Paläogen, Neogen und jünger

Interessanter Geschiebe-Fund aus Koserow / Insel Usedom

An dieser Stelle möchte ich einen Geschiebe-Fund aus dem Jahr 1976 vorstellen.
Ich sammle seit über 40 Jahren Fossilien. Im Jahr 1976 weilten wir zu einem Urlaubsaufenthalt auf der schönen Insel Usedom. Während eines Sammel-Ausfluges an den Geröllstrand von Koserow, gelang mir der Fund eines Geschiebes, welches bis heute nicht genau bestimmt werden konnte. Mein damaliger erster Verdacht war, dass es
sich um ein Kelloway-Geschiebe aus dem Callovium handeln könnte.
Dieser Anfangsverdacht ließ sich jedoch über die Zeit nicht aufrechterhalten.
Nach vielerlei Mutmaßung entschloss ich mich, Ende des Jahres 2008,  das Stück an kompetenter Stelle mit der Bitte um Rat vorzustellen.
Ich schrieb an Frau Prof. Dr. Hinz-Schallreuter von der Uni Greifswald, welche sehr
schnell antwortete und mich freundlich an Herrn Diplom-Geologe und Doktorant
Jens Koppka (ehemals Uni Greifswald) weitervermittelte. Herr Koppka, der über
Dogger-Geschiebe promoviert, ist dem einen oder anderen Leser sicher aus dem
Internet bekannt.
Von Herrn Koppka erhielt ich nun folgende Einschätzung: Das Geschiebe ist auf Grund
des Fossil-Inhaltes definitiv kein Kelloway. Es könnte sich mit einiger Wahrscheinlichkeit
um ein oligozänes oder auch noch paläozänes Geschiebe handeln. Am ehesten kämen
hier wohl die sogenannten „Stettiner Kugeln“ aus den Stettiner Sanden in Frage, die ins
Oberoligozän eingestuft werden. Nun wäre dies auf Grund der Fossilführung sicher
möglich, jedoch gibt es dabei ein geografisch-glaziales Problem, denn die Stettiner Kugeln dürften eigentlich soweit nördlich in Mecklenburg Vorpommern nicht vorkommen, da die Eisbewegungen die entsprechenden Geschiebe weiter im Süden und Südosten ablagerten.
Wenn es sich also um die Stettiner Kugeln handelt, wäre der Fundort exotisch, es sei denn, dass es ein weiteres, unbekanntes, Vorkommen der Stettiner Sande weiter nördlich im heutigen Ostseeraum gibt. Dann wäre der Transport bis Koserow erklärbar.
Im Heft „Fossilien“ Nr. 5 / 2003, Seite 266 rechts oben gibt es eine Abbildung von einem doch recht ähnlichen Stück. Hier ist die Ruderschnecke „Vaginella“ vorherrschend. Dieses Geschiebe stammt jedoch aus dem unteren Miozän von Hvide Sande / Dänemark. Nach Herrn Koppka kommen marine miozäne Geschiebe jedoch in Vorpommern nicht vor.
Die Vaginella jedoch bereits im Oligozän.
Nun zum Geschiebe selbst:

Bild1.jpg

Es handelt sich um einen eisenschüssigen Kalksandstein von graubrauner Farbe.
Er ist dicht, kompakt und deutlich geschichtet mit vielen Bivalven und Gastropoden.
Es gibt einen dunkelbraunen Kern und einen hellgrauen Ausbleichungsrand.
Die Fossilien liegen in Schalenerhaltung und als dunkel-glänzende Steinkerne vor.
Die Konkretion ist 16,5 x 11 x 4 cm groß. (Ursprünglich jedoch fast doppelt so groß,
da ich sie aufgespalten hatte. Das Gegenstück befindet sich heute in einer anderen
Sammlung).

Bild2.jpg
Ausschnittvergrößerung Mitte-links

Bild3.jpg
Ausschnittvergrößerung Mitte-halbrechts:
Bei den mit blauen Pfeilen gekennzeichneten Fossilien dürfte es sich um die
Ruderschnecke „Vaginella“ handeln.

Bild4.jpg
Ausschnitt rechter Randbereich

Bild5.jpg
Die mit blauen Pfeilen gekennzeichneten Gastropoden dürften zur Gattung „Fusus“
zu stellen sein ( cf. Fusus multisulcatus?)

Bild6.jpg
Muschelansammlung oben-Mitte; größte ca. 12 mm

Sicher gibt es unter den Lesern auch versierte Geschiebe-Spezialisten. Es wäre nun toll,
wenn sich in solchen Sammlungen vergleichbares Material fände. Schön wäre ein Vergleich mit klar definierten „Stettiner Kugeln“. Gerne stehe ich jederzeit für einen Austausch von Informationen zur Verfügung, am besten über das Steinkern-Forum, damit die Informationen allen offen stehen.                        

Stefan Werner, Zwickau