Sonstige Berichte

Veröffentlichungen unserer Mitglieder: G. F. Mylius und Eisleber Kupferschieferfossilien

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Als Nummer 3 der Eisleber Bergschulhefte erschien im November 2010 das Heft mit dem Titel

Gottlieb Friedrich Mylius (1675 - 1726)
und Eisleber Kupferschieferfossilien
in Sammlungen des 18. und 19. Jahrhunderts



Der Autor der Publikation ist Dr. Silvio Brandt (Halle). Er beteiligt sich bei Steinkern.de unter anderem am Aufbau der Perm-Galerie. Er brachte das Werk über die Eiselber Kupferschieferfossilien im Eigenverlag heraus Seine Zeitschrift umfasst 56 Seiten, enthält 46 farbige Abbildungen und hat das Format 14,8 x 21 cm

Das Heft widmet sich einer Zeit, in der das Sammeln von Fossilien noch in den Kinderschuhen steckte. Der Autor hat sich in alten Schriften, Museen, Archiven und dem Mineralien- und Fossilienkontor Krantz auf eine Spurensuche begeben um die Arbeit von Pionieren (insbesondere die des G. F. Mylius) des Fossilien sammelns nachzuzeichnen. Diese sammelten ihre Schätze - ob selbst gefunden, eingetauscht oder käuflich erworben - in Kabinetten, ähnlich heutigen Privatsammlern. Leider sind diese alten Sammlungen heute in aller Regel verloren gegangen oder verstreut, doch die Sammlung von G. F. Mylius existiert in beachtlichen Teilen noch in dem Naturalienkabinett Linck in Waldenburg (Sachsen) fort, was eine große Besonderheit darstellt.
Der Autor, der ein hervorragender Kenner des Kupferschieferss und seiner Fossilien ist, legte sein Augenmerk bei der Bestandsaufnahme und Begutachtung der alten Kollektionen auf die Fossilien des Kupferschiefers und machte dabei manche Entdeckung. Es gelang ihm unter anderem einige Abbildungsoriginale zu Jahrhunderte alten Werken ausfindig zu machen, von deren Existenz niemand mehr wusste.

Der Leser erhält durch die Schilderungen sowie einige direkte Zitate der Protagonisten einen Einblick in eine Zeit, in der die Deutung von Fossilien noch erhebliche Schwierigkeiten bereitete, war man doch lange Zeit noch davon überzeugt, dass die Fossilien Relikte der Sindflut darstellten... beachtlich erscheinen vor diesem Hintergrund fortschrittliche Gedanken des Sammlers Johann Christoph Meineke (1722-1790), der bereits  1782 mutmaßte, dass die Petrefakten aus vorsinflutlichen Zeiten stammen und etwa durch veränderte Umweltbedingungen ausgestorben sein könnten. So sind drei Seiten der Publikation diesem kaum bekannten Vordenker gewidmet.

Für jeden Kupferschiefer-Interessierten bzw. Regionalsammler ist das Heft unbedingt zu empfehlen. Doch auch, wer sich unabhängig davon ein wenig mit den Anfängen des Fossilien sammelns vertraut machen möchte - und Parallelen zwischen damals und heute ziehen mag - wird den Erwerb der Zeitschrift nicht bereuen. Für mich war das Lesen überraschend kurzweilig. Leider sind einige Fotos im Druck etwas zu dunkel geraten, was aber den positiven Gesamteindruck kaum schmälert.


Sönke Simonsen




Der Preis beträgt 7 Euro zzgl. Versandkosten als Büchersendung.

Bestellungen bitte an den Autor richten:


Dr. S. Brandt über email: janassa69(at)hotmail.com

Das (at) bitte durch @ ersetzen.





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Auszug aus dem Vorwort:


Seit Jahrtausenden betreibt der Mensch den Erzbergbau. Erkenntnisse über den Bau der Erde, der Gesteine und Gebirge waren ein damit verbundener Effekt und die Notwendigkeit zur Fortführung des Bergbaus. Fossilien als Zeugen vergangenen Lebens fanden sich dabei in der Regel nicht.
Der Kupferschiefer ist diesbezüglich eine seltene Ausnahme, da es sich hier um eine sedimentäre Lagerstätte handelt.
Erst mit der Erfindung des Buchdruckes Mitte des 15. Jahrhunderts war es möglich, das Wissen und neue Erkenntnisse einem breiten Personenkreis zugänglich zu machen und für spätere Generationen zu bewahren. Unter den genannten Aspekten und durch die relativ große Menge der im Kupferschiefer gefundenen Fossilien und die Blüte des Mansfelder Kupferschieferbergbaus im 16. Jahrhundert ist es nicht verwunderlich, dass die älteste Abbildung eines Fossils in einem gedruckten Buch ein Mansfelder „Kupferschieferhering“ ist. Er wurde erstmals in Sebastian Münsters „Cosmographei“ (Beschreibung der Welt) 1550 abgebildet. Weitere Abbildungen in Büchern aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts folgten...
Doch bis zu den ersten gezielt angelegten Fossiliensammlungen vergingen noch 150 bis 200 Jahre. Es war die Zeit des Barock und der bürgerlichen Aufklärung, als die meisten Naturalien - und Kuriositätenkabinette oder Kunstkammern in Europa entstanden. Nun war es nicht mehr – wie im Mittelalter – nur Fürsten und Kircheninstitutionen vorbehalten, Schatzkammern anzulegen, sondern die Möglichkeit stand auch dem interessierten und finanzkräftigen Bürgertum offen. Man wollte möglichst die gesamte Welt und das gesamte Wissen zu sich nach Hause holen: „Macrocosmos in Microcosmo“ („Die Welt in der Stube“).
Aus dieser Zeit stammen auch die ersten kleinen Kupferschieferfossiliensammlungen. In den wenigen noch existierenden Kunstkammern in Europa ist ein kleiner Teil der Fossilien bis heute erhalten. Doch wiederum vergingen 100 bis 150 Jahre, bis die ersten gezielten großen Aufsammlungen unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten erfolgten. Auch von diesen ist heute vieles - aber zum Glück nicht alles - verloren gegangen. Baron von Schlotheim in Gotha war ab etwa 1800 einer der ersten in Deutschland, der u. a. Kupferschieferfossilien aus Thüringen gezielt sammelte und wissenschaftlich bewertete.
In der Eisleber Region lassen sich gezielte Aufsammlungen für die Bergschule in Eisleben ab etwa 1820 und für die Universität Halle ab etwa 1830 nachweisen, angeregt durch den Ersten Lehrer Plümicke der Bergschule Eisleben bzw. den Halle´schen Professor Ernst Friedrich Germar und nachfolgend auch durch dessen Publikationen über Kupferschieferfossilien 1840 bis 1842...
Fast alle diese Sammlungen, die zwischen 1860 und 1945 entstanden sind, sind bis heute erhalten. Eine traurige Ausnahme bildet dabei die Sammlung der Eisleber Bergschule, die in viele Teile zerstückelt, verteilt, verschenkt und zuletzt 1976 verkauft wurde und dadurch den Wert, der vor allem in der Geschlossenheit aller Sammlungen lag, verloren hatte...
Beabsichtigt ist, in diesem Heft vielmehr einen Beitrag zu den erhaltenen Sammlungen des 18. Jahrhunderts von der Zeit der Aufklärung bis zu den ersten wissenschaftlichen Sammlungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu geben. Der Autor recherchierte hierzu über drei Jahre, dokumentierte historische Kupferschiefersammlungen in den letzten 20 Jahren und suchte Museen und Archive auf, um die dort verborgenen Schätze zu neuem Leben zu erwecken.
Die aufwendige Transskription von 19 Briefen von Mylius an Scheuchzer und dessen Notizen über zwei Briefe an Mylius aus der Zentralbibliothek Zürich brachten neue Erkenntnisse über Gottlieb Friedrich Mylius, dessen Naturalienkabinett und die Entstehung seiner „Saxonia subterranea“.
Weiterhin konnte die intensive Beschäftigung mit den historischen Sammlungen erstaunliche Parallelen zwischen den Besitzern, deren Sammelleidenschaften, Aufbau, Inhalt und die Strategien zur Anlage einer Naturaliensammlung im 18. und 19. Jahrhundert aufzeigen. Auch Parallelen zu heutigen Sammlern, Sammlungen und Sammelleidenschaften finden sich...
Bei der Darstellung kann es sich dennoch nicht um eine vollständige Aufzählung der Sammlungen, deren Fossilien und der Literatur handeln. Sie soll lediglich den historischen Wert der Fossilien hervorheben, das Interesse daran wecken, die Stücke auch zukünftigen Generationen zu bewahren helfen und Anstoß geben, vielleicht einmal wieder den Weg in die Museen zu finden und die (montan-) historischen Traditionen und Gegenstände zu bewahren.
Grundsätzlicher Anlass hierfür ist die Erinnerung an die historische Leistung des Leipziger Juristen Mylius, der vor fast genau 300 Jahren begann, die Fossilien Mitteldeutschlands – darunter unzählige Kupferschieferfossilien – erstmals systematisch zu beschreiben. Nur glücklichen Umständen und der Weitsicht vieler Menschen verdanken wir heute den Erhalt von großen Teilen seiner Sammlung, die im Naturalienkabinett Linck vereinigt und noch heute in Waldenburg in Sachsen in ursprünglichem Zustand ausgestellt sind.
Damit wird in ungeahnter Weise Bergbaugeschichte aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts lebendig, wie sie für Deutschland und vielleicht sogar für Europa einmalig ist ...