Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt II

Bereits im Bericht "Fingerspitzengefühl: Wie man eine Libelle aus dem Stein kitzelt" habe ich beschrieben, wie eine Libelle aus Solnhofen präpariert wird. Hier möchte ich einen weiteren Fall vorstellen. Es handelt sich um den Eigenfund eines Freundes, dem das Ding zu "heiß" war.

 

Im Vergleich zu der im oben erwähnten Artikel vorgestellten Libelle ist die vorliegende Libelle mikroskopisch klein. Ein Eindruck der Platte macht dies deutlich und erklärt, warum ich auch etwas nervös war.

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Es lässt sich lediglich eine stabförmige Vertiefung von etwa 3 cm Abmessung erkennen, die auch nur den Ansatz eines Flügels zeigt. Vermutlich ist die Libelle auf der Seite liegend eingebettet.

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Zuerst wird der Stein im Profil beurteilt, wo die Libelle denn liegen könnte. Mit viel Fantasie ist an einem Bruch der Platte eine in Frage kommende Schichtfläche zu erkennen. Nun werden die Konturen mit Bleistift markiert und an einer Ecke mal probiert, wie man so vorankommt, bzw. wie gut die Schicht trennt.

 

Das Ergebnis ist nicht gut. Obwohl der Stein vorab angeschlagen wurde um zu sehen wie er klingt (dies dient der Suche nach möglichen Sprüngen, die man so nicht sieht), es war ein glockenheller Ton, scheint der Stein die Schwingungen, die der umgebaute CP so produziert, nicht gut zu vertragen. Auf jeden Fall fängt der Stein unmittelbar an zu scheppern. Nicht gut. Also: Präparation einstellen. Dabei hatte ich mich noch nicht einmal bis auf das Insekt herunter gearbeitet. Es galt die Platte umzudrehen und unter dem Mikroskop den Riss suchen - er ist schnell gefunden. An der Stelle wo er an der Platte ausläuft, wird er sofort mit einem Tropfen Sekundenkleber fixiert. Nachdem dieser abgebunden hat, verfolgt man den Riss unter dem Mikroskop, bis man das Ende gefunden hat und markiert ihn mit Bleistift. Dann wird die gesamte Strecke mit Sekundenkleber zugeschüttet.

 

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Es folgt die Überlegung, ob man den mit ca. 3,5 mm Stärke recht dünnen Stein aufdoppeln sollte. Ich entschied mich aus dem Bauch heraus aber dagegen, denn ich wollte erst noch etwas anderes ausprobieren.

 

Nachdem also der Chicago nicht geht, ging der nächste Versuch an Atlas-Copco und an HW 10. Der Stein macht keine Scherereien, was die Schwingungen angeht. Allerdings scheint die Schicht im Bereich des Insekts etwas zu kleben und die Sprengwirkung der Stichel ist nicht hoch genug. Also brauche ich etwas mit härterem Schlag, aber niederer Frequenz. Die Wahl fällt auf den guten alten Vibrografen.

 

Von nun an geht es gut. Das Insekt trennt brauchbar, da es aber nicht absolut konturscharf überliefert ist, sieht man auch nicht wirklich gut, wo es zu Ende ist. Zudem lässt der Vibrograph ein konturscharfes Arbeiten bei diesen Abmessungen nur mit Einschränkungen zu. Ich graviere ein Fenster in die Platte, das den Konturen des Insekts in einer geschwungenen Linie folgt. Das Ergebnis sieht dann so aus:

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Das Ergebnis ist eine Kleinlibelle, der Gattung Malmagrion. Ein relativ seltenes Insekt aus den Plattenkalken. Gratulation an den Finder!

 

Daten:

Fossil:              Malmagrion eichstaettense

Körperlänge:    ca. 3,4 cm

Flügellänge:      ca. 2,5 cm

Stein:               ca. 33 x 34 cm

 
 

Verwendetes Werkzeug:

 

CP Eigenumbau ("böses Yuiyui", Erklärung dazu im Text)

Atlas Copco ("böses Yuiyui")

HW 10 ("böses Yuiyui")

Vibrograf

 

Arbeitszeit in Summe ca. 1,5 Stunden

 

Udo Resch für Steinkern.de, alle Rechte beim Autor.