Fossilien aus mergeligen Gesteinen mit Ätzkali präparieren

Fossilien aus Mergeln, Mergelkalken etc. lassen sich oft gut mit Ätzkali präparieren. Voraussetzung ist, dass das Fossil selbst in kalkiger Erhaltung vorliegt. Auch zarteste Strukturen werden bei sorgfältiger und vorsichtiger Verarbeitung erhalten. Man muss jedoch den Vorgang konsequent beobachten und ist vor Überraschungen keinesfalls sicher.

Ätzkali (KOH, Kaliumhydroxid) ist in Form von weißen Schuppen oder gepressten Pellets (ähnlich wie kleine Dragees) im Handel. Die Schuppen sind für die Präparation besser geeignet, die Kontaktfläche der Schuppen mit dem Fossil ist größer und die Größe der Schuppen lässt sich bei der Bearbeitung kleiner Stellen besser anpassen. Eine technische Qualität (meist ca. 90% KOH) ist völlig ausreichend. Bessere Qualitäten (z. B. p. A.) sind deutlich teurer. Man kann entweder kleine Mengen im Versand oder eventuell im Chemikalienhandel kaufen oder größere im Fachhandel. Bei den großen Gebinden ist die kleinste käufliche Menge meist 25 kg im Plastiksack. Das billigere und leichter verfügbare Ätznatron (Abflussreiniger) ist höchstens zu Reinigungszwecken geeignet, präparieren lassen sich Fossilien damit nicht.

Ätzkali ist ein Gefahrgut und sollte unbedingt mit der entsprechenden Vorsicht aufbewahrt und verarbeitet werden. Es verursacht schwere Verätzungen. Beim Umschütten unbedingt Mundschutz (OP-Maske) tragen. Auch kleine Staubmengen schädigen die Atemwege. Ansonsten konsequent Schutzbrille und Handschuhe benutzen, bei Hautkontakt sofort mit reichlich Wasser abspülen, Augenkontakt ist unbedingt zu vermeiden. Möbel und Kleidung werden verätzt, also beim Arbeiten Unterlage benutzen (z. B. Entwicklerschale für Fotolabors) und alte Klamotten oder Schürze tragen. Kinder sollten selbstverständlich nicht an die Chemikalie können. Ätzkali ist hygroskopisch, es zieht Feuchtigkeit aus der Luft an. Es eignen sich also nur völlig luftdicht schließende Gefäße für die Aufbewahrung.

Bei dickeren Mergelumhüllungen sollte man wenn möglich wegen der Zeitersparnis zunächst mechanisch vorpräparieren.

Man bedeckt das zu präparierende Fossil oder die freizuätzenden Stellen mit Hilfe einer Pinzette oder eines Löffels mit den Ätzkalischuppen und befeuchtet diese mit einer Pipette oder einer Sprühflasche (z. B. vom Glasreiniger). Man sollte eher mehrfach wenig Wasser auftragen als zuviel, sonst läuft nur die Kalilauge nutzlos  herunter. Flüssige Kalilauge funktioniert kaum, es muss also immer noch ungelöstes Ätzkali  in fester oder Breiform auf dem Fossil vorhanden sein.

An schrägen Flächen haften die Schuppen besser, wenn man das Fossil vorher anfeuchtet. Oft muss man es in einer bestimmten Stellung fixieren, damit die Schuppen liegen bleiben. Hierfür benutze ich ein Stativ und Klemmen, wie sie in Chemielabors benutzt werden. Sehr hilfreich sind auch die Sätze von Gummidichtungen für Büchnertrichter (Laborfachhandel), da findet sich für fast jedes kleinere Fossil etwas. So lassen sich auch kleine Stellen gezielt ätzen. Will man einzelne (z. B. freigewitterte Teile) Stellen vor dem Ätzkali schützen, tropft man etwas Wachs auf.

Wichtig ist es, den Fortschritt der Ätzung in kurzen Abständen zu kontrollieren. Dies ist definitiv nicht die chemische Präparationsmethode, bei der man zwischendurch mal einkaufen gehen kann. Wenn man feststellt (z. B. mit einer Präpariernadel), dass sich Mergel gelöst hat, spült und bürstet man das Fossil ab (Handschuhe!!!!). Wenn ich in mehreren Gängen ätze (z. B. jeden Abend nach der Arbeit), lagere ich die Fossilien zwischendurch in Wasser. Wenn man sie trocknen lässt, blüht sonst das Präpariermittel oder davon gebildete Salze aus und beschädigen oder zerstören das Fossil.

Zum Greifen der Fossilien während des Ätzens kann man eine große Pinzette oder eine Grillzange benutzen.

Für unabdingbar halte ich, zunächst für jeden Fundort und jede Fossilart Vorversuche mit weniger kostbaren Stücken zu machen. Sonst kann es passieren, dass sich das Prachtstück auflöst und man sich selbst dann ziemlich angeätzt fühlt. Inzwischen beobachte ich an zunächst einem Schrottexemplar jeweils, wie lange es bis zur beginnenden Zerstörung dauert, dann habe ich eine ungefähre zeitliche Obergrenze. Man sollte dafür den Fortschritt der Ätzung regelmäßig kontrollieren. Die beginnende Zerstörung des Fossils lässt sich gut daran erkennen, dass es weich wird. Um das festzustellen, ist eine Dentalsonde (Flohmarkt) oder Präpariernadel hilfreich. Man spürt damit sofort, wenn das Material weicher wird. Damit lässt sich auch der Fortschritt beim Auflösen des zu entfernendes Gesteins gut feststellen. Manche Fossilen (z. B. Brachiopodenschalen) bekommen bei Überschreiten der Maximaldauer hartnäckige weißliche Beläge. Im Ernstfall hilft die Küchenstoppuhr als Gedächtnisstütze, herbe Verluste zu vermeiden.

Die verschiedenen Fossilarten sind gegenüber dem Präparationsmittel unterschiedlich empfindlich, auch wenn sie aus der gleichen Fundschicht stammen. Bei mir wurden (aus der gleichen Fundschicht) Bryozoen sehr rasch (ca. 2h) angegriffen, Brachiopodenschalen werden nach etwa der doppelten Zeit zerstört, Korallen sind deutlich robuster, da habe ich das Präpariermittel auch schon mal über Nacht draufgelassen. Bei ähnlichen Fossilen von einer anderen Fundstelle kann das ganz anders sein, neulich habe ich eine vermeintlich unempfindliche Koralle mit ca. 1 Stunde Ätzen stark beschädigt und mich sehr geärgert, Bei der gleichen Art von einem anderen Fundort habe ich bisher mehr als 10 Stunden geätzt – mit mäßigem  Erfolg. Gesteine sind halt keine genormten Industrieprodukte.

Besonders vorsichtig sollte man sein, wenn das Fossil bereits Beschädigungen aufweist, z. B. Risse in einer Brachiopodenschale.  Eventuell kann man das Fossil in solchen Fällen vorher mit Sekundenkleber stabilisieren.

Wenn das Fossil präpariert ist, folgt die unerlässliche Nachbehandlung. Man muss alle Reste des Ätzkalis aus dem Fossil wieder entfernen, sonst blühen das Mittel oder entstandene Salze beim Trocknen aus und zerstören unweigerlich das Fossil. Nach dem letzten Abspülen und -bürsten muss man ausgiebig wässern.

Anfangs habe ich zuwenig gewässert und hatte Probleme mit Ausblühungen und mir Fossilien zerstört. Jetzt hänge ich die Fossilien nach dem Ätzen in Kunststoffnetzen (z. B. vom Kartoffel- oder Tomatenkauf) ca. 2 - 4 Wochen in den Spülkasten der Toilette. Bei dafür zu großen Brocken hilft nur häufiger Wasserwechsel oder längeres Spülen (Duschschlauch in Schüssel legen und Wasser wenig aufdrehen). Lieber zuviel als zuwenig wässern. Anschließend lege ich die Stücke in Haushaltsessig und wässere danach noch einmal mehre Tage. Auch die Neutralisation mit Essig muss man genau beobachten. Wenn die Bläschenbildung heftig wird sollte man beenden, dies kann nach wenigen Minuten oder erst nach 2 Stunden der Fall sein. Wenn ich nicht kurzzeitig immer wieder kontrollieren kann, verdünne ich den Essig 1:2, 1:4 oder 1:6  mit Wasser. Man sollte vorzugsweise völlig klaren Essig benutzen, dann lässt sich in einem Glas der Vorgang besser kontrollieren. Der Essig kann mehrfach verwendet werden. Um nicht literweise Essig bevorraten zu müssen, verdünne ich inzwischen Essigessenz (80 % Säure) nach Bedarf. Nach der Essigbehandlung werden die Stücke noch einmal gründlich gewässert, Dann können sie trocknen. Wenn dabei weiße Ausblühungen auftreten, sofort wieder wässern und Essigbehandlung wiederholen.

Ich wünsche viel Spaß und Erfolg!!!!!