Unterer Jura

Fossiliensuche an der Küste des Bristol Channel

Auf unserer jährlichen Englandreise besuchten wir 2008 auch wieder einmal die Fundstellen in Somerset. An unserem erfolgreichsten Tag, dem 25, Juli möchte ich alle Steinkerne teilhaben lassen. Den Vormittag haben wir mit einem Besuch im nahen Dunster verbracht, etwa um Mittag war Hochwasser und am frühen Nachmittag machten wir uns mit ablaufender Tide auf den Weg nach East Quantoxhead. Hier, wie an der gesamten Küste zwischen Minehead und Kilve sind die Schichten der obersten Trias und des untersten Juras, Hettangium und Sinemurium, aufgeschlossen. Es folgt der Bericht aus meinem original Reisetagebuch:


Der Parkplatz beim Duckpond kostet nach wie vor 10 p für den ganzen Tag und ist der billigste, den wir in ganz England kennen.

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Küste bei East Quantoxhead Richtung Westen

Nach gut einer halben Meile Fußmarsch erreichen wir den Strand, den wir zunächst in westlicher Richtung begehen. Immer wieder finden wir Bruchstücke und Abdrücke von großen Ammoniten, wahrscheinlich Arietiden, kleinere transportable Stücke tauchen aber leider nicht auf.


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Strandfund, Durchmesser etwa 35 cm

Wir gehen diesmal ziemlich weit bis zu einem kleinen Wasserfall, wo wir einen frischen Clifffall entdecken. In den abgestürzten Gesteinsbrocken sind immer wieder Querschnitte und schließlich sogar der Teil einer Windung eines kompletten, etwa 30 cm großen Ammoniten zu entdecken. Der Block ist jedoch würfelförmig und somit ziemlich schwer. Ich habe meinen Flachmeißel vergessen und habe somit absolut keine Chance, den Block zu spalten. Ich zweifle allerdings daran, dass ich es mit dem richtigen Meißel geschafft hätte, da das Material extrem hart ist.

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Cliffall mit Unmengen von Ammoniten

Unverrichteter Dinge und mit leeren Rucksäcken kehren wir um. Auf dem Rückweg versucht Claudia die Ammoniten dadurch zu beschwören, dass sie sich flach auf den Boden wirft. Mit einem schweren Rucksack auf dem harten Stein, mitten in eine Algenpfütze hinein, ist das allerdings eher schmerzhaft. Glücklicherweise hat sie außer einem abgeschürften Ellbogen und einigen blauen Flecken keine weiteren Verletzungen davongetragen.
Schon fast an der Treppe beschließen wir noch ein Stück Richtung Kilve zu gehen, da ich dort eine Stelle weiß, wo Grypheen zu finden sein müssten.
Wieder einmal macht uns der feine Mud einen Strich durch die Rechnung, wir können das Gebiet nicht erreichen und kehren zurück ans Cliff, das hier nur wenige Meter hoch und eher sanft abfallend ist. Bei einigen größeren Steinblöcken stoppen wir für eine kurze Rast, Claudia macht ein Nickerchen während ich, befreit von Rucksack und Werkzeug, die nähere Umgebung erkunde. Auch hier laufen – wie am ganzen Strand – flache Kalksteinlayers abwechselnd mit Tonlagen quer über den Strand. Die Tonlagen sind zum Teil dicht an dicht bedeckt mit flachgedrückten Ammoniten verschiedener Arten, Gattungen und Größen. Hier muss es vor vielen Millionen Jahren zu einem Massensterben gekommen sein.
Dann trau ich meinen Augen kaum – aus einer der lehmigen Lagen ragen harte Kalkkonkretionen hervor, und auf der Oberfläche einer von ihnen sehe ich ganz deutlich kräftige Rippen. Bei näherer Untersuchung der Stelle wird mir klar, dass es sich um einen 30 – 35 cm großen Ammoniten handelt, der, da der Kalk bereits Sprünge aufweist, eigentlich zu bergen sein müsste.
Mit meinem Werkzeug fange ich sehr intensiv zu arbeiten an und siehe da, ein Teil des Ammoniten ist bald herausgebrochen. Der zweite Teil erfordert noch etliche schweißtreibende Schläge, aber schließlich, nach etwa 15 Minuten bekomme ich auch das größere Stück frei. Der Ammonit hat an der Mündung eine Windungsbreite von nahezu 8 cm. Mit vor Anstrengung zitternden Händen schleppe ich die beiden Stücke – sie wiegen etwa 15 kg – zu unserem Rastplatz und wecke mit meinem aufgeregten Geschrei Claudia auf. Ich glaube, sie freut sich genauso wie ich über diesen Superfund.

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Unmittelbar nach der Bergung

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Da hat er die letzten zirka 200 Millionen Jahre gelegen ...

Weniger freue ich mich auf den Rücktransport zum Auto, aber geteiltes Gewicht ist fast gewonnene Sache und wir klettern über den Abhang zum Coastpath hinauf, auf dem wir uns dann langsamen, aber steten Schrittes dem Auto nähern. Schmutzig, aber glücklich fahren wir zurück in unser B&B Ivy House. Dort ist unsere Hausfrau, Linda, so nett unsere total verdreckten Hosen und Claudias Sweatshirt in die Waschmaschine und den Trockner zu stecken.


Soweit der Bericht. Hier nun noch zwei Fotos von der Präparation und im fertigen Zustand.

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Mitten in der Arbeit

Die Bearbeitung erfolgte mit Stichel und Sandstrahler. Es wurde bis etwa 2 mm über der Schale gestichelt, der Rest gestrahlt. Das Material war überwiegend relativ weich, enthielt aber jede Menge von Schalenbruchstücken. Am rechten Rand des Ammoniten (noch unpräpariert) befand sich jedoch eine Stelle mit extrem harter Matrix. Hier habe ich mit bis zu 15 bar Druck gearbeitet.

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Das fertige Prachtstück nach etwa 30 Stunden Arbeit
Coroniceras rotiforme (SOWERBY, 1824)

Die äußeren 1 ½ Windungen sind völlig erhalten, an der Mündung fehlen etwa 1,5 cm, die Mitte ist allerdings flachgedrückt. Der Durchmesser des Ammoniten beträgt 297 mm.
Bestimmt habe ich den Prachtkerl als Coroniceras rotiforme (SOWERBY, 1824)

Bernhard Zellner (alias "Blackmarl")