Hallo zusammen,
mit folgendem Fossil wollte ich sowieso am FdM teilnehmen, da kam Sönkes Aufruf genau richtig, um die Kamera zu zücken und noch rechtzeitig mit dem frisch fertiggestellten Fund anzutreten.
Ich schicke eine kleine Seelilienkolonie aus dem Posidonienschiefer von Dormettingen ins Rennen, die ich bereits 2017 gefunden, dann (natürlich mit Unterbrechungen

) bis 2020 zusammengepuzzelt, im Corona-Lockdown präpariert, letztes Jahr halbfertig restauriert und schließlich in die fähigen Hände einer befreundeten Präparatorin gegeben habe, von der ich sie vor ein paar Wochen wieder abholen konnte. Zum Fossil selbst und zur ungewöhnlichen Fundgeschichte unten gleich mehr, hier zuerst die wichtigsten Eckdaten:
Fossil: Pentacrinus sp. mit Stiel von
Seirocrinus sp.
Größe: Platte ca. 75 x 40 cm
Stratigraphie: Fleins, Posidonienschiefer-Formation (Unteres Toarcium, Unterer Jura)
Fundort: Dormettingen, BW
Fund, Sammlung, Präparation & Fotos: Xaver Donhauser
Restauration & "Feinschliff": Blandine Hautier
Präparationszeit: ca. 50 h Präparation + 11 h Restauration
Nun zur Fundgeschichte: Nach einem recht bewölkten und eher fundarmen Tag im Schieferbruch Dormettingen schlenderte ich etwas lustlos durch den Bruch, bis eine interessante Entdeckung auf der Steinbruchsohle meinen Puls etwas ansteigen ließ. Die Steinbruchsohle wird vom berühmten "Fleins" gebildet, das wohl das fossilreichste Schichtpaket des Posidonienschiefers ist. Im Vorbeigehen sah ich zwei lange "Belemniten" auf dem Boden - nein, konnte nicht sein, einer war gebogen. Zwei Rippen also! Nein, dazu passte wiederum die schnurgerade Form des zweiten Stückes nicht. Nach etwas Grübeln und genauerer Betrachtung stellte sich heraus: Es waren Stiele von großen Seelilien! Diese Entdeckung sorgte zunächst für Begeisterung, ich sah in meiner Vorstellung schon die metergroße Seelilienkolonie. Doch schnell setzte Ernüchterung ein: Die Stiele lagen auf einer Art Sockel und die direkten Anschlussplatten fehlten. Auch im weiteren Umfeld war kein einziges Anzeichen für eine große Seelilienkolonie, geschweige denn dem zugehörigen Treibholz zu erkennen, das die Seelilien als Floß nutzten.
Etwas demotiviert machte ich mich an die Bergung der zwei Stiele, immerhin sind auch das nicht alltägliche Funde und einen entsprechenden Beleg hatte ich noch nicht in der Sammlung. Und - wie sollte es anders sein - zum Beginn der Bergung setzte strömender Regen ein. Leider ließ sich der Fund nur mit mehreren Helfern auf einer riesigen Platte zwischen zwei weit entfernten Klüften herausstemmen. Wenig angetan von der Vorstellung, mehrere Zentner Gestein für ein mittelmäßiges Belegstück zu schleppen, entschied ich mich für die zugegebenermaßen etwas rustikale Variante, die große Platte mit dem Fäustel zu zerschlagen, in der Hoffnung dass der Bereich mit den Stielen intakt bleibt. Das tat er
natürlich nicht und die Platte zerlegte sich in dutzende Einzelteile von wenigen Millimetern bis zu einem halben Meter. Und inmitten dieses Puzzles: Die freigespaltene, perfekt erhaltene Krone einer kleinen Seelilie, nur noch von einem Hauch Gestein bedeckt! Zu gleichen Teilen staunend und fluchend begann ich mit der Bergung der Einzelteile, was sich aufgrund des Regens und der Menge an Schlamm als eine schwierige Aufgabe erwies.
Letztendlich musste ich doch einen Haufen Gestein einpacken, welches mich dann wie oben beschrieben über einige Jahre begleitet hat, da ich die Platten immer erst dann formatieren konnte, wenn gesichert war, dass sich dort keine weiteren Fossilteile verbergen. Außerdem war die Platte in mehrere Schichten aufgespalten, die alle passgenau zusammengesetzt werden mussten. Die Präparation war für mich komplettes Neuland, da das mein erster größerer Fund aus dem Posidonienschiefer war. Heute würde ich vieles anders machen, von der Klebung bis zur Restauration, aber zum Glück hat sich mit Blandine Hautier genau die richtige Präparatorin gefunden, um meine kleineren und größeren Fehler und die Fehlstellen von der Bergung zu kaschieren. Ich hänge als letztes Bild einen Schnappschuss von der Präparation an um zu zeigen, welche Fehlstellen ergänzt sind. (Das fehlende Stück unterhalb der Krone ist übrigens beim fertigen Präparat aus dem "Originalteil" angestückelt, da hatte ich beim Formatieren des Negativs leider etwas zu viel abgesägt...)
Mit dem fertigen Stück habe ich mir einen kleinen Traum erfüllt, so eine Seelilie aus dem Posidonienschiefer wollte ich schon immer haben. Das Fossil selbst ist nicht nur dekorativ, sondern auch noch eine kleine Kuriosität: Üblicherweise kennt man aus dem Posidonienschiefer Kolonien von langstieligen
Seirocrinus, die an Treibhölzern anhaften. Die Oberfläche der Hölzer ist meist von Muscheln und kleineren Seelilien (
Pentacrinus ) besiedelt. Bei meinem Fund fehlt das Treibholz, soweit nichts ungewöhnliches. Die Seelilien könnten durch einen Sturm abgerissen und isoliert eingebettet worden sein. Offenbar haben sich jedoch die kleinen Pentacrinus, die samt einigen Muscheln vom Holz abgerissen wurden irgendwie in dem großen Stiel verfangen, oder mit den Cirren festgehalten, und sind zusammen mit den großen Seiocrinus weit entfernt vom Treibholz zum Liegen gekommen. So zeigt das Stück, auch wenn es nicht ganz ein perfektes Museumsstück ist, doch eine spannende Momentaufnahme aus dem Jurameer.
Viele Grüße
Xaver

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