Niedersachsen

Impressionen einer Exkursion ins Campan von Misburg

Die Hannoversche Oberkreide ist eine klassische Anlaufstelle für Fossiliensammler aus ganz Deutschland und auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt. Dies nimmt nicht wunder, bieten die ausgedehnten Gruben in Höver und Misburg unmittelbar östlich von Hannover doch seit Jahren hervorragende Sammelmöglichkeiten. Die Funddichte für Fossilien ist in den Flachmeersedimenten im Allgemeinen sehr hoch, die Qualität oftmals gut und die Präparation vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen. Darüber hinaus, ist es für diese Gruben auch noch möglich zu bestimmten Zeiten in der Sammelsaison offizielle Begehungsgenehmigungen zu erhalten.

Zu den aktuellen Begehungsmodalitäten (Stand: Sommer 2011) in Misburg siehe:
Simonsen, S. (2011): Veränderte Genehmigungspraxis in der Grube Teutonia / Misburg, Der Steinkern - Heft 6, S. 3.

Zu den Begehungsmodalitäten in Höver:
http://www.ap-h.de/hoever.html


Sommerexkursion 2011 nach Misburg
Wir besuchten die Grube Teutonia Nord in Misburg an einem Samstag im Juni 2011 und fanden dort exzellente Aufschlusslbedingungen vor. Dies gilt sowohl für den südlichen als auch den nördlichen Grubenteil, wobei speziell im Nordteil sehr viel frisches Material zur Verfügung stand. Im Laufe des Tages machten wir einen Rundgang durch die gesamte Grube und konnten an allen frischen Abbaustellen schöne Funde verzeichnen. Wo längere Zeit nicht abgebaut wurde, sind die Schalen der Seeigel häufig abgeplatzt und Markasitfossilien bereits im Prozess der Ausblühung begriffen. Wer gezielt nach Kleinfauna suchen möchte, kann in diesen Arealen auf seine Kosten kommen, wer größere Fossilien sucht, schaut vorzugsweise dort, wo frisches Material vorhanden ist. Größeres Blockwerk alter Halden ist dennoch nicht zu verachten, da es sich kräftesparend zerlegen lässt und die Fossilerhaltung im Inneren der Blöcke mitunter noch sehr gut ist.

Im Wesentlichen fanden wir Seeigel (vor allem die bekannten irregulären Seeigel: Echinocorys, Galerites, Micraster), Belemniten und Schwämme. Aber auch Cephalopoden in Gestalt eines Nautiliden und mehrerer heteromorpher Ammoniten (u.a. Scaphites und Baculites) verirrten sich in unsere Sammeleimer. Schnecken, Muscheln und Brachiopoden konnten wir in adäquater Belegstückqualität finden. Besonderheiten stellten neben den begehrten und in Misburg gar nicht so seltenen Sonnenschwämmen, der Fund eines Großammoniten der Familie Pachydiscidae, ein cidarider Seeigel und ein Haifischwirbel da.
Insgesamt konnten wir einen für einen einzigen Besuch recht guten Faunenquerschnitt des Campan bergen. Detaillierte Informationen zu den vorkommenden Fossilien und der Stratigrafie sind dem Sonderheftes des Arbeitskreises Paläontologie Hannover (APH) über die "Fossilien aus dem Campan von Hannover" zu entnehmen. Von dieser Zeitschrift ist nach unserer Kenntnis eine dritte Auflage in Arbeit, deren Erscheinung mit Spannung erwartet werden darf.

Im Folgenden möchten wir einige Fotos der Exkursion und unserer Funde zeigen. Ziel dabei ist nicht einen repräsentativen Querschnitt darzubieten, jedoch kann der Leser sich anhand der Fotos ein Bild von den aktuellen Aufschlussverhältnissen machen und davon, dass Misburg derzeit durchaus eine Reise wert ist. Gute Funde sind zwar nicht garantiert, aber sie sind möglich.

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Noch sind die Eimer und Rucksäcke leer und die Füße leicht.

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Markus Lücke beim Überqueren eines der Fließbänder, unten Jan-Kristian Piekarski.

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Es geht gut los: Ein Coeloptychium kommt kaum nach dem Betreten der ersten frischen Abbaufläche zum Vorschein.

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Finder Jan-Kristian Piekarski mit dem gerade entdeckten Sonnenschwamm.

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Der irreguläre Seeigel Micraster gehört zu den häufigsten Funden, oft verdrückt und manchmal auch in perfekten Exemplaren - dieses ist nicht der Schlechtesten eines.

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Galerites: Man beachte den hellen Seeigel und das dunklere Umgebungsgestein. Es kann sehr von Vorteil sein nach Regenwetter am Fundort zu sein, da die Kalzitschalen schneller trocknen als das Gestein. Die Seeigel sind dann mitunter sehr gut erkennbar.

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Dieser verdrückte cidaride Seeigel war da schon schwerer zu entdecken und gehört zu den Funden, die man nicht bei jedem Misburg-Besuch macht - Fund und Sammlung: Sönke Simonsen.

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Eindrucksvolles Abbaugerät: Was dem Schaufelradbagger nicht zum Opfer fällt, das Bergen im Idealfall die Sammler.

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Die Exkursionsgruppe v.l.n.r.: Dr. Hans Schumann, Markus Lücke, Jan-Kristian Piekarski und Klaus Piekarski.

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Fachmännisch präpariert dürfte diese Akkumulation zweier Micraster ein schönes Schaustück werden.

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Auch ein Großammonit aus der Familie der Pachydiscidae konnte geborgen werden - das Bild zeigt den Ammoniten und seinen Finder Markus Lücke.

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Zwischen dem Blockwerk finden sich immer wieder Seeigel und Belemniten. Foto: Klaus Piekarski

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Wer Glück hat, kann auch hetetomorphe Ammoniten finden, so wie dieses Exemplar von Scaphites. Der Ammonit lag offen auf einem größeren Stein, was ihm einige Kratzer eingetragen hat. Nichtsdestotrotz wird ein schönes Sammlungsstück daraus.

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Sönke Simonsen und Jan-Kristian Piekarski bei der Seeigelsuche. Foto: Klaus Piekarski

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Eine größere Exkursionsgruppe im Nordteil der Grube.

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Ein eher seltener Fund in den Sedimenten des Campans ist dieser Haifischwirbel - er bildete den Abschluss einer ganzen Menge qualitätvoller und seltener Funde. Fund: Markus Lücke.


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Auf dieser Halde mit älterem Blockwerk wurde der Haifischwirbel gefunden. Die großen Blöcke ließen sich hervorragend zerlegen. Das Foto zeigt Markus Lücke sowie Jan-Kristian und Klaus Piekarski beim Aufstieg. Danach ging es nach über acht Sammelstunden heimwärts.  Das Aufbrechen war mit Blick auf das hohe Gewicht der Funde (Großammonit, Schwämme auf Gesteinsmatrix) immer wieder hinausgezögert worden... irgendwie haben wir den Weg nach oben dann aber doch noch geschafft.


Präparierte Funde:


Nr. 1, eingestellt am 27. Juni 2011:
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60 mm großer Ammonit Scaphites cf. gibbus auf Gesteinsmatrix, Sammlung: Sönke Simonsen.


Nr. 2, eingestellt am 28. Juni 2011:
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Temnocidaris (Hirudocidaris) hirudo, 30 mm, Sammlung: Sönke Simonsen. Herzlichen Dank für die Bestimmung an Nils Schlüter!


Nr. 3, eingestellt am 28. Juni 2011:
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Cardiotaxis sp., maximale Abmessung: 94 mm, präpariert wurde der reguläre Echinide mit Hilfe von Messer, Dremel und Zitronensäure. Foto, Fund und Sammlung: Jan-Kristian Piekarski.

Nr. 4, eingestellt am 1. 7. 2011:
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Nautilus Eutrephoceras sp., zirka 6 cm, Foto, Fund und Sammlung: Markus Lücke.

Nr. 5, eingestellt am 4. 7. 2011:
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Echinocorys sp., 80 mm, Sammlung: Sönke Simonsen.

Nr. 6, hinzugefügt am 6. 7. 2011:
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Großammonit Pachydiscus? cf. stobaei, 32 cm, Foto, Fund und Sammlung: Markus Lücke.

Nr. 7, hinzugefügt am 15. 7. 2011:
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Galerites sp., zirka 19 mm.

Nr. 8, hinzugefügt am 15. 7. 2011:
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Micraster sp., stark schwefelkieshaltiges Exemplar (hoffentlich blüht es nicht aus), 47 mm.

Nr. 9, hinzugefügt am 6. 8. 2011:
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Isomicraster cf. stolleyi, je zirka 60 mm, Foto und Sammlung: Markus Lücke.

Fotos, soweit nicht anders angegeben: Sönke Simonsen

Danksagung
Wir danken der HeidelbergCement AG für die Ermöglichung des Sammelerlebnisses.

Weiterführende Informationen

http://www.ap-h.de/misburg.html (Stand: 26. 6. 2011)

Prutz, C. (2012): Fossilsuche im Campan von Hannover, Der Steinkern, Heft 8, S. 10-17.

Simonsen, S. (2011): Veränderte Genehmigungspraxis in der Grube Teutonia / Misburg, Der Steinkern, Heft 6, S. 3.