm der Stadtpfarrkirche und eine Eselskulptur von Peter Lenk am Marktplatz von Biberach.

 

Unweit der Stadtirche befindet sich das Museum, welches als Ausgangspunkt für die Exkursionen und den Bericht dient.

 

Das Museum in Biberach an der Riß (Braith-Mali-Museum)

Abb02 Biberach Museum

Abb. 2: Zugang zum Braith-Mali-Museum.

 

In dem Museum mit seinen vielen Abteilungen kann durchaus ein ganzer Tag verbracht werden. Konzentriert man sich auf die geologische Abteilung, ist etwas über eine Stunde ausreichend. Den Hauptanteil der geologischen Ausstellung bildet die Sammlung von Pfarrer Josef Probst (1823-1905), der seine bedeutenden Funde aus dem Oberschwäbischen der Stadt überließ.

Pfarrer Josef Probst gilt als der Pionier der Erforschung der Geologie Oberschwabens. Er stand mit vielen Geologen seiner Zeit in Verbindung. Im Laufe seines Lebens verfasste er zahlreiche Veröffentlichungen, die vor allem in den Jahresheften des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg erschienen. Auch war er Mitglied in geologischen und naturkundlichen Vereinen. Für seine Verdienste um die Geologie Oberschwabens wurde er mehrfach mit Ehrungen bedacht.

 

Abb03 Biberach

Abb. 3: Funde aus der miozänzeitlichen Meeresmolasse um Biberach.

 

Abb04 Biberach

Abb. 4: Miozäne Pilgermuscheln aus einem Steinbruch bei Baltringen, auf den unten noch näher eingegangen wird.

 

Abb05 Biberach

Abb. 5: Biberach im Miozän.

 

Abb06 Biberach

Abb. 6: Säugetierfunde und Pflanzen der Süßwassermolasse.

 

Abb07Biberach

Abb. 7: Rekonstruktion des Lebensraums, in dessen Umfeld die Fossilien der Süßwassermolasse zur Ablagerung gelangten.

 

Abb08 09

Abb. 8 (links): Der Pfarrer und Geologe Josef Probst (1823-1905) auf einem Bild im Museum.

Abb. 9 (rechts): Pflanzenfossilien der Fundstelle an der Heggbacher Mühle und Dokumente aus dem Leben des Geologen.

 

Abb10 Biberach Museum Karte

Abb. 10: Für den Beginn der Erforschung des oberschwäbischen Tertiärs wesentliche Fundstellen liegen auf engem Raum. Etwa einen Kilometer östlich von Baltringen liegt der Steinbruch im miozänen Meeressand. Die Fundstelle an der Heggbacher Mühle mit Landpflanzen und Landsäugetieren befand sich wenig südlich davon. An diesem einstigen Fundpunkt ist allerdings nur noch ein bewaldeter Hang zu sehen.

 

Baltringer Sandstein

Etwa 10 km nördlich von Biberach liegt die Ortschaft Baltringen. Dort wurde der Baltringer Sandstein abgebaut. Als Werkstein dient eine dickere grobkörnige Kalksandbank, die voller Fossilien und Gerölle steckt. Sie ist als Zeugnis eines Vorstoßes des Meeres zur Zeit der Oberen Meeresmolasse vor etwa 18 Millionen Jahren anzusehen. Darüber liegen geschichtete Feinsande mit Sedimentstrukturen, die sehr flaches Wasser zum Zeitpunkt der Ablagerung anzeigen.

Abb11 12 klein

Abb. 11 (links): Am Treppenaufgang der Kirche in Baltringen kann der grobkörnige Muschelsandstein betrachtet werden.

Abb. 12 (rechts): Baltringer Sandstein an einer Ruhebank. Im Anschnitt sind Muschelquerschnitte und größere Gerölle sichtbar.

Abb. 11 und 12 können durch Anklicken vergrößert werden.

 

Abb13 Baltringen

Abb. 13: Längsbruch einer turmförmigen Meeresschnecke im Gemäuer der Baltringer Kirche.

 

Abb14Baltringen

Abb. 14: Der aufgelassene Steinbruch östlich von Baltringen. Stationen des Geopfades "Wattwanderung". Der grobkörnige Muschelsandstein liegt nur knapp über der Sohle des ehemaligen Steinbruchgeländes.

 

Abb15 Baltringen

Abb. 15: Härtere Lagen bilden Gesimse, während weichere Lagen von Wildbienen besiedelt werden.

 

Abb16 Baltringen

Abb. 16: Geschichtete, fossilfreie Sande im Steinbruch. Die Fischgrätenschichtung zeigt eine Ablagerung im Gezeitenbereich an. Rücksichtslose Zeitgenossen hacken in diese Lagen auf der Suche nach Fossilien und zerstören damit die Wohnbauten der Insekten.

 

Abb17 Baltringen

Abb. 17: An Station 6 der geologischen Wattwanderung: Diese submarin an einem flachen Hang – vermutlich durch Erdbebenstöße – abgeglittene Sandschicht wurde an einem Hindernis aufgestaucht.

 

Abb18 Baltringen

Abb. 18: Einige der berühmten Baltringer Haizähne. Pfarrer Probst soll 60 000 Haifischzähne gesammelt haben, allerdings zu Zeiten des aktiven Abbaus.

 

Abb19 Haizahn Baltringen 11mm

Abb. 19: Bei der Begehung im Frühjahr 2016 tauchte immerhin noch ein kleiner Haizahn im Schutt des alten Steinbruchs auf.

 

Abb20 21 Baltringen kl

Abb. 20 (links): In den Sandstein eingegrabene Keller bei der Ortschaft Mietingen werden als Lagerräume genutzt.

Abb. 21 (rechts): Einblick in einen verlassenen Sandkeller.

Abb. 20 und 21 können durch Anklicken vergrößert werden.

 

Eiszeit in Oberschwaben

Eiszeitliche Ablagerungen sind in der Gegend um Biberach allgegenwärtig und werden auch heute noch intensiv abgebaut.

 

Abb22 Biberach

Abb. 22: Einblick in einen aktiven Abbau in eiszeitlichen Schottern und Sanden bei Biberach.

 

Pfarrer Probst erforschte auch die Geschichte der Eiszeiten intensiv. Einige anschauliche Funde aus der Gegend sind im Museum ausgestellt.

 

Abb23 Biberach

Abb. 23: Erläuterungen zur Eiszeit und ihren Ablagerungen.

 

Abb24 Biberach

Abb. 24: Säugerfossilien der Eiszeit um Biberach im Braith-Mali-Museum.

 

Abb25 Biberach

Abb. 25: Oberschenkelknochen vom Fellnashorn.

 

Die Umgebung von Biberach lädt dazu ein, die Glazialgeologie im Gelände zu entdecken.

 

Abb26 Biberach

Abb. 26: Aufgelassene und unter Geotopschutz stehende Schottergrube Scholterhaus am nördlichen Stadtrand von Biberach. Die ehemalige Grube ist die Typlokalität der Riß-Kaltzeit. Foto vergrößern.

 

Bei Bad Schussenried, 16 km südwestlich von Biberach, erschließt ein Geopfad die besondere Landschaft und die Geländeformen, die beim Rückzug der Gletschereises entstanden sind.

 

Abb27 Schussenried

Abb. 27: Klosteranlage Bad Schussenried.

 

Abb28 Schussenried

Abb. 28: Nahe der Schussenquelle bei Schussenried. Der Blick nach Süden zeigt die durch eiszeitliche Gletscher eingeebnete oberschwäbische Landschaft.

 

Abb29 Olzreuter See

Abb. 29: Am Olzreuter See nahe Schussenried. Die Landschaft ist gespickt mit Toteislöchern, in welchen sich Seen gebildet haben. Diese bilden heute wertvolle Biotope und Naherholungsräume.

 

Abb30 Schussenried

Abb. 30: Am glazialgeologischen Lehrpfad bei der Schussenquelle liegt ein Findling mit über 50 Tonnen Gewicht aus helvetischem Kieselkalk. Dieser wurde auf dem Rücken eines eiszeitlichen Gletschers aus den Alpen bis ins nördliche Oberschwaben transportiert.

 

Abb31 Schussenried

Abb. 31: Gedenkstein an der Schussenquelle. Der Stein erinnert an Funde einer Grabung des Jahres 1866 unter der Leitung von Oscar Fraas. Bei diesen Erforschungen wurde eine Rentierjägerstation mit Knochen von Rentieren und anderen eiszeitlichen Tieren und Werkzeugen und Geräten der Eiszeitmenschen vor 13 000 Jahren gefunden. Unten rechts ist die Gedenktafel zur besseren Lesbarkeit vergrößert eingeblendet.

 

Abb32 Schussenried

Abb. 32: Bemerkenswerte neue Kunst zwischen alten Bäumen: drei "Wasserhüterinnen" der Künstlerin Theresia Moosherr am Zugang zur Schussenquelle.

 

Alle Fotos: Norbert Wannenmacher

 

 

Links:

 

Baltringer Sandstein:

http://www.baltringer-haufen.de/hai.htm

 

Geopfad "Wattwanderung":

https://www.mietingen.de/index.php?id=640

 

Glazialgeologischer Lehrpfad Bad Schussenried:

https://www.biberach.de/tourismus/natur-abenteuer/geopfad.html

https://www.bad-schussenried.de/index.php?id=380

https://albverein.net/2016/02/03/wandertipp-geopfad-bad-schussenried/

 

Infos zum Museum Biberach:

https://biberach-riss.de/Tourismus-Kultur-Freizeit/Kultur/Museum-Biberach

 

Portal zur Erdgeschichte Oberschwabens:

http://www.oberschwaben-portal.de/bego.html

 

Porträt und Links zu Schriften von und über Pfarrer Josef Probst:

https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Probst

 


 

Diskussion zum Bericht im Steinkern.de Forum:

https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&p=250698