Dänemark

Fossilien vom Limfjord / Teil 7 Präparation eines Vogelbeins

 
 
 
Hallo Steinkerner,
 
fossile Vogelteile sind sehr selten, kommen aber im Zementstein des Limfjord hin und wieder vor. Um sie zu finden, muss man nicht nur Glück haben; es ist ein gutes Auge und sehr viel Fantasie erforderlich, um in einem aufgeschlagenen Stein aus dem Längsbruch einen Vogelknochen zu erahnen bzw. zu erkennen.

Nachfolgendes Beispiel mag es verdeutlichen.

Im Sommer 2006 waren wir in der Grube Lynghoj gegenüber dem Molermuseum Mors.
Solveig zeigte mir einen von ihr aufgeschlagenen Zementsteinblock und wies mich beharrlich darauf hin, dass rechts oben ein Knochen im Längsbruch zu sehen ist. Für mich war es lediglich „fossiler Spagetti“, bestenfalls eine aufgeplatzte Pflanze, auf jeden Fall ein „schmeiß-weg-Stein“. Ich hätte mich mit dem Block deshalb nicht abgeschleppt.
Sie aber legte den „Fund“ Henrik Madsen im Molermuseum Mors vor, und der bestätigte ihr, dass es sich höchstwahrscheinlich um einen mit Kalzitkristallen ausgefüllten Knochen, evtl. vom Vogel, handeln würde.

Schande über mich !!!

Er empfahl mir, die Präparation zumindest einmal zu versuchen. Mit einem schwarzen Filschreiber malte er dann die vermutliche Lage der evtl. weiter enthaltenen Knochen auf.

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Abb. 1 : Der "fossile Spagetti" im Fundzustand

Das Ergebnis vieler, vieler  Stunden Präparationsarbeit ist hier zu sehen. Es ist tatsächlich ein Vogelbein !!
(Nie wieder werde ich meiner Frau widersprechen)

 

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Abb. 2: Nach der Präparation / Ralle
Fundort Lynghöj, Mors / Fundjahr  2006 / Länge 12 cm/ CollNr 1823 / Danekrae Nr. 489

 

 

Wie können Knochen aus dem Zementstein herauspräpariert werden?

Es gibt sicher viele verschiedene Methoden dafür, aber ich möchte Euch zeigen, welche ich angewandt habe.

Wissenswert ist, dass sich der weiche Moler aus Kieselalgen und Ton zusammensetzt und dass durch den Zusatz von Kalk daraus der harte Zementstein entstanden ist. Das können wir uns bei der Präparation zunutze machen, indem wir den Kalk behutsam mit Essigsäure herauslösen. Die Vogelknochen können das vertragen, weil sie verkieselt sind und sie der Säure mehr oder weniger lange standhalten.
Ich verwende 10 – 15 %ige Essigsäure. Dafür kaufe ich konzentrierte Essigsäure, die ich dann bei Bedarf herunterdünne.
Motto: „Erst das Wasser, dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure“.

An dieser Stelle ein wichtiger Gefahrenhinweis: Essigsäure von 80% ist ätzend (R34), auch bei einer Verdünnung auf 10 – 15% ist sie noch reizend  (R36/38).

Vogelknochen sind bekanntlich hohl, oft dünner als eine Eierschale und daher sehr empfindlich.
Wenn sie mit Kalzit ausgefüllt sind, haben sie im Inneren eine gewisse Stabilität, aber die Säure kann schnell in die Hohlräume gelangen und das stabilisierende Kalzit angreifen bzw. auflösen. Wenn die Knochen aber „von Haus aus“ hohl sind, dann sollte man zunächst versuchen, Flüssigkleber einzutropfen, um sie aufzufüllen.

 

Die Devise für das Säuern: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Man muss also versuchen, das  Gestein gezielt und trickreich anzugreifen.

  • Beispielsweise kann man einen „Wall“ aus Knetmasse lediglich um den zu säuernden Teil aufbauen und mit Essigsäure füllen.So werden die anderen Teile nicht angegriffen.
  • Man kann auch mit  Präparationslack  die zu schützenden Teile abdecken und später den Lack mit Azeton wieder lösen. Aber sehr vorsichtig; ich habe mir schon einmal die feinen freigelegten Gräten eines sehr schönen Fisches vom Stein „weggepinselt“.
  • Oder man kann gezielt tropfenweise Essig aufbringen und das angelöste Gestein dann mit der Nadel entfernen. 

Ich wende alle diese Techniken gemeinsam gezielt an.
Natürlich sollte vorher das Gestein so weit wie irgend möglich schon mechanisch abgetragen werden.

 

Nun die Geschichte eines   anderen   Vogelbeins vom Fund bis zur Vitrine:

Im Sommer 2007 wütete Solveig im  der Grube Ejerslev auf Mors. Und sie fand wieder einmal ein Vogelbein. Sie hat es sofort erkannt, wie man an ihrem strahlenden Gesicht sehen kann.

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Abb. 3: Molerbruch Ejerslev, Mors

Das plattige, grobkörnige Gestein spaltete sich beim Aufschlagen in verschiedene millimeterdicke Platten; sie mussten bereits vor Ort mit Steinkleber fixiert werden.

Zwei Zehen und der Lauf eines Vogelbeins waren schon deutlich zu erkennen. Ausserdem war an der Verdickung rechts daneben der noch im Gestein eingebettete Unterschenkel zu erahnen. Der Rest befand sich im Gegenstück. Also wurden alle Teile provisorisch zusammengelegt, um ja kein Bruchstück zu vergessen. Dann in Zeitungspapier eingewickelt und mit Klebeband fixiert,

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Abb. 4: CollNr.  2277 / Fundzustand

 

 

Solveigs Freude über den großen Fund wurde bald überlagert von meinen bangen Fragen aus der Sicht des späteren Präparators:

  • Sind die Knochen vollständig?
  • Wie ist die Erhaltung ?
  • Treffe ich beim Zusammenkleben der Platten millimetergenau das Gegenstück ?
  • Werde ich genügend Flüssigkleber für die Stabilisierung in die Röhrenknochen hineinbekommen?

 
Trotz allem ging ich mit Optimismus an die Sache heran.

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Abb. 5: Hier ist zu sehen, dass sich ein Teil der Knochen auf der Platte, der andere Teil auf der Gegenplatte befindet.

 

 

Zunächst habe ich die „gute Seite“ ausgesucht und dann das Gegenstück mit der kleinen Diamantsäge aufgeschnitten. So wurden die beiden Teile isoliert, die aufzukleben waren.
In die hohlen Knochen habe ich dann tropfenweise Flüssigkleber eingeträufelt, um sie zu stabilisieren. 

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Abb. 6: Links das "gute" Stück. Rechts unten das erste und das dritte Teilstück zum Übertragen. Das mittlere Teilstück wird nicht verwendet.

Nun können das Gegenstück mit Fuß und Lauf sowie das mit dem Oberschenkel auf die Platte übertragen werden. Das Mittelstück muss bzw. darf nicht aufgeklebt werden, weil es schon vollständig auf der "guten" Platte ist.

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Abb. 7: So, nun befinden sich alle Knochen, verdeckt und unverdeckt auf der "guten" Platte.

Vorher habe ich ein Foto von der Platte gemacht und  auf den Massstab 1:1 vergrössert, um so die Lage des Knochens festzuhalten.

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Abb. 8: Um nicht im Dunklen herumzustochern muss ich die Lage des Vogelbeins 1:1 auf die Platte übertragen.
 

Dann wurde das aufgeklebte Gestein in voller Stärke abzüglich ca. 1 mm an den vorher markierten Stellen vorsichtig mit dem Druckluftstichel entfernt.

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Abb. 9: Auf dem Foto ist rechts zu erkennen, wie ich mich an den Vogelknochen "herangetastet" habe.

 
 

Nun folgen Prozeduren, die sich ständig wiederholen:

  1. Die Mulden mit Essigsäre auffüllen.
  2. Den gelösten Gesteinsschlamm mit feinem Pinsel abbürsten, damit die Säure besser greift.
  3. Hin und wieder mit Wasser abspülen, um unter dem Binokular den Fortschritt zu betrachten.
  4. Wenn Knochenteile frei sind, dann trocknen und mit Präparationslack zum Schutz gegen die Säure abdecken.
  5. Den Lack wieder trocknen lassen und neu Essigsäure draufgeben.

 

Irgendwann war dann genügend Knochen freigelegt und mit Präparationslack abgedeckt, dass großflächig weitergearbeitet werden konnte.
Und immer wieder wurden die Prozeduren von 1 bis 5 wiederholt.

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Abb. 10: Um ständig die Entwicklung beobachten zu können, habe ich eine Umrandung aus Knetmasse ( aus dem Knüller-Markt) gebaut und die Wanne mit Essig aufgefüllt. So können unliebsame Überraschungen ausgeschlossen werden, denn es könnten durchaus weitere Knochen von anderen Körperteilen im Gestein verborgen sein (was aber leider nicht der Fall war).
 

Nach vielen Stunden Arbeit war das Bein dann vollständig freigelegt.

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Abb. 11: Das nun vollständig freigelegte Vogelbein wartet nur noch auf den letzten Feinschliff.


Dann habe ich die restlichen Feinarbeiten vorgenommen:

Hier ist das endgültige Ergebnis zu sehen:

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Abb. 12: Vogelbein  vom Hühnervogel
Fundort: Ejerslev,Mors / Material Zementstein  / Fundjahr: 2007 / Länge: ca. 8 cm / Coll Nr. 2277 /
Danekrae Nr. 504

 

 

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Abb. 13: Detail / CollNr 2277 / Ausschnitt vom Fuß mit drei Zehen, dem Sporn und mit allen 4 Krallen
 
 
Die Präparation hätte auch rationeller und weniger zeitintensiv bewältigt werden können, aber bei derart seltenen Funden lohnt es sich, "auf Nummer sicher" zu gehen.

Nach Abschluss der Präparation habe ich das Fossil dem Geologischen Museum in Kopenhagen zugesandt, wo es dann Mitte April 2008 zum Danekrae erklärt wurde.
Es stellt das erstmals gefundene körperlich erhaltene Fossil einer bestimmten Hühnervogelart dar und wird nun dort von einem Paläoornithologen wissenschaftlich bearbeitet.

Mit den besten Sammlergrüssen

Karsten