Oberer Jura

Zweimal Lithacosphinctes aff. stromeri (Wegele)

Mit seiner Habilitationsschrift unter dem Titel "Monographie der Perisphinctidae des unteren Unterkimeridgium (Weißer Jura Gamma, Badenerschichten) im süddeutschen Jura" aus dem Jahre 1961 hat Otto Franz Geyer die Grundlagen der modernen Perisphinctiden-Bestimmung geschaffen. Seitdem gilt: Wer Gattungen und/oder Arten nach morphologischen Gesichtspunkten trennen will, muss es frei von subjektiven Empfindungen an zähl- und nachprüfbaren Parametern ausrichten. Geyer ist mit gutem Beispiel vorausgegangen: Er hatte rund 2000 Perisphinctiden vermessen und weit über 1000 Rippenbilder, Windungsquerschnitte, Tabellen und Lobenzeichnungen erstellt. Hätte er seine Beobachtungen an horizontiert geborgenem Material durchgeführt, wäre die Sache perfekt gewesen.
Im folgenden möchte ich zwei Vertreter von Lithacosphinctes aff. stromeri (WEGELE) aus dem mittleren Malm Gamma 1 von Gräfenberg (Endress) vorstellen. Obwohl die unterschiedliche Erhaltungform auf den ersten Blick zwei verschiedene Arten vorgibt, handelt es sich aufgrund der gleichen Skulpturentwicklung vermutlich um die gleiche Spezies.


Der erste Ammonit ist ein Eigenfund aus dem vergangenen Jahr. Er stammt aus dem mittleren Malm Gamma 1 (Platynota-Zone, Desmoides-Subzone). Fundschicht ist die Bank 244 (= Gräfenberg Endress Gammabank 6 gemäß meiner eigenen Nummerierung). Das Exemplar hat einen Durchmesser von rund 23 Zentimetern, ist bis zum Ende gekammert und zeigt sich - was in Gräfenberg in dieser Bank eine große Ausnahme ist -  in nahezu unverdrückter Erhaltung. Zählt man pro Umgang die Hauptrippen so ergeben sich für die ersten drei Windungen von außen nach innen die Zahlenwerte 25, 36 und 37. Das heißt, die Zahl der Hauptrippen bleibt im wesentlichen konstant (36 auf 37) und nimmt erst ab dem Stadium, in dem die groben Wulstrippen ausgebildet werden, deutlich ab (37 auf 25). Dies ist typisch für die makrokonchen Formen (= Weibchen) zu Ardescia enayi ATROPS.


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Typisches Lithacosphinctes aff. stromeri. Gut zu erkennen ist die grobe und weitständige Berippung in den inneren Windungen.
Der zweite Ammonit ist ein Geschenk von Fritz Lang aus Roth als Erinnerung an einen sehr erfolgreichen Sammlertag in Gräfenberg im Herbst 2008. Für das schöne Stück sei ihm auf diesem Wege nochmals ein herzliches Dankeschön ausgerichtet. Dieses Stück ist partiell mehr oder weniger stark gedrückt. Bei einem Durchmesser von etwa 22 Zentimetern ist vorne noch ein kleines Stück der Wohnkammer erkennbar. Auch hier kann die Fundschicht eindeutig auf Bank 244 festgelegt werden. Zählt man anlog dem vorigen Exemplar die Hauptrippen ergeben sich folgende Werte: 28, 34 und 37. Die Abnahme der Hauptrippen von 34 auf 37 ist als gering zu bewerten.

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Trotz der unterschiedlichen Erhaltung ist dieses Lithacosphinctes aff. stromeri mit dem vorher gezeigten Exemplar bezüglich Rippendichte und -spaltung fast identisch.

Die beiden Ammoniten fügen sich hervorragend in die Variatonsbreite der Lithacosphincten aus der untersten Lage des mittleren Gamma 1 von Gräfenberg ein. Als mikrokonche Form dominiert Ardescia enayi. Seltener kommen Ardescia proincondita und Ardescia desmoides sowie Formen vor, die noch an Orthosphinctes polygyratus erinnern. Insgesamt kann man alle "Arten" als Morphotypen von Ardescia desmoides auffassen.
 
Die beiden abgebildeten Lithacosphincten stelle ich deshalb in die Verwandtschaft (= aff.) von Lithacosphinctes stromeri, weil diese "Art" ebenfalls nur ein Morphotypus von Lithacosphinctes pseudoachilles ist.
 
Diese bereits in früheren Arbeiten von mir aufgestellte Liste der korrespondierenden dimorphen Paare (= Männchen und Weibchen) in der Bank 244 sieht damit wie folgt aus:
 
Selten: Ardescia desmoides morf. proincondita (m) und Lithacosphinctes pseudoachilles morf. stromeri (M)
 
Selten: Ardescia desmoides morf. desmoides quenstedti (m) und Lithacosphinctes pseudoachilles morf. pseudoachilles (M)
 
Selten: Ardescia desmoides morf. polygyrata (m) und Lithacosphinctes pseudoachilles morf. evoluta (M)
 
Anmerkung: nicht zu verwechseln mit Orthosphinctes polygyratus (m) und Lithacosphinctes evolutus (M) aus dem unteren Malm Gamma 1!
Häufig: Ardescia desmoides morf. enayi (m) und Lithacosphinctes pseudoachilles morf. aff. stromeri (M)
 
Zwischen den Morphotypen gibt es alle nur erdenklichen Übergänge, so dass man alle Formen zu Orthosphinctes (Ardescia) desmoides quenstedti ATROPS (m) und Orthosphinctes (Lithacosphinctes) pseudoachilles (M) stellen kann. Je nach Belieben kann man Orthosphinctes auch weglassen. Auch der von Atrops aufgestellte Morphotyp quenstedti kann weggelassen werden. Der Autor hatte innerhalb der Art desmoides vom mittleren zum oberen Malm Gamma 1 eine skulpturelle Wandlung beobachtet und daraufhin von unten nach oben drei Morphotypen ausgegliedert: Ardescia desmoides quenstedti, Ardescia desmoides desmoides und Ardescia desmoides debelmasi.

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