Paläogen, Neogen und jünger

Einige Otolithen aus dem oberoligozänen Sternberger Gestein

Im Mai dieses Jahres suchte ich nach einer Möglichkeit, Fossilien aus einigen Stücken "Sternberger Kuchen" heraus zu lösen. Idealerweise sollte dies chemisch geschehen. Der Sternberger Kuchen ist ein oberoligozänes Gestein und wurde nach der mecklenburgischen Stadt Sternberg benannt, in deren Umgebung er bevorzugt gefunden werden kann. Stefan Polkowsky berichtete 2010 ausführlich auf Steinkern.de über den Kuchen und gab einen "Einblick in die Fauna und Flora des oberoligozänen Sternberger Gesteins von Mecklenburg".

Im Forum wurde ich unter anderem auf die Möglichkeit der Präparation mit Wasserstoffperoxid (H2O2) aufmerksam gemacht. Hierbei entsteht eine sprudelnde Reaktion, bei der die Fossilien aus der Matrix heraus gelöst werden.

ACHTUNG! Wasserstoffperoxid bleicht stark, gast aus und verursacht Verätzungen! Unbedingt mit geeigneter Schutzkleidung und am besten im Freien arbeiten und weitere Gefahrenhinweise beachten!

Die Wirkung kann von Handstück zu Handstück sehr unterschiedlich stark ausfallen. Hier ist testen und ausprobieren gefragt. Um es dem H2O2 leichter zu machen, können größere Stücke vorher vorsichtig zerkleinert werden.

 

Die Handstücke vor der Präparation mit Wassserstoffperoxid


Abb. 1: Die Handstücke vor der Präparation mit Wassserstoffperoxid.

 

Durch das sprudeln werden Matrixteile quasi mechanisch abgesprengt.

 Abb. 2: Durch das Sprudeln werden Matrixteile quasi mechanisch abgesprengt.

 

Ein Handstück zeigte eine besonders gute Reaktion. Den Fossilinhalt spülte ich mit viel Wasser durch den Bodensiebsatz der Firma Krantz. Winzige Matrixreste wurden schließlich mit einer weichen Zahnbürste entfernt. Nun konnte ich aus dem vielen Muschelschill einige interessante Fossilien auslesen.

 

sternberger-kl

 Abb. 3: Die Ausbeute. Die vielen Otolithen sind gut zu erkennen. Ein kleiner Haizahn versteckt sich ebenfalls im Bild.

Vergrößerte Ansicht der Ausbeute anzeigen.

 

Neben einem Haizahn (Carcharhinus elongatus) zeigten sich auch einige Fisch-Otolithen, die ich euch im Folgenden gerne zeigen möchte.

Die Otolithen wurden mir freundlicherweise durch Herrn Kristiaan Hoedemakers vom Royal Belgian Institute of Natural Sciences bestimmt. Allerdings stehen alle Bestimmungen unter Vorbehalt, da er die Otolithen nicht selbst vorliegen hatte, sondern nur anhand der Fotos Aussagen machen konnte. Für seine Bemühungen danke ich ihm an dieser Stelle nochmals herzlich!

 

Acropomatida frequens (Koken 1891), 8,38mm x 4,66mm

 Abb. 4: Acropomatida frequens (Koken 1891), 8,38 mm x 4,66 mm.

 

 

Gadiculus attenuatus (Koken 1891), 9,18mm x 3,61mm

 Abb. 5: Gadiculus attenuatus (Koken 1891), 9,18 mm x 3,61 mm.

 

 

Gadiculus attenuatus oder Trisopterus sculptus (KOKEN 1891), für eine sichere Bestimmung ist das Stück zu sehr beschädigt, 9,60mm x 4,40mm

 

Abb. 6: Gadiculus attenuatus oder Trisopterus sculptus (KOKEN 1891), für eine sichere Bestimmung ist das Stück zu sehr beschädigt, 9,60 mm x 4,40 mm.

 

 

 

mglw Gadiculus attenuatus

 

Abb. 7: cf. Gadiculus attenuatus (Koken 1891), stark abgerollt, 6,60 mm x 2,92 mm.

 

 

 

Palaeogadus emarginatus (Koken 1884), 9,29mm x 3,21mm

 

Abb. 8: Palaeogadus emarginatus (Koken 1884), 9,29 mm x 3,21 mm.

 

 

Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,85mm x 3,23mm

 

Abb. 9: Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,85 mm x 3,23 mm.

 

 

Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,38mm x 3,35mm

 

Abb. 10: Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,38 mm x 3,35 mm.

 

 

Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,76mm x 3,15mm

 

Abb. 11: Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,76 mm x 3,15 mm.

 

 

Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,15mm x 3,24mm

 

Abb. 12: Trisopterus sculptus (Koken 1891), 7,15 mm x 3,24 mm.

 

 

Trisopterus sculptus (Koken 1891), 9,41mm x 4,31mm

 

Abb. 13: Trisopterus sculptus (Koken 1891), 9,41 mm x 4,31 mm.

 

 

Trisopterus scultpus (Koken 1891), stark abgerolltes Exemplar, 6,31mm x 2,80mm

 

Abb. 14: Trisopterus scultpus (Koken 1891), stark abgerolltes Exemplar, 6,31 mm x 2,80 mm.

 

 

Allgemeines über Otolithen:

Otolithen kommen im Sternberger Gestein recht häufig vor und bilden einen Großteil der Belege von echten Knochenfischen (Teleostei). Weitere, weitaus seltenere Funde sind Wirbel, sonstige Knochen und einzelne Zähne.

Durch ihre Widerstandsfähigkeit und ihre guten Arterkennungszeichen sind Otolithen als Leitfossilien geeignet und sehr interessant für die Paläontologie, zumal sie vielfach den einzigen Nachweis über vergangene Fischfaunen stellen.

Otolithen sind Kalkabscheidungen, die sich im Innenohr von Fischen bilden und sind maßgeblich für den Hör- und Gleichgewichtssinn verantwortlich. Im Laufe eines Jahres wird eine weitere Kalkschicht gebildet. Die zyklische Abscheidung des Kalks führt im Inneren des Gehörsteins zu einer Zwiebelschalenstruktur.

Jeder Fisch hat auf jeder Seite drei (also insgesamt sechs) dieser Gebilde, wobei nur die beiden größten davon (rechte und linke Sagitta) als eigentliche Otolithen bezeichnet werden. Die wesentlich kleineren Körper bezeichnet man als Asteriscus und Lapillus.

 

Hilfreiche Literatur:

 

FREESS, W.B. (1991): Elasmobranchii und Teleostei des Sternberger Gesteins (Oberoligozän), in: Archiv für Geschiebekunde, 1 (3/4): 131-216, 22 pl., 4 fig., 4 tabl.

 

SCHWARZHANS, W. W. (1994): Die Fisch-Otolithen aus dem Oberoligozän der Niederrheinischen Bucht
Systematik, Palökologie, Paläobiogeographie, Biostratigraphie und Otolithen-Zonierung
(Geologisches Jahrbuch Reihe A, Heft 140)