Trias

Mechanische und chemische Präparation von Ceratiten aus dem Muschelkalk des Weserberglands

Vorwort

Meik Ackermann

 

Unter günstigen Abbaubedingungen ist es in den aktiven Steinbrüchen des Weserberglands durchaus möglich, im Rahmen eines Sammeltags diverse Ceratiten unterschiedlicher Arten zu finden und zu bergen. Ceratiten aus den weicheren, mergeligen Lagen lassen sich teils lose auf Halden auflesen oder aus dem Anstehenden entnehmen, während Exemplare in den harten Kalkbänken meist noch in bzw. auf der Matrix sitzen.

Die Schwierigkeit besteht nicht unbedingt im Finden von Ceratiten, sondern vielmehr in der anschließenden Präparation derselben, insbesondere dann, wenn es um die Freilegung der Innenwindungen geht. Zudem ist zu beachten, dass die Innenwindungen der Ceratiten insgesamt, aber insbesondere bei Stücken aus dem Weserbergland, häufig nur schlecht oder gar nicht erhalten sind. Bei Exemplaren aus den Mergeln steht die Chance besser, dass sich die Innenwindungen ans Tageslicht bringen lassen.

Da ich selbst eher ein Neuling im Bereich des Muschelkalks bin und aufgrund der recht großen Entfernung zwischen meinem Wohnort und dem Weserbergland bisher nur selten Gelegenheit hatte, vor Ort auf die Suche zu gehen, hatte ich zunächst Schwierigkeiten bei der Präparation meiner Funde.

Erschwerend kam hinzu, dass meine bisherigen Funde nahezu nur Ceratiten in den Kalkbänken umfassten und kaum Exemplare aus den Mergeln darunter waren. Aus diesem Grund startete ich ein Gesuch im Steinkernforum mit dem Ziel, möglicherweise über erfahrenere Sammler einige unbearbeitete Exemplare aus den Mergeln zu erhalten. Sehr kurzfristig meldete sich daraufhin der erfahrene Lokalsammler Justus Güttler aus Höxter, der mir dankenswerter Weise mit einigen geeigneten Exemplaren aushelfen konnte.

Um die Präparation (insbesondere der Innenwindungen) zu meistern, ließ mich Justus uneigennützig an seinen Präparationserfahrungen teilhaben und gab mir wertvolle Tipps zur Präparation der mir von ihm zur Verfügung gestellten Stücke.

Durch die Tipps von Justus war ich dann tatsächlich in der Lage dazu, meine Ceratiten, insbesondere auch die schwierigen Innenwindungen, nach meinem Dafürhalten sehr schön zu präparieren. Das Geheimnis war eine Präparationstechnik, bei der sich regelmäßig mechanisch-physikalische Verfahren mit chemischen abwechseln. An dieser Stelle sei auch auf den Steinkern-Bericht von Stefan Wagner „Fossilpräparation mit dem Ultraschall-Meißel (Scaler)“ in Der Steinkern - Heft 37 verwiesen.

Im Rahmen meiner bisherigen Recherchen zur Präparation von Ceratiten stieß ich außerdem auf den Präparationsbericht von Sönke Simonsen vom 26. Juni 2015 auf der Steinkernseite, indem er über eine Stichel- und Strahlpräparation eines Ceratites evolutus berichtete. Am Ende des Berichts wies Sönke darauf hin, dass andere Ceratitensammler gerne ihre Präparationserfahrungen entsprechend mitteilen könnten. Schnell war somit bei Justus Güttler und mir die Idee geboren, einen gemeinsamen Bericht über unsere Präparationstechniken mit einem Fokus auf die Präparation der Innenwindungen bei Ceratiten im Mergel sowie im Kalk zu verfassen.

Wir hoffen, dass unser Bericht den von Sönke Simonsen konstruktiv ergänzt und dazu führt, dass andere Sammler vielleicht die eine oder andere Idee mitnehmen können. Nachfolgend stellen wir die Präparation der Innenwindungen eines Ceratites pulcher aus der Bank sowie eines C. sublaevigatus aus den Mergeln vor.

 

Bitte bedenkt, dass bei allen hier beschriebenen Arbeiten mit Säuren Schutzausrüstung (Schutzbrille, säurefeste Handschuhe) getragen werden muss!

 


 

1. Teil: Präparation eines Ceratites sublaevigatus in Mergeleinbettung mit der mechanisch-chemischen Wechselmethode

Meik Ackermann

 

Abhängig vom Erhaltungszustand des Rohlings sind unterschiedliche Präparationsansätze erforderlich bzw. möglich. Da nicht jeder Sammler gleich ausgestattet ist, sind die Präparationsmöglichkeiten abhängig von der jeweils zur Verfügung stehenden Ausrüstung, den individuellen Fähigkeiten, der Zeitorganisation und natürlich auch dem eigenen Qualitätsanspruch, wenn es um den Endzustand des Fossils nach der Präparation geht.

Grundsätzlich kann man sagen, dass sprichwörtlich „viele Wege nach Rom führen“, so erhebt die hier vorgestellte Präparationsmethode natürlich nicht den Anspruch der Einen und Richtigen, sondern soll lediglich eine von mehreren Möglichkeiten aufzeigen. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sie ohne teure und platzintensive Geräte wie Strahlgerät und Druckluftstichel auskommt, jedoch trotzdem zu vergleichbar guten Ergebnissen führen kann. Der Schwerpunkt des Berichts soll auf der Freilegung der Innenwindungen von Ceratiten liegen, da gerade diese häufig die meisten Schwierigkeiten mit sich bringt. Bei der vorgestellten Präparationsmethode werden wechselseitig mechanische und chemische Präparationsansätze angewendet.

Zur Verfügung standen mir ein Elektrostichel (von Dremel), ein Ultraschall-Meißel (Scaler) aus der Dentaltechnik, eine Handbürste mit etwas härteren Borsten, ein Kalkreiniger („KalkEx Plus“ von Jemako) auf Milchsäurebasis, zusätzlich eine 30%ige Salzsäure, ein handelsüblicher, mittelgroßer Pinsel, Schutzhandschuhe und Schutzbrille sowie Hilfsmittel aus dem allgemeinen Küchen- und Haushaltsbedarf (Küchenkrepp, Zeitungspapier, kleiner Kunststofflöffel, z. B. Eierlöffel o. ä.). Der Elektrostichel und der Ultraschall-Meißel sind kostengünstige Geräte mit minimalem Platzbedarf.

Bei der Auswahl der chemischen Komponente habe ich mich auf meine Erfahrungen gestützt, die ich in diversen Präparationen von Ceratiten in Vorbereitung auf diesen Bericht gewonnen habe. So habe ich das altbekannte Kaliumhydroxid (KOH-Plättchen) genauso wie 25%ige Essigsäure getestet und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass die Arbeit mit der Milchsäure meiner Meinung nach am wirkungsvollsten ist. Positive Erfahrungen konnte ich mit der Milchsäure bereits bei der Präparation von Fossilien anderer Erhaltungszustände und anderer Zeitepochen (z. B. Kalzit-beschalte Kreidefossilien) sammeln, so dass ich auch bei den Ceratiten erfreut über deren Wirkungsweise war. Ein weiterer großer Vorteil des verwendeten Kalkreinigers auf Milchsäurebasis scheint zu sein, dass er anders als z. B. KOH, nicht so stark in das Gestein eindringt bzw. Rückstände bei Austrocknung nicht weiter reagieren und das Fossil im weiteren Verlauf beschädigen. So ist der anschließende Wässerungsaufwand für die chemisch behandelten Fossilien gegenüber der Nutzung von KOH deutlich reduziert.

Die folgenden Bilder zeigen den für diesen Bericht modellstehenden Ceratiten von beiden Seiten im Fundzustand. Der Ceratit weist einen Durchmesser von ca. 9 cm auf. Die deutlich besser erhaltene Seite (Bild unten links) wurde in den nachfolgenden Arbeitsschritten präpariert. Da sich dieser Bericht hauptsächlich auf die Freilegung der Innenwindungen beziehen will, werden die zuvor durchgeführten Arbeitsschritte nur der Vollständigkeit halber kurz dargestellt:

 

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Abb. 1: Fundzustand der besser erhaltenen Unterseite.

 

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Abb. 2: Fundzustand der deutlich schlechteren Oberseite.

 

Schritt 1: Wässern und reinigen

Im ersten Schritt macht es häufig Sinn, den Ceratiten eine gewisse Zeit in ein Wasserbad zu legen oder ihn draußen der Witterung auszusetzen. Oberflächliche Mergelanhaftungen werden durch Aufquellen (Volumenänderung und Spannungsunterschiede) gelöst und fallen von allein ab oder können leicht mit einer Bürste oder z. B. einem Skalpell abgelöst werden.

 

Schritt 2: Freilegung der Außenwindung

Je nachdem, wie stark die Verkrustungen auf der Steinkernoberfläche der Außenwindung sind, sollten diese zunächst möglichst schonend für das Fossil entfernt werden, um die Außenwindung optisch vom Nabel abzutrennen. In dem hier vorgestellten Beispiel habe ich dies mit dem Ultraschall-Meißel (Scaler) erledigt. Leider ist der Steinkern nicht optimal erhalten, sondern leicht durchgewittert, was an den noch vorhandenen, braunen Verfärbungen zu erkennen ist.

Da die wirkliche Qualität des Rohlings vor der Präparation meist nur zu erahnen ist, zeigt sich der wahre Erhaltungszustand oft erst während der Präparation. Hier obliegt es dann jedem selbst, ob er das Stück vor Beendigung der Präparation aussondert oder ob er die Präparation zum Abschluss bringt. Bei diesem Exemplar hier hatte ich gute Hoffnung, dass die Innenwindungen weiter als zunächst sichtbar reinlaufen.

 

Bild 3

Abb. 3: Die Außenwindung ist freigelegt. Leichte Beschädigungen der Oberfläche bilden sich als weißliche Bearbeitungsspuren auf dem Steinkern ab

 

Je härter die Verkrustungen sind, desto eher besteht die Gefahr, die Steinkernoberfläche durch die Bearbeitung mit dem Scaler – ähnlich wie bei der Stichelpräparation leicht zu beschädigen. Solche oberflächlichen Beschädigungen zeigen sich als weißliche Spuren auf der Steinkernoberfläche, können aber im Verlaufe späterer Arbeitsschritte nahezu unsichtbar gemacht werden.

Oft ist es so, dass das Material, welches über dem Nabel liegt, mit zunehmender Tiefe in Richtung Zentrum härter wird. So kann deutlich weicherer, gelblich-brauner Mergel bzw. Kalkmergel, je weiter man in Richtung Zentrum vordringt, schleichend in härteren, immer graueren Kalkstein übergehen. Bei dem vorliegenden Exemplar konnte ich den ersten Teil der zweiten Windung noch recht leicht mit dem Scaler freilegen, da es sich bei dem Material noch um weicheren Mergel handelte. Mit zunehmender Tiefe wurde der Mergel merklich härter, harter Kalkstein war bei diesem Exemplar aber nicht zu überwinden. Das Ergebnis der ersten Freilegung zeigt Abb. 4.

Erwähnenswert ist auch die Besonderheit, dass bei diesem Exemplar die komplette Wohnkammer fehlt, es ist nur der Phragmokon erhalten geblieben.

 

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Abb. 4: Der erste Teil der zweiten Windung konnte noch mit dem Scaler freigelegt werden. Der weitere Verlauf der zweiten Windung pauste sich zu diesem Zeitpunkt schon andeutungsweise unter der dünnen Mergelschicht durch.

 

 

Schritt 3: Weitere Freilegung der Innenwindungen mit der mechanisch-chemischen Wechselmethode

Um den Rest der Innenwindungen schonender freizulegen, wurde hier die mechanisch-chemische Wechselmethode angewendet.

Bei dem vorliegenden Exemplar war die Mergelschicht nicht sonderlich dick. Häufig wird die Trennung zwischen Steinkern und Mergel jedoch mit zunehmender Tiefe in Richtung Zentrum schlechter, so dass die vorgestellte Wechselmethode gegenüber der rein mechanischen Stichelpräparation durchaus Vorteile aufweist.

Zum Einsatz der Milchsäure wurde der Steinkern stets oberflächlich feucht gehalten, nicht jedoch tropfnass, die Säure würde sonst zu stark verdünnt. Der Vorteil einer nassen Steinkernoberfläche liegt in der natürlichen Kontrastverstärkung, so dass Lobenlinien u. ä. optisch deutlicher hervortreten. Die so sichtbaren Lobenlinien dienen als Orientierungshilfe für die weitere Freilegung der Windungen.

Mit einem Kunststofflöffel (möglich ist auch eine Pipette) wurde die Säure Tropfen für Tropfen nur so weit in das Zentrum eingebracht, dass der mergelüberzogene Windungsteil vom Flüssigkeitspegel erfasst und eine etwaige Reaktion der Säure mit bereits freigelegten Teilen des Steinkerns weitgehend vermieden wurde. Sollte doch mal Säure kurzfristig an bereits freigelegte Stellen gelangen, so habe ich bisher kaum negative Veränderungen an der Steinkernoberfläche festgestellt. Gegebenenfalls kann die überschüssige Säure mit Küchenkrepp entfernt werden.

 

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Abb. 5: Die Säure wird so in das Zentrum eingebracht, dass der Flüssigkeitspegel nur den noch mit Mergel überzogenen Teil der Windungen erfasst. Die Reaktion der Säure mit den Kalkbestandteilen zeigt sich in der sofortigen Entstehung feiner Bläschen. Foto vergrößern.

 

Manchmal ist es erforderlich, um dem Säurepegel die gewünschte Ausrichtung zu verleihen, den Steinkern etwas – z. B. mit Küchenkrepp oder anderen geeigneten Hilfsmitteln – passend zu unterfüttern, so dass die waagerechte Ausrichtung des Steinkerns wunschgemäß beeinflusst wird.

 

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Abb. 6: Hier wurde der Ceratit durch kleine Stücke Küchenkrepp passend positioniert, um die Ausrichtung des Säurepegels zu beeinflussen.

 

Die Milchsäure kann erfahrungsgemäß bis zu 5 Minuten einwirken, ohne dass sich wahrnehmbare negative Effekte für den Steinkern ergeben, auch wenn die Milchsäure auf einen bereits frei präparierten Teil des Steinkerns eingewirkt hat. Nach meinen bisherigen Beobachtungen zeigt die Milchsäure gegenüber dem weicheren Mergel eine deutlich aggressivere Wirkung als beim freigelegten Steinkern aus hartem Kalkstein, bei dem eine Reaktion durch sichtbare Blasenbildung nahezu ausbleibt. Bei anderen Säuren oder Laugen können so lange Einwirkzeiten allerdings fatal sein, da Säure natürlich grundsätzlich Kalk angreift, auch bereits freigelegte Steinkernbereiche. Hier sind manchmal Einwirkzeiten von nur wenigen Sekunden angesagt. Im Zweifel sollte man die Wirkung der eingesetzten chemischen Mittel immer an verzichtbaren Probeexemplaren ausprobieren.

Anschließend wurde der Ceratit unter fließendem Wasser abgespült und mit einer Handbürste abgebürstet, um gelöste Mergelfraktionen zu entfernen.

Nach dem ersten Ätzvorgang wurde der Steinkern oberflächlich etwas abgetrocknet, um mit der Stichelpräparation fortfahren zu können. Durch den Ätzvorgang und den leichten Nasseffekt des Steinkerns kann man sich zum Sticheln am Kontrast der Lobenlinien oder an der sich unter der Mergelschicht abzeichnenden Windung orientieren. Gestichelt wurde hauptsächlich entlang der Windungsnähte, um die Windung herauszuarbeiten und sich langsam in Richtung Zentrum zu bewegen. Der Grad der Befeuchtung ist abhängig davon, wie man den Stichelpart durchführt. Grundsätzlich kann man sagen: Je nasser, desto häufiger muss zwischendurch gespült werden, da der durch das Sticheln abgetragene Mergel sich mit dem Wasser verbindet und dadurch Schlamm entsteht, der die Orientierung am Fossil erschwert. Je trockener, desto mehr kann am Stück gestichelt werden ohne zwischendurch Trübe entfernen zu müssen, jedoch büßt man etwas an Orientierungssicherheit durch fehlende Hervorhebung der Lobenlinien etc. durch den Nasseffekt ein.

An diesem Beispiel (Präparation eines C. evolutus) ist der Nasseffekt zur Kontrastierung der Lobenlinien bei gleicher Präparationsmethode deutlicher zu sehen als im vorliegenden Präparationsbeispiel. Der C. evolutus wurde von beiden Seiten präpariert, da beide Seiten gleich gut erhalten waren.

Bei der Stichelpräparation wurde ein spitzer Geräteeinsatz verwendet, da dieser gegenüber einem flachen und damit breiteren Werkzeug den Vorteil hat, dass wesentlich weniger Material abgesprengt wird, insbesondere dann, wenn festgestellt wurde, dass die Trennung schlecht ist.

 

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Abb. 7: Im fast trockenen Zustand wurde entlang der Windungsnaht gestichelt, um diese herauszuarbeiten.

 

Um den Mergelabtrag durch Ätzen auch auf der Windung zu unterstützen, kann man vorsichtig mit dem spitzen Stichelwerkzeug nachhelfen, indem man die Spitze des Werkzeugs in einem flachen Winkel auf der Fossiloberfläche ansetzt und eine dünne Mergelschicht quasi abhobelt. Die Spitze des Werkzeugs wird dabei in einer stetigen Pendelbewegung von links nach rechts und zurück, waagerecht über die Windungsoberfläche geführt. Keinesfalls darf die Spitze zu senkrecht eingesetzt werden, da die Gefahr groß ist, dass diese in die Fossiloberfläche eindringt.

 

Bild 8

Abb. 8: Einsatz des spitzen Stichelwerkzeugs auf der Windungsoberfläche mit spitzem Winkel zur Fossiloberfläche.

 

Die folgenden Bilder zeigen zunächst den weiteren Verlauf der Freilegung mit immer abwechselndem Ätz- und Stichelvorgang.

 

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Abb. 9 und 10: Fortschreitende Freilegung der zweiten Windung mit der mechanisch-chemischen Wechselmethode.

 

Leider wurde im Verlaufe der Präparation festgestellt, dass die zweite Windung kurz vor Beginn der nächsten Windung in ihrer 3D-Ausprägung abbricht und das Zentrum abgeflacht ist. Um ein Durchstoßen zur Rückseite zu vermeiden, wurde die Präparation an dieser Stelle abgebrochen.

 

 

Schritt 4: Glättung der Oberfläche und Kaschierung mechanischer Spuren

Im vorletzten Arbeitsschritt wurde die Steinkernoberfläche unter Vergrößerung mit dem Scaler geglättet und alle kleinen noch verbliebenen Mergelanhaftungen entfernt.

Anschließend wurde die nasse Steinkernoberfläche mit Salzsäure behandelt. Dabei sind Schutzhandschuhe und Schutzbrille zu tragen.

Die Salzsäure darf solange einwirken, bis nach wenigen Sekunden das sichtbare und manchmal auch hörbare Aufschäumen aufhört. Danach wird der Steinkern am besten unter fließendem Wasser abgebürstet. Diese Prozedur kann zwei- bis dreimal wiederholt werden, wenn erforderlich. Da die Salzsäure sehr aggressiv wirkt, sollte aber keinesfalls häufiger als dreimal geätzt werden, da die Steinkernoberfläche sonst immer stumpfer wird.

 

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Abb. 11 und 12:

Links: Trockene Steinkernoberfläche nach dem Ätzen mit der Salzsäure mit deutlich kaschierten Bearbeitungsspuren.

Rechts: Zum Vergleich die Steinkernoberfläche vor dem abschließenden Ätzen.

 

 

Schritt 5: Einlassen

Beim Einlassen von Fossilien scheiden sich die Geister. Für manche ist das eine „Verfälschung der Echtheit“, für andere ein reiner Schutz gegen Feuchtigkeit und andere äußere Einflüsse und wiederum für andere die optische Aufwertung des präparierten Stücks unter rein ästhetischen Gesichtspunkten. Zu welcher Kategorie man sich selbst auch immer zählt, das Einlassen der wertvollen Stücke ist in der Regel reine Geschmackssache und man hat buchstäblich die Qual der Wahl bei der Auswahl des passenden Einlassmittels. Eine umfangreiche Übersicht über Gesteinspflegemittel, ihre Eigenschaften und Einsatzgebiete gewährt Thomas Billerts Bericht Fossilien einlassen auf der Steinkern-Website.

Zu welchem möglichen Einlassmittel man auch immer greift, ist Geschmackssache, wobei die möglichen Wirkungsunterschiede je nach Mittel erheblich sein können. Meist werden Gesteine und deren Strukturen durch Einlassmittel gegen äußere Einflüsse geschützt und gleichzeitig wird die Gesteinsoberfläche durch optische Veredelung verändert. Die Wirkungsweise reicht von kaum sichtbar bis zu starker Abdunkelung (Farbvertiefung) und Hervorhebung von Kontrasten in der Oberflächenstruktur (Farb- und Kontrastintensivierung) der Gesteine mit oder ohne Glanzeffekt in unterschiedlich starker Ausprägung (Nasseffekt).

Ceratitensteinkerne erscheinen in ihrer natürlichen Farbe nach der Präparation meist grau, stumpf bis leicht glänzend. Durch Abdunkelung mit einem leichten bis stärkeren Glanzeffekt erscheint die Oberfläche glatter, Präparationsspuren werden kaschiert und die Farbvertiefung ergibt einen edlen Look, insbesondere auch bei der Kontrastvertiefung von Fossilien gegenüber ihrer unbehandelten Matrix.

Ich benutze bei den meisten Fossilien in der Regel ein polierfähiges Steinfluat („Durol STH101“). Die Wirkungsweise ist dieselbe wie bei dem früher sehr beliebten „Rember Fluat“, das nicht mehr produziert wird. Dieses Fluat hat einen starken Verdunkelungseffekt, ist sehr gut zum Kaschieren von Präparationsspuren geeignet, hat aber einen relativ starken Glanzeffekt. Dies kann je nach Lichtverhältnissen dazu führen, dass Oberflächenstrukturen (z. B. Lobenlinien) ebenfalls etwas kaschiert werden. Das Polierfluat lässt sich allerdings z. B. mit Aceton verdünnen, so dass der optische Effekt je nach Geschmack etwas verringert werden kann. Das Mittel trocknet sehr schnell und ist universell einsetzbar, die Behandlung ist jedoch nicht reversibel.

Gerade bei Ceratiten nutze ich häufiger einen Farbvertiefer („HMK 235, Farbvertiefer matt“). Auch dieses Mittel führt zu einem Verdunkelungseffekt, der umso stärker wird, je häufiger man die Behandlung der Fossiloberfläche wiederholt. Allerdings ist der Glanzeffekt nicht so stark, wie bei dem Polierfluat. Die Oberflächenstrukturen werden deutlich hervorgehoben und Farben sichtbar verstärkt. Präparationsspuren werden allerdings nicht ganz so gut kaschiert, wie durch das Polierfluat. Auch die Behandlung mit dem Farbvertiefer ist nicht reversibel.

 

Der hier vorgestellte Ceratites sublaevigatus wurde zweifach mit dem Farbvertiefer eingelassen.

 

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Abb. 13: Der fertig präparierte und mit dem Farbvertiefer „HMK 235, Farbvertiefer matt“ eingelassene Ceratites sublaevigatus.

 

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Abb. 14: Zum Vergleich ein C. praenodosus, der mit dem Polierfluat eingelassen wurde.

 

 


 

 

2. Teil: Präparation eines Ceratites pulcher durch die Bank

Justus Güttler

 

Wer regelmäßig im Muschelkalk unterwegs ist, weiß, dass Muschelkalk entweder bretthart oder schmierig ist. Bretthart sind die Kalkbänke, schmierig die Mergel. In der Regel quillt der Mergel zwischen den Kalkbänken bei Nässe auf und löst sich in kleine Teile auf. Wie Meik eingangs schon erwähnt hat, ist dies für die Ceratitensuche sehr praktisch, da der harte Steinkern intakt bleibt und im Steinbruch schnell erspäht werden kann. Einmal aufgeklaubt, hat man jedoch in den meisten Fällen folgendes Szenario: Während die Außenwindung schon gut freiliegt oder nur noch von wenig Mergel bedeckt ist, steckt der Nabel meistens im Kalkstein. Im Weserbergland ist dies sehr harter, schlecht trennender, blau-grauer Kalk. Dieser hat dieselbe oder annähernd dieselbe Beschaffenheit wie der Ceratiten-Steinkern, weswegen die Präparation einige Tricks und Kniffe erfordert. Nach etwa 100 Ceratitenpräparaten habe ich folgendes Konzept aufgestellt, das einem Schema F entspricht und auf jeden Ceratiten angewendet werden kann. Dieses möchte ich gerne an einem 7 cm großen Ceratites pulcher aus dem Weserbergland vorstellen.

 

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Abb 15 a-c: Der Fundzustand.

 

Man fängt damit an, die Außenwindung an der Wohnkammer und dem Phragmokon freizulegen, sodass die Innenwindung nur noch von einem Pfropfen des harten Kalkes bedeckt ist. Meistens beginnt ab hier schon die Einbettung in Kalk, die sich nur mit Druckluftsticheln entfernen lässt.

 

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Abb 16: Hier habe ich begonnen, die Außenwindung freizulegen. Diese trennt relativ gut und lässt sich auch mit Druckluftsticheln wie dem W224 gut freilegen. Außerdem habe ich einen Ansatz an der Nabelkante geschaffen.

 

Der zweite Schritt besteht darin, sich eine möglichst glatte Fläche zu suchen. Auch hier eignet sich am besten die Wohnkammer. Hier taste ich mich an die innere Kante der Wohnkammer und kann somit einen Ansatz an der Nabelkante schaffen. Dass es gar keine Trennung gibt, stimmt nicht ganz. Meistens ist zwischen den Steinkern und der umgebenden Matrix eine hauchdünne schwarze Verfärbung vorhanden, die den Beginn des Steinkerns markiert. Diese bildet die Ausgangsbasis für das weitere Vorgehen.

Anschließend verfolgt man die Nabelkante entlang der Wohnkammer und des Phragmokons weiter Richtung Nabel. An der Nabelkante trennt der Ceratit in der Regel etwas besser als auf der Fläche der Windung, da sich dort die Matrix mit den Sätteln der Richtung Venter immer stärker ausgreifenden Lobenlinie sowie den Skulpturelementen, vor allem den Knoten verzahnt.

Bei diesem Schritt sollte man stets darauf achten, die Nabelkante nicht zu tief freizulegen. Dies hat den Hintergrund, dass es bei Ceratiten die dimorphen Paare des "p"- und des "e"- Typen gibt, die wahrscheinlich Sexualdimorphismus darstellen. Während der "e"-Typ glatte Innenwindungen aufweist, hat der "p"-Typ immer mehr oder weniger starke Knoten auf der Innenwindung, je nach Ceratiten-Morphospezies. Geht man an der Nabelkante zu tief nach unten, läuft man Gefahr, diese Knoten zu rasieren, doch möchte man aus einem der stärker skulpturierten p-Typen im Zuge des Präparierens ja keinen glatten e-Typen machen...

 

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Abb 17: Nun habe ich die Innenseite der Außenwindung in Richtung Nabel verfolgt, um den Windungsverlauf zu finden.

 

Danach lege ich die Fläche der Innenwindung frei, immer von innen nach außen, da die Knoten graduell ansteigen. Falls man nichts sieht, hilft kurzes Befeuchten des Fossils, weil man dadurch die schwarze Verfärbung, die den Beginn des Steinkerns markiert, wieder finden kann. Entweder kann man Wasser auf den Ceratiten sprühen oder den Ceratiten anhauchen. Ich persönlich mache es so, dass ich ein feuchtes Stück Schaumstoff in eine leere Hautcreme-Dose lege, dann mit einem Borstenpinsel kurz reingehe, damit dieser befeuchtet ist und dann wird das Fossil "eingepinselt".

 

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Abb 18: Nach dem Sticheln glätte ich die Oberflächen des Ceratiten und des Spots.

 

Nachdem ich die Innenwindungen soweit freigelegt habe, habe ich die Option, mit einem Dreikant-Schaber oder ähnlichem die Oberfläche nachzuschaben, um Unebenheiten zu homogenisieren. Das hat aber den Nachteil, dass unter Umständen feine Oberflächendetails verschwinden. Alternativ belasse ich die Oberfläche ungeschabt, was vor allem bei selteneren Arten eine Option ist. Allerdings hat eine ungeschabte Oberfläche am Ende eine schlechtere Ästhetik.

Übrigens sollte man sich von Sticheltreffern nicht entmutigen lassen. Diese sind bei sehr schlecht trennenden Fossilien, vor allem Ceratiten meistens nicht zu vermeiden.

Dagegen hilft der letzte Schritt: Hierbei koche ich etwas Wasser auf, lege den Ceratiten in einen Behälter (Schüssel oder leere Eisdose, am besten mit nicht so viel Platz drumherum), schütte das kochende Wasser hinzu und anschließend schütte ich noch etwas Essigsäure hinzu. Wichtig ist, dies nie umgekehrt zu machen („Gib nie Wasser auf die Säure, sonst passiert das Ungeheure.“)

Dass ich kochendes Wasser benutze, hat einen einfachen Grund: Je wärmer es ist, desto schneller laufen chemische Reaktionen wie Ätzvorgänge ab. Meistens kann man den Ceratiten deshalb schon nach ein oder zwei Minuten (spätestens!) aus dem Wasser-Säure-Gemisch nehmen; falls der Ceratit zu lange in seinem Säurebad bleibt, ätzt es die Oberfläche zu stark an. Die angeätzte Oberfläche bürste ich nun mit einer alten Zahnbürste ab, um den Kalkschleier zu entfernen und wässere den Steinkern einige Minuten. Nun sieht die Oberfläche des Steinkerns schon viel homogener aus.

 

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Abb 19: Der Ceratit nach dem Ätzen.

 

Als allerletzten Schritt lasse ich den Ceratiten ein. Für Anfänger eignet sich Haarspray (das habe ich benutzt, als meine Ceratitenpräparation noch in den Kinderschuhen gesteckt hat) oder Akemi-Steinpflege. Beide Methoden haben den Vorteil, die letzten sichtbaren Sticheltreffer verschwinden zu lassen. Haarspray ist sogar nach 15 Jahren noch erstaunlich konsistent und verändert sich farblich kaum. Der Nachteil von Haarspray ist aber, dass man es nur relativ ungenau auftragen kann und die Matrix mit einlässt, sodass man die nochmal nacharbeiten muss. Akemi Steinpflege lässt die Sticheltreffer zwar noch besser verschwinden, hat aber den Nachteil, den Steinkern bei zu warmen Temperaturen schnell speckig glänzen zu lassen.

 

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Abb 20: Der mit Akemi Steinpflege eingelassene Ceratites pulcher.

 

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Abb 21: Zum Vergleich ein durch die Bank präparierter, mit Haarspray eingelassener Ceratites spinosus.

 

Übrigens bearbeite ich meine Ceratiten hauptsächlich mit dem Druckluftstichel HW-70 sowie dem W-224 . Der HW-70 hat eine recht niedrige Schlagfrequenz und einen moderaten bis starken Hub. Beides sind Eigenschaften, die bei der Präparation von Ceratiten sehr nützlich sind. Entweder kann man die spitze Spitze oder die breite Meißelspitze verwenden. Die breite Spitze eignet sich besser für große glatte Flächen, während der Spitzmeißel gut für verwinkelte Bereiche geeignet ist; allerdings frisst sich die Spitze, wenn man nicht aufpasst, tiefer in das Gestein hinein. Für die Außenwindungen benutze ich gerne den W224, da sich damit die Mergelanhaftungen gut entfernen lassen. Da der Hub gering ist, kann man mit diesem Stichel auch fräsend arbeiten und dadurch gut den Farbunterschied zwischen Mergel und Steinkern erkennen, ohne tiefe Krater in den Steinkern zu setzen.

Ein anderer Punkt, den man berücksichtigen sollte, ist, dass wenn man mal nicht die schwarze Oberfläche des Steinkerns findet oder so gar keine Trennschicht hat, den Ceratiten durchaus ln der Tonne entsorgen kann, weil dieser im weiteren Verlauf ansonsten unpräparierbar wäre. Ceratiten gehören bis auf wenige Ausnahmen zu den häufigsten Fossilien des Oberen Muschelkalks, sodass die Entsorgung nicht so schmerzt. Etwas anderes ist das allerdings bei seltenen Ceratiten wie im Weserbergland C. pulcher oder C. enodis sowie den überall seltenen und begehrten pathologischen (fastigaten) Ceratiten.

 

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Abb 22 a und b: Ein pathologischer Ceratit: Ceratites dorsoplanus forma fastigata. Dieses Stück steht hier stellvertretend dafür, was sich mit einem gewissen Masochismus noch aus Muschelkalk-Kalkbänken rausholen lässt, selbst wenn die Erhaltung nur mäßig ist.

 

Ceratiten durch die Bank zu präparieren, ist zwar sehr mühsam, kann sich aber durchaus lohnen, da die Steinkerne weniger komprimiert und plastischer erhalten sind. Allerdings sind hubstarke Druckluftstichel die technische Voraussetzung, um solche Präparate mit vertretbarem Zeitaufwand erstellen zu können.

 

 


 

 

Schlusswort

Justus Güttler

 

Abschließend hoffen wir, eine gute Übersicht über die Präparation von Ceratiten-Innenwindungen gegeben zu haben.

Da dieser Bericht den Charakter einer Gebrauchsanweisung hat, haben wir jeden unser Zwischenschritte dokumentiert. Anhand der Anleitung sollten sich mit etwas Übung gute bis sehr gute Ergebnisse bei Ceratiten-Präparationen erzielen lassen. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass in Mergel eingebettete Innenwindungen deutlich angenehmer zu präparieren sind, weshalb wir diesen Teil ausführlicher behandelt haben.

Bei in Kalk eingebetteten Innenwindungen ist die recht mühsame Präparation mit Druckluftsticheln die einzige Option, um mit zeitlich vertretbarem Aufwand brauchbare Ergebnisse zu erzielen, weshalb wir diese Methode nur stellvertretend an einem Ceratites pulcher vorgestellt haben, um die einzelnen Zwischenschritte zu erläutern.

Dennoch zeigt dieser Bericht, dass Ceratiten allgemein durchaus das Potenzial zu ästhetischen Ausstellungsstücken haben.

 

 


 

 

Weiterführende Quellen

 

BILLERT, T. (2011): Fossilien einlassen – Ein Überblick über gängige Mittel zur Oberflächenbehandlung, https://www.steinkern.de/praeparation-und-bergung/praeparationswerkzeug/670-fossilien-einlassen-ein-ueberblick-ueber-gaengige-mittel-zur-oberflaechenbehandlung.html

 

BRANDT, S. (undatiert): Anleitung zur Präparation eines Ceratiten, Trias Verein Thüringen e.V., http://www.trias-verein.de/pdf/Praeparation_Ceratites.pdf

 

SIMONSEN, S. (2015): Stichel- und Strahlpräparation eines Ceratites evolutus aus dem Weserbergland, https://www.steinkern.de/praeparation-und-bergung/tips-tricks-und-fallbeispiele/1105-stichel-und-strahlpraeparation-eines-ceratites-evolutus-aus-dem-weserbergland.html

 

WAGNER, S. (2017): Fossilpräparation mit dem Ultraschall-Meißel (Scaler), in: Der Steinkern, 37, S. 54–59.

 


 

Diskussion zum Bericht und Rat zum Vorgehen beim Präparieren von Ceratiten im Steinkern.de Forum:

https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&p=332334#p332334