Trilobiten

„Eine Kiste voller Leichen“ - Präparation marokkanischer Trilobiten, 1. Teil: Ceratarges ziregensis

Wenn man eine Kiste Stacheltrilobiten aus Marokko zu einem günstigen Kurs bekommen kann, fackelt man oft nicht lang, auch wenn die Stücke schon anpräpariert sind. Gründe dafür liefern das in diesem Jahr in Kraft getretene Kulturgutschutzgesetz, ein drohendes Exportverbot von marokkanischer Seite, oder aber man sagt sich schlichtweg: die Stücke wären zum Wegwerfen einfach viel zu schade. Abgesehen davon weiß man bei ansatzweise freigelegten Exemplaren in etwa, was man bekommt und unliebsame Überraschungen bleiben zumeist aus, anders als bei Stücken die nur in einem einzigen Querbruch erkennbar sind.

Zu Weihnachten 2015 gab es mal wieder eine solche Kiste. Der Inhalt, alles Stachler, alle mit Problemen (aus der Sicht eines Referenztrilosammlers). Das Gros sind Ceratargen und die liebe ich ja bekanntermaßen. Mal sehen, was sich diesmal daraus machen lässt.

Der erste Stein reißt gleich die Messlatte. Ein Ceratarges mit einem tektonisch deformierten Kopfschild. Es sieht aus, wie eine Blechdose, die man im Schraubstock zusammengefaltet hat. Interessant, aber das will ich mir nun wirklich nicht antun. Er wandert sofort in die Kiste mit Material zum Verschenken.

In den nächsten Monaten möchte ich nach und nach einige Präparate aus besagter Kiste vorstellen. Zunächst beginne ich mit einem bereits fertiggestellten Ceratarges ziregensis, dessen Freilegung ich in Fotos festgehalten habe.

 

Beispiel 1: Ceratarges ziregensis

Der Ceratarges besteht im Ausgangszustand aus nur zwei Teilen und er ist komplett. Man sieht schon alles - auch, dass Teile der Schwanzstacheln fehlen und die linke Wange „verrutscht“ ist. Es ist ein „Spine on Spine“ von Zireg. Da kein grobes Formatieren erforderlich ist, wird der Stein vor weiterer Bearbeitung mit dem Druckluftstichel direkt geklebt.

 

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Abb. 1

 

Es wird kein großartiges Nachbeschlagen vonnöten sein, um aus diesem Stein etwas Schickes zu machen, wohl aber etwas an Restaurationen, denn die unvollständigen Stacheln können meiner Meinung nach so nicht bleiben. Wenn ein Rohling von Haus aus gleich drei Stellmöglichkeiten mitbringt, dann darf darauf keine „Gurke“ stehen.

Ich mag naturbeschlagene Steine. Es ist eine hohe Kunst, ein Fossil auf die Art zu präsentieren. Es erfordert Erfahrung mit dem Gestein und Vorstellungsvermögen, denn der Stein wird in der Regel schon festgelegt, bevor das Objekt vollständig freigelegt wird. Man muss also vorher wissen, wie das Stück am Ende aussehen soll. Und das richtige Werkzeug braucht man auch.

 

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Abb. 2 und 3

 

Und wie es der Teufel will, geht es schief und es bleibt ein Buckel, der das Stück schaukeln lässt. So kommt dann notgedrungen doch der Bandschleifer zum Einsatz.

 

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Abb. 4

 

Das Zwischenergebnis sieht schon ganz gut aus, doch die Neigung nach links erscheint noch etwas zu stark. Also wird nochmals etwas Material abgetragen.

 

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Abb. 5

 

Nun geht es richtig los. Es geht vor dem Kopf entlang, dort wird der Stein noch mal vorsichtig nachbeschlagen. Dann geht es auf der Rückseite des Cephalons herunter bis auf den Occipitalring, bei gleichzeitiger weiterer Freilegung des Schwanzschildes mit dem Druckluftstichel.

 

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Abb. 6

 

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Abb. 7

 

Nun stehen die Kopfhörner auf Stegen und sind am Ansatz bereits „getunnelt“. Auch das linke Auge steht schon weitgehend frei.

 

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Abb. 8

 

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Abb. 9

 

Nun ist das zweite Auge an der Reihe und unter den Kopfhörnern wird weiter Material zwecks Freistellens „ausgebaut“.

 

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Abb. 10

 

Jetzt werden die Augen entnommen und wegsortiert.

 

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Abb. 11

 

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Abb. 12

 

Die Demontage geht weiter. Das linke Kopfhorn muss vorerst weichen.

 

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Abb. 13

 

Das rechte Kopfhorn folgt.

 

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Abb. 14

 

Nun geht es daran, den Körper aus dem Gestein herauszuholen. Es wird beim Arbeiten ziemlich eng und der Verdacht erhärtet sich, dass es einen seitlichen Versatz zwischen Kopf und Körper geben könnte.

 

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Abb. 15

 

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Abb. 16

 

„Schwein gehabt“ - es ist lediglich eine Rotation im Körper, die diesen Eindruck erweckt hatte.

 

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Abb. 17

 

Diese Enge macht einen närrisch! Und da an zwei Stacheln des Schwanzschildes ohnehin etwas fehlt, fällt der Entschluss nicht schwer. Alle vier Stacheln des Pygidiums werden abgenommen, werden also freigestellt.

 

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Abb. 18-20

 

 

Nun geht es wieder an den Stein. Die Wacke wird nachbeschlagen, der Spot um den Trilobiten wird überarbeitet und nebenbei der ventrale Stachelkranz vom Schwanzschild freipräpariert.

 

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Abb. 21

 

Ließen sich die Pleuren auf der linken Seite noch verhältnismäßig gut freilegen, entpuppen sie sich rechts als ziemlich kompliziert. Verwitterter Pyrit oder Markasit hat Säuren freigesetzt, die Gestein und Fossil ziemlich mürbe machen. Mit permanentem Härten geht es aber einigermaßen. Ein abschließendes Strahlen können wir aber wohl vergessen.

 

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Abb. 22

 

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Abb. 23

 

Nun geht es noch einmal um den Trilobiten herum, um die Matrix in der Umgebung des Fossils noch einmal zu homogenisieren. Dann kann aufmontiert werden. Ein Teil nach dem anderen kommt zurück an seinen Platz. Dabei ist zu beachten, dass man nicht zuerst die Elemente anbaut, die einem den Zugang zu anderen erheblich erschweren. In diesem Fall in dieser Reihenfolge:

 

Augen:

 

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Abb. 24

 

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Abb. 25

 

Kopfhörner:

 

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Abb. 26

 

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Abb. 27

 

 

Dann die Pygidialstacheln, erst vorne und dann hinten:

 

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Abb. 28

 

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Abb. 29

 

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Abb. 30

 

Nun werden noch die beiden Stachelspitzen modelliert und angesetzt, um die eingangs erwähnten Fehlstellen zu restaurieren.

 

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Abb. 31

 

Am Ende wird das Stück noch mit Zaponlack versiegelt. Nun präsentiert der Ceratarges sich in einer sehr attraktiven Art und Weise. Auf direkter Linie gemessen kommen wir nebst Restaurationen auf eine Länge von ca. 5 cm, gestreckt dürfte die Größe des Ceratarges bei ca. 7 cm liegen.

 

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Abb. 32

 

 

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Abb. 33

 

 

 

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Abb. 34

 

Verwendete Werkzeuge: diverse Druckluftstichel, Nadel, Skalpell, Fräser.

 

Udo Resch für Steinkern.de