Sonstige Bundesländer

Fossiliensammeln auf Helgoland

Deutschlands einzige Hochseeinsel Helgoland hat für Naturfreunde viel zu bieten. Bereits die Fahrt mit einem der Seebäderschiffe oder dem schnellen Katamaran die Elbe entlang und dann über die Nordsee ist ein Naturerlebnis.  
Schon von weitem begrüßt einen der leuchtend rote Buntsandstein. Er ragt weit aus der tosenden See heraus und bietet mit seinen vielen Nischen und Vorsprüngen ein ideales Brutrevier für Seevögel wie Basstölpel, Möwen und Lummen. Deren flügge Kinder stürzen sich spektakulär kopfüber in die Fluten. Dieser alljährliche „Lummensprung“ lockt Ornitologen aus aller Welt  hierher. Auch Seehunde und Kegelrobben können auf Helgoland beobachtet werden.

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„Die Lange Anna“ - das Wahrzeichen Helgolands

Der Fossiliensammler vermutet seine Beute in dem roten Buntsandstein. Das 225 Mio. Jahre alte Gestein wurde durch Salzdruck emporgehoben und zeigt sich heute dem Betrachter wunderbar geschichtet in leichter Schräglage. Das Sedimentgestein ist unterschiedlich hart, die Brandung und Witterungseinflüsse nagen ständig daran. Es kommt zu Unterspülungen und Abbrüchen, die ganze Formationen vom Felsen abtrennen können. Das Wahrzeichen Helgolands, die „Lange Anna“, ist so entstanden. Das Betreten des Felswatts unterhalb der Felskante ist  lebensgefährlich und verboten.  Es lohnt auch nicht, sein Leben aufs Spiel zu setzen, denn Fossilien aus der Trias-Zeit lassen sich hier nur sehr selten finden. Das Gestein ist sehr fossilarm bis fossilleer. Steinkerne des Muschelkrebses Estheria sp. und der Muscheln Myophoria spec. wurden gefunden. Der Gaumenzahn eines Lungenfisches sowie der Schädel des Riesenamphibiums Parotosaurus helgolandia, gefunden 1910, sind absolute Einzelstücke.

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Tausende Seevögel brüten in den Nischen des roten Buntsandsteins.

Es ist vielmehr die Helgoländer Düne, auf der sich Fossilien sammeln lassen. Die Düne ist eine ehemals mit der Hauptinseinsel verbundene, durch eine Sturmflut abgetrennte Sanddüne. Sie lässt sich innerhalb weniger Minuten mit einer kleinen Fähre erreichen.  Der Sandinsel vorgelagert liegen Schichten aus der Unteren und Oberen Kreide. Die große Schichtlücke zwischen Trias und Kreide - es fehlen Schichten der oberen Trias und des Jura - deutet auf eine zu jener Zeit oberseeischen Lage des Helgoländer Bereichs. Meeressedimente konnten sich demnach nicht ablagern. Bei jedem Hochwasser, besonders nach Stürmen werden  Fossilien freigespült und auf den Strand geworfen. Bei ablaufendem Wasser können die Versteinerungen bequem eingesammelt werden.
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Strandgeröll auf der Düne


Die Fossilien aus den Schichten der Unteren Kreide

Nach Fossilien aus den Schichten der Unteren Kreide wurde früher auch getaucht, da sie dann noch nicht durch die Brandung zerschlagen wurden und so einen viel besseren Erhaltungszustand hatten. Heute finden sich kaum noch Fossilien aus dieser Zeit, da sich durch Küstenschutzmassnahmen wie Molenbau die Strömungen änderten und die vorgelagerten Schichten der Unteren Kreide mit Sand abdeckten.

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Aetostreon latissimum  LAMARCK. Diese dickwandige Auster wurde hochgetaucht. Größe: 13cm

Als „Katzenpfötchen“ bezeichnen die Helgoländer die Hohlkammerausfüllungen verschiedener Ammoniten. An der Oberfläche bilden die Septen gefaltete Lobenlinien, deren Form dieser lokalen Besonderheit ihren Namen gaben.

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„Helgoländer Katzenpfötchen“ wurden früher oft gefunden. Durchmesser des größten Stückes: 5cm

Auf Helgoland wurden früher Ammoniten  in großer Artenvielfalt gefunden.

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14cm langes Fragment des Ammoniten Crioceras sp.

Auch die Steinkerne der Muschel Thracia phillipsi  mit ausgefüllten Schrumpfrissen sind typische Helgoländer Fossilien.

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Thracia phillipsi ROEMER, Länge der Muschel: 5,5cm

Bei einer Strandwanderung fallen dem Fossiliensammler die unzähligen, verschiedengroßen Kreidegerölle auf.  Sie wurden von der Brandung aus dem Anstehenden gelöst und angespült. Es lohnt, jeden Block genauer zu betrachten, denn es finden sich Fossilien darin.

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20cm langes Geröll der Minimuskreide

In den Geröllen der „Minimus-Kreide“ stecken oft zahlreiche Rostren des Belemniten Neohibolites minimus MILLER. Bruchstücke und gut erhaltene Exemplare dieser „Donnerkeile“ lassen sich in grosser Stückzahl am Spülsaum finden. Seltener findet der Sammler Rostren von Neohibolites ewaldi V. STROMBECK in den rötlichen  Kalkgeröllen der „Ewaldi–Kreide“.  

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Neohibolites minimus MILLER, Länge des Belemnitenrostrums: 6cm

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Neohibolithes ewaldi V. STROMBECK

Nach jedem Hochwasser kann der Sammler neben hunderten Belemnitenfragmenten auch die auffälligen, schneckenförmig gewundenen Kalkröhren des Serpuliden Rotularia phillipsi  V. KOENEN aus der Unteren Kreide (Hauterive) finden.
Aus der Unteren Kreide sind noch sehr viel mehr Funde bekannt. Teilweise lagen z.B.: Schichten des sogenannten „ Töck“, einem Fischschiefer (Apt) frei, aus dem z.T. spektakuläre Fischskelette geborgen wurden.

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Rotularia phillipsi  V. KOENEN  hat einen Durchmesser von etwa 2cm


Die  Fossilien aus den  Schichten der Oberen Kreide

Bleiben dem Sammler noch die Fossilien der Oberen Kreide. Hier sind es besonders Schalenfragmente der großen Inoceramen, die sehr häufig am Spülsaum liegen. Die dickwandigen Muscheln kamen in verschiedenen Arten vor. Größere Schalenstücke lassen sich eher in den Kreideblöcken finden, die von der Brandung abgelöst und angespült werden. Oft stecken auch gut erhaltene dünnschalige Fossilien, wie z.B. Brachiopoden darin.

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Ein etwa 8cm großes Bruchstück von Inoceramus sp.

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Kleinere Schalenfragmente von Inoceramus sp.

Im Kies des Spülsaumes lassen sich neben den kleinen runden Kugelschwämmen Porosphaerus globularis PHILLIPS auch Fossilien, meist Seeigel, in Feuersteinerhaltung finden.  
Begehrt, da er nur hier gefunden wird ist der rote Flint (Feuerstein) von Helgoland.  

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Kugelschwämme, Porosphaerus globularis PHILLIPS, haben einen Durchmesser von ca 2cm.

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Unbestimmter Schwamm mit 8cm Durchmesser.

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Roter Feuerstein von Helgoland

Helgoland ist immer eine Reise wert. Wer zum Fossiliensammeln hierher kommt, sollte mindestens zwei, besser drei Tage einplanen. Das tägliche Zeitfenster zwischen Hoch-und Niedrigwasser muss genutzt werden. Optimal ist das Sammeln im Frühjahr und Herbst nach kräftigem auflandigem Wind.

Ganz aktuell sind die Pläne eines Hamburgers, durch gewaltige Sandaufspülungen die Hauptinsel wieder mit der Düne zu verbinden. Auf diesem neugeschaffenen „Land“ sollen dann Hotels und Vergnügungseinrichtungen entstehen.
Auswirkungen auf die Natur lassen sich bei diesem gewaltigen Projekt wohl nur schwer vorraussagen, werden aber z.Zt. noch kleingeredet.  
Wer also auf Helgoland noch Seehunde erleben und Fossilien sammeln möchte sollte nicht mehr lange warten.

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Seehunde lassen sich fast immer auf der Helgoländer Düne beobachten.

Anreise: Die Schiffe der FRS Helgoline ( www.helgoline.de ) fahren in der Saison ab  Hamburg, Wedel und Cuxhaven.

Literatur: Fossilien Helgolands, Teile 1+2, Stühmer, Schmid, Spaeth ( gibt es noch antiquarisch auf der Insel)
Felseninsel Helgoland - ein geologischer Führer, Förster, Fraedrich, Riegert, Schubert


Alle Bilder von Dirk Dettmers:
Alle Fossilien aus der Sammlung Dirk Dettmers