Wie man eine Libelle aus dem Stein "kitzelt" - Teil III: Cymatophlebia longialata

Ich möchte Ihnen in diesem Bericht die Präparation einer Libelle vorstellen, die für Plattenkalk-Verhältnisse recht tief im Stein gelegen hat.

Es handelt sich um eine Cymatophlebia, die sich im Zustand, den man auf Abb. 1 sieht, in einer alten Sammlung befand. Der Stein war schlecht geklebt, die Platte zur Kachel formatiert und mangelhaft auf einen Trägerstein aufgedoppelt. Hinzu kamen eine sehr knappe Randlage und ein offensichtlich fehlender Hinterleib. Ausgangsbedingungen, die das Herz des Präparators nicht gerade höher schlagen lassen. Allein der Gedanke an eine gute Qualität hält einen da noch bei Laune.

 

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Abb. 1

 

„Gefühlt“ liegt das Fossil etwa 2,5 mm tief in der Platte. Eine Vermutung, die sich bei der Suche nach den Flügeln der linken Seite bestätigt. Diese lassen sich relativ einfach freilegen, wobei sich auf der unteren Hälfte des hinteren Flügels ein Kalkhäutchen befindet, dass schlecht trennt. Aber mit Geduld bekommt man auch dieses in den Griff.

 

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Abb. 2

 

Die Freilegung der rechten Seite gestaltet sich ähnlich. Hier dehnt sich das kalkige Häutchen aber auf die äußere Seite beider Flügel aus. Beim Vorderflügel war an einer Stelle die Täuschung sogar so perfekt, dass man denken konnte, der Flügel sei infolge einer Beschädigung unvollständig. Die Freilegung des Kopfes und der Beinchen gestalten sich erfreulicherweise leicht.

 

 

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Abb. 3

 

Die Täuschung durch den Kalzit-Überzug im Bereich des rechten Vorderflügels konnte erkannt und der Flügel vollständig freigelegt werden. Der Hinterflügel jedoch läuft an der Spitze leider etwa einen halben Zentimeter aus der Platte heraus. Nun rächt sich das einstige Formatisieren auf das Maß einer Kachel, denn es ist nicht mehr genug Stein da, um etwas an der natürlichen Kluft ansetzen zu können. Ich entscheide mich dazu, das Stück so zu belassen wie es ist.

Im folgenden Arbeitsschritt ergänze ich den Hinterleib der Form nach.

 

 

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Abb. 4

 

Auch hier zeigt sich, dass das Format der Platte reichlich knapp gewählt wurde, aber so in die Ecke gequetscht, entwickelt das Stück auch einen gewissen Charme.

 

 

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Abb. 5

 

Nachdem diese Arbeiten abgeschlossen sind, kommt der waghalsigste Teil des Unternehmens. Der Trägerstein muss entfernt werden. Mit einem ultraspitzen Meißel und vier trockenen Schlägen mit einem leichten Hammer geht die Reduzierung der Platte erfolgreich vonstatten, ohne dass der Stein bricht oder ein Loch ins Fossil gerissen wird. Die Kleberschicht bleibt weitestgehend auf der das Fossil tragenden Platte haften und kann anschließend einfach mit einem Skalpell entfernt werden.

 

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Abb. 6

 

Anschließend wird die Platte in Aceton eingelegt. Dies geschieht in einer geschlossenen Wanne, um die Dämpfe möglichst gering zu halten.

 

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Abb. 7

 

Nach ein paar Stunden ist der Kleber so zersetzt, dass die Fuge von allein auseinander geht und sich die Reste des Harzes leicht mit Skalpell und Nadel entfernen lassen.

 

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Abb. 8

 

Nach einigen Stunden Trockenzeit kann der Stein neu zusammengefügt werden. Hier kommt eine "stehende Klebung" zum Einsatz (vgl. Abb. 9).

 

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Abb. 9

 

Dann gilt es nur noch die Klebenähte zu versäubern – und das Ergebnis sieht gegenüber vorher erheblich besser aus.

 

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Fossil: Libelle Cymatophlebia longialata

Spannweite: ca. 11,5 cm

Fundort: Solnhofener Plattenkalke um Eichstätt

Arbeitsaufwand: ca. 5 Stunden

 

Links:

Fingerspitzengefühl: Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt - Teil I

Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt - Teil II