Kreide

Pflanzen aus der Unteren Unterkreide Norddeutschlands

Pflanzenfossilien aus dem Berrias Südost-Niedersachsens (Unterste Unterkreide, "Deutscher Wealden") der Slg. K. Wiedenroth

 


 

von Kurt Wiederroth

 - mit einer Einleitung von O. Schneider sowie 37 Abb.



Die unterste Stufe der Kreide wird als Berrias (ca.145,5-140.2 Mio Jahre) bezeichnet, benannt nach dem gleichnamigen Dorf im französ. Dept. Adéche. In Norddeutschland erfolgt seit Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die weitere Einteilung u.a. in die uns hier interessierende Bückeberg Formation als jüngsten Abschnitt. Diese wird wiederum in die Obernkirchen-Folge (ehemals deutscher Wealden 1-4) und die Osterwald-Folge (ehemals deutscher Wealden 5-6) unterteilt. Die geläufigere, aber veraltete Stufenbezeichnung "Wealden", im 19. Jh. von der Landschaft “The Weald” in Südengland hergeleitet, ist lediglich ein Fazies-Begriff und keine zeitliche Einordnung. Teilweise beginnt diese Fazies in anderen Teilen Europas bereits im oberen Jura.

Zu Beginn der Unterkreidezeit war der größte Teil Norddeutschlands von einem Nebenmeer bedeckt. Dieses sich in Ost-West-Ausrichtung erstreckende, zur Norddeutschen Senke gehörige Niedersächsische Becken wurde im Norden durch die Pompeckj´sche Scholle vom borealen Nordmeer, mit dem es über Wasserstraßen  in Verbindung stand, getrennt. Nachdem  bereits im oberen Malm die Meeresspiegel zusehens sanken, kam es in der Unterkreide zu einer Abschnürung des Niedersächsischen Beckens von den Weltmeeren und zu einer Unterbrechung dieser Verbindung nach Norden. Der Seeweg sollte sich erst im Valangin wieder öffnen. Es bestand lediglich im Osten noch eine zeitweilige Öffnung zum Mittelpolnischen Becken. Im mittleren Berrias war das Niedersächsische Becken dann komplett isoliert. Es folgte eine zunehmende Aussüßung des bisher brackischen Binnenmeeres. Im Süden und Südosten des Beckens lag die Küste des Mitteleuropäischen Festlandes (Rheinischen und Böhmische Masse). Während im Westteil eine limnisch-brackische Wealden-Fazies überliefert ist, aus der kaum Pflanzenfossilien bekannt sind, kamen im Zentral- und dem Ostteil teils Sandsteine, teils tonige Süßwassersedimente zur Ablagerung.


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Abb. 1 Das Niedersächsische Becken zur Zeit des Berrias (umgezeichnet n. Pelzer 1988)

Wie haben wir uns jene ferne Welt der Unteren Unterkreide vorzustellen?
Das brackige Binnenmeer endete im Süden an einer flachen, sandigen Küste. Diese wurde durch ausgedehnte Lagunen und durch große Deltabereiche mit Sandbänken reich gegliedert. Große Deltaschüttungen wurden südlich von Osnabrück sowie westlich einer sich bis auf Höhe des heutigen Hannovers erstreckenden Halbinsel nachgewiesen. Reich mäandrierende Flußsysteme formten eine Landschaft mit zahlreichen Rinnen, Aueflächen und Aueseen. Am Horizont mag man im Süden rauchende Vulkane erahnt haben, denn vulkanische Aktivitäten sind durch Tufflagen belegt.
Im Berrias herrscht in Norddeutschland ein warmes und humides, subtropisches bis tropisches Klima. Die Region lag zur damaligen Zeit in Höhe des 35. Breitengrades, das entspricht heute in etwa der Klimazone der afrikanischen Nordküste. In den Lagunen lagen Schildkröten und Krokodile auf den Sandschüttungen. Großwüchsige Saurier der Gattung Iguanodon zogen mit ihren Jungtieren in Herden auf Nahrungssuche umher, belauert von schnellen, zweibeinigen Raubsauriern. Ihre Fußabdrücke, die sie dabei im feuchten Schlick der Flüsse hinterließen, finden sich noch heute z. B. auf dem Bückeberg im Obernkirchener Sandstein.
An den Uferrändern gediehen ausgedehnte Küstenmoore mit einer tropischen Vegetation. Farne und Schachtelhalme bildeten den Unterbewuchs. Farnbäume (Bennettiteen), Bärlappgewächse und Zypressen erhoben sich darüber. Dazu kamen Araucarien, Gingkos und die besonders im Florenbild hervortretenden Coniferen, die der Flora noch ein durchaus jurassisches Gepräge gaben. Ginkgos finden sich häufig im flözbegleitenden Schiefer und Sandstein. Sie können geradezu als “Leitart” des Wealden bezeichnet werden. In der Unterkreide hatten sie den Höhepunkt ihrer Verbreitung. Über 10 Gattungen sind bekannt, während sie heute lediglich noch in einem kleinen Reliktareal in Ostasien beheimatet sind.
Durch Versenkung entstand aus den abgestorbenen Pflanzen echte Steinkohle, die bei Osnabrück sowie besonders südlich von Hannover bis zu 70cm mächtige Flöze bildete. Seit dem 14. Jh. wurde hier die Kohle abgebaut, in den 60ger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen dann auch die letzten Abbaubetriebe zum Erliegen. Mehrmals wurde die Kohlebildung durch Meeresvorstöße beendet. Es erfolgte die Bedeckung mit sandigem Sediment, um dann erneut ausgedehnte Wälder zu bilden. Dieser Vorgang der ausgedehnten Vegetationsbedeckungen wiederholte sich mehrfach. Es besteht daher eine große Ähnlichkeit mit der Entstehung der Steinkohle im Oberkarbon.
Besonders die Begleitschichten der Flöze zeichnen sich durch eine reichhaltige und in der Regel sehr gut erhaltene Flora aus. Diese wurde erstmals 1846 von Dunker beschrieben, eine monographische Darstellung der Wealdenflora weltweit verdanken wir Seward (1895).

Der Privatsammler K. Wiedenroth sammelt seit Jahrzehnten u.a. in der Unterkreide Ostniedersachsens und hat so eine einzigartige Kollektion zusammengetragen. Durch die Bereitstellung einiger Fotos dieser Stücke gewährt er uns so erstmalig einen kleinen Einblick in die hochinteressante Flora der untersten Unterkreide. Dafür sei ihm an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt.


O. Schneider
Bremen, Januar 2009

 


 


Kurt Wiedenroth


Pflanzen in der unteren Kreide sind nicht gerade selten. Trotzdem sind sie aber bei den meisten Sammlern nicht so beliebt. Das Pflanzenfossilien aber recht interessant sein können, sollen folgende Stücke zeigen.
Aufschlüsse im Berrias gibt es im Bergland südlich Hannover von Alfeld bis zu den Rehburger Bergen (Saurierpark). Gezeigt werden männliche sowie weibliche Blüten und Fruchtstände von Cycadales und Bennettitales.

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Abb. 2 weibliche Blüte von Bennettitales, 10 cm

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Abb. 3 weibliche Blüte von Bennettitales, 10 cm


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Abb. 4 männliche Blüten von Bennettitales, 6 cm

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Abb. 5 Fruchtstand von Cycadales

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Abb. 6 Fruchtstand von Cycadales

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Abb. 7 Zapfen von Spenolepis, 7cm

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Abb. 8 Zapfen von Pseudoauracaria, 8 cm

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Abb. 9 verschiedene Zapfen von Pityostrobus, rechts 5 cm

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Abb. 10 Spenolepis, 5 cm

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Abb. 11 Spenolepis, 9cm

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Abb. 12 unbekannter Zapfen, 7cm

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Abb. 13 unbekannter Zapfen sowie Gingko, 3 cm

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Abb. 14 unbekannter Zapfen, 2cm

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Abb. 15 unbekannte Zapfen, 3 cm

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Abb. 16 Zamites carruthersii, 10 cm

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Abb. 17 Zamites carruthersii, 9cm

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Abb. 18 Ptilophyllum, 16 cm

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Abb. 19 Ginkgo und Pthilophyllum, 12 cm

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Abb. 20 Pthilophyllum, 30 cm

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Abb. 21 Pseudocycas, 30cm

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Abb. 22 Sphenopteris, 5 cm


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Abb. 23 Sphenopteris (unten) und Ptilophyllum (oben), 12 cm


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Abb. 24 Pecopteris, 25 cm


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Abb. 25 Coniopteris, 7cm

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Abb. 26 Coniopteris, 10 cm



Nun noch einige Ginkgoites aus dem Berrias:

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Abb.27

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Abb. 28

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Abb. 29

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Abb. 30

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Abb. 31

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Abb. 32

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Abb. 33

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Abb. 34

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Abb. 35

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Abb. 36

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Abb. 37

Alle Fotos: Slg. K. Wiedenroth. Bestimmung der Exemplare: K. Wiedenroth