Trilobiten

Der blanke Horror: Präparation eines Heliopeltis aus dem Devon Marokkos

Manche Trilobiten aus dem Devon von Marokko sind von solch bizarrer Schönheit, dass man es kaum glauben kann. Doch wer einen schönen Trilobiten haben will, muss (manchmal) leiden, so jedenfalls erging es mir in diesem Fall, denn die Präparation dieses Exemplars erwies sich um ein Vielfaches schwieriger als es bei einem derartigen Stacheltrilobiten ohnehin erwartet werden konnte. Es geht um die Freilegung eines Heliopeltis ihmadi FEIST & CHATTERTON, 2015 - früher unter Andegavia geführt - mit der ich mich rund 30 Stunden lang beschäftigte.

Das Steinchen mit dem Trilobiten habe ich in anpräpariertem Zustand von einem Freund erhalten, da die Glabella einen kleinen Schaden hat. Ich nahm den Trilobiten gerne mit, da man einem geschenkten Barsch bekanntlich nicht in die Kiemen schaut.

Es ist der vierte Heliopeltis, den ich präpariert habe. Keines der Exemplare war vollständig. Und auch keines der Stücke, die ich live gesehen habe, war wirklich perfekt - und das sind immerhin schon 10 Exemplare. Die Gattung ist aufgrund ihres extrem reduzierten Körperbaus, den sie durch überlange Stacheln kompensiert hat, extrem fragil – damit ist klar, warum Heliopeltis so leicht kaputt gehen. Man kann eigentlich schon froh sein, wenn wenigstens der Körper einmal halbwegs artikuliert vorliegt.

 

Der Ausgangszustand

Der Stein besteht aus drei Teilen. Die Querbrüche machen einen guten Eindruck, was mich optimistisch stimmt. Auf Abb. 1 erkennt man die rechte Seite des Kopfes. Die Wange ist schon anpräpariert. Auch der große Augenstachel ist schon zu sehen, allerdings nicht ganz dort, wo er eigentlich hingehört. Er hat sich nach dem Tod des Trilobiten samt Augendeckel abgelöst und wurde etwas verdriftet eingebettet. Daneben kann man bereits den Ansatz des Nackenstachels sehen.

 

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Abb. 1

 

Abb. 2 zeigt denselben Stein, allerdings von der Rückseite. Dort lassen sich die ersten anpräparierten Spindelsegmente des Körpers erkennen.

 

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Abb. 2

 

Auf Abb. 3 sieht man den hinteren Stein der rechten Seite mit dem weitgehend freigelegten Nackenhorn, den letzten drei Pleurenstacheln und dem Pygidialstachel.

 

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Abb. 3

 

Bei Abb. 4 schaut man von hinten auf die linke Seite des Kopfes. Man erkennt den linken langen Augenstachel, der abgerissen und etwas verdriftet ist. Ferner kann man noch die linke Wange und weiter unten einige weitere Pleurenstacheln sehen.

 

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Abb. 4

 

Zusammengelegt ergibt sich folgendes Gesamtbild:

 

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Abb. 5

 

Die Präparation

Die gesamte Präparation findet unter Einsatz von verschiedenen Druckluftpräpariersticheln statt, von denen jeder seine speziellen Eigenschaften hat und daher jeweils nur für bestimmte Einsatzbereiche tauglich ist.

Es wird an allen Steinen abwechselnd immer wieder ein Stück weiter präpariert. Dieses Vorgehen ist notwendig, da sich Kopf- und die Pleurenstacheln des Öfteren kreuzen. Auch liegen Heliopeltis eigentlich immer im Hohlkreuz, was die Arbeit nicht gerade erleichtert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Stacheln so dünn sind, dass man, wenn man einmal durch ist, sie meist nicht wieder findet. Abb. 6 zeigt, wie eng es bei diesem noch eher großen Individuum zugeht! Zu diesem Zeitpunkt sind die Steine, die den Kopf beherbergen, bereits zusammengeklebt.

 

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Abb. 6

 

Im nächsten Schritt wird das Nackenhorn - zu großen Teilen auf Matrix liegend - ausgebaut, da es der Freilegung darunter liegender Teile des Trilobiten im Weg steht.

 

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Abb. 7

 

Dann können die Pleurenstachel der linken Körperseite weiterverfolgt werden. Zwar zeigt sich, dass sie ganz schön lang sind, doch leider letztlich dann doch nicht so lang, wie sie ursprünglich einmal waren. Alle drei sind abgebrochen, wobei ein Teil des letzten Stachels nur verstellt und geringfügig verlagert ist.

 

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Abb. 8

 

Nun wird der verbliebene Stein mit einem dünnflüssigen Harz verklebt. Überschüssiger Kleber läuft im „Hohlkreuz“ des Trilobiten zusammen und kann im angelierten Zustand zu großen Teilen relativ einfach mit einem Skalpell entfernt werden.

 

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Abb. 9

 

Im folgenden Arbeitsgang wird der nächste große Abschnitt des Nackenhorns samt umgebendem Gestein ausgebaut. Dann werden weitere Pleurenstacheln, der Pygidialstachel und der rechte Augenstachel weiter freigelegt. Dabei wird es wieder sehr unübersichtlich.

 

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Abb. 10

 

So ist denn auch der folgende Arbeitsschritt klar: Der rechte Augenstachel muss temporär weichen.

 

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Abb. 11

 

Nun konnte ich mich weiter um die Pleuren und die rechte Wange kümmern. Man sieht, dass auf der rechten Seite alle Stacheln annähernd komplett sind. Sie liegen dort so, wie man es sich wünscht.

 

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Abb. 12

 

Abb. 13 zeigt die ausgebauten Teile.

 

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Abb. 13

 

Nun werden die vorderen Rumpfsegmente angegangen, die alle auf der Spindel zerbrochen und so verlagert sind, dass die Stacheln schon wegrasiert sind, bevor man sie überhaupt sehen kann.

Dann wird der Stein formatiert und die Flächen werden geweißt, um einen besseren Überblick zu bekommen. Lediglich dort, wo die Kopfstacheln in den Stein abtauchen, bleiben kleine Vierecke der Matrix unbehandelt, damit man nicht aus Versehen die Anschlüsse ruiniert.

 

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Abb. 14

 

Nachdem der nur fragmentarisch erhaltene linke Augenstachel ebenfalls ausgebaut ist, sieht das Ganze von der Rückseite betrachtet so aus wie es Abb. 15 zeigt.

 

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Abb. 15

 

Zwischenzeitlich sind zwei Jahre ins Land gegangen. Dann wird die Katastrophe wieder hervorgekramt. Der Spot wird überarbeitet und ein Stachel teilweise ausgebaut, um ihn „tunneln“ zu können, damit der darunter liegende Stachel besser zur Geltung kommt, welcher – wie sich herausstellt - jedoch leider viel früher endet als erhofft.

 

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Abb. 16

 

Dann wird die Standfläche nachbeschlagen und der zuvor entfernte Stachel wieder eingeklebt.

 

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Abb. 17

 

Als zwischenzeitliche Geduldsprobe werden die ausgebauten Teile der Kopfstacheln vollständig freigelegt. Das frisst Stunden; es ist am Ende aber eine Basis zum Weitermachen geschaffen.

 

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Abb. 18

 

Nun werden die noch vorhandenen Löcher im Stein verspachtelt und ein Teil des Nackenhorns sowie der Hauptstachel des linken Auges aufgeklebt.

 

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Abb. 19

 

Zwischenzeitlich fiel der Entschluss, das weitgehend fehlende linke Haupthorn auf dem Auge zu restaurieren. Dazu wird ein Stachel in bewährter Manier aufgebaut: Hierzu wird ein dünner Draht vorgerichtet und schichtweise mit Sekundenkleber und Steinmehl auf die gewünschte Stärke gebracht.

 

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Abb. 20

 

Nun werden die aufgefüllten Bereiche des Steins verputzt und der „Brückenstachel“ verschliffen.

 

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Abb. 21

 

Dann wird es noch einmal fummelig: Das Haupthorn auf dem rechten Auge wird aufgesetzt. Es passt gerade so.

 

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Abb. 22

 

Es folgen das Nackenhorn, die Restauration des Haupthorns auf dem linken Auge und dann die vor dem Haupthorn stehenden Nebenhörner. Das rechte ist original vorhanden, das linke muss restauriert werden. Nachfolgend werden die Stacheln sämtlich mit Sekundenkleber gesichert. Fehlende Partien, besonders die Augendeckel, werden mit Sekundenkleber aufgebaut.

 

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Abb. 23

 

Nun präsentiert sich das „Monster“ in der nachfolgenden Gestalt (Abb. 24-27). Es kann nun zum Strahlen gehen. Das wird wohl wieder ein Weilchen dauern - und ehrlich gesagt, ich mag den Trilobiten vorerst auch gar nicht mehr sehen.

 

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Abb. 24 - Ansicht vergrößern.

 

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Abb. 25

 

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Abb. 26

 

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Abb. 27

 

Fossil:Heliopeltis ihmadi

Fundort / Zeitalter: Quadrops-Couche, Marokko, Devon

Größe: mit Stacheln ca. 8 cm

Arbeitszeit: bislang ca. 30 Stunden

 

Dank

Mein Dank an dieser Stelle gilt Markus, der mir diese Leiche dankenswerterweise überlassen hat.

 

Udo Resch für Steinkern.de, alle Rechte liegen beim Autor.