Kreide

Steinkerntreffen in Höver und Misburg 2014 - Die ersten präparierten Funde

Am Wochenende des 3. und 4. Mai 2014 traf sich eine Gruppe von über 50 "Steinkernern", um sich gemeinsam im Campanium (Obere Kreide) von Hannover auf die Suche nach Seeigeln, Schwämmen, Ammoniten, Haizähnen, Muscheln, Brachiopoden, Serpuliden und sonstiger Fauna zu machen. Wie im Vorjahr wurde das Treffen von Steinkern-Redakteur Michael Vosatka (Wien) organisiert. Dafür noch einmal herzlichen Dank im Namen aller Teilnehmer!

Danken möchten wir ebenso herzlich auch der Holcim AG sowie Herrn Scharnhorst und den weiteren Betreuern für die Möglichkeit in der Grube Höver nach Fossilien suchen zu dürfen. Herzlicher Dank gilt desweiteren der HeidelbergCement AG, die uns die Begehung der Gruben Misburg Süd (am Samstag) und Misburg Nord (am Sonntag, mit Sondergenehmigung) freundlicherweise gestattete. Dieses Entgegenkommen hat uns auch 2014 wieder ein tolles Treffen und ein schönes Sammel-Wochenende beschert! Dabei konnte so manches Fossil vor dem Gang in den Zementofen bewahrt werden.

 

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Dieses Foto zeigt einen Teil der Gruppe am Samstagnachmittag in der Grube Misburg Süd. An dieser Stelle wurde eine Schicht mit heteromorphen Ammoniten gezielt im Team verfolgt, was auch einige Funde erbrachte.

 

Die Teilnehmer haben bereits zahlreiche Geländefotos sowie Fotos ihrer Funde ins Forum gestellt. Auf Seite 8 des des Forenbeitrags "STEINKERNTREFFEN HÖVER/MISBURG 2014" beginnt es interessant zu werden. Reinzuschauen und etwas zu stöbern lohnt sich - hier der direkte Link zum Beginn der Berichterstattung im Anschluss an das Treffen:

http://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=16&t=18114&start=105#p178008

Sicherlich werden auch in den nächsten Wochen noch viele Fundstücke von den Teilnehmern der Exkursion dort vorgestellt, so dass es sich immer wieder aufs Neue lohnt dort hereinzuschauen.

 

Da mir dieses Jahr keine exzeptionellen Funde ins Netz gingen, möchte ich hier eine Kombination zweier gewöhnlicher Fundstücke zeigen, die ich vor einigen Tagen mit dem Strahlgerät präparieren konnte. Dieses Stück findet Aufnahme in meiner kleinen Campan-Belegsammlung.

Es handelt sich um einen irregulären Seeigel der Gattung Micraster sowie einen Belemniten der Familie Belemnitellidae, die mit insgesamt vier Gattungen im Hannoverschen Campanium vertreten ist. Die Fossilstufe stammt aus der Grube Misburg Nord (Teutonia Nord) und wurde im nordöstlichen Teil der Grube gefunden. Da der 6 cm lange Belemnit anhand der quadratischen Form der Alveole zu Gonioteuthis gestellt werden kann, der nur im Untercampanium vorkommt, lässt sich der Lesefund unzweifelhaft dem Unteren Campanium zuordnen. Aus dem Untercampan sind mehrere Arten von Micraster beschrieben. Die Artzuweisung möchte ich jedoch den Experten überlassen, zumal über die Berechtigung in der Literatur beschriebener Arten lebhaft gestritten wird. Die Artenliste im APH-Sonderband auf S. 210 dokumentiert die rasche "Evolution der Nomenklatur" bei den Seeigeln der Hannoverschen Kreide innerhalb nur weniger Jahre. FRERICHS geht auf den S. 208-211 des Sonderbands auch auf aktuelle Entwicklungen hinsichtlich der Revision bestehender Seeigel-Taxa ein. Wie auch bei den Jura-Ammoniten, geht die Tendenz dahin, nicht mehr jede auch nur leicht von anderen Formen abweichende Ausprägung eines Fossils in den Artrang zu erheben, sondern viele bisherige Arten nur noch als "forma" zu führen oder gar ganz zu verwerfen. So bezeichnen SMITH & WRIGHT (1999) nach Angaben im APH-Heft beispielsweise sämtliche Formen von Echinocorys als Echinocorys scutata und hängen die unterschiedlichen Ausprägungen lediglich als "forma" an. Gegenüber der Betrachtung nicht horizontiert aufgelesener Einzelfunde rückt jedenfalls mehr und mehr das Studium von Entwicklungsreihen anhand horizontierten Materials in den Vordergrund, das letzten Endes immer wieder aufzeigt, dass wir es bei vielen "artenreichen Gattungen" eigentlich nur mit einer einzigen Art in Raum und Zeit und unter unterschiedlichen Umwelteinflüssen zu tun haben. In diesem Sinne bleibt mit Interesse abzuwarten, was in den nächsten Jahren aus den noch immer zahlreichen Micraster-Arten wird. Ich bezeichne mein Fundstück jedenfalls aktuell lieber nur als Micraster sp., das bleibt (vermutlich!) auch in einigen Jahren noch richtig, wenn es auch nicht übermäßig genau ist.

 

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Unpräpariertes Stück: Belemnit und Seeigel. Zwei häufige Funde, in der Konstellation auf engstem Raum muss man sie aber auch ersteinmal finden Da ich bisher kein solches Stück besaß, freute ich mich über diesen Fund.

 

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Weitere Ansicht des Rohstücks. Hoffentlich taugt der Micraster und ist nicht eingedrückt?

 

Da der Präparationsaufwand überschaubar zu sein schien, habe ich - bevor sie irgendwo in einer der zahlreichen Rohmaterial-Kisten vorläufig, oder gar mittel- bis langfristig endet - die Stufe gleich in der Woche nach der Exkursion fertig präpariert. Zunächst wurde mit einem Druckluftstichel vorgearbeitet, um das die Fossilien umgebende Matrixgestein entlang der Fossilien zu reduzieren und möglichst viel vom Seeigel und Belemniten freizulegen, ohne jedoch den Matrixsockel ganz aufzulösen. Da die Verbindung von Fossil und Gestein nicht sehr innig ist, lösten sich die Fossilien beim Freisticheln. Sie mussten an Originalposition mit dünnflüssigem Sekundenkleber wieder eingeklebt werden. Mit relativ geringem Druck (2 bar) wurden die Fossilien anschließend freigestrahlt und präsentierten sich dem Präparator in ordentlicher Erhaltung. Der Seeigel ist nur wenig verdrückt, so dass aus der Stufe ein durchaus schönes Sammlungsstück wurde, nachdem auch die Matrix mit einem Skalpell geglättet und ein Riss in der Matrix mit Gesteinsmehl aufgefüllt wurde.

Die folgenden Fotos zeigen die kleine Stufe nach Fertigstellung:

 

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Micraster sp., 6 cm, auf Gesteinsmatrix, Teutonia Nord.

 

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Einträchtig liegen der Gonioteuthis sp. und der Micraster sp. nebeneinander. Dank des Strahlens mit niedrigem Betriebsdruck sind die feinen Stachelwarzen des Echiniden noch erhaben auf dem Gehäuse und nicht zu stark erodiert.

 

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Diese Ansicht zeigt den Seeigel von der Unterseite und das Belemnnitenrostrum samt seiner von Gefäßeindrücken gezeichneten Oberflächenstruktur. Der weiße "Fleck" oberhalb der Belemnitenspitze wurde nicht entfernt, da hier einige Borsten des Micraster erhalten sind. Es befanden sich noch weitere Borsten auf der Unterseite, die jedoch aus optischen Gründen präparatorisch entfernt wurden, um das Gehäuse ansprechend freilegen zu können. Nach meiner Beobachtung sind Reste der Bestachelung bei irregulären Seeigeln in der Hannover nicht übermäßig selten. Bei dem einen oder anderen Individuum sollte man versuchen sie zu erhalten, wenigstens partiell.

 

Mit diesem Beitrag wollte ich eigentlich nur dazu ermuntern, in den nächsten Wochen des Öfteren einen Blick in den bereits oben angesprochenen Diskussionsfaden zum Kreide-Treffen im Steinkern-Forum zu werfen und die neuen Präparationen zu betrachten. Wer an der Exkursion teilgenommen hat, ist herzlich zur Beteiligung mit seinen Fundstücken eingeladen:

http://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=16&t=18114

Eine rege Beteiligung wäre zu wünschen!

 

Bericht und Fotos:

Sönke Simonsen für Steinkern.de