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Die Diatomite von Oamaru (Neuseeland)
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- Kategorie: Weitere Länder
- Veröffentlicht: Donnerstag, 18. April 2013 22:50
- Geschrieben von Thomas Magiera
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Die Diatomite von Oamaru
Bei einer Rundreise durch Neuseeland haben wir auf der Südinsel einen kurzen Abstecher vom Küstenort Oamaru zu einer kleinen Fundstelle auf Allan's Farm gemacht. Das Sediment dort ist Kieselgur (auch Diatomit genannt). Diese Sedimente entstanden aus Ablagerungen winziger Kieselalgen, den Diatomeen. Hier wurden über 600 Arten Diatomeen und diverse andere Mikrofossilien nachgewiesen. Hinzu kommt die sehr gute Erhaltung der Fossilien. Das Alter wird mit spätes Eozän (ca 32 Millionen Jahre) bis unteres Oligozän (ca. 35 Millionen Jahre) angegeben.
Der Farmer ist ein sehr netter älterer Herr, der uns die Fundstelle hinter der Farm gerne gezeigt hat und nichts gegen eine Probenentnahme hat. Im Umkreis von einigen Kilometern finden sich weitere Fundstellen, die wir aus Zeitgründen nicht aufgesucht haben.
Die Schafe knabbern auch gerne an dem weichen Gestein. Die helle Bank mit den Diatomeen ist nicht zu übersehen. Ich habe eine Tüte mit ca. einem Kilo Material mitgenommen. Es ist nicht leicht das Material aus der Bank zu bekommen, ohne Pickhammer wäre es nicht gegangen.
Im Internet finden sich zahlreiche komplizierte Anleitungen zur Aufbereitung des Materials. Dabei wird der Kalk mit Säure aufgelöst. Die Kieselalgen werden von der Säure nicht angegriffen, aber leider werden bei dieser Methode alle Kalkschaler zerstört, zum Beispiel die Foraminiferen. Da ich mir zuerst einen Überblick über alle Mikrofossilien verschaffen wollte, habe ich für meinen ersten Versuch einfach kleine Brocken mit Wasser übergossen und mehrfach eingefroren und wieder auftauen lassen, bis das Material zu feinem Schlamm zerfallen war. Dann habe ich eine Pipette voll in eine Petrischale gegeben und unter das Mikroskop geschoben. Die Formenvielfalt ist schon auf den ersten Blick unglaublich und so wurde es ein langer Abend.
Für die nächsten Versuche habe ich einen Teil der ersten Probe mit Salzsäure behandelt. Die Konzentration der 33%igen technischen Salzsäure habe ich mit Wasser reduziert, um die Fossilien nicht durch die starke Reaktion mechanisch zu zerstören. Nach ein paar Stunden habe ich die Probe mit Wasser aufgefüllt und nach einer Stunde dekantiert. Bei dieser Behandlung wurden alle Kalkschaler zerstört, z.B. die Foraminiferen, aber die Diatomeen wurden dadurch angereichert und gereinigt.
Die Fotos geben den optischen Eindruck beim Blick durch das Mikroskop nur ansatzweise wieder, aber besser geht es mit meiner Ausrüstung nicht. Die Fossilien sind plastisch erhalten und wenn man die Petrischale bewegt, dann vollführen die im Wasser auffliegenden Fossilien schon mal eine elegante Piruette und zeigen sich dabei von allen Seiten. Es fällt schwer exakte Größenangaben zu den Fotos zu machen, da es sich um Ausschnittvergrößerungen der JPGs handelt. Die Foraminiferen sind um einen Millimeter groß, die Diatomeen deutlich kleiner. Alle Fotos wurden mit Durchlicht, also Beleuchtung von unten, bei schwacher Vergrößerung (ca 50x) gemacht.
Diatomeen:
Hyalodiscus laevis Größe ca 0,2mm/200 Mikrometer
Stictodiscus gibbosus Größe ca 0,2mm/200 Mikrometer
Trigonium sp. Größe ca 0,2mm/200 Mikrometer
Auliscus oamaruensis Größe ca 0,15mm/150 Mikrometer
Triceratium favus Größe ca 0,2mm/200 Mikrometer
Triceratium castellatum Größe ca 0,15mm/150 Mikrometer
Aulacodiscus oamaruensis Größe ca 0,15mm/150 Mikrometer
Briggera capitata Größe ca 0,05mm/50 Mikrometer
Das folgene Bild zeigt den Schlundring-Skleriten einer Holothurie (Seewalzen oder Meergurken) Größe ca 0,2mm/200 Mikrometer
Die Foraminiferen wirken auch im Auflicht, also mit Beleuchtung von oben, wie auf dem folgenden Foto:
Größe ca 1mm/1000 Mikrometer
Im Durchlicht sieht man die inneren Details besser:
Schwammnadeln sind in Massen in den Proben:
Größe ca 1mm/1000 Mikrometer
Und haben auch interessante Formen:
Größe ca 1mm/1000 Mikrometer
Radiolarien sind ebenfalls nicht selten:
Größe ca 0,2mm/200 Mikrometer
Diese und noch mindestens fünfzig weitere Arten waren in weniger als zwei Gramm Material recht schnell gefunden. Das Foto und dessen Bearbeitung waren zeitäufwändiger.
Ich hoffe dieser kleine Bericht regt einige Leser zur Beschäftigung mit Mikrofossilien an. Die Proben brauchen nicht viel Platz und man findet garantiert tausende von Fossilien. Die Aufbereitung der Proben ist ganz einfach und die Beobachtung mit jedem Mikroskop möglich. Die aufgelösten Gesteinsbrocken kann man mit Wasser in einer verschließbaren Plastikflasche unbegrenzt lagern. Nachtrag: Da mir das Material im Wasser nach einiger Zeit zu stark verklumpt ist, bin ich zur getrockneten Aufbewahrung in Plastiktüten übergegangen.
Die Suche nach immer neuen Formen macht wirklich Spaß und ist auch etwas für lange Winterabende.
Hier gibt es einen recht umfangreichen Katalog der Formen zur Bestimmung:
Auf dieser Seite findet man die Beschreibung weiterer Aufschlüsse im Umfeld der Farm und ein File für Google-Earth mit den GPS-Daten:
In userer Galerie findet sich viele weitere Fotos diverser Arten:
http://www.steinkern.de/steinkern-de-galerie/tertiaer/oamaru.html
Viel Spaß!
Thomas Magiera