Baden-Württemberg

Die weißschaligen Ammoniten von der Lias Dogger-Grenze von Heiningen und Umgebung

Im schwäbischen Opalinuston (unterster Brauner Jura) kann man mancherorts weißschalige Fossilien (z.B. Ammoniten) finden. Bekannt dafür war die ehem. Tongrube in Heiningen (bei Göppingen) die jedoch seit über 2 Jahrzehnten nicht mehr existiert. Das Gelände ist seit einigen Jahren komplett mit einem Industriegebiet überbaut.

Aber auch andererorts auf der schwäbischen Alb kann man solche Fossilien finden - auch in anderen Schichten als im untersten Dogger.

Angeregt durch einen aktuellen Fund bzw. die Diskussion im Forum zum Thema

"Schalenerhalten <> Steinkernerhaltung"
Siehe:
http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=1007

hab ich mich kurzfristig zu diesem Beitrag entschlossen.

- Thomas B. –

DSCF0640.JPG
Typische "weisse Heininger"
Pachylytoceras torulosum aus der sog. Torulosum-Subzone (Oberstes Toarcium bzw. unterster Dogger Alpha). Durchm. des mittlereren Stückes ca. 5-6cm.
Diese Funde entstammen Kalkknollen bzw. Wohnkammern.
Sammlung E.Bernt





Enstehung der weißen Schale

Den besonderen Reiz insbes. der weißschaligen Ammoniten macht aus, dass diese unter der weißen "Oberschale" eine hauchdünne "Unterschale" besitzen, die opaleszieren kann.

Die weißen Fossilien sind in Ihrer mineralogischen Orginalbausubstanz (dem Aragonit) erhalten. Aragonit ist eine metastabile Form des Kalziumcarbonats.

Bei der weißen Schale handelt es sich also um die Orginalschale !


Mineralogisch hat sich die ursprüngliche Ammoniten Schale bei der Diagnese nicht umgewandelt - jedoch chemisch verändert.
Die organische Kittsubstanz der Schale (Konchilin) wurde weitestgehend aufgelöst.

Die Ammonitenschale besitzt – ähnlich wie die Nautiliden – eine äußere Prismenschicht aus Aragonitkörnchen die durch Konchilin zusammengehalten werden.

Danach folgt eine Perlmutschicht aus stapelförmig übereinanderliegenden Aragonitplättchen.

Wird das Konchilin der Perlumtterschicht chemisch oder biologisch gelöst, und tritt Licht auf diesen Unterschalenteil, so wird dieses an den Grenzflächen der Stapel gebrochen und in seine Spektralfarben zerlegt. Die Unterschale schimmer dann in Regenbogenfarben ... was man auch opaleszieren nennt.

Die weiße Oberschale beruht auf dem sog. Milchglasefekt.
Dort wo Konchilin ausgelöst wurde, entstehen kleine Hohlräume die mit Wasser gefüllt sein können. Die Schale erscheint weiß – wobei die Schale so stark angelöst sein kann, dass man diese ganz leicht – in Form eines feinen Pulvers - abreiben kann.

Die weißschaligen Leioceraten der Gegend um Heiningen bestehen nach chemischen Untersuchungen zu 90% aus Aragonit !


Wann erhalten sich Fossilien in weißem Aragonit ?

Voraussetzung ist dass die Fossilien sehr schnell sedimentiert werden müssen.
Die Sedimente müssen dicht gepackte Tone sein die eine sehr geringe bis keine Durchlässigkeit besitzen. Somit sind Stofftransporte nicht mehr möglich.

Durch die zunehmende Auflast der darüberliegenden Schichten wird das restliche Porenwasser ausgepreßt, ein trockenes Milleu entsteht. Unter diesen Bedingungen kann sich dann Aragonit nicht mehr in das stabile Calzit umwandeln.

Somit ist die hohe Sedimentationsrate, und das sehr geringe Porenvolumen der dichten Tone der Grund für die weißschaligen Ammoniten.

Nachfolgend zunächst einige Bilder von Ammoniten aus dem untersten Dogger Alpha der Gegend um Heiningen. Gefunden ... gestern auf einer Baustelle.

Leider sind alle Ammoniten verdrückt. Und leider zeigt sich bei diesen Stücken auch keine Perlmutschicht unter der weißen Deckschicht.
Die Stücke wurden weder präpariert noch konserviert. Sie zeigen den Zustand direkt nach der Bergung !

Um an der Fundstelle körperlich erhaltene Ammoniten zu finden – die evtl. einen Perlmutglanz besitzen – hätte die Baugrube mindestens 2m tiefer sein müssen.

Dort hätte es eine Lage gegeben, die vereinzelt Kalkknollen – aber auch Wohnkammern von großen Ammoniten – enthält. Insbesondere in diesen kann man in der hiesigen Gegend vereinzelt die erwähnten körperlich erhaltenen weißen Perlmut-Ammoniten finden.

Hierzu weiter unten auch einige tolle Stücke, photografiert in folgenden Sammlungen:

 

R.Veit:
http://www.steinkern.de/museen-und-privatsammlungen/private-sammlungen/382-ein-traum-die-trias-jura-ammonitensammlung-von-r-veit.html

 E.Bernt:
http://www.steinkern.de/museen-und-privatsammlungen/private-sammlungen/95-der-hammer-die-jura-fossiliensammlung-ede-bernt.html

 

 

Da die Schicht jedoch mal wieder verfehlt wurde, blieb mir nichts anderes übrig, als einige Belegstücke für die Sammlung mitzunehmen bzw. um diesen Beitrag etwas damit zu schmücken.


 

Bei meinem Bericht habe ich mich – insbesondere bei der Enstehung der weißen Schalen – folgender Quelle bedient:

Quelle: Klassiche Fundstellen – Teil 3, Seite 101ff

Der dortige Bericht wurde von Dr. Hegele verfaßt, dem Leiter des Göppinger Naturkundlichen Museums in Jebenhausen.

Siehe: http://www.steinkern.de/forum/viewtopic.php?t=991

(Komischerweiße sieht man die Bilder in dem Beitrag nur, wenn man eingeloggt ist !)

Nun zu den Bildern:

Zunächst meine gestrigen (verdrückten) Funde.
Teilweise waren die Ammoniten lageweise angereichert.
Für den Bericht habe ich nur die schönsten photographiert.
Einige Stücke habe ich an der Fundstelle belassen.


tomba_leiocer_01.JPG
Verdrückter Leioceras sp., Durchm. ca. 7cm.


tomba_leiocer_02.JPG
Verdrückter Leioceras sp., Durchm. ca. 9 cm.


tomba_leiocer_03.JPG
Verdrückte Leioceras sp., Durchm. jeweils ca. 7cm.
Dieses schöne Pärchen habe ich für meine Sammlung mitgenommen - als Beleg für die weiße Schalenerhaltung.


tomba_leiocer_04.JPG
Verdrückter Leioceras sp., Durchm. ca. 10 cm.
Diese Stück habe ich natürlich mitgenommen.
Bei diesem Ammonit sieht man, dass die weiße Schale stellenweise bereits
ins bräunliche überwechselt.



tomba_leiocer_06.JPG
Innenwindungen eines verdrückter Leioceras sp., Bildbreite ca. 8 cm.
Man erkennt feinste Strukturen der Schale.



tomba_leiocer_07.JPG
Verdrückter Leioceras sp., Durchm. ca. 8 cm.
Bei allen Funden hat man das Problem, dass die weiße Schale sofort
abplatzt.

tomba_pachyl_01.JPG
Verdrückter Pachylytoceras sp., Durchm. ca. 7cm.
Man erkennt feinste Strukturen der Schale.
Dieses Stück ist halb-körperlich erhalten.

tomba_inoceram_02.JPG
Aber auch andere Fossilien haben sich in weißer Schale erhalten.
Hier eine Ansammlung mit Muscheln (Inoceramus sp.).
Bildbreite ca. 10cm. Auf diesem Bild sieht man auch, dass unter der
weißen Schale eine braune hervortritt.


Und nun die besser erhaltenen Stücke aus den Sammlungen meiner o.g. Freunde:

09250014.JPG
Wohnkammerbruchstück eines großen Lytoceras in dessen Mündung kleinere
Ammoniten (Leioceras u. Lytoceras) eingeschwemmt wurden.
Solche Funde sind natürlich körperlich erhalten. Manche Stücke opaleszieren sobald
die weiße Schale abplatzt. Leider sieht man das auf dem Bild nicht.
Die Präparation solcher knallharten Stücke dauert verdammt lange.
Breite des Stücks ca. 30cm.
Sammlung R.Veit.

09250016.JPG
Ansammlung von Lytoceraten u. Leioceraten in einer Kalkknolle.
Breite des Stücks ca. 30cm.
Sammlung R.Veit

09250018.JPG
Ansammlung von Lytoceraten u. Leioceraten in einer Kalkknolle.
Breite des Stücks ca. 30cm. Bei dem mittigen großen Leioceras kann man
den Anflug eines Opal-Schimmers erkennen.
Sammlung R.Veit


tomba_leiocer_09.JPG
Ansammlung von Lytoceraten u. Leioceraten in einer Kalkknolle.
Breite des Stücks ca. 30cm. Durchm. des größten (verdeckten) Exemplares
ca. 10cm. Bei dem kleinen Schalenfetzen in der Mitte zwischen den 3 Ammoniten
kann man auch einen leichten Anflug von Opaleszieren erkennen.
Solche Stücke sind absolute Traumstücke in jeder Sammlung.
So was findet man auch in örtlichen Sammlungen bzw. Museen kaum.
Sammlung R.Veit