Unterer Jura

Krebse aus dem Schwarzen Jura der Schwäbischen Alb

Krebse der Gattung "Eryma aus dem Lias Gamma der Schwäbischen Alb

von Thomas B.


Einleitung:

Wenn man von Schwarz-Jura (Lias) – Krebsen spricht, dann denkt jeder an die
wunderbaren Funde aus dem Lias Epsilon (Unteres Toarcium) z.B. von Holzmaden
oder Dotternhausen.
Aber auch aus Franken kennt man wunderbare Funde z.B. vom Bau des Rhein-Main-Donau Kanales bei Sulzkirchen oder aus Mistelgau (siehe Mistelgau Bericht von Roman). In den anderen Lias Schichten dagegen gehören Krebse in Süddeutschland zu den absoluten Seltenheiten.



Hinweis !!!

Alle nachfolgend abgebildeten Fossilien befinden sich - soweit nicht anders angegeben - in der Sammlung Thomas B. !

Alle Funde stammen aus den 3 angegebenen Fundorten.


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Übersichtskarte des betreffenden Gebietes


Geschichte:

Schon als junger Sammler sind mir bei lokalen Sammlern immer wieder Krebs-Scherenfinger in deren Sammlungen aufgefallen z.B. aus dem Lias Delta (=Oberes Pliensbachium) von Iggingen oder Waldstetten (bei Schw.Gmünd) ... ohne damals jedoch einen solchen Fund selber zu besitzen.

Dies änderte sich als beim Bau des Hochwasserrückhaltebeckens nahe Göggingen (bei Schw.Gmünd) der Lias angeschnitten wurde. Um Material für den Dammbau zu gewinnen, wurde in nächster Nähe des Bauvorhabens eine Entnahmestelle für Tone und Gesteine angelegt. Von der Keuper-Lias Grenze bis hoch ins den oberen Lias Gamma waren die Schichten großflächig, terrassenförmig und über mehrere
Jahre perfekt angeschnitten und leicht zugänglich.

Danach wurde das „Loch“ mit Aushub (wiederum Lias) der Umgebung verfüllt und ist heute rekultiviert.

Beim Ablaufen einer Lias Beta-Steilwand fiel mir eines Tages eine runde Gänseei große Knolle auf, die beim Herunterfallen in mehrere Teile zerbrochen war. Im Innern der Knolle war eine warzige Oberfläche zu erkennen.

Mir war sofort klar, dass ich einen Krebsrest gefunden hatte. Es handelte sich um den ca. 5-6 cm langen Brustbereich eines Krebses.


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Mein erster Krebsfund ... mit dem alles anfing.
Links der Kopf ... und rechts würde der Schwanz folgen.
Länge des Körpers ca. 5-6cm.
Fundort: Göggingen


Bei der späteren Präparation stellte sich dann heraus, dass neben dem Brustpanzer auch noch einige Beinchen sowie ein Scherenbein erhalten war (auf der Rückseite). Leider war der Schwanz nicht da.
Er muss sich in dem Knollen-Teil befunden haben der beim Absturz aus der Steilwand verloren ging.

Von da an war natürlich der Blick für Knollen aus dieser Schicht geschärft.
Ob nun bei der Begehung von Aushubmaterial oder beim Ablaufen von Kanalgräben, immer hielt ich nach den eiförmigen Knollen Ausschau. Da sich die anderen Sammler für diese rundlichen Objekte nicht interessierten ... hatte ich zeitweise leichtes Spiel.



Die Knollen:

Die Knollen bestehen aus einem zähen Kalk-Mergel. Die Länge der fast immer einförmigen Knollen beträgt zwischen 5 und 10cm wobei der Bereich dazwischen überwiegt. Im entsprechenden Verhältnis zu Länge habe die Knollen meist einen Durchmesser von 4-6cm. Weil die Knollen sehr zäh sind, gelingt es nur schwer, diese vor Ort sauber aufzuschlagen.
Eine sehr harte Unterlage (und einen kleinen Fäustel) vorausgesetzt ... ist es dennoch möglich.

Je öfter man jedoch beim Knacken der Knollen auf diese draufschlagen muss , desto eher zerbröselte die Knolle unerwartet in unzählige Teile die – im Falle eines Krebsfundes – dann kaum noch zusammensetzbar sind. Da manchmal die Krebsreste bis direkt unter die Oberfläche der Knolle reichen, ist schon mancher
Schlag tödlich für das Fossil gewesen (=> pulverisierte Krebsschwänze).
Deshalb ging ich dazu über, diese mit nach Hause zu nehmen um diese dort gründlich zu waschen.

Anschließend wird die Oberfläche inspiziert ob vielleicht irgendwo ein Krebsteil bereits herausschaut.

Krebsscheren erkennt man oft nur an 2 winzigen runden 2-3mm Kreisen auf der Knollenoberfläche ... das sind die sichtbaren Querbrüche der Scheren-Spitzen die sich auf der Knollenoberfläche abzeichnen.

Und erst dann werden Knollen mit dem Schraubstock fein säuberlich geknackt.


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Krebsknolle in "Fundsituation". Einer der wenigen Fälle, wo der Krebs Positiv-Negativ getrennt hat. Breite der Knolle ca. 7cm.
Dieser Fund wurde von meinem Sammelfreund: Michael Stegmaier aus Mögglingen
gemacht.

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Derselbe Fund nochmal. Hier Teile des Schwanzes.



Was findet man ?

Mit den Jahren kamen so sicherlich an die 3 Dutzend Krebsfunde zusammen von denen ein Drittel präpariert sind. Zwei Drittel sind glücklicherweise noch nicht präpariert.

Diese hob ich mir bewußt für spätere Jahre auf. Heute, in Zeiten von Binokularen und Druckluftsticheln ... bin ich froh, dass ich damals so gehandelt habe. Heute präpariere ich viel besser und sicherer als in den Anfangsjahren. Die Gefahr, dass Fossilteile bei der Präparation beschädigt werden ... ist heute viel geringer als damals.

Das wird den Funden zugute kommen, die ich in nächster Zeit präparieren werde.

Meistens findet man den eigentlichen Brustpanzer – mal mit ...  mal ohne anhängenden Schwanz. Genauso verhält es sich mit den Beinchen oder Scheren. Mal hängen welche dran, manchmal aber auch nicht. Da die Schwänze oft ziemlich weit außen in der Knolle liegen bzw. hinausragen, sind diese oft durch
Verwitterung zerstört bzw. gar nicht erhalten. Die Brustpanzer dagegen liegen meist zentral in der Knolle und sind so besser vor Verwitterung geschützt.
Zu den absoluten Seltenheiten gehören die Fälle, wo neben dem Brustpanzer und dem Schwanz auch noch Scherenbeine erhalten sind. Insgesamt habe ich mittlerweile ein ganz ansehnliches Krebs-Ersatzteillager zusammengetragen.


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3 mal derselbe Krebs aus versch. Positionen.
Länge es Körpers ca. 4-5cm.



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Eine isolierter Arm mit Schere.
Länge der Knolle ca. 6cm.


Erhaltung:

Die Erhaltung ist nicht immer gleich. Mal sind die Panzer-Reste voll körperlich erhalten, mal sind diese angedrückt bzw. verdrückt. Die Beine bzw. Scheren dagegen sind fast immer körperlich und gut erhalten.
Obwohl die Krebsreste teilweise sehr unterschiedlich aussehen, so gehe ich davon aus, dass es sich immer um die Gattung Eryma (z.B. Eryma numismalis ?) handelt. Diese wird schon seit langer Zeit hin und wieder im Schwäbischen Lias – aber auch in den anderen Jura Schichten – gefunden.

Besonders viele Funde sind aus den Plattenkalken im Malm bekannt. Diese sind jedoch alle verdrückt.
Die vorliegenden Funde dagegen sind alle körperlich erhalten !

Da ich praktisch keine Literatur über Krebse verfüge ... möchte ich nicht näher auf Eryma und deren Stellung eingehen. Soweit ich weiß gehört die Gattung Eryma zu den Hummern (?).


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Krebskörper mit einigen kreuz und quer liegenden Beinchen.
Rechts erkennt man den Ansatz des Schwanzes.
Der Rücken (oberer Rand) schaute bei diesem Fund fast aus der Knolle heraus.
Breite der Knolle 7cm.

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Derselbe Fund nochmals von oben. Rechts der Kopf ... und links der Schwanz.



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Ein anderer Fund. Eine einzelne toll erhaltene Schere. Aber der Körper ist etwas
verdrückt.  Ganz rechts erkennt man noch ein Schwanz-Segment.
Knollenbreite ca. 7cm.

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Derselbe Fund aus einer anderen Sicht. Man erkennt deutlich
die warzige Oberfläche die krebs-typisch ist.




Größe:

Die Größe der Funde bewegt sich in einem engen Rahmen.
Die Brustpanzer (ohne Schwanz) sind meist 4-5 cm lang. Hinzu käme dann noch der Schwanz der ungefähr gleich lang ist wie der Brustpanzer. Somit wären die Krebse ca. 7-10cm lang.
Krebse mit vollständigem Körper liegen immer krebstypisch gekrümmt in der Knolle.
Bei den Scheren gibt es 2 Typen die sich in der Länge der Finger unterscheiden.
Fragmente von größeren Krebsen wurden bisher von mir noch nicht gefunden.
Das liegt evtl. auch daran, dass die Größe der Knollen selten 8-10cm übersteigt.
Wären diese größer ... wäre die Chance auf einen größeren Krebs vielleicht gegeben ???


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Dieser Fund gleicht eher einem Ersatzteillager. Ganz rechts erkennt man
kleine Scheren.


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Ein eher kleiner Krebs ... dafür mit Schwanz. Leider keine Beine !
Größe ca. 5cm


Verbreitung / Häufigkeit:

Seit nun 25 Jahren schlage ich diese Lias-Gamma-Knollen auf und habe dabei festgestellt, dass die Knollen zwar stellenweise relativ häufig auftreten, jedoch beileibe nicht immer und überall in gleicher Weise fossilträchtig sind.

Ganz im Osten der Ostalb, also bei Ellwangen hatte ich vor vielen Jahren einen riesigen Flächenaufschluss im Lias Gamma. Obwohl ich in kurzer Zeit sicherlich 100 Knollen aufschlug, fand ich keinen einzigen Krebsrest darin.
Dummerweise scheinen die Knollen besonders dort häufig aufzutreten ... wo man nichts drin findet.
Etwas weiter westlich – z.B. bei Aalen-Hüttlingen oder Aalen-Fachsenfeld findet man im Lias Gamma auch die besagten Knollen, ohne dass ich jemals dort etwas darin gefunden habe. Aber dort bin ich auch nicht so oft „unterwegs“ ... weshalb ich mich durchaus auch täuschen kann.

Meine meisten Funde stammen von etwas weiter westlich, also aus der der Gegend von Böbingen, Iggingen und Göggingen wobei der erst- und der letztgenannte Ort bisher am fossilträchtigsten waren.

Diese Orte liegen wenige Kilometer östlich von Schwäbisch Gmünd und sind für ihre häufigen Aufschlüsse im Lias Gamma bei den örtlichen Sammlern bekannt.

Das soll heißen: bei Böbingen und Göggingen kann man auf 100 Knollen durchaus 5 Krebsreste finden.

Einige Kilometer weiter, also am östlichen Stadtrand von Schw.Gmünd (Oberbettringen, Industriegebiet Gügling) steht Lias Gamma auch sehr weit verbreitet an. Obwohl es dort in den vergangenen Jahren teilweise gigantische
Aufschlüsse mit sehr viel Aushubmaterial gab, habe ich dort nahezu keine Krebsreste gefunden.

Die eiförmige Knollen gibt es im ganzen Lias Gamma der Ostalb bzw. der Gmünder Gegend. In allen Niveaus des Lias Gamma (regionale Mächtigkeit nur ca. 5-7m) habe ich schon Knollen gefunden, aber nur die aus dem unteren Lias Gamma enthielten hin und wieder Krebsreste.
„Gehäuft“ treten die Knollen im unteren Lias Gamma, ca. 1 bis 2 m oberhalb der Lias Beta-Gamma Grenze auf. Mit "gehäuft" meine ich, dass man z.B. in einem Rohrgraben auf 10 m Länge mindestens 1-2 Knollen finden kann (die richtige Schicht und ein gutes Auge vorausgesetzt).

Am besten findet man die unscheinbaren Knollen in Aushubmaterial das längere Zeit gelegen hat und deshalb verwittert und abgeregnet ist.
Deshalb sind Aufschlüsse oder Halden, die eigentlich passé sind ... am besten
für die Suche geeignet.

Aber auch ein frischer Rohrgraben ist gut zum Suchen geeignet. Meist schauen die Knollen an den Rändern zur Hälfte raus und man muss diese nur noch rauspulen.
Im frischen Aushub übersieht man die Knollen fast immer, weil diese total verschmiert sind. Da gewinnt man schnell den Eindruck, dass es überhaupt keine Knollen gibt.


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Ein ca. 7cm breiter Fund. Links sieht man die Schwanz-Segmente. Leider nur ein einziges Beinchen ganz rechts.

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Derselbe Fund von oben.


Öffnen der Knollen:

Nachdem man eine Knolle gefunden hat, ist das nächste Problem ... diese zu Knacken. Tut man dies vor Ort ... läuft man Gefahr, dass Bruchstücke verloren gehen, die einem dann später fehlen. Deswegen die weiter oben bereits erwähnte Schraubstockmethode.

Das nächste Problem ist ... überhaupt zu erkennen ob man einen Krebs bzw. Krebsrest gefunden hat. Die Krebse trennen praktisch nie Positiv-Negativ. Fast immer brechen diese quer. Und im Querbruch einen Krebsrest zu erkennen ... da gehört sehr viel Übung dazu, weil sich das kleine dünne bräunliche Krebshäutchen kaum gegen das umgebende Gestein absetzt.
Teils hab ich Krebse erst beim nochmaligen Knacken erkannt (erster Knackversuch = Halbierung der Knolle, zweiter Knackversuch = Viertelung).
Aber dann kann es manchmal schon zu spät sein (unreparable Beschädigungen).


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Eine isolierte Schere. Dies ist die einzigste Schere mit überlangen Fingern.
Größe ca. 5cm. Diese gehört - wie sich nach Veröffentlichung des Beitrags herausstellte - wohl zur Gattung: Erymastacus.


Präparation:

Wie bereits oben gesagt, zuerst wird die Knolle wieder zusammengesetzt (geklebt). Dabei wird mit Edding angezeichnet, wo sich die Krebsreste in der Knolle ca. befinden. Die Teil, die man später abtragen will, werden schraffiert. Auch sollte man gleich vermerken, wie tief die Krebsreste liegen.

Dann beginnt man (manuell oder mit Druckluft) sich von außen in die Knolle hineinzupräparieren, auf die Stelle hin, wo man den Krebsrest vermutet. Dabei muss man natürlich sehr behutsam vorgehen. Man sollte auf jeden Fall eine Vergrößerung von 5-10 fach verwenden, um möglichst früh zu erkennen,
wenn der Meissel auf den Krebspanzer trifft. Dieser ist meist von einer bräunlichen warzigen Schale umgeben. D.h. der Krebs setzt sich farblich vom umgebenden Gestein ab.

Sobald man an einer Stelle den Krebsrest „gefunden“ hat, präpariert man von diesem ausgehend nach allen Seiten weiter und legt so nach und nach mehr Teile frei. Schwanz und Brust sind relativ einfach zu präparieren. Viel schwieriger sind die feinen Beine bzw. die Schwerenbeine.
Diese können ganz unvermittelt plötzlich abwinkeln und in eine andere Richtung weiterverlaufen.

Man muss also jederzeit auf der Hut sein weil man überall in der Knolle etwas krebsartiges finden kann (oder auch nicht).

Chemisch präparieren (z.B. Ätzen) kann man die Krebse nicht.
Auch "Sand"-Strahlen funktioniert nicht da das Fossil genauso weich bzw. hart ist wie das umgebende Gestein !


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Ein schöner Fund mit überkreuzten Scherenfingern. Leider ist der Körper etwas
verdrückt. Der Schwanz fehlt.


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Derselbe Fund von der Seite.


Zuletzt noch ein Hinweis:

Obwohl ich nun schon seit 25 Jahren diese Knollen aufschlage, so habe ich darin noch nie einen Ammoniten gefunden! Und auch sonst findet man keinerlei andere Fossilien darin. Höchstens mal den Fetzen eines Belemniten oder einer Muschel.

Und um einem falschen Eindruck vorzubeugen ... die ca. 30 Funde wurden im Laufe der letzten 25 Jahre gemacht ! Während dieser Zeit gab es sehr viele günstige Baustellen ... und Zeit zum Sammeln hatte ich auch fast unbegrenzt.

Das sagt eigentlich alles über die Fundchancen bei einem einmaligen Besuch in unserer Gegend aus.


- Thomas B. -



Quasi als Nachtrag ... noch 2 Funde ... die nicht aus dem Lias Gamma kommen ... aber hier ganz gut reinpassen.

Die Krebsschere von der Fundstelle Sulzkirchen kann ich nicht einordnen.
Vielleicht kann da ein Krebs-Spezi weiterhelfen ??

tomba_schere_03a.JPG
Eine Krebsschere, vermutlich auch von Eryma (?), diesesmal jedoch aus dem
Grenzbereich zwischen unterem und oberen Toarcium von Aalen-Wasseralfingen.
Die Schere liegt praktisch auf dem Rücken eines Ammoniten-Bruchstücks und ist
beim Klopfen so "herausgefallen".
Länge der Schere incl. der überlangen Finger ca. 6cm.

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Derselbe Fund aus einer anderen Position.


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Zum Vergleich eine etwas jüngere Krebsschere (Proeryon sp.). Diese stammt aus dem Schwarzen Jura Epsilon (Unteres Toarcium) von der Kanalbaustelle des Rhein-Main-Donau Kanals bei Sulzkichen.
Länge der Schere ca. 8cm.